Hi, Ralf,
der Duden ist der Feind des Guden, oder wie hieß das Sprichwort noch mal…
Dass du hier ein uraltes Vorurteil tradierst, weißt du doch, gell?
Hast Du dafür noch eine zweite Quelle?
Aber ja doch und eine erste Adresse, samt Belegen und Etymologie und noch eine dritte Bedeutung, die die Grundbedeutung zu sein scheint! Grimm!
Aber auch diese müsstest du kennen. Der Grimm ist hier auf dem Brett verlinkt!
Also bitte:
_STRUNZEN, verb., neben strunzen, stronzen (rhein. auch strongsen) begegnet die ablautform stranzen BAUER-COLLITZ 100a, LORITZA id. vienn. 127, FISCHER schwäb. 5, 1826, wo 5, 1885 die form strunzen als veraltet bezeichnet wird; strenzen SCHÖN Saarbr. 205; UNGER-KHULL steir. 583; mit weiterbildung auch strüntselen MARTIN wald. 273 (vgl. strünzeler); stranzeln SCHMID schwäb. 513, FISCHER schwäb. 5, 1826, strenzeln VILMAR nachtr. 290; hierhin mnd. strunsen SCHILLER-LÜBBEN 4, 444 und mhd. gestränze ‚müsziges umherlaufen‘, ‚groszthun‘ LEXER 1, 933, vielleicht auch ein vereinzeltes stranz:
dri kunge, die vernomen
die hochzit gar sunder stranz
bi dem niuwen sterne glanz
TILO V. KULM ingesigel v. 1065,
ebenso v. 801; das wort ist namentlich im nd. und md. zu hause, reicht östlich aber nur bis zur Elblinie. es enthält zwei deutlich verschiedene bedeutungselemente, die sich zum theil in derselben ma. neben einander finden:
- ‚müszig umherschweifen‘, ‚herumstreichen‘, so lexikalisch zuerst bei HULSIUS struntzen umbherlauffen, umbschweifen (1616) 314a; strunzen … discurrere, vagari, cursare, licenter errare circum villulas STIELER (1691) 2215: ach, man sihet und erfehret es, wie dar die eltern ihren kindern allzu viel nachgeben, und sie herumbstruntzen lassen H. BRAUN kinderspiegel (1610) 194; wundert mich also, warum gedachte magdlen mit gleicher schweins- und wind-geburth daherstruntzen mögen K. F. PAULLINI zeitkürzende lust (1695) 217. in älterer sprache vornehmlich von landfahrenden bettlern, gartknechten, manchmal fast synonym mit ‚betteln‘:
ir (der bettelorden) schwerst arbeit und künste warn,
umblauffen wie beschorne narn,
mit betteln, struntzen und liegen
die leut verfürn und betriegen
G. NIGRINUS Johann Nasen esel (1571) V 2a;
so etliche arm, lahm und gebrechlich befunden werden, soll man sie in derselbigen statt, gemein oder gebiet unterhalten
Bd. 20, Sp. 136
und inen das auslauffen und strüntzen nicht zulassen MILICHIUS schrapteuffel in theatr. diab. 1, 284a; weiterentwickelt im compositum zur bedeutung ‚durchstöbern‘: struntzten alle heuser und winckel aus, leereten die abergleubische weiber viel zeuberei und büberei G. NIGRI- nus schandtbüchlein bruder Johann Nasen (1571) g 4b. in den heutigen maa. hat sich die bedeutung ‚(müssig) umherschweifen‘ rein nur in einem kleineren mitteldeutschen gebiete erhalten: JECHT Mansf. 109; VILMAR 405; CRECELIUS oberhess. 820; BAUER-COLLITZ waldeck. 100a; KEHREIN 397; SCHMIDT westerw. 244; FISCHER 5, 1885, obd. mit anderer bedeutungswendung ‚sich faul strecken‘: UNGER-KHULL steir. 583; SCHMELLER 2, 817; LEXER kärnt. 243; vereinzelt sind beide bedeutungselemente verbunden im sinne von ‚altum incedere‘ brem.-nieders. wb. 4, 1073; FISCHER schwäb. 5, 1826: wann die narren auf der hohen schul ein jahr lang zubringen, so kommen sie wieder heim, und struntzen auf der gassen daher, wann sie edelleute wären französ. Simplic. (1683) 2, 397; selbständig entwickelt erscheint dieses bedeutungselement dann als
- ‚groszsprechen‘, ‚prahlen‘, ‚groszthun‘, in der Pfalz, im Saarbrückerland, in Luxemburg und Rheinland-Westfalen heute die herrschende bedeutung, im hessischen anscheinend schon als fremd empfunden KEHREIN nassau. 397, auch obd. SCHMID schwäb. 513, FISCHER 5, 1826, LORITZA id. vienn. 127; diese bedeutung am frühesten in piaffiren, struntzen oder hohnlachen WALLHAUSEN kriegsmanual (1616) C 3v; er struntzet gewaltig egli si vanta, millanta terribilmente KRAMER 2 (1702) 1016c; von seinen herrlichen thaten struntzen vantare le sue prodezze 1016c; zweitens ist das gantze dagobertinische diploma, womit man struntzet, falsch und verdächtig PAULLINI philos. feierabend (1697) 455. hierhin (nur rheinisch) struntsbüel IMME soldatenspr. 73; stronzbüdel LEITHÄUSER Barm. 153; strunzmichel WOESTE 260a.
STRUNZEN, verb., mingere, vgl. brünzeln und brunzen th. 2, 441: drehet er sich noch besser mit dem gantzen leib herumb, hielt sein membrum virile in der handt und strunzet vor sich hinausz KIRCHHOF wendunmuth 4, 198 lit. ver., vgl. strunzen pissen von kindern lux. ma. (1906) 432; strenzen spritzen, urinieren FISCHER schwäb. 5, 1859; strenzen im strahl spritzen HERTEL Thür. 238; strönze spritzen KLEEMANN nordthür. 26; mnd. strente, strenten SCHILLER-LÜBBEN 4, 431.
STRUNZER, m., gelegentlich strünzer, strenzer (s. u.), dialektisch auch stranzer FISCHER schwäb. 5, 1826, stränzer BAUER-COLLITZ 100a; 203a, stronzer lux. ma. 431, strönzer SCHULTZE nordthür. 45a, mit weiterbildung strünzeler WOESTE westf. 259. die bedeutungsentwicklung läuft der des verbums strunzen parallel:
- landstreicher, bettler, tagedieb: strünzer erro, ceretanus ALBERUS dict. (1540) 286b; strunzer der draussen umblaufft, m. un coureur, un vagabondo HULSIUS-RAVELLUS (1616) 314a; CAMPE 4, 722, ablautend strenzer latro voc. vrat. nach mhd. wb. 2b, 676; häufig mit synonymen: eben solcher müszigganger und träger struntzern ein sehr junger bengel kam auch in eines bawren hoff KIRCHHOFF wendunmuth 2, 216 lit. ver.; zween junge strüntzer 4, 473; die heillosen bettelmünche, welche alle andere betler und strüntzer weit ubertreffen theatr. diab. (1569) 398b; (es geschieht) in wolbestellten regimenten gar fleissige aufsicht und nachforschung gegen und wider die faulfiessige strüntzer und tagdiebe, woher sie bürtig seyen, wessen sie sich bey solchen müssiggang ernehren grillenvertreiber (1605) 3, 28; auch in compositis: weil es denn nun in diesen tagen, genand die thorentage, viel fasznachtsnarren, possenreisser, fratzenmächer, retscher, spieler, söffer, nachtstrüntzer und dergleichen halunken mehr gibt H. BRAUN proprietas stultorum (1608) 3; erzstrunzer bei CRECELIUS 820. in dieser bedeutung nur noch mundartlich: strönzer landstreicher SCHULTZE nordthür. 45a; ebenso CRECELIUS 820, während nach BAUER-COLLITZ 100a die waldeckische ma. stränzer müsziggänger unterscheidet von strünzer ebda 203a, in dem sich die zweite bedeutungslinie des wortes verselbstständigt hat:
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- ‚stolzer, hoffärtiger mensch‘, ‚prahler‘, schriftsprachlich kaum belegt, aber mundartlich und in der umgangssprache heute durchaus lebendig: strunzer trasone, vantatore, millantatore, ein greulicher struntzer un gran vantatore, un furioso millantatore KRAMER 2 (1702) 1017a; vgl. ALER dict. (1727) 2, 1856a. älter: mein bruder stellete sich geschwinde wieder an den gehörigen ort, und durfte jener strunzer sich nicht wegern, ward aber so unsauber getroffen, dasz er … ein lautes geschrey ergehen liesz A. H. BUCHOLTZ Herkuliskus (1665) 569; wie gefällt dir dieser streich, herr strunzer? hast du dich nicht tapfer gewehret? RIST friedew. Teutschl. (1648) 102. entsprechend s t r ü n z e r i n , f.: ambubaia ein losz weib, dasz umbher streicht, ein strüntzern ALBERUS dict. (1540) 12b. FRISCH teutschlat. wb. (1741) reg. 6 hat ambubaia strüzerin, hierhin?; sonst nur noch als stronzern CRECELIUS 820. vgl. das gebräuchlichere strunze sp. 134. –
STRUNZEREI, f. 1) müsziges umherstreichen, betteln, nur in älterer sprache: und diese unordnung ist der oberkeit zum theil zu zumessen, dieweil sie die strüntzerey und müssiggang den faulen schelmen zu viel gestatten theatr. diab. (1569) 397b; es haben auch … die münch mit irem betlen und struntzerei alle menschen ausgesogen G. NIGRINUS widerlegung (1570) d 1 a. 2) das prahlen, groszthun, nur lexikalisch: vanteria, millantaria, frapperia KRAMER 2 (1702) 1017a. –
STRUNZICHT, adj., nur bei STIELER (1691) 2215 als vagus, sparsus, dispalatus, palatim circumcursans, wie denn überhaupt die sippe keine allgemein verbreitete adjectivbildung besitzt. stronzech ‚kurz angebunden‘ und stronzechkêt ‚kurz angebundenes wesen‘ nur lux. ma. (1906) 431; strünzerich (strüntserch) nur BAUER-COLLITZ 100b._
Ich bin wahrlich viel in Deutschland herumgekommen, aber strunzen ist mir für urinieren noch nicht begegnet, wohl aber strullen im Norden und brunzen im Süden.
Das denke ich auch von mir, und doch finde ich tagtäglich mir völlig unbekannte Wörter. Man ist als Individuum wohl kein guter Maßstab für sowas.
Wird hier der Duden zum Wortschöpfer?
Woher nur deine Aversion?
Achwass - bei uns haut man so die Kacheln von den Wänden…
Das sind aber echte Strunzer! 
Gruß Fritz