Stammtischmärchen?

Hallo,

also für Verschwörungstheorien bin ich ja nun so gar nicht zu haben. Es ist ja auch nicht so, dass das bislang ein Massenphänomen wäre. Aber es gibt durchaus einzelne Auffälligkeiten. Der Automatismus nach umfangreichen Sanierungs- und Ausbaumaßnahmen eine zwischenzeitlich tatsächlich notwendige Beschränkung nicht wieder vollständig zurück zu nehmen, gehört auf jeden Fall dazu, und dazu kann alle ich Dir schon einige Beispiele hier aus dem direkten örtlichen Umfeld nennen.

Die mit Blitzern gekoppelten Verkehrsbeeinflussungsanlagen mit wirklich teilweise extremen Beschränkungen, bei deren Ausfall bei deutlich höherem Tempo auch nicht mehr Unfälle passieren dito. Wobei es dazu hier noch die besondere Anekdote gibt, dass die Unfallzahlen nach Aufstellen der Anlagen deutlich nach oben gingen, weil plötzlich aus einem ungefährlichen Fahrfluss heraus von unzähligen ortsunkundigen Fahrern schuldbewusst (ob notwendig oder nicht) gebremst wurde. Dann wurden Warnschilder aufgestellt (die diese Unfälle vermieden und die Leute dazu brachten, korrekt zu fahren), was die anliegenden Kommunen auf die Barrikaden brachte, die extra in Hoffnung einer guten Einnahmequelle ganze Abteilungen neu aufgemacht hatten, die jetzt Däumchen drehten und nur Geld kosteten. Dank passender Parteibücher wurden die Schilder mit dem Wechsel der Landesregierung sofort wieder abgebaut, und jetzt ist wieder alle paar Tage eine neue Macke in der Leitplanke. Mal abwarten, wann da mal was richtig Schlimmes passiert.

Die Sache mit der Einfädelspur auf den Messeschnellweg ging hier gerade mal wieder einige Wochen durch die Presse. Die Stadt entschied sich letztendlich, „zunächst“ doch auf die einfach mögliche Verlängerung der Spur zu verzichten, und lieber die Blitzanlage weiter zu betreiben.

Und was die Statistiken angeht, so will ich ja vom Grundansatz her nicht mal bösen Willen unterstellen. Es macht ja Sinn, Ursachen zu erfassen, und dabei auch nicht jedes Mal in eine vollständige wissenschaftliche Untersuchung bis in die noch mit einem halben Prozent mit ursächliche Kleinigkeit zu gehen. Aber man muss sich dann eben klar sein, dass was dabei heraus kommt, und sollte aus solchen Ergebnissen keine Schlüsse ziehen, die die nun mal nicht her geben. Und Geschwindigkeit und Alkohol sind nun mal zwei Dinge, die man recht leicht feststellen und unterstellen kann, bei denen aber die eigene Bandbreite schon sehr hoch sein kann, und damit eine binäre Aussage an sich schon höchst zweifelhaft ist, und bei denen es gerade bei geringen Überschreitungen dann notwendig wäre auch weitere Aspekte zu berücksichtigen, um zu einer angemessenen Bewertung zu kommen. Es steht ja vollkommen außer Frage, dass es gefährliche Raser und Trinker, und entsprechend hierdurch überwiegend verursachte Unfälle gibt. Aber wenn auf einen echten Raser-/Trinkerunfall vielleicht 10 Unfälle kommen, bei denen jemand zwar minimal zu schnell war, oder 0,1 0/00 über der Grenze getrunken hatte, und diese beiden Aspekte an der eigentlichen Unfallverursachung nur von untergeordneter Bedeutung war, dann sollte man eben nicht von 11 Unfällen aufgrund Raserei/Trunkenheit sprechen, und daran drastische Maßnahmen zur Eindämmung genau dieser Unfälle knüpfen, die dann zu 90% genau die Leute treffen, deren Geschwindigkeit oder Glas Wein zum Abendessen gerade nicht entscheidend unfallursächlich sind. Da damit aber gut verdient wird, ist es natürlich zumindest „angenehm“ sich nicht wirklich differenzierend mit dem Thema auseinander zu setzen, und lieber die plakativen Zahlen an die Wand zu malen.

BTW: Das ist übrigens neulich auch mal alles schön wissenschaftlich in Deutschland untersucht worden. Finde gerade den n-tv-Link nicht mehr, aber da gab es vor einigen Monaten mal einen sehr interessanten Bericht über eine entsprechende Studie.

Gruß vom Wiz

Hallo,

Verkehrsrecht ist eigentlich nicht mein Metier, aber als Jurist hat man natürlich immer ein gewisses juristisches Umfeld, und darin tummeln sich natürlich Verkehrsrechtler, Staatsanwälte und Richter, die mit solchen Sachen zu tun haben. Außerdem bin ich viel mit dem Auto unterwegs (pendele aktuell pro Strecke fast 100 Km, und war früher viel im Projekt unterwegs, mit gerne auch mal 1000 Km die Woche). Wenn man dabei mit offenen Augen unterwegs ist, fallen einem natürlich bestimmte Dinge auf, die in Verbindung mit dem, was man so von den Kollegen hört, und im ADAJUR-Newsletter so ließt schon ein recht einheitliches Bild ergeben.

Gruß vom Wiz

Hallo,

ich behaupte ja nicht, dass man sich an bestimmte Schilder nicht halten muss, sondern nur, dass bestimmte Schilder keinen Sinn machen, und man niemand den rein moralischen Vorwurf machen muss, der sich an solche Schilder nicht hält, dass er ein verantwortungsloser Raser wäre. Wer sich an ein Schild nicht hält, muss natürlich mit den rechtlichen Konsequenzen leben. Da beißt die Maus keinen Faden ab.

Was das andere Thema angeht, puh, Verwaltungsrecht kleiner Schein, lange ist es her :wink: Verkehrsschild ist Verwaltungsakt in Form einer Allgemeinverfügung, und sind so lange zu befolgen, bis ihre Rechtswidrigkeit festgestellt ist. Dabei ist es gefestigte Rechtsprechung dass auch ein rechtswidrig aufgestelltes Schild zu Bußgeldern führen kann, und nicht einmal im Klageverfahren gegen ein Bußgeld eine solche Prüfung zu einer Aufhebung führen kann. Vielmehr muss man als Betroffener binnen eines Jahres Klage gegen das vorgeblich rechtswidrige Schild erheben, und muss sich dann so lange daran halten, bis die Klage erfolgreich beschieden worden und das Schild entfernt worden ist.

Ausnahmen gibt es nur bei offensichtlich nichtigen oder widersprüchlichen Ausschilderungen, wobei die Grenze natürlich schwer zu definieren ist. Wenn, wie hier schon mal geschehen, bei strahlendem Sonnenschein Nebel mit einer massiven Geschwindigkeitsbegrenzung angezeigt wird (tatsächlich technischer Fehler der Anlage), wäre das mE so ein Fall. Aber wie sieht es mit den oft genug angezeigten 80 Km/h bei vollkommen unproblematischer Verkehrssituation aus?

Gruß vom Wiz

Hallo!

Dass man gestraft werden kann ist eh klar, das folgt aus der Wirksamkeit der Norm. Aber gibts keinen Rechtsweg, wenn ich auf Grund einer gültigen, aber rechtswidrigen Norm bestraft werde?

Ich tu mir manchmal ein bisschen schwer mich ins öffentliche Recht in Deutschland hineinzudenken…wir Österreicher denken da anders

Gruß
Tom

Hallo,

zum Thema Verkehrsschilder gibt es hier wirklich eine ganz gefestigte Rechtsprechung. Google mal mit „rechtswidriges Verkehrsschild Bußgeld“ auf .de Seiten. Solange die Grenze der Nichtigkeit nicht überschritten ist, darfst Du Dir selbst die Bewertung nicht „anmaßen“, sondern hast Dich dran zu halten, und zahlst bei Verstoß, aus und Ende. Die Gerichte sprechen sogar davon, dass sie im Rahmen einer Klage gegen ein Bußgeld sich selbst nur eine sehr eingeschränkte Kompetenz zur Bewertung der Rechtmäßigkeit der Ausschilderung im Rahmen einer inzidenten Prüfung einräumen. Schönes Beispiel wäre z.B. hier zu finden: http://www.recht-find.de/Verkehszeichen%20beachten.htm

Und das ist eben auch einer der Gründe, warum mich das Thema so fuchsig macht. Ich bin überhaupt kein konstanter Schnellfahrer, oder jemand der ständig Ärger mit Bußgeldern oder Punkten wegen zu schnellem Fahren, oder sonstigen Delikten hätte. Ich fahre einfach nur gerne zügig und der Verkehrslage angemessen. Wenn Du dann aber bei der häufigen Pendelei von gerne mal 200 Km täglich ständig vollkommen unsinnig und unnötig auf einer ganz modernen dreispurigen Autobahn massiv ausgebremst wirst, und dann im Falle des Falles dafür auch noch zahlen musst, dass Du gerade eben aus dem aufgrund defekter Anlage momentan konstant mit 130 ausgeschilderten Bereich in den auf mit funktionierender Anlage auf 80 runtergeregelten Bereich rein gefahren bist, obwohl das Wetter, die Verkehrslage, … identisch geblieben sind, und eine solche Überschreitung in Deutschland dann auch erst mal Urlaub für den Lappen bedeutet, dann ist das schon mehr als nur ein kleines Ärgernis, zumal Du eben nichts vortragen kannst, dass die 80 angesichts der einen Meter davor bei identischer Situation noch geltenden 130 unverhältnismäßig gewesen wären.

BTW: Wo heute konstant 130 per Schild angezeigt wird, war bislang mit Anlage immer 120, weil die schlicht und ergreifend keine 130er Anzeige hatte. Einige neuere Anlagen schaffen inzwischen sogar 140, und wenn die aufgerufen werden, passiert da auch nicht mehr als da, wo man nicht einfach abschaltet, wenn mehr als 120 möglich wäre, sondern es dabei belässt. Wobei nicht nur das Bauchgefühl, sondern auch statistische Auswertungen auf dieser Strecke, die zu den gefährlichsten in Deutschland zählt, eindeutig belegen, dass nicht schnellfahrende PKW für die dramatischen Unfälle dort verantwortlich sind, sondern LKW auf dem Weg von/nach Osteuropa mit zu wenig Sicherheitsabstand, übermüdeten Fahrern, und Fahrzeugen mit teilweise katastrophalem Zustand. Aber sich dem Thema konsequent anzunehmen würde natürlich massiven und damit teuren Personaleinsatz erfordern. Dann doch lieber ein paar vollautomatische Knipskisten, die auch noch massig Geld bringen, allerdings leider für die Sicherheit nicht viel tun.

Gruß vom Wiz

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Hallo!

Dass man sich daran halten muss, ist mir schon klar, aber die Frage der Normenwirksamkeit ist eine andere Frage als die der Rechtswidrigkeit einer Norm. Die Rechtswidrigkeit führt ja nicht zur Unwirksamkeit.

Interessant jedenfalls, was du sagst. Für mich jedenfalls ist das schwer in den Kopf zu kriegen. Dass eine Norm (und ein Verkehrszeichen ist ja eine solche) nicht wegen Verstoßes gegen eine höherrangige Norm angefochten werden können soll, wenn man inzidenter davon betroffen ist, wäre im österreichischen Verfassungsrecht völlig unvorstellbar. Merkl und Kelsen sei Dank.

Gruß
Tom

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Hi …

Hallo!

Das klingt aber jetzt schon auch ein bisschen nach
Verschwörungstheorien finde ich…

Na dann lass uns die theorieen weiterspinnen. Gut geeignet für den Start:

http://www.youtube.com/watch?v=CFhF5hlhZtU

Laut Homepage der Stadt nimmt Wetter im Jahr an Gewerbesteuer knapp 600.000 Euro ein (das Gesamtbudget der Stadt konnte ich auf die Schnelle nicht finden).
Und der Blitzer bringt … 1,2 Millionen (2:20)

(vergleiche:
[http://www.wetter-hessen.de/w3a/cms/-__Leben_in_Wett…](http://www.wetter-hessen.de/w3a/cms/- Leben_in_Wetter -/Statistik-Zahlen/index.20849.html;jsessionid=2C0DFA9DE8E172B8E81CFBA5E14AF9EB))

Peanuts. Andererorts verdient man mit einer qualitativ hochwertigen Falle noch deutlich besser:

Das auch? Besonders der Teil wo die Anlage einen Monat nach Fertigstellung immer noch da stand? Ein Versehen? Und was hat die Stadt daran gehindert, wenns ein Versehen war, die Schüsse einfach beiseite zu legen? Statt dessen wurden Führerscheine abgenommen - wegen nichts außer dass man ein „vergessenes“ und offensichtlich absurdes Blechschild nicht beachtet hat.

http://www.youtube.com/watch?v=0g-xZzUUccw

5 Millionen Einnahme … das steckt man auch in München nicht so einfach in die Portokasse, das sind Summen, die man „bewirtschaftet“, will sagen, sie werden erstens eingeplant und zweitens darf es nächstes Jahr auch nicht einfach soo weniger werden.

und …

http://www.youtube.com/watch?v=5t6wa-lOLsU
(Ton aus, nervt)

Details am Rande: der Drängler bei 0:52 wird nicht geblitzt
Und wenn man ihn hinter den Schreckbremser bei 2:00 denkt, dann kann zumindest ich den Beitrag zur Verkehrssicherheit grad nicht ohne Weiteres erkennen. Man könnte sich fragen, was in dieser Nacht an dieser Gefahrenstelle das Gefährlichste war?

Jedenfalls scheint es an der Stelle in dieser Nacht ein Massentreffer deutscher Raser gegeben zu haben.

Gruss Armin

(Der es am Ende doch nicht lassen konnte, sich OT zu äußern)

Hallo!

Emotional aufgeladene Diskussionen finde ich meistens uninteressant. Was nicht heißt, dass ich vor allem Wiz’ Argumente nicht gut nachvollziehen könnte. Da stimme ich der Sache nach durchaus in einigen Punkten zu.

Ich fahre allerdings auch viel mit dem Auto, muss auch Termine einhalten, und habe fast noch nie Strafe gezahlt. Das emotionale Gesudere verstehe ich daher trotz allem nur eingeschränkt.

Gruß
Tom