Hi Florian
Ich habe Jura studiert. Also.
Du lernst nicht die Gesetze, sondern du lernst mit den Gesetzen umzugehen.
Das wichtigste Handwerkszeug dazu ist der sogenannte Gutachtenstil, den du von der ersten Minute an lernen wirst.
Die einzelnen Vorlesungen beschäftigen sich dann zunächst mit den allgemeinen theoretischen Basics, die man drauf haben muss, um dann in die komplexeren Materien einzusteigen (Bsp. Du musst zunächst wissen, was rechtlich bei dem Kauf eines Kaffees passiert, ehe du dich mit der Fusion zweier Konzerne beschäftigst).
Es gibt dabei die großen Bereiche, öffentliches Recht, Privatrecht/bürgerliches Recht und Strafrecht.
Im Grundstudium, den ersten vier Semestern werden, je nach Uni, verpflichtende oder freiwillige Arbeitsgemeinschaften angeboten, in denen die Bearbeitung von Klausurfällen geübt wird. Am Ende jedes Semesters schreibst du Klausuren, die die Erstellung eines rechtlichen Gutachtens über einen Fall zur Aufgabe haben.
Wenn du, eine von Uni zu Uni unterschiedliche Anzahl, von Klausuren und Hausarbeiten bestanden hast, hast du die Zwischenprüfung und fängst mit dem Hauptstudium an.
Im Hauptstudium (2 Semester Regelstudienzeit) besuchst du dann nur noch Vorlesungen und Übungen (Vorlesungen, in denen Fälle bearbeitet werden). Pro Rechtsgebiet musst du dann meist nur noch eine Klausur schreiben, sowie eine Hausarbeit aus irgendeinem der drei Rechtsgebiete.
Die meisten Studenten gehen schon recht während oder nach dem Haupstudium zu einem privaten Unterricht (Repititor), der das ganze examensrelevante Wissen (theoretische können 100% des gesamten Wissens abgeprüft werden, das du an der Uni gelernt haben sollest) nochmal zusammenfasst und didaktisch aufbereitet. Das Repetitorium dauert zwischen einem halben und einem Jahr. Die gesamte Vorbereitung auf das Examen dauert bei intensivem Lernen mindestens ein Jahr. Ich war ein einhalb Jahre fast täglich 10 Studen in der Bibliothek und habe ein durchschnittliches Examen geschrieben.
Das erste Staatsexamen besteht aus einer staatlichen Prüfung, in der du 6 Klausuren schreibst und ein mündliches Prüfungsgespräch hast und einem universitären Schwerpunktbereich.
Die staatliche Prüfung darfst du zweimal oder wenn du dich bereits nach dem achten Semster dazu anmeldest, dreimal schreiben. Das gilt deutschlandweit.
In dem Schwerpunktbereich kannst du dich dann einem Rechtsgebiet zuwenden und musst nochmal ein paar Klausuren sowie eine Seminararbeit schreiben, das ist eine wissenschaftliche Hausarbeit, die ausnahmsweise mal nicht aus einem Fall besteht.
All diese Klausuren werden im obengenannten Gutachtenstil geschrieben.
Mathe und Statistik haben in der Jutisterei keinen Platz, judex non calculat - auch Latein spielt keine wesentliche Rolle, obwohl man schon viele lateinischen Begriffe und Redewendungen einfach mitlernt.
Als Qualifikation solltest du logisch denken können und zumindest eine gute Rechtschreibung und eingermaßen lesbare Schrift haben. Die Klausuren umfassen ca. zwischen 10 und 30 Seiten! Darüber hinaus ist natürlich argumentieren und eine schnelle Auffassungsgabe wichtig.
Ich hoffe jetzt ein bisschen verstanden, worum es bei dem Jurasrudium geht .
Schönen Abend, Ale