Sprechen lernen - Deutsch lernen

Liebe Experten,
ich soll meinen Nachhilfeschüler (12, aus Kiew, seit 3 Jahren in Deutschland) im Fach Deutsch unterstützen. Er ist auf der Hauptschule und steht in allen Fächern außer Deutsch gut.

Schriftlich macht sich der Junge, vorsichtig gesprochen, einigermaßen, da kann man auch Materialien einsetzen, für Tipps bin ich da dankbar. Leider habe ich keine ERfahrung mit „Deutsch für Ausländer“.

Aber er kann nicht sprechen, das ist das eigentliche Problem. Er „poltert“, d. h. er spricht schnell und abgehackt und sehr undeutlich. Wenn ich dann öfter nachfrage, was er meint, scheint ihn das sehr zu entmutigen, die Stimmung sinkt dann sofort. Da er dies auch auf Russisch so zu tun scheint, wollte ich ihn zur Logopädin schicken. ER wurde da aber ganz abwehrend, er sei da schon gewesen und würde nie, nie wieder hingehen.

Er hat eine ausgeprägte Körper- und nichtverbale Lautsprache, mit seiner Familie und seinen Freunden kann er sich auf diese Weise wohl gut verständigen und in der Schule reicht es anscheinend, wenn er ab und zu das richtige Wort sagt oder sonstwie zeigt, was er meint.

Einerseits kann ich mir nicht vorstellen, wie der Junge Deutsch lernen soll, ohne zu sprechen, andrerseits tendiere ich dazu, das Problem erst einmal ganz beiseite zu lassen, um auf jeden Fall das Trauma mit der Logopädin nicht zu wiederholen.

Was meint ihr?

Danke schonmal,
Juliane

Moin Juliane

Was meint ihr?

Ich bin zwar keine Expertin, aber mein Vorschlag lautet: Singen !

Sing mit ihm deutsche Lieder, falls er dafür aufgeschlossen ist. Muss ja nicht grade „Hoch auf dem gelben Wagen sein“, da gibst auch ne Menge, was für Kids in dem Alter ganz nett ist und was Kids in dem Alter hören.

Singen fördert eine bessere Atemtechnik und bringt Ruhe in die Sprachen.

Gruss
Marion

bin zwar ein wenig spaet dran…

aber:
ich bin mit 10 nach deutschland gekommen. (aus polen).
am anfang hatte ich das gleiche problem, ich habe schnell und abgehackt und undeutlich gesprochen. mittlerweile ist das vorbei. (bin auch schon 14 jahre hier).
ich denke das es daran lag dass ich ziemlich unsicher und schüchtern war. ich konnte nicht vor anderen leuten ‚frei‘ sprechen also habe ich die sätze teilweise im kopf vorformuliert und dann so schnell wie moeglich ausgegeben (denn reden konnte man das nicht mehr nennen), das gleiche habe ich dann auch in meiner muttersprache gemacht…
ich denke bei deinem schüler ist es das gleiche und es wird nach einiger zeit besser. das wird aber noch ein paar jahre dauern. ich musste mir auch immer wieder anhoeren dass ich langsamer sprechen sollte und nach einiger zeit habe ich mich dazu gezwungen, und es hat geklappt. anscheinend vertraegt dein schueler keine kritik (ich uebrigens auch nicht), aber mittlerweile bin ich recht dankbar dass micht auch fremde leute darauf aufmerksam gemacht haben.
ich rede jetzt immernoch recht schnell, wenn ich sehr nervoes bin immer noch teilweise undeutlich, denke mir die saetze aber nicht mehr vor. ich habe jetzt auch keinen akzent mehr, (naja, vielleicht ab und zu ein wat und dat (ist auch nur dialekt)).
wie gesagt, nach einigen jahren wird es, denke ich, besser.

p.s. sorry fuer die ‚nur‘ kleinschreibung, arbeite in der IT :wink:

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Kann der Junge laut lesen? Dann fällt das Formulieren weg und er kann sich ganz aufs deutlich Sprechen konzentrieren.
Du solltest ihm auch weiterhin immer sagen, wenn du ihn nicht verstehen kannst. Wahrscheinlich merkt er das selbst nicht. Auch wenn er Kritik schlecht verträgt, wird er das ertragen müssen. Lobe ihn, wann immer du einen Grund dafür findest (ehrlich!). Denk daran Sprachvorbild zu sein: selbst langsam und deutlich sprechen. Kurze Sätze. Verbessere dich ruhig selbst, damit er hören kann, wie man das macht.
Ich hoffe, dass der eine oder andere nützliche Hinweis dabei war.
Barbara