Stöhr - Wanderarbeit

Hallo Bayern,
es gibt im Altbayrischen Sprachraum ein Wort für Wanderarbeit und zwar Stöhr. Er/sie geht auf d’ Stöhr. ( obs richtig geschrieben ist weiß ich nicht )
Wer weiß näheres darüber, wer kennt dieses Wort und wo ist es noch gebräuchlich?

Wochenendgruß
Nastaly

Hallo Nastaly,

es gibt im Altbayrischen Sprachraum ein Wort für Wanderarbeit
und zwar Stöhr. Er/sie geht auf d’ Stöhr. ( obs richtig
geschrieben ist weiß ich nicht )
Wer weiß näheres darüber, wer kennt dieses Wort und wo ist es
noch gebräuchlich?

Hier, in der Region Basel, ist es noch bekannt.

http://de.wikipedia.org/wiki/St%C3%B6r_%28Handwerk%29

MfG Peter(TOO)

Hallo nastaly

Wer weiß näheres darüber, wer kennt dieses Wort und wo ist es
noch gebräuchlich?

Ich kenne den Ausdruck, und Wiki auch:
http://de.wikipedia.org/wiki/Stör_(Handwerk)

Grüsse
rolf

Hallo Nastaly,

das Bayerische Wörterbuch vom Schmeller bringt unter Stör einen längeren Artikel (Band 2 Spalte 779). Darin wird - stark verkürzt - „Stör“ mit „Mühsal“, „Beschwerlichkeit“ gleichgesetzt und im weiteren ausgeführt, dass so auch das heutige Wort „stören“ bzw. „Störung“ als „Beschwerlichkeit verursachend“ zu interpretieren ist. Es wird dabei auch eine Verbindung zu „störzen“ (Bd. 2, Spalte 786) hergestellt. Störzen wiederum wird als „sich hin und her bewegen, nicht an einer Stelle bleiben“ umschrieben.

Jemand der auf Wanderschaft geht, bleibt weder an einer Stelle, noch hat er ein leichtes Leben. Somit ist beides denkbar. Schmeller bringt zwar ein paar Hinweise (u.a. auf die italienische Sprache), die ganz grob in Richtung Etymologie gehen, bleibt letztlich aber eine überzeugende etymologische Erklärung schuldig.

Die etymolgischen Wörterbücher aber ebenfalls: Der Pfeiffer bringt es überhaupt nicht, beim Kluge heißt es "Herkunft unklar, möglicherweise aufzufassen als „Störung der Zunftordnung“ (Zitat Ende). Diese Herleitung glaube ich perönlich aber nicht.

Ich hatte mir beim Schmeller auch noch die übrigen Artikel unter „St*r“ durchgelesen, unter anderem den Artikel „Steuer“. Dort schreibt Schmeller, dass die „Steuer“ als eine Art „Unterstützung“ aufzufassen ist und ursprünglich auch so gemeint ist.

Auch die „Unterstützung“ (nämlich des ortsansässigen Handwerkers) wäre für einen „auf der Stör“ (Wanderschaft) durchaus eine sinnvolle Erklärung. Da aber weder Schmeller, noch Pfeiffer oder Kluge dieses Wort „Steuer“ mit dem hier zu behandelnden „Stör“ (= Wanderschaft) in Verbindung bringen, kann ich nur spekulieren, ob es A) nur aus Platzgründen weg gelassen wurde oder B) tatsächlich keine Verbindung der Wörter besteht oder C) eine Verbindung zwar real besteht, die nur bisher noch niemand beschrieben hat.

Da ich persönlich mir einen Zusammenhang mit dem irischen Wort „stair“ (= Zeitspanne, Zeitraum, Periode) denken kann (Handwerker ist nur vorübergehend = für einen Zeitraum an dieser einen Stelle), könnte es natürlich ein Relikt aus dem Keltischen sein. Ob es allerdings mit den ganzen Lautwandelregeln Irisch Deutsch zusammen gehen könnte weiß ich nicht. Allerdings waren die Kelten ja nur in Süddeutschland, und just da kommt das Wort „Stör“ vor…

Soweit meine Gedanken.

Mögen sich andere, die darüber mehr und fundierteres Wissen haben als ich, dazu äußern (oder auch nicht).

Einen schönen Sonntag wünscht

Alexander

Hallo, Alexander und Nastaly,

die Herkunft bzw. ursprüngliche Bedeutung des Begriffs ist wegen der unterschiedlichen und teilweise widersprüchlichen Angaben in etymologischen Wörterbüchern wohl nicht eindeutig zu ermitteln.

Die Verben „stören“, „storgen“, „stö/erzen“, „sturen“ etc. erscheinen jedenfalls stets (auch) mit der Bedeutung „bewegen“ im weiteren Sinne.

Adelung schreibt zu „stören“:

„Daß es vor Zeiten auch für gehen, wandern gebraucht worden, erhellet auch aus dem noch Oberdeutschen Intensivo sterzen, störzen, im Lande herum wandern, daher ein Landstreicher daselbst ein Landstörzer heißt…
… Intensiva und Frequentativa davon sind in dieser Bedeutung die in den gemeinen Sprecharten üblichen stirlen, störlen, sturlen, storgen …
Hierher gehöret auch die bey den Handwerkern übliche Bedeutung, wo stören so viel ist, als in dasselbe pfuschen, ein Pfuscher seyn, nicht in der folgenden Bedeutung, als wenn es eigentlich hieße, die guten Ordnungen des Handwerkes, dessen Vorrechte stören, sondern ohne Zweifel von stören, so fern es ehedem auch herum gehen, wanden bedeutete, und das Stammwort von dem schon gedachten sterzen ist. Daß diese Ableitung die wahrscheinlichste ist, erhellet aus dem bey dem Pictorius befindlichen Hauptworte Stör, welches er durch die Arbeit eines Handwerkers außer dem Hause erkläret; auf die Stör gehen, außer dem Hause arbeiten, eigentlich auf die Wanderschaft gehen. Weil die Pfuscher gemeiniglich im Lande herum wandern, oder doch außer ihrem Hause arbeiten, so hat daher das Zeitwort stören die Bedeutung des Pfuschens bekommen. Daher der Störer, im Oberd. Störger, ein Pfuscher, in der Schweiz Schübler; die Störerey, in den gemeinen Sprecharten die Pfuscherey.“
http://www.zeno.org/Adelung-1793/A/St%C3%B6ren

Vgl. dazu Schmeller:
„sich … Arbeit verschaffen durch Hausieren oder Herumziehen von Ort zu Ort“
http://mdz10.bib-bvb.de/~db/bsb00005027/images/index…

beim Kluge heißt es "Herkunft
unklar, möglicherweise aufzufassen als „Störung der
Zunftordnung“ (Zitat Ende). Diese Herleitung glaube ich
perönlich aber nicht.

Zum Verb „stören“ schreibt Kluge:

„…Dazu mit Ablaut ae. styrian[*], mhd stür(e)n »bewegen, stören« …“
http://books.google.de/books?id=cWdyl9Xx-5cC&printse…

[*] daraus übrigens englisch to stir (sich) bewegen

Weitere Quellen:

„stören, … 3) alt u. oberd. f. umherziehen, im Lande herumwandern (vgl. storgen, störzen), insbes. Handw. gegen die Handwerksordnung durch Hausiren od. Herumziehen sich Arbeit verschaffen; daher auch f. pfuschen;…“

„storgen, … (vgl. stören 3), oberd. f. im Lande herumziehen;
der Storger, … f. herumziehender Handwerker, Pfuscher; Landfahrer, Hausirer, Quacksalber, Marktschreier; …“
http://books.google.de/books?id=xykSAAAAIAAJ&pg=PA11…

"… anzusetzen ist wohl ahd. *storjan, storigen, mhd. störn, storgen, woher auch storg’n,sw. vb. (Nürnberg) im lande herumfahren, storga’, m., hausierer, quacksalber, Zahnarzt Schmeller 111,657 (wo er auf stör rückdeutet und also das richtige ahnt)
http://books.google.de/books?id=UkMNAAAAYAAJ&printse…

und

http://germazope.uni-trier.de/Projects/WBB/woerterbu…

Da aber weder Schmeller,
noch Pfeiffer oder Kluge dieses Wort „Steuer“ mit dem hier zu
behandelnden „Stör“ (= Wanderschaft) in Verbindung bringen,
kann ich nur spekulieren, ob es A) nur aus Platzgründen weg
gelassen wurde oder B) tatsächlich keine Verbindung der Wörter
besteht oder C) eine Verbindung zwar real besteht, die nur
bisher noch niemand beschrieben hat.

Einen entsprechenden Hinweis konnte ich bisher auch nicht finden.

Gruß
Kreszenz

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