Hallo,
im Grimmschen Wörterbuch (http://www.dwb.uni-trier.de/welcome.htm) fand ich folgende Angaben. Das Sprichwort scheint also noch nicht sooo alt zu sein.
Gruß
Manfred
den wald vor bäumen nicht sehen ‚das wichtige vor dem unwichtigen nicht erkennen‘:
die herren dieser art blendt oft zu vieles licht,
sie sehn den wald vor lauter bäumen nicht.
WIELAND 9, 52 (Musarion 2, 142);
im buchstaben ganz versunken
schwindet alles heitre licht,
und der schüler, wie betrunken,
sieht den wald vor bäumen nicht.
BRENTANO 2, 460;
seine diplomatischen denkschriften sind allesammt zu breit. … sein reicher geist … wendet den gegenstand nach allen seiten hin und her und findet kein ende, sieht den wald vor lauter bäumen nicht. TREITSCHKE d. gesch.3 1, 337;
man sieht lauter licht, keinen schatten, vor lauter hellung keinen körper, den wald nicht vor bäumen; die menschheit nicht vor menschen. GÖTHE 53, 74 (farbenl. gesch.);
vgl.: er bekennt es frei, dasz die kunst, die der verfasser des buches ‚welt und zeit‘ besitzt: die bäume hinter dem walde zu verstecken, ihm eben so fremd ist, als der wunsch nach ihr. wer seine pfeile unter den haufen abdrückt, in der hoffnung, er werde nur den schuldigen treffen, kann viele unschuldige verletzen, und den strafbaren dennoch fehlen. BÖRNE (Stuttg. 1840) 2, 122.