Strafrecht - Zivilrecht

Sehr geehrte Damen und Herren,
in einem Strafverfahren wurde mir u.a. gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr mit Unfallflucht vorgeworfen. Nachdem es zu einer Hauptverhandlung kam, 2 Polizisten aussagten und ein Gutachten erstellt wurde, habe ich einen Freispruch erwartet. Leider wurde dieses Verfahren wegen eines neuen Vorwurfes eingestellt. Tatsächlich hatte es zu dem ersten Verfahren keine Schuld und keinen Unfall gegeben. Offensichtlich hatte der Anzeigende allein einen vorangegangenen Schaden von jemand Fremdem bezahlen lassen wollen und ich war der Unglückliche, den es betroffen hatte. Die beiden Polizisten wie auch der Gutachter hatten ausgesagt, dass es zu keinem Unfall gekommen war. Leider kam es wegen einer erneuten Anklage in einem anderen Fall nicht zu der 2 Verhandlung. Mir sind jedoch durch die Aufwendungen erhebliche finanzielle Schäden entstanden: 3 x Anfahrt über jeweils mehr als 500 km Hin- und mehr als 500 km Rückfahrt. 3 Tage Auftragsausfälle als Selbständiger und Überführung eines Transporters zum Gutachter mit insgesamt mehr als 1.000 km. Meine Erwartung, den Schaden durch einen Freispruch ersetzt zu bekommen, hat sich wegen der Einstellung leider nicht erfüllt. Der Anzeigende hatte auf einer freien Straße im Stadtverkehr und zulässigen 60 km/h vor mir fahrend plötzlich eine scharfe Bremsung veranlasst. Nur durch richtiges reagieren und zuvor ausreichend Abstand zu diesem Fahrzeug konnte ich einen Auffahrunfall verhindern. Jetzt will ich diese Person anzeigen – eben so wie mir das vorgeworfen wurde. In den Aussagen zur Hauptverhandlung und dem Gutachten ist eigentlich die Schuld dieser Person bereits nachgewiesen. Kann mir jemand mitteilen, ob ich für die Anzeige diese Aussagen und das Gutachten mit verwenden kann. Vielleicht auch wie ich das könnte um recht sicher eine Anklage durch die Staatsanwaltschaft erwirken zu können. Ich habe nämlich die Befürchtung, dass die Staatsanwaltschaft ein mögliches Verfahren zwingend einstellen möchte. Der ehemals Anklagende ist sehr offensichtlich ein guter Bekannter zumindest eines der Staatsanwälte oder dort regelmäßig ein- und ausgegangen. Zudem hatte ich mich über die Staatsanwaltschaft bei der Oberstaatsanwaltschaft beschwert. Die Aussagen der Polizisten waren bereits vor bzw. gleich am Anfang der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft bekannt gewesen. Beide hatten unmittelbar nach dem „Vorfall“ und der Anzeige unsere beiden Fahrzeuge kontrolliert und eben festgestellt, dass es keinen Unfall, entsprechend auch keinen Schaden, gegeben hatte. Damals hatte ich mir auch keine Sorgen gemacht. Selbst streiten wollte ich mich auch nicht – es war ja nichts passiert. Nur weil ich jetzt auf einem erheblichen finanziellen Schaden sitzen geblieben bin und mir vom RA auch mitgeteilt wurde, dass wegen der Einstellung des Verfahrens auch eine Zivilklage auf Schadenersatz gegen die tatsächlich verantwortliche Person (dem Anzeigenden) keine guten Aussichten hätte, will ich jetzt den Weg einer Anzeige gehen um diese Person dann doch noch für den finanziellen Schaden zur Verantwortung ziehen kann. Ich bin auf der Suche nach Hinweisen, wie oder was ich tun könnte, um der Gerechtigkeit genüge tun zu können und möglicherweise auch meinen Schaden ersetzt bekommen kann. Danke für die Bemühungen.

Guten Abend,

ich fasse einmal Ihren Sachverhalt zusammen, wie ich ihn verstanden habe.
Person A wurde angeklagt wegen gefährlichem Eingriff in den Strassenverkehr und unerlaubtem Entfernens vom Unfallort. Das Verfahren wurde eingestellt. Die Zeugen P1 und P2 sowie der Sachverständige sagten aus, dass es zu keinem Unfall gekommen sei.

A sind diverse Kosten entstanden, die er ersetzt verlangen möchte. Zudem strebt A ein Strafverfahren gegen das angebliche Unfallopfer O an.

Ist das so korrekt+
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Auf Grundlage dieses Sachverhalts möchte ich meine Antwort formulieren:

Zum Strafverfahren gegen O:

Hier kommt allenfalls eine Klage wegen Vortäuschen einer Straftat, bzw. falscher Verdächtigung in Betracht. Zudem käme eine Anklage wegen Prozessbetrugs in Betracht.

In all diesen Fällen, ermittelt die StA i.d.R. von Amts wegen. Unterlässt sie das, besteht natürlich die Möglichkeit einer Strafanzeige.

Sollte sich der Sachverhalt so zugetragen haben, stehen die Chancen auf eine Verurteilung sicherlich ganz gut.

Zu einem möglichen Zivilverfahren gegen O:

Sollte sich der Sachverhalt so zugetragen haben, wie Sie dies schildern, könnte man meinen, dass die Chancen materiell jedenfalls ganz gut stünden. Allerdings muss man beachten, dass Vermögensschäden im Zuge des sog. Deliktsrechts grds. nicht ersetzt werden. Anders könnte es allenfalls bei den Gewinneinbussen stehen, da A Gewerbetreibender ist. Da eine vertragliche Beziehung zw. A und O scheinbar fehlt, schaut’s jedoch insb. bzgl. der Reisekosten nicht so gut aus. Man könnte allenfalls an eine sog. ‚‚vorsätzliche sittenwidrige Schädigung‘‘ denken.
Den Vorsatz müsste A dann aber beweisen…

So grds. verstehe ich allerdings nicht, warum das Verfahren gegen A bloss eingestellt worden ist. Wenn die Beweislage so klar war, wie Sie dies schildern, wäre ein Freispruch die einzig richtige Entscheidung gewesen…

Ich hoffe Ihnen weitergeholfen zu haben und verbleibe.

Des Weiteren möchte ich darauf hinweisen, dass es sich bei meinen Ausführungen um keine verbindliche Rechtsauskunft handelt.

Mit freundlichen Grüssen

Danke für die Antwort,
treffender kann man Ihre Zusammenfassung zum SV nicht schildern.
Eine Einstellung des Verfahrens erfolgte, weil vor der entscheidenden Verhandlung eine weitere Anklage gegen A erfolgte.
Beschluss AG: Das Verfahren wird im Hinblick auf die für den Angeklagten zu erwartende Strafe im Verfahren … gem. § 154. II i.V.m. Abs. I Nr. 1 StPO vorläufig eingestellt.
Die STA wird eher nicht von Amts wegen ermitteln. Es ist die gleiche STA zu beiden Anklagen. Ich könnte mir auch vorstellen, dass eine Anzeige wie beschrieben erst dann in Betracht gezogen werden könnte, wenn mir im aktuellen Verfahren keine Schuld nachgewiesen werden kann. Die Aussichten sollten insgesamt nicht schlecht stehen, aber wegen der zu erwartenden langen Zeit befürchte ich, dass dann evtl. eine Verjährung gegen den O eingetreten sein könnte.
Sollte es tatsächlich zu einem Freispruch im aktuellen Verfahren kommen, evtl. auch erst in der Berufungsverhandlung, so könnte nach meiner Auffassung die Möglichkeit der Wideraufnahme des Verfahrens wegen gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr bestehen. Oder liege ich hier falsch? Gibt es hierbei evtl. auch Verjährungsfristen? Oder ist gar eine vorläufige Einstellung endgültig – auch wegen Verjährungsfristen oder so?

Zum zusammengefassten Sachverhalt habe ich noch zu ergänzen:
O hatte ohne ersichtlichen Grund stark gebremst und A zu einer Notbremsung genötigt. Ist hier evtl. auch noch eine Anzeige wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr angebracht? Oder nur noch wie in der Antwort beschrieben möglich? Danke

Mit freundlichen Grüßen

Die im ersten und eingestellten Verfahren verwendeten Aussagen und Gutachten sind auch in einem Folgeprozess verwendbar.
Du musst 2 Strafanzeigen erstatten:
1.) Gegen den ursprünglichen Unfallvortäuscher.
2.) Gegen die StA.
Danach kannst Du in einem Zivilprozess Deine insgesamten Ausfälle geltend machen.
Ich rate Dir, Dir die Hilfe eines Anwaltes zu versichern.

Ich möchte noch darauf hinweisen, dass vor einem Gericht Rcht gesprochen wird. Das hat oftmals mit Gerechtigkeit rein garnichts zu tun.

MfG - Ernst

Danke für die Antwort. Meine Vorstellungen gehen auch in diese Richtung.
Mit freundlichen Grüßen

Hallo Siggi_2011,

nachstehend möchte ich Ihre ergänzenden Fragen in gebotener Kürze beantworten. Zu beachten ist bitte weiterhin, dass es sich um keine Rechtsberatung handelt.

Die
Aussichten sollten insgesamt nicht schlecht stehen, aber wegen
der zu erwartenden langen Zeit befürchte ich, dass dann evtl.
eine Verjährung gegen den O eingetreten sein könnte.

Die Verjährung tritt nach Paragraph 78 des Strafgesetzbuches bei den hier in Rede stehenden Straftaten nach 3 Jahren ein.

Sollte es tatsächlich zu einem Freispruch im aktuellen
Verfahren kommen, evtl. auch erst in der Berufungsverhandlung,
so könnte nach meiner Auffassung die Möglichkeit der
Wideraufnahme des Verfahrens wegen gefährlichen Eingriff in
den Straßenverkehr bestehen. Oder liege ich hier falsch?

Eine Wiederaufnahme des Strafverfahrens kommt nur in zweierlei Fällen in Betracht:

Zum einen nach Paragraph 359 der Strafprozessordnung zugunsten des Verurteilten.
Zum anderen nach Paragraph 362 zu un gunsten des Angeklagten.
Beide Vorschriften passen i.E. nicht auf den von Ihnen genannten Fall.

Unser O müsste somit ‚‚ganz normal‘‘ angeklagt werden.

Gibt
es hierbei evtl. auch Verjährungsfristen?

Eine Verjährung hins. der Wiederaufnahme kommt aus der Natur der Sache nicht in Betracht. Zu denken wäre allenfalls zum einen an eine Vollstreckungsverjährung, Paragprah 79 StGB. Zum anderen an eine Verwirkung, wenn z.B., trotz Kenntnis von einem Wiederaufnahmegrund, über längere Zeit keine Wiederaufnahme erfolgt.

Oder ist gar eine
vorläufige Einstellung endgültig – auch wegen
Verjährungsfristen oder so?

Hier gelten die o.g. Verjährungsfristen des Paragraphen 78 StGB, vgl. Paragraph 154 Absätze 3 und 4 StPO. Im Übrigen gilt, dass das Gericht / die Staatsanwaltschaft, innerhalb der Verjährungsfristen über das weitere Vorgehen befinden kann.

Zum zusammengefassten Sachverhalt habe ich noch zu ergänzen:
O hatte ohne ersichtlichen Grund stark gebremst und A zu einer
Notbremsung genötigt. Ist hier evtl. auch noch eine Anzeige
wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr angebracht?

Die einschlägige Vorschrift ist der 315c StGB. Der Tatbestand ist grob in zwei strafbare Verhaltensweisen einzuteilen:
-Zum einen alkohol- oder körperlich bedingte Ausfälle, durch die es zu einer Gefahr kommt.
-Zum anderen ein Verstoß gegen die sog. ‚‚sieben Totsünden‘‘ im Straßenverkehr, vgl. 315c I Nr. 2 lit. a-g StGB. Ein scharfes Abbremsen steht dort nicht unter Strafe.

Zu denken wäre ggf. noch an 315b StGB . Dann müsste O sein Auto jedoch verkehrsfremd pervertiert haben, d.h. es gleichsam als Waffe gegen den A benutzt haben. Auch dies ist Ihrem Sachverhalt so nicht zu entnehmen. Ein - wenn auch ‚‚falsches‘‘ - Abbremsen erfüllt die Voraussetzungen in aller Regel nicht.

Ich hoffe Ihre Fragen vollständig beantwortet zu haben und verbleibe.

Mit freundlichen Grüßen

Danke Ralf K.,

ich werde mich mit der Antwort noch beschäftigen. Ich denke, dass meine Frage ganz gut beantwortet ist.
Kann man eine Staatsanwaltschaft anklagen? Zum Beispiel hier: Eine Polizeistreife hatte nach der Anzeige des O unsere Beider Fahrzeuge angehalten und kontrolliert. Von beiden Polizisten wurde kein Schaden festgestellt. Ergo auch kein Unfall. Die Staatsanwaltschaft hatte in der Anklage „festgestellt“ dass ich einen schweren Unfall verusacht hätte, ein erheblicher Schaden entstanden sei und Unfallflucht bestand. Eine Beschwerde hatte ich an die Oberstaatsanwaltschaft gerichtet. Der beauftragte Gutachter hatte ebenfalls keinen Unfall festgestgestellt.

Mit freundlichen Grüßen

Hallo,

Kann man eine Staatsanwaltschaft anklagen?

Allgemein:
Man kann einen Staatsanwalt wegen seiner Stellung als StA anzeigen, wenn er sich z.B. eines Amtsdelikts strafbar gemacht hat. Des Weiteren besteht grds. die Möglichkeit einer Dienstaufsichtsbeschwerde, vgl. 147 GVG bei sonstigen Verfehlungen.

Zum Beispiel hier:
Eine Polizeistreife hatte nach der Anzeige des O unsere Beider
Fahrzeuge angehalten und kontrolliert. Von beiden Polizisten
wurde kein Schaden festgestellt. Ergo auch kein Unfall.

Dass von den Polizeibeamten kein Schaden festgestellt wurde, muss grds. ja noch nicht bedeuten, dass auch wirklich keiner vorlag…

Die
Staatsanwaltschaft hatte in der Anklage „festgestellt“ dass
ich einen schweren Unfall verusacht hätte, ein erheblicher
Schaden entstanden sei und Unfallflucht bestand. Eine
Beschwerde hatte ich an die Oberstaatsanwaltschaft gerichtet.
Der beauftragte Gutachter hatte ebenfalls keinen Unfall
festgestgestellt.

Um dies näher beurteilen zu können, müsste ich Einsicht in die konkreten Prozessunterlagen haben. Alles andere endet sonst nur in Mutmaßungen. Grds. darf aber davon ausgegangen werden, dass sich ein StA etwas dabei gedacht hat, wenn er eine Anklageschrift formuliert. Dass ein StA bösgläubig und vorsätzlich einen Unschuldigen anklagt, dürfte der absolute Ausnahmefall sein.

MfG

Hallo und Entschuldigung für die späte Antwort,
ich hatte eine OP und konnte bis gerade noch nicht wieder an den PC. Die Antwort finde ich sehr aufschlussreich. Besten Dank. Ihrem Hinweis würde ich gerne nachkommen.
MfG

Sorry war sehr lange krank kann da nicht weiterhelfen