Stirbt die "hochwertige" Musik im Mainstream aus?

Abend,
ich habe mich in letzter Zeit mal ein wenig mit der Entwicklung der „Mainstream“ Musik befasst.
Es kommt mir fast so vor als hätte die Musik mit der Zeit immer mehr von ihrer künstlerischen Art eingebüßt.
Also ich meine damit sowohl die Entwicklung der Musik selbst (von Instrumenten hin zu elektronisch erstellten uninspirierten Beats und Melodien) als auch die Texte die vor ein paar Jahrzehnten noch fast poetisch waren und heute aus hundertfacher Wiederholung eines Wortes, obszönität oder teenagerpolarisierendem Liebesgesäusel bestehen.
Woran liegt das? Sind die Leute nicht mehr sensibilisiert für Kunst?
Oder ist es einfach nur der Nerv der Zeit und in 50 Jahren wird gesagt die heutige Musik ist Kunst?
Vielleicht kann mir ja auch jemand näher bringen warum es doch Kunst ist:)
Freu mich auf interessante Antworten!
Ben

Hallo:

Frage: Wie Alt bist Du?
Bei mir ist es wohl eine Alterserscheinung, dass ich moderne Musik nicht mehr mag.
Anscheinend bildet sich der Musikgeschmack eines menschen spätestens bis zum 30 Geburtstag, danach kommt Stilmäßig selten noch etwas dazu.

(Und so kommt es, dass ich jetzt teilweise schon Bayern 1 höre, der ein meiner Jugend ungefähr so beliebt war wie Fußpilz oder Franz-Josef Strauß…)

LG
Mike

1 Like

Ich bin selber erst 21, aber von Eltern und Geschwistern her mit anderer Musik (hauptsächlich Rock) großgezogen worden.
Also ich verstehe schon warum leute es hören, es lenkt eben ab und ist vielleicht besser zum Tanzen, aber ich finde ablenken verfehlt eigentlich eher den Sinn den ich Musik zuordne, nämlich dass es einen zum (nach-)denken anregt.

Es gibt mehrere Gründe.

„Künstler“ (kann durch Kreative erweitert werden) sind relativ selten. Ich denke da gerade mal aktuell an David Bowie, dessen Entwicklung über die Jahre hinweg betrachtet. Persönlichkeiten, die Zeit für ihre eigene Entwicklung hatten.

„Künstler/Kreative“ haben es heute wesentlicher schwerer als früher, weil die Musikindustrie bestimmt, was veröffentlicht/unterstützt wird. Kunst und Kreativität haben wenig Bedeutung mittlerweile. Gehorsam und Fremdbestimmung sind da eher gefragt.

Die Trends ändern sich, bestimmt durch die Musikindustrie. Möglichst schnell, möglichst viel, aber nur kurzzeitig.

Die Zahl der „Interpreten und Songs“ ist unüberschaubar geworden.

„Künstler“ im Sinne „Könner“ sind rar geworden. Man nimmt ihnen die Zeit sich zu entwickeln, weil nur der (kurzfristige schnelle) Erfolg zählt.

Und im Gegensatz zu dem, was man allgemein so als Bildung versteht (fälschlicherweise), also klassische Musik eher, fallen Pop- und Rockmusik beispielsweise nicht darunter. Die staatlichen Subventionen fallen daher gering bis gar nicht aus.

Franz

Ein kleiner allgemeiner Punkt von tausenden, die man hier anführen könnte, ist m.E. die Entwicklung des Internets, die zur Aufsplittung des Mainstreams in einen ‚kleinen Mainstream‘, der im Radio bei den großen Pop-Sender rauf und runter gedudelt wird (und nach dem Gesichtspunkt gewählt wird, dass ja nichts aneckt oder stört), und einen ‚großen Mainstream‘, der über das Internet gehört wird (oder auch über die vielen kleinen Radiostationen)
Dieser „kleine Mainstream“ ist tatsächlich recht weit weg von Kunstmusik und Poesie.
Der „große Mainstream“ aber ganz und gar nicht, so dass von einem Verlust an Kunst in der Mainstream-Musik aus meiner Sicht nicht die Rede sein kann.

Gruß
F.

Moin, moin!

Hier die Verschwörungstheorien eines alten Zausel:
Musikstücke werden nur noch vermarktet,
also im Radio und TV platziert!
Zur Hauptsendezeit dudelt nur noch Mainstream!
Wie ist das möglich? Wer hält da die Hand auf?
Aus jedem Urlaub komme ich mit ein paar CD zurück, von Künstlern, die hier keiner kennt!
Auch von bekannten Gruppen werden immer die selben Lieder gespielt.
Wer wählt das aus? Wer kauft Sendeplatz?
Vor jeder aufwendigen Tournee wird auch in den öffentlichen Medien getrommelt, wie kommt das?

Eine korrupte Welt meint
Dino

Hallo alle zusammen!

Ich finde auch, dass im Radio immer nur noch dasselbe gespielt wird. Derzeit läuft etwa mindestens fünf Mal am Tag „Hello“ von Adele. Die Frau kann singen, keine Frage, aber nervig ist es mittlerweile schon. Aus diesen Gründen höre ich auch privat so gut wie nie Radio. Wenn Mainstream, gefällt mir Coldplay noch gut, auch wenn die ihren Stil mit der Zeit immer mehr an Mainstream angepasst haben. Noch eine empfehlenswerte Band, die sehr guten Elektropop macht: „Chvrches“. Kennt die jemand von euch? Ist ne schottische Band, die ich sehr gerne mag.

Was erwartest du in Zeiten, in denen sich jeder zweite an Sendungen wie DSDS aufgeilt?

Hallo,
die Meinungen hier spiegeln das Thema schon gut wieder.
Auch ich ärgere mich, daß im Rundfunk zum großen Teil gleiche Musikstücke gespielt werden.
Hier in Berlin läuft beim Sender 88,8 permenant ABBA und Tina Turner.
Auf Anfrage beim Sender meinte man, daß die Leute das hören wollen.
Auf welche „Umfrage“ die das beziehen, weiß ich nicht - ich gehöre nicht dazu. ABBA ist ja recht nett, aber nicht immer. Französische oder Italienische Titel werden gar nicht gespielt, vom Rest der Welt ganz zu schweigen.
Es liegt wohl daran, daß die Auswahl der Titel in ein Computerprogramm genommen wird, das dann nach Zufall die Titel abruft. Heute sitzt ja niemand mehr im Studio mit den selbst ausgesuchten Platten oder Bändern. Alles ist durchcomputerisiert und es wird per Bildschirm gearbeitet.
Vielleicht will man sich auch einfach keine Mühe machen.
Zu den Musikrichtungen und neuen Produktionen - es ist langsam der Punkt gekommen, wo es kaum noch etwas Neues geben kann - alles ist schon da gewesen.
In den 70ern gab es noch wilde neue Musikrichtungen, das ist jetzt vorbei. Zudem helfen heute Kompositionsprogramme und der tolle Synthesizer und alles klingt ähnlich.
Neue Melodien zu finden, wird immer schwerer. Man ist schon froh, eine Zahl von Tönen zu finden, die so noch nicht in der Abfolge waren.
Die Musikindustrie ist da ebenfalls viel vorsichtiger geworden, da nicht mehr so viel verdient wird. Man wartet nicht Jahre, bis man einen vielversprechenden Künstler „durchbringt“. Die „Stars“ verdienen nur noch durch Tourneen, nicht duch den Titelverkauf via CD Verkauf und Download.
Und die Zahl derer, die schnell berühmt und reich werden will, steigt permanent. Dadurch ergibt sich ein schneller „Durchsatz“ an Titeln - gehört, vergessen.
Aber es gibt noch gute, anspruchvolle Musik (POP). Man muß sich aber die Mühe geben, danach zu suchen. Ich mache das, wenn ich Zeit dazu habe, über einen Musikstreamingdienst.
Da staune ich dann immer wieder über für mich tolle Musik von mir völlig unbekannten Gruppen oder Einzelmusikern.

Gruß Heinz

Das hat sicherlich Kostengründe.

Damit Musik neue frische Impulse bekommt, muss erst einmal ein neuer gesellschaftlicher/sozialer Impuls entstehen. Jedes neuen Pop-Genre liegt diesem Phänomen zu Grunde, sei es Rock’n’Roll, Beat, Reggae, HipHop, FlowerPower oder die Rave-Techno Zeit. Die heutige hippe Generation ist ins Web zu YouTube und Facebook abgetaucht, wo Vlog-Remixes entstehen und Künstler (ob professionell oder Amateur) ihre Werke in Videos oder Musikplattformen anbieten. Innovativ und am Zahn der Zeit ist z.B. Macklemore (Ben Haggerty) und sowas landet auch gerne mal in den Charts, kommt aber kaum über einen One-Hit Wonder Status hinaus. Das Problem ist zum einen, dass so keine lokale Szene entstehen kann, wo wirklich NEUES entsteht - jeder sampelt jeden, einer kopiert den anderen. Selbst kultiges Zeugs (mein Lieblingsbeispiel: You See - sung by Boxxy by danielson742) kann da keine Pop-Revolutionen einleiten wie einst Punk oder Grunge.
Problem Nr.2 ist, dass den großen Plattenmajors durch die neuen Medien die Grundlage entzogen wurde, da keiner mehr CDs in dem Umfang kauft wie noch vor Jahren … von den glorreichen Zeiten des Vinyls mal ganz zu schweigen. Die Stars leben nicht mehr von ihren Plattenumsätzen, sondern mehr von ihren Konzerten - weshalb die Ticketpreise auch so derart angestiegen sind. Resultat: Plattenfirmen fördern ihre „Sternchen“ nicht mehr genügend, so dass keine „Stars“ mehr entstehen können - und damit meine ich Stars, die auch was drauf haben, nicht die tägliche Grütze, die, wie ihr richtig bemerkt, dauernd im Radio dudelt. Aber wie gesagt: Radio ist Old School, MTV und VIVA sind Old School und wenn jeder in der Kneipe nur noch in sein Smartphone glotzt, kriegt auch niemand mehr die kleine schüchterne Band hinten in der Ecke mit, aus der zu anderen Zeiten vielleicht mal das ganz große Ding geworden wäre … ich überspitze etwas, aber ich hoffe ihr versteht, was ich meine.

„Fast poetisch“ und mit schönen Texten, Orchestermusik, Wortwitz, Tiefsinn, Humor und Talent - The Divine Comedy! :blush:

Habe ich leider auch erst 2011 entdeckt - seither kann mich der Mainstream-Radio-Dudelsumpf mal. :wink: