Hallo,
irgendwann hab ich mal gehört, dass die Auffordeung „let your hair down“, die man in manchen Popsongs findet, so etwas wie eine versteckte erotische Anspielung ist, ja, sogar ein Heiratsantrag sein kann.
Weiß dazu jemand Näheres?
Und: Gibt es etwas ähnliches auch im Deutschen? Rapunzel ließ ihr Haar herunter, um zu zeigen dass sie „bereit“ war. Hat dieses „Haar herunterlassen / öffnen“ ev. eine kulturgeschichtliche Tradition?
Bin auf eure Antworten gespannt,
lynndinn
irgendwann hab ich mal gehört, dass die Auffordeung „let your
hair down“, die man in manchen Popsongs findet, so etwas wie
eine versteckte erotische Anspielung ist, ja, sogar ein
Heiratsantrag sein kann.
Ich kenne es nur in dieser Bedeutung:
http://www.phrases.org.uk/meanings/228000.html
Nix mit erotische Anspielung (außer man interpretiert „free and uninhibited“ in diese Richtung, sicher kein Heiratsantrag.
Hat
dieses „Haar herunterlassen / öffnen“ ev. eine
kulturgeschichtliche Tradition?
Wie im Link beschrieben: Frauen trugen ihre Haare früher nicht offen.
Sangoma
Hi,
dass Haar eine generell sexuelle Konnotation hat magst du daraus sehen, dass es in manchen Kulturen verdeckt wird.
Die Aufforderung „You can leave your hat on“ dürfte hingegen recht eindeutig sein
Blah
Hallo Lynndinn
Egal, was in den schlauen Büchern steht, es ist eindeutig das Signal zur Attacke.
In Filmen und Werbung wird der Haarreif abgenommen und das Haar in einer eindeutigen Gebärde freigeschüttelt.
In Songs und Gedichten werden die Frauen an ihr Versprechen durch gelöste oder heruntergelassene Hosen Haare erinnert und festgenagelt.
Beispiel: „Alberta, let your hair hang down…, I gave you my gold, but you keep your cap on…“
Den erotische Touch von wallendem Haar kann ja wohl niemand verneinen.
Gruß
Rochus
Moin,
Und: Gibt es etwas ähnliches auch im Deutschen?
klar doch!
Schüttel Dein Haar für mich
http://www.leo.org/information/freizeit/fun/helgesch…
Von Helge Schneider
Gandalf
Hallo,
erst einmal vielen Dank an alle für die vielen Atworten. War alles sehr interessant.
Jetzt fehlt mir nur noch eine schlüssige Antwort auf die Frage, ob das mit den herabgelassenen Haaren im europäischen Kulturraum eine feste Tradition hatte. Erkannte man beispielsweise unverheiratete Frauen im Mittelalter an der Art, die Haare zu tragen? Das wäre nicht abwegig, gab es damals doch in den Städten eine sehr detaillierte Kleiderordnung.
Und dann, was mich noch mehr interessiert: Ihr werdet alle das Gleichnis von den 5 Klugen und den 5 Törichten Jungfrauen kennen. In romanischen und frühgotischen Darstellungen werden beide in ihrer Haartracht gleich dargestellt. Aber ich kenne Skulpturen ab 1400, bei denen die Klugen mit herabgelassenem Haar, die Törichten mit hochgestecktem, zu einem Kranz zusammengebundenen Haar dargestellt werden.
Weiß jemand darüber näheres? Oder sollte ich die Frage besser in das Religionsbrett oder das Kunstbrett stellen?
Gruß,
lynndinn
Hi
Ja, Jungfrauen (Im Sinne von Mädchen), Unverheiratete Frauen, Verheiratete Frauen, Witwen und Prostitutierte hatten im Mittelalter ihre eigenen Haartrachten.
ABER: Diese waren nicht standardisiert. Jede Stadt hatte ihre eigenen Vorschriften, was auch für Kleidung und die Kennzeichnung von Juden, Prostituierten, Leprösen, Henkern etc. galt.
Wenn du da spezielle Fragen hast, erkundige dich doch in unserem Mittelalter-Brett
Dass die Darstellung in der Kunst so unterschiedlich ist geht zum einen eben darauf zurück zum anderen aber auch auf die Deklaration des Künstlers (wenn ich sage das ist so…) und auch auf dessen Mut zurück, schließlich konnte die Unzüchtigkeit ja auf ihn abfärben.
Diese Regelung ist übrigens schon viel älter als das Mittelalter.
Die Mänaden, die Anhängerinnen von Dionysos bzw. Bacchus in Rom, kennzeichneten ihre Wildheit und Freiheit auch durch das offene Tragen von Haaren.
Auch die Frauen der frühen Christen trugen ihre Haare offen, dies wurde den Frauen spätestens nach dem Bacchanalienskandal in Rom verboten, um Verwechslungen zu verhindern.
lg
Kate
Hallo Kate,
vielen Dank für die super Antwort, das bringt mich sehr viel weiter.
Gruß,
lynndinn
und noch eins …
diesmal Kris Kristofferson
Take the ribbon from your hair, Shake it loose and let it fall,
Lay it soft upon my skin. Like the shadows on the wall.
Come and lay down by my side till the early morning light
All I’m takin’ is your time. Help me make it through the night.
Blah
Hiho,
dank Dir schön - aber den wollt ich doch eigentlich! Und habs dann nur nicht, weil darin keine richtig systematische und formal korrekte Erläuterung zu der Frage vorkommt, die den Ansprüchen der jungen Leut genügte.
Aber eigentlich ist da schon alles drin, was es braucht.
Schöne Grüße
MM
Und nochmal im Ganzen:
- weils so schön ist -:
http://www.cowboylyrics.com/lyrics/kristofferson-kri…
kennen gelernt hab ich das Lied spät, wird wohl in der Neujahrsnacht 1980/81 gewesen sein, im Nachtzug München-Oostende, ab Stuttgart im Sechserabteil zu viert, mit paar Kerzen auf den Rahmen des Stahlfensters geklebt, Guitarre und paar Bouteillen Roten: Eine Fahrt, die sich anfühlte, als würde doch noch alles gut werden …
http://www.arlo.net/resources/lyrics/new-orleans.shtml
In diesem Sinne
MM
Those were the days! (owt)
Hach!
Das wirft eine neue Frage auf, Martin
Moin Martin
Eine Fahrt, die sich anfühlte, als
würde doch noch alles gut werden …
Das klingt jetzt aber traurig und macht mich gleichzeitig neugierig…
Was hätte denn gut werden können und wurde nicht?
Gruß,
Branden
Mit fremden Federn unter falscher Flagge
Servus,
Was hätte denn gut werden können und wurde nicht?
das ist nur ein kleines Splitterchen aus einem von Martin Walsers „Antihelden“-Romanen, ich glaube „Jenseits der Liebe“, könnte aber auch aus was Neuerem („Seelenarbeit?“) sein, und bezieht sich eigentlich auf die Beschreibung einer Wetterstimmung in einer der Übergangsjahreszeiten im Bodensee-Hinterland. Am ehesten wohl schon „Jenseits der Liebe“, in dem viele poetischen Metaphern stehen, die nicht bis ins Detail sezierbar sind. z.B. (eine Straßenszene, der Protagonist ist eigentlich schon vernichtet, bloß er weiß es noch nicht): „…eine Frau mit einem Gesicht wie ein Frosch, den man foltert…“ und die Beschreibung des Geruchs in den etwa fünfzig Jahre alten gewesenen Reichsbahn-Schnellzugwagen, die zur Entstehungszeit des Buches noch in Eil- und Nahverkehrszügen zwischen Ulm und Friedrichshafen verkehrten und „einen Geruch hin- und hertransportierten, der daran erinnerte, als habe jemand getragene Socken in einer Sakristei in Schmalz angebraten“ (frei zitiert, nicht wörtlich MW).
Wie auch immer - im gegebenen Zusammenhang gehts einmal darum, daß ich und die Leute aus meiner Umgebung sicher nicht die einzigen waren, die die Zeit zwischen 16 und 20 eher erlitten als erlebten;
und dann eben auch um das Gefühl abhandengekommener bzw. weggenommener Möglichkeiten, das im Zeitgeist ab 1977 als Orgelton mitschwang, auch wenn man selber, individuell, durch das beklemmende Herold-Regime, die generell nicht mehr sehr optimistische Konjunktur etc. konkret weder gewonnen noch verloren hatte.
Private, subjektive, individualisierte Romantik stand als Schneckenhäuslein zur Verfügung, und die Fahrt mit dem Midnight Special Richtung Oostende ließ sich leicht auch als Reise zu den Grauen Anfurten aus Mittelerde träumen.
Aber das führt an dieser Stelle zu weit.
Schöne Grüße
MM
Moin nochmal oder besser: Servus
sicher nicht die
einzigen waren, die die Zeit zwischen 16 und 20 eher erlitten
als erlebten;
Da dürftest du recht haben
Private, subjektive, individualisierte Romantik stand als
Schneckenhäuslein zur Verfügung, und die Fahrt mit dem
Midnight Special Richtung Oostende ließ sich leicht auch als
Reise zu den Grauen Anfurten aus Mittelerde träumen.
Jep, das hast du schön gesagt.
Ich bin 1969 mit meinem VW Käfer auch über Ostende nach England rüber und dann hoch bis Schottland. War ne tolle Reise.
Es grüßt dich
Branden