Strahlenschutz und Frauen

Moin Strahlemänner und -frauen,

ich hatte gestern mit dem Leiter unserer Feuerwehr ein kurzes Streitgespräch bzgl. Strahlenschutz.
Sachverhalt ist folgender:
Das freiwillige Personal unserer kommunalen Feuerwehr kriegt u.a. auch einen Lehrgang ‚Strahlenschutz‘ verpasst, damit im Schadensfall geschultes Personal zur Verfügung steht.
Nun wollte auch eine Frau diesen Lehrgang besuchen, was aber vom Wehrleiter abgelehnt wurde mit der Begründung, daß auch im Einsatzfall keine Frauen eingesetzt würden.
Dies begründete er damit, adß eine Verstrahlung bei einer Frau ungleich größeren Schaden anrichten würde, speziell bei den Keimzellen.
Er meinte (er ist selber Chemotechniker, also nicht völlig fachfremd), daß bei Männern eine Schädigung der Keimzellen schon aus statistischen Gründen unwahrscheinlihcer wäre und geschädigte Zellen eh nicht zum Zuge kämen.
Andere geschlechtsspezifische Gründe lägen ihm fern.

Wie ist das also?
Wäre eine Verstrahlung bei Frauen wirklich wesentlich übler als bei Männern?

Gandalf

Moin

Wäre eine Verstrahlung bei Frauen wirklich wesentlich übler
als bei Männern?

Er hat nicht ganz unrecht: bei der Frau sind alle Eierzellen „von Anfang an“ vorhanden. Beim Mann werden die Samenzellen im Laufe des Lebens produziert. D.h. wenn es Schäden gibt wären bei der Frau die Eierzellen direkt betroffen, beim Mann „nur“ die produzierenden Zellen in den Hoden.

Andererseits: wenn wirklich so harte Strahlung auftritt ist der Kinderwunsch dein kleinstes Problem.

cu

Hi,

er hat Recht, weil die Eizellen der Frau unwiderruflich geschädigt
würden.
Die Spermien des Mannes werden ja alle weiß-nich-wieviele-Stunden
erneuert.
Aber auch eine geschädigte Spermie KANN zum Einsatz kommen und
entsprechende Resultate bedingen.
Das ist aber schon Haarspalterei. Wie schon gesagt wurde, eigentlich
hat er recht.

Cu
Lalle

Strahlenschutz
Hallo,

eigentlich steht es ja schon im Wort drinnen, bei diesen Lehrgängen geht es um StrahlenSCHUTZ. Daher ist es doch gerade auch für Frauen wichtig sich in diesem Bereich fortzubilden.

Nun wollte auch eine Frau diesen Lehrgang besuchen, was aber
vom Wehrleiter abgelehnt wurde mit der Begründung, daß auch im
Einsatzfall keine Frauen eingesetzt würden.

Es ist aber durchaus nicht immer vorher klar, daß es sich um einen Unfall mit Strahlung handelt. Also wird die Frau doch eingesetzt und mangels Ausbildung kann sie dann nichtmal die Risiken erkennen bzw. geeignete Maßnahmen treffen.
z.B. Verkehrsunfall mit Transporter…
es stellt sich heraus, das der LKW medizinische Artikel und Nuklearmedizinische Therapeutika transportiert. Und jetzt?
Oder vielleicht ist die Frau als Gruppenführerin tätig und braucht das Fachwissen einfach um ihre Leute zu schützen?

Dies begründete er damit, das eine Verstrahlung bei einer Frau
ungleich größeren Schaden anrichten würde, speziell bei den
Keimzellen.

Klar, gerade deshalb sollte sie einen Strahlenschutzlehrgang besuchen.

Außerdem… niemand sollte bei einem Einsatz „verstrahlt“ werden, man bekommt nur eine gewisse Strahlung ab. Verstrahlen würde ja bedeuten man inkoperiert das strahlende Material.

Letztendlich entscheidend ist immer auch, wie häufig man einer Strahlenexposition ausgeliefert ist. In vielen Bereichen haben Frauen Umgang mit radioaktiven Stoffen ohne das da gleich ein erhöhtes Risiko besteht. Ich habe jahrelang im Labor mit Radioaktivität gearbeitet, berufliche Einschränkungen gab es aber nur für Schwangerschaften. Wieso also in diesem Fall einschränken, wenn nicht zu erwarten ist, das die Frau regelmäßig Strahlung ausgesetzt wird.

Andere geschlechtsspezifische Gründe lägen ihm fern.

Schon komisch, im klinischen Bereich arbeiten Frauen schon immer mit Strahlung jeglicher Art, die meisten Röntgenassistenten sind Frauen. Auf einer nuklearmedizinischen Station setzt man natürlich nicht unbedingt Frauen im gebärfähigen Alter ein, aber das gleiche gilt für das Umgang mit Zytostatika (Krebsmedikamente), da werden auch eher ältere Schwestern eingesetzt.
Ich halte das für typisches Feuerwehrgeschwätz, der Frau wird die Chancengleichheit bei Fortbildungen verwehrt.

Gruß
Julia

Hi,

finde ich eine komische Argumentation. Das herstellende Organ der Spermien kann demnach nicht geschädigt werden durch Strahlen? Ich bin nicht in dem Bereich, aber nach meiner Erinnerung gibt es gerade dazu die Menge Literatur. Männer werden dann eben steril. Das verursacht weniger Kosten. Von daher scheint es bedeutend sinnvoller im Interesse der Allgemeinheit, wenn gerade Frauen am Strahlenschutz teilnehmen. Oder erscheint es sinnvoll, dass sterile Männer für geschädigte Kinder aufkommen am Ende? - Mal überspitzt ausgedrückt.

Gruß
R

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finde ich eine komische Argumentation. Das herstellende Organ
der Spermien kann demnach nicht geschädigt werden durch
Strahlen?

Doch, natürlich. Praktisch sind da in dem Bereich aber die
Spermien in der Überzahl. Deren Schädigung wird den Großteil
ausmachen.

Ich bin nicht in dem Bereich, aber nach meiner
Erinnerung gibt es gerade dazu die Menge Literatur.

lol, es gibt zu allem ne Menge Literatur…

Männe werden dann eben steril. Das verursacht weniger Kosten.

Für wen und wann?

Von daher scheint es bedeutend sinnvoller im Interesse der
Allgemeinheit, wenn gerade Frauen am Strahlenschutz
teilnehmen.

?Dem kann ich jetzt nicht mehr ganz folgen?

Oder erscheint es sinnvoll, dass sterile Männer
für geschädigte Kinder aufkommen am Ende? - Mal überspitzt
ausgedrückt.

IMHO ist es „sinnvoll“ im Fall eines radioaktiven Unfalls, denjenigen
mit der Vor-Ort-Organisation und Koordination zu beauftragen, der
vermutlich die geringsten Schäden danach haben wird.
Schickst Du Menschen in Papieranzügen in
ein brennendes Haus oder welche in dicken, nicht brennbaren Anzügen?
übertriebenes Beispiel>

Cu
Lalle

Hallo Gandalf: Im Buch von Thomas W. Sadler, Medizinische Embryologie, finden sich Angaben die meiner Ansicht nach weder den Mann noch die Frau bei „Verstrahlung“ bevorteilen dürften.
O(v)ogenese: Bis zum Beginn der Pubertät (der Frau) vermindern sich die prim. O(v)ozyten auf ca. 40’000. Im Rahmen des Ovarialzyklus vollenden bis zur Menopause ca. 400- sek. Spermatozyten -> Spermatiden -> reife Spermien. Beim Mann dauert die Entwicklung von der Spermatogonie bis zum Spermium ca. 64 Tage. Der Mann produziert
pro Ejakulat Millionen von Spermien; die Frau pro Zyklus normal nur eine reife Eizelle. Wer ist jetzt bei „Verstrahlung“ bevorteilt. Da helfen leider nur Daten von Hiroshima und Unfällen.
Gruss

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Hallo Gandalf,

auf die Tatsache, dass geschädigte Spermien ausgesondert werden, sollte man sich besser nicht verlassen - es GIBT nun einmal erblich bedingt Behinderte. Ausserdem läuft das bei hoher Schädigungsrate auf Zeugungsunfähigkeit hinaus, was für die Betroffenen auch keine begeisternde Aussicht ist. Allenfalls bei Berufen, die Vorsorge treffen sollten (Arbeiter im KKW, aber auch z.B. Piloten), spricht ein Vorteil für Männer: Spermien lassen sich leichter einfrieren und später verwenden.

So tiefschürfende Gedanken wie hier im Forum hat sich dein Feuerwehrhauptmann sicher nicht gemacht. Überhaupt finde ich die Vorstellung unrealistisch, nach dem Schmelzen eines Reaktors in unserer Nähe würde noch viel nach männlich oder weiblich gefragt, das ist für jemand aus dem Katastrophenschutz wohl nur eine Wunschvorstellung.

Gruss Reinhard

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Hi,

Überhaupt finde ich die Vorstellung unrealistisch, nach dem
Schmelzen eines Reaktors in unserer Nähe würde noch viel nach
männlich oder weiblich gefragt, das ist für jemand aus dem
Katastrophenschutz wohl nur eine Wunschvorstellung.

Beim kompletten Durchschmelzen eines Reaktors fragt da sicher keiner danach. Aber es gibt ja auch noch eine Reihe von relativ harmlosen Unfallszenarien in dieser Hinsicht. Es kann ein Transport mit medizinischen Nuklearabfällen verunglücken, es kann beim Transport von Brennmaterial eines Atomkraftwerks was passieren, es kann bei der Herstellung von radioaktiven Produkten für Medizin oder Forschung was passieren usw usf…

mfg
deconstruct

Hallo,

es sind natürlich zwei dinge zu berücksichtigen:

zum einen die Biologie und zum anderen das Einsatzszenario.

Biologisch gesehen wird es Schäden sowohl beim Mann als auch bei der Frau geben. Selbsverständlich kommen geschädigte Samenzellen auch „zum Zug“. Strahlenschäden müssen nicht zwangsläufig die Bewegungsfähigkeit der Spermien einschränken. Entscheidend ist auch nicht die Schädigung der Samenzellen selbst, sondern die der produzierenden Zellen.

Zum rein organisatorischen: Strahlenschutz heißt ja nicht nur „rinn in die Strahlung raus aus der Strahlung“ (wie in Tschernobyl). Vieles im Strahlenschutz ist Organisation und Überwachung. Das sind Dinge, die völlig ohne Strahlenexposition ablaufen können. Außerdem wird normalerweise während eines Einsatzes die persönliche Dosis zumindest in Deutschland sehr genau überwacht auf Überschreitung der Grenzwerte. Frag einfach mal den Leiter nach dem Unterschied in der zulässigen Dosis für Frauen und Männer. Erstaunlicherweise gibt es da nämlich keinen. Wieso sollten das gelten, wenn doch Frauen soviel empflindlicher sind.

Übrigens wurden während unseres Studiums Männlein wie Weiblein in den Praktika gleichermaßen durch alle Bereiche (von der Analytik bis zur Entsorgung) im Kernforschungszentrum KA gereicht.

Gruß, Niels

Hi Nils,

im Kernforschungszentrum KA
gereicht.

Ich weiß ja, ich arbeite u´fm Reaktor!
Aber wir heißen seit Jahren Forschungszentrum, das „Kern“ ist schon lange kein Hauptbestandteil unserer Arbeit hier, siehe www.fzk.de. Ansonsten Sternchen für Deine Antwort.

Gruß
Julia

Hallo,

Aber wir heißen seit Jahren Forschungszentrum, das „Kern“ ist
schon lange kein Hauptbestandteil unserer Arbeit hier, siehe
www.fzk.de. Ansonsten Sternchen für Deine Antwort.

das weiss ich durchaus. Damals hieß es aber noch so (da lief auch noch die WAK), deshalb habe ich diesen Namen benutzt.

Gruß, Niels

Wäre eine Verstrahlung bei Frauen wirklich wesentlich übler
als bei Männern?

Ja, wenn sie schwanger ist, das weiss sie aber möglicherweise noch nicht.
Männer haben dieses Problem nicht und ich denke dass dies der Grund ist. Frauen werden ja auch von radioaktiven Arbeitsplätzen sofort ausgeschlossen wenn sie schwanger sind.