Stammbaum - geschiedener Familienzweig?

Hallo!

Zunächst einmal entschuldige ich mich für meine Unkenntnis. Ich beschäftige mich so gar nicht mit dem Thema - habe aber versucht etwas im Internet zu finden. Nur ohne die Fachbegriffe ist das etwas schwierig.

Mein Vater begeht gerade seinen Ruhestand damit einen riesigen Stammbaum der Familie zu erstellen. Eine gute Beschäftigung für ihn. Nur geht mir persönlich sein Recherchedrang und seine Aufzeichnungswut etwas zu weit. Ich weiß jetzt nicht, ob das, was er da aufzeichnen will ‚normal‘ ist oder ob ich ihm begründet sagen kann, dass das Unfug ist. Denn: Ich selbst bin verheiratet aber kinderlos. Schon lange getrennt lebend. Die Scheidung wird in diesem Jahr eingereicht. Mein Vater möchte dennoch, das ich für ihn heraus finde, wer die Großeltern meines Noch-Ehemannes waren, welche Lebens- und Sterbedaten und woran sie gestorben sind, was sie von Beruf waren. Ich finde das ehrlich gesagt ziemlich unpassend. Zumal ich zwar noch einen recht guten Draht zu meinem Noch-Mann habe, aber DER das wiederum auch nicht alles weiß. Ich müsste mich also an meine Ex-Schwiegereltern wenden, was ich eigentlich nicht möchte.

Ich würde mich überwinden, wenn es wirklich ‚übliche‘ Eintragungen wären. Einfach weil es ihm wichtig ist. Aber ich habe irgendwie das Gefühl: Herrje, was bitte interessiert darin ein Toter Ast (da ja eh keine Nachkommen daraus)?

Ich dachte, ich frage mal nach Euren Erfahrungen, wie denn mit so einem Zweiglein ‚normalerweise‘ umgegangen wird.

Viele Grüße,
Swantje

Hallo Swantje,

„üblich“ ist ein dehnbarer Begriff. Sieh es doch mal so: Du bist der Nachkomme Deines Vaters, daher bist Du für ihn kein „toter Zweig“, sondern sein Kind. Natürlich könnte man bei Dir bzw. Deinem (gesch.) Ehepartner mit den Nachforschungen Schluß machen. Wenn er es doch gerne dokumentieren würden in seiner Ahnenforschung, warum bittest Du dann nicht Deinen Ex (da ihr Euch ja gut versteht) bei seinen Eltern nachzufragen. Es wird wohl nicht schaden und Deinen Vater würde es freuen.

Viele Grüße
Inge

Hallo Swantje,

ein Stammbaum bezieht sich üblicherweise auf die Abstammung, ausgehend von der Person, für die er erstellt wird.

Wenn der Stammbaum also von Dir ausgehen soll, taucht bereits Dein bald gewesener Gatte in einem Stammbaum überhaupt nicht auf, da er ja nicht zu Deinen Vorfahren gehört, und alle seine Vorfahren mit Deinem „Stamm“ bloß verschwägert sind oder waren.

Wenn Dein Vater Freude an dieser Arbeit hat, ist es ihm unbenommen, ins achtzehnte und siebzehnte Jahrhundert zurückzugehen - meistens wird es eh schon um 1810 rum mehr als fummelig, und kurz vor 1630 hören die allermeisten Kirchenbücher auf; wenn er in irgendeinem der Zweige, die er bis zum Dreißigjährigen Krieg zurückverfolgen kann, einen findet, der früher als 1620 dokumentiert ist, ist das eine Art Sechser im Lotto, und er wird sein Tun damit haben, diesen außergewöhnlichen und wertvollen Fund weiter aufzuklären.

Schöne Grüße

Dä Blumepeder

Hallo Blumepeder,

ganz so ist es nicht …

auch erlaube mir bitte eine kleine Richtigstellung: wenn man von heute Richtung Vergangenheit forscht (Eltern, Großeltern, Urgroßeltern etc.) so spricht man von Ahnentafel oder Ahnenliste, aber nicht von Stammbaum. Stammbaum ist die umgekehrte Richtung: Man hat einen Ur-Vorfahren im Mittelalter und versucht von diesem sämtliche Kinder und Kindeskinder zu finden. Hier hat man ausschließlich einen Familiennamen - seinen eigenen. Bei der Ahnentafel/Ahnenliste kommen mit jeder Generation die Familiennamen der Ehefrauen hinzu; beim Stammbaum ist die Zahl der Nachkommen unbekannt, bei der Ahnentafel ist biologisch festgelegt, dass jeder genau einen Vater und eine Mutter hat, somit sind auch die Zählsysteme für die Vorfahrensforschung weltweit auf Kekule-Nummern ziemlich einheitlich, während bei der Nachfahrensforschung dutzender unterschiedlicher Zählweisen existieren.

ein Stammbaum bezieht sich üblicherweise auf die Abstammung,
ausgehend von der Person, für die er erstellt wird.

Diese Person lebte aber im Mittelalter

Wenn der Stammbaum Ahnentafel also von Dir ausgehen soll, taucht bereits
Dein bald gewesener Gatte in einem Stammbaum überhaupt nicht
auf, da er ja nicht zu Deinen Vorfahren gehört, und alle seine
Vorfahren mit Deinem „Stamm“ bloß verschwägert sind oder
waren.

Wenn der Ehemann auftauchen soll, dann ist es theoretisch ein Stammbaum. Da aber Kinder fehlen („Stammhalter“), ist ein Stammbaum, der den angeheirateten Zweig erfassen soll witzlos. Andererseits kann der Vater natürlich jederzeit eine Ahnentafel auch für den (Noch-)Ehemann erstellen, sofern dieser bei der Ermittlung von Daten, welche noch datengeschützt sind (weniger als 110 Jahre seit der Geburt, weniger als 90 Jahre seit der Heirat und/oder weniger als 30 Jahre seit dem Tod der zu erforschenden Person) behilflich ist. Ältere Daten kann der Vater auch ohne Mitwirkung des (Noch-)Ehemanns selbstständig ermitteln, da ältere Daten für die Forschung frei sind.

Wenn Dein Vater Freude an dieser Arbeit hat, ist es ihm
unbenommen, ins achtzehnte und siebzehnte Jahrhundert
zurückzugehen - meistens wird es eh schon um 1810 rum mehr als
fummelig,

wo suchst Du denn? 1810 ist doch für einen Familienforscher überhaupt kein „Alter“! Natürlich kann der Pfarrhof abgebrannt sein, oder in den beiden Weltkriegen die Bücher verlorgen gegangen sein etc. Aber das ist die große Ausnahme. In aller Regel kommt man bis ca. 1650 mit Kirchenbücher zu seinen Ahnen.

und kurz vor 1630 hören die allermeisten
Kirchenbücher auf;

ja, das stimmt.

wenn er in irgendeinem der Zweige, die er
bis zum Dreißigjährigen Krieg zurückverfolgen kann, einen
findet, der früher als 1620 dokumentiert ist, ist das eine Art
Sechser im Lotto,

Nein, das ist ganz davon abhängig, wie gut die Quellenlage der einzelnen Pfarrei ist. Die Bücher von Fürstenfeldbruck beginnen beispielsweise 1585. Das älteste deutsche Kirchenbuch ist aus Lindau/Bodensee von ca. 1520. also so pauschal, wie Du es hinstellst kann man das nicht sagen. Aber prinzipiell gilt: je weiter man im Norden forscht, um so später beginnen die Bücher.

und er wird sein Tun damit haben, diesen
außergewöhnlichen und wertvollen Fund weiter aufzuklären.

verstehe ich nicht, was meinst Du mit „aufklären“?
Und obendrein: wenn die Kirchenbücher lückenhaft sind oder nicht mehr vorhanden sind, gibt es oft noch die Briefprotokolle (die in unterschiedlichen Regionen unterschiedliche Namen haben), in denen weltliche Vorkommnisse zu einer Person verzeichnet sind (Kaufverträge, Heirats- und Erbverträge, Übergabeverträge, Schuldverschreibungen, Geburtsbriefe=Leumundszeugnisse, Gesellenbriefe etc.) Diese gehen z.B. in Fürstenfeldbruck bis 1566 zurück.

Schöne Grüße

ebenso, schöne Ostern noch wünscht

Alexander