Streifenwagen ohne Blaulicht und Signalhorn

Servus,

ich dachte immer, dass sich ein Streifenwagen ohne aktiviertes Blaulicht und Signalhorn an die StVO halten muss. Ist diese Ansicht ein Irrtum?

„Fiktiver“ Beispielfall:
Angenommen ein Streifenwagen stünde auf der rechten von zwei Spuren vor einer roten Ampel. Links daneben steht ein anderer Verkehrsteilnehmer mit seinem Wagen. Als die Ampel grün zeigt, fährt der Streifenwagen vor, zieht nach links auf die Spur des anderen Verkehrsteilnehmers und biegt vor diesem links in eine Seitenstraße. Der Verkehrsteilnehmer kann nur durch Vollbremsung einen Zusammenstoß vermeiden.

Blaulicht und Martinshorn des Streifenwagens waren - wie gesagt - ausgeschaltet, der Blinker wurde erst während des „Überholvorgangs“ betätigt. Ein Linksabbiegen ist an dieser Stelle eigentlich nur von der linken Spur erlaubt.

Was wäre passiert wenn es „gekracht“ hätte?

Gruß,
Sax

Tach,

man muss hier zwischen Sonder- und Wegerechten unterscheiden. Wegerecht bedeutet, dass jemand mit Blaulicht und Martinshorn fährt und deswegen andere Verkehrsteilnehmer sofort freie Bahn schaffen müssen. Sonderrecht bedeutet, dass sich jemand zur Erfüllung hoheitlicher Aufgaben über die Regeln der STVO hinwegsetzen darf.

Die Wegerechte sind an Blaulicht und Martinshorn, also das Fahrzeug gebunden. Sonderrechte sind personengebunden und gelten für Feuerwehrleute, Polizisten, Katastrophenschützer etc. Damit darf dieser Personenkreis sich im Einsatzfall über die STVO hinwegsetzen weil sie es als Personen dürfen, es ist nicht an ihr Fahrzeug gebunden.

Polizisten dürfen also die STVO missachten ohne dazu zwingend Blaulicht und Martinshorn nutzen zu müssen. Sie dürfen es auch ohne diese Signale und z. B. auch in zivilen Wagen.

Das gleiche gilt auch für Feuerwehrleute freiwilliger Feuerwehren, die nach der Alarmierung im Privatwagen zur Feuerwache düsen um dort die Fahrzeuge zu besetzen.

Die zivilrechtliche Frage, was passiert wenn es in einer solchen Situation kracht, steht auf einem anderen Blatt. In dem Fall hat ein Fahrer, der die STVO missachtet hat, immer relativ schlechte Karten und dieses um so mehr wenn er ohne Sondersignale unterwegs war, man dem Unfallgegener also nicht vorwerfen kann ein Signalhorn missachtet zu haben.

Gruß,

MecFleih

Servus,

OK, ich dachte nur, dass Sonderrechte nur zum Übertritt der StVO berechtigen, wenn keine Verkehrsteilnehmer gefährdet werden.

Aber wahrscheinlich ist hier ein Graubereich der „Abwägung“ zwischen Dringlichkeit des Einsatzes und potentieller Gefährdung vorgesehen.

In diesem Zusammenhang noch eine Zusatzfrage:
Wie genau wird denn protokolliert wann ein neuer Einsatz dem Streifenwagen mitgeteilt wurde und ob und wann Blaulicht etc. ein- und ausgeschaltet wurde?

In dem besagten Beispiel müssten ja die Polizisten evtl. nachweisen können, dass sie aufgrund eines Einsatz-Auftrags die StVO verletzt haben und nicht nur um mal eben bei McD*** eine Mittagspause zu machen, oder?

Gruß,
Sax

Hallo Sax76,

die Protokollierung von Einsätzen ist von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich geregelt. Das derartige, von entsprechenden Leitstellen vergebene Aufträge protokolliert werden, ist hingegen sicher.

Jeder Einsatzauftrag von Polizeibeamten bzw. das Einschreiten auf der Grundlage dieses Auftrages bedarf einer rechtlichen Eingriffsermächtigung. Sei es präventivpolizeilich nach den entsprechenden Polizeigesetzen der Länder oder repressiv nach der StPO.

Sollte also bei der Nutzung von Sonderrechten ein anderer VK-Teilnehmer behindert, gefährdet oder geschädigt wird, dann ist regelmäßig auch verzeichnet, warum derjenige oder diejenige Polizeibeamte(in) an dem bezeichneten Ort zu der bezeichneten Zeit Sonderrechte nutzte. Die Protokollierung wird regelmäßig über einen gewissen Zeitraum gespeichert.

Der Verweis auf die Nutzung von Sonderrechten zum Besuch eines beliebten Schnellrestaurants oder zur Durchführung der Mittagspause gehört hingegen in die Klischee-Schublade.

MfG

Daniel

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Hai!

Der Verweis auf die Nutzung von Sonderrechten zum Besuch eines
beliebten Schnellrestaurants oder zur Durchführung der
Mittagspause gehört hingegen in die Klischee-Schublade.

Aber was soll man denn machen wenn die Pommes drohen kalt zu werden?

Zumindest zu meiner Zeit als Zivi im Rettungsdienst kam das schon mal
häufiger vor (OK, ist schon etwa 30 Jahre her). :smile:

Der Plem

Hi,

ich weiß nicht in welchem Sodom und Gomorra du seinerzeit unterwegs warst, aber ich habe in 20 Jahren Tätigkeit bei BOS-Diensten nicht erlebt, dass es derartige Auswüchse gab.

Da Fahrerschulungen bei fast allen Diensten üblich sind weiß normalerweise auch jeder, was ihm blüht wenn er mit Dienstfahrzeugen Unsinn macht und vor allem, was los ist wenn dabei auch noch etwas passiert.

Von daher sind sehr seltene Einzelfälle Unbelehrbarer, die der Hafer sticht, zwar nicht auszuschließen. Dass es aber ein üblicher Sport wäre mal eben mit Blaulicht und Martinshorn zur Frittenbude zu fahren, gehört nur in den Bereich der Klischees.

Gruß,

MecFleih

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Hai!

ich weiß nicht in welchem Sodom und Gomorra du seinerzeit
unterwegs warst,

Düsseldorf bei einem der größten Rettungsdienste neben der Feuerwehr.

aber ich habe in 20 Jahren Tätigkeit bei
BOS-Diensten nicht erlebt, dass es derartige Auswüchse gab.

Wie gesagt ich schon.

Da Fahrerschulungen bei fast allen Diensten üblich sind weiß
normalerweise auch jeder, was ihm blüht wenn er mit
Dienstfahrzeugen Unsinn macht und vor allem, was los ist wenn
dabei auch noch etwas passiert.

Du hast noch nie mit Zivildienstleistenden zusammengearbeitet oder?
Außerdem haben Zivis keine Fahrerschulung, sie müßen aber mit den
Fahrzeugen rumfahren zu Werkstatt, Probefahrt, TÜV, mal einen
Krankentransport, etc. bei wirklichen Rettungsfahrten wurden keine
Zivis eingesetzt.

Von daher sind sehr seltene Einzelfälle Unbelehrbarer, die der
Hafer sticht, zwar nicht auszuschließen. Dass es aber ein
üblicher Sport wäre mal eben mit Blaulicht und Martinshorn zur
Frittenbude zu fahren, gehört nur in den Bereich der
Klischees.

Sagen wir mal so, bei allen mir bekannten Diensten in Düsseldorf
passierte dies schon mal häufiger. Es ist immer wieder schön wenn
Leute einem erzählen wollen das ihr Erlebtes gar nicht stattgefunden
hat!

Der Plem

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Servus,

mit Blaulicht und Martinshorn

Wir sprachen aber Eingangs über Sonderrechte, nicht Wegerechte.

Ich habe jedenfalls schon Krankenwagen und Polizeifahrzeuge im absoluten Halteverbot und quer über den Fahrradstreifen geparkt vor einem „Restaurant mit dem goldenen M“ gesehen, aus dem dann wenig später die beteiligten Personen mit der unverwechselbaren Papiertüte heraus kamen.

Ich gebe zu, dies passiert nicht oft, aber da ich direkt gegenüber von einem solchen Laden arbeite, mindestens einmal im Jahr.

Allerdings finde ich das nicht so schlimm. Hat was menschliches…

Gruß,
Sax

Nun ja, nicht alles, was stereotyp ist, ist unwahr. Vor einiger Zeit habe ich nicht schlecht gestaunt, als eine Kolonne von Polizeiwagen außerhalb geschlossener Ortschaften ohne jede Not kurz das Blaulicht einschaltete, um vermeintlich rechtmäßig über eine rote Ampel fahren zu dürfen. Es lag sehr nahe, dass dies rechtswidrig war, auch wenn ich es nicht beweisen kann.

OK, ich dachte nur, dass Sonderrechte nur zum Übertritt der
StVO berechtigen, wenn keine Verkehrsteilnehmer gefährdet
werden.

Das ist selbstverständlich auch richtig und steht sogar in § 35 Abs. 8 StVO, was nur verständlich wird, wenn man weiß, was öffentliche Ordnung und öffentliche Sicherheit bedeuten, nämlich unter anderem individuelle Rechte von Menschen.

Hai auch,

aber ich habe in 20 Jahren Tätigkeit bei
BOS-Diensten nicht erlebt, dass es derartige Auswüchse gab.

Wie gesagt ich schon.

Einmal habe ich auch erlebt, dass Zivis im Krankentransport sich angewohnt hatten, aus ihrer Sicht heikle Patienten ais eigener Entscheidung mit Sondersignalen zu befördern.

Das ist aber…
a) innerhalb kürzester Zeit aufgefallen weil sie naturgemäß schnell an anderen Rettungskräften vorbei kamen und diese sich über einen Krankenwagen mit Sondersignal gewundert und entsprechend nachgefragt haben
b) in der gut gemeinten Absicht, instabile Patienten schnellstmöglich in die Klinik zu bringen
c) nicht im Zusammenhang mit den sprichwörtlichen Frittenbuden
… passiert.

Und hier geht es ja darum dem Vorurteil entgegen zu treten, BOS-Dienste würden nach Lust und Laune mit Blaulicht und Martinshorn durch die Gegend fahren weil sie nicht vor Ampeln warten wollen oder das Essen kalt werden könnte.

Dieses ist, von absoluten Ausnahmen irgendwelcher völlig Gestörter, die auch ganz schnell aus dem Verkehr gezogen werden abgesehen, flächendeckend sicher nicht der Fall.

Außerdem haben Zivis keine Fahrerschulung, sie müßen aber mit
den
Fahrzeugen rumfahren zu Werkstatt, Probefahrt, TÜV, mal einen
Krankentransport, etc. bei wirklichen Rettungsfahrten wurden
keine
Zivis eingesetzt.

Das mag regional unterschiedlich gewesen sein. In manchen Gegenden war der Krankentransport fest mit Zivis besetzt und die richtig Guten saßen zum Ende ihres Dienstzeit, wenn sie sich sehr gut geführt hatten und durch Einsatzerfahrung und Kompetenz auffielen, auch auf dem Rettungswagen; zwar unter deutlicher Beobachtung und nur mit erfahrenen Kollegen, aber immerhin.

Irgendwann war es damit allein deswegen vorbei weil…
a) das Rettungsassistentengesetz und die Regeln zur Besetzung der Fahrzeuge kaum noch einen Zivi auf Rettungswagen einsetzbar machten und
b) die Ausbildungszeit und die Kosten angesichts eines immer wieder verkürzten Zivildiensten in keinem sinnvollen Verhältnis mehr waren.

Sagen wir mal so, bei allen mir bekannten Diensten in
Düsseldorf
passierte dies schon mal häufiger. Es ist immer wieder schön
wenn
Leute einem erzählen wollen das ihr Erlebtes gar nicht
stattgefunden
hat!

Ich schreibe nicht gegen deine Erlebnisse und es mag ja sein, dass in Düsseldorf ein gewisser Schlendrian vorhanden war. Das war dann aber eine sehr seltene Ausnahme und keinesfalls die Regel.

Gruß,

MecFleih

Hallo,

bei Kollonnenfahrt ist es sogar erlaubt, die gesamte Strecke mit Blaulicht zu fahren. Das ist rechtlich vollkommen in Ordnung.

MfG

Hallo Mecfleih,

Berliner Alltag: Streifenwagen fährt bei Orange über eine Ampelkreuzung, der Verstoß der StVo ist also bevorstehend. Das Blaulicht geht an, es wird weitergefahren, nach 10 m ist das Blaulicht wieder aus.
Die Tröte bleibt aus.
Das Ganze auch beim RTW, wenn auch selten.

Strubbel
§:open_mouth:)

Hallo strubbel,

Berliner Alltag: Streifenwagen fährt bei Orange über eine
Ampelkreuzung, der Verstoß der StVo ist also bevorstehend. Das
Blaulicht geht an, es wird weitergefahren, nach 10 m ist das
Blaulicht wieder aus.

Du weißt aber nicht ob die zu einem Einsatz unterwegs sind, bei dem man sich aus verschiedenen Gründen erstmal leise nähert…

Die Tröte bleibt aus.

Die Fahrer gehen ein enorm hohes Risiko ein. Sollte es zu einem Unfall kommen wird sie die volle Härte des Gesetzes treffen. In diesem Fall könnten sich die Polizisten - wenn es so ist - auf ihre Sonderrechte berufen, die nutzen aber nicht viel wenn es scheppert. Wegerechte hatten sie aufgrund der liederlichen Nutzung ihrer Sondersignalanlage jedenfalls nicht. Sollte sich obendrein herausstellen, dass es auch keine Sonderrechte gab weil kein triftiger Anlass für das Fahrverhalten vorlag, darf sich der Fahrer warm anziehen.

Neben den strafrechtlichen Konsequenzen kann das auch zivilrechtlich böse enden. Ich weiß nicht wie die Berliner Polizei und Feuerwehr das handhaben, aber in vielen Gegenden gibt es Dienstanweisungen für das Fahren mit Sondersignalen. Werden die missachtet zahlt im Un-Fall die Versicherung des Arbeitgebers nix und man hat die Kosten selber am Hals. Viel Spaß…

Gruß,

MecFleih

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