Studium Sozialpädagogik mit 45?

Hallo,

mein Arbeitsplatz ist der fortschreitenden Technisierung zum Opfer gefallen und ich muss mich jetzt mit Mitte 40 neu orientieren. Ich würde gerne im sozialen Bereich arbeiten und ein Studium der Sozialpädagogik absolvieren.
Meine Frage an Menschen aus der Branche: Macht es Sinn, in diesem Alter noch Sozialpädagogik zu studieren? Ich wäre dann mit fast 50 noch Berufsanfänger. Persönlich sehe ich darin kein Problem, die Frage ist nur, ob das potenzielle Arbeitgeber und Kollegen auch so sehen? Kann mir jemand einen weiterhelfen?

Gruss Miriam101

Hallo Miriam,

ich arbeite jetzt einige Zeit in der Leitung einer vollstationären Jugendeinrichtung und habe oft die ein oder andere Bewerbung vor mir liegen. Die erste Frage wäre vielleicht auch in welchem Bereich Du Dich orientieren möchtest, weil in meiner Branche ist der Schichtdienst ein großer Bestandteil der Arbeit und die Erfahrung zeigt, dass hier das Familienleben oft auf der Strecke bleibt. Wenn man schon ganz weit denken möchte ist der Verdienst natürlich ein weiterer Punkt. Auch wenn viele Menschen, welche sich für den sozialen Bereich entscheiden, behaupten, dass sie es nicht des Geldes wegen tun, sondern aus Idealismus o.ä. ist das Thema Geld immer ein Flobiss und Du wirst Dich an die Tatsache gewöhnen müssen, dass wesentlich jüngere Kollegen mehr Geld verdienen, weil sie im Tarifvertrag schon nach oben gestiegen sind und die entsprechende Berufserfahrung mitbringen.
Grundsätzlich finde ich persönlich einen Neuanfang immer super, doch dieser ist in den meisten Fällen mit erheblichen Kosten verbunden. Vier Jahre Studium und jetzt auch noch auf „Bachelor- Arts“ ist kein Kinderspiel. Einen ganz großen Vorteil hast Du natürlich durch Deine Lebenserfahrung, welche sich positiv auf das Studium und Deinem Arbeitsplatz auswirken wird.
Arbeit zu bekommen sehe ich nicht als große Schwierigkeit, da immer Erzieher und Sozialpädagogen gesucht werden, allerdings musst Du damit rechnen (je nach Bereich und gerade im Heimbereich) eine Erzieherstelle zu bekommen, d.h. Du hast natürlich die höhere Qualifikation, jedoch einen geringeren Verdienst. Meine Erfahrung zeigt weiter, dass viele Berufseinsteiger im Jugendamt ihre Tätigkeit verrichten und wir ja auch eng mit diesen zusammen arbeiten. Ich sehe dies als eher schwierig, weil die nötige Praxis fehlt.

Ich hoffe ich konnte ein wenig weiterhelfen und verbleibe mit

freundlichen Grüßen

Nico

Ps.: Bevor Dich der Job nicht mehr glücklich macht und Du den Mut, die Zeit und das Geld hast: „Do it!!!“

Hallo Miriam101,

ich selbst habe sehr jung (direkt nach dem Abi ausschließlich mit ehrenamtlichen Erfahrungen) angefangen, Soziale Arbeit zu studieren und die Erfahrunge der älteren Kommilitonen immer sehr geschätzt.

Von Seiten der Arbeitgeber kann ich mir auch nicht unbedingt etwas Nachteiliges vorstellen, da sie davon ausgehen können, dass Du zwar fachlich (kommt ja auch auf deinen vorherigen Beruf an) Neuling bist, aber sehr wohl weißt, wie das Arbeitsleben an sich funktioniert.

Beste Grüße,

Verena

Halllo Miriam,

meiner Meinung nach sind gerade in der sozialen Arbeit "Bruch-"Biographien nichts aussergewöhnliches. Ich selbst bin vom Grundberuf Landwirt und habe gerade von dieses „geerdet“ sein bei meiner sozialen Arbeit profitiert. Es kommt also eher darauf an, wie Du Dich mit deinem bisherigen Lebenslauf darstellen kannst bzw. verkaufen kannst.
Ich möchte Dich aber auch darauf hinweisen, dass die Sozialpädagogik als Hochschulabschluss, eins der schlechst bezahltesten Gebiete ist. Ich für mein Teil habe viel Lebenserfahrungen aus meiner sozialen Arbeit geschöfft und war jahrelang sehr zufrieden mit meiner Arbeit. Jedoch verabschiede ich mich gerade aus dieser Tätigkeit. Die Diskrepantz von methodisch machbaren und (u.a.finanziell) äusseren Rahmenbedingungen machten mir die Arbeit zunehmend schwerer. Ich für mich persönlich erlebte mich zunehmend als „Hilf“-loser Helfer. Diese Erfahrungen mögen evtl. fachbezogen sein. Ich arbeitete in der freien Jugendhilfe.

Ich hoffe ich konnte Dir behilflich sein. Für weitere Fragen steh ich Dir gern zur Verfügung.

Hallo Miriam,

ich würde es nicht machen, da es momentan nicht einfach ist in dem Bereich eine Stelle zu bekommen. Arbeitgeber wollen erfahrene und junge Mitarbeiter haben, wobei auch dann ist es nicht einfach.

Wünsche dir trotzdem viel Erfolg!

Lena

Hallo Miriam,
ich kann nicht einschätzen, wie Arbeitgeber auf SozPäds Ü50 reagieren.
Ich würde dich aber aus meinen Erfahrungen heraus durchaus motivieren. Ich habe ein Teil meines Studiums als Online-‚Version‘, also berufsbegleitend absolviert. Dabei hatte ich bei meinen Mit-Student_innen alle Altersklassen dabei – also auch Leute die in deinem Alter waren.

LG und viel Erfolg bei Entscheidung und Durchführung.

Falko

Hallo Miriam,
grundsätzlich bringt man ja neben der Berufserfahrung auch ein ganzes Stück Lebenserfahrung mit, hat evtl. selbst eine Familie mit erwachsenen Kindern, welche man auch durch Höhen und Tiefen begleitet hat. Diese Erfahrungen helfen einem ein ganzes Stück weiter und sind dem Arbeitgeber auch angenehm. Allerdings ist Sozialpädagogik ein sehr vielschichtiges Arbeitsfeld und sie sollten sich die Frage stellen, in welchem Teilbereich sie später mal tätig sein wollen. Ein Studium ins blaue hinein erscheint mir wenig sinnvoll. Hilfreich wäre sicher die Kontaktaufnahme zu Menschen, die im ausgewählten Arbeitsfeld tätig sind.

MfG

Hallo Miriam, erst einmal gratuliere ich dir zu so viel Mut mit Mitte vierzig noch mal ganz was neues anzufangen. Jetzt wäre es interessant zu wissen, was du vorher jahrelang gemacht hast, um zu schauen ob man es irgendwie kombinieren kann, um nicht ganz als Berufsanfängerin da zu stehen. Ich war zwei Jahre lang im Akademikercoaching für Frauen aus dem sozialen Bereich und bin folgender Meinung: der Markt sieht nicht gut aus, für Berufsanfänger gibt es Gehälter da kommen einem die Tränen und ab Mitte 30 wird es schwierig Festanstellungen zu bekommen. Ab Mitte 40 musst du schon richtig was drauf haben und dich spezialisierter Weise mit viel Erfahrung gut verkaufen können. Aber ab 50 Jahren hast du als Berufsanfänger wenn überhaupt nur noch Chancen wenn du deine bisherigen Berufserfahrungen mit „verkaufen“ kannst, ganz genau weißt was du willst und von Anfang an dein ganzes Studium danach ausrichtest (damit auch jeder AG überzeugt ist)und während des Studiums schon eifrig netzwerkelst um dann einzusteigen. Also überlege es dir gut. Vielleicht schreibst du mal was du vorher gemacht hast? Und was du genau machen willst. Ein Studium ist ja noch kein Arbeitsfeld. Wo solls hingehen?

Grüße Idil Rack (Bin auch 50, aber mit 25 Jahren Berufserfahrung und habe eine Mischung aus befristeten Festanstellungen und Selbständigkeit für mich gebastelt. Ganztagsjobs hätte ich in Festanstellung auch bekommen können, aber nie durch Inserate, immer nur über Kontakte die ausgebaut werden)

Hallo Idil,

ich bin studierte Sprach-und Kulturwissenschaftlerin und habe in den letzten Jahren in der Medienbranche gearbeitet. In meinem Studium und auch privat habe ich mich sehr viel mit Interkultureller Kommunikation, Migration und psychologischen Themen beschäftigt. Als Sozialpädagogin würde ich gerne beratend tätig sein. Ich möchte Migranten bei der Eingliederung beraten. Ferner könnte ich mir auch gut vorstellen, im Bereich Wiedereingliederung von Arbeitslosen tätig zu sein. Allerdings habe ich im Moment keine berufspraktische Erfahrung in dem Bereich. Bei positiven Feed-back hier im Forum hätte ich mich aber um eine Praktikumsstelle gekümmert, bevor ich zu studieren anfange.

Hallo,

obwohl ich selbst berufsbegleitend Sozialpädagogik studiert habe, bin ich meinem Erstberuf Erzieherin treu geblieben und arbeite in einer Kinderkrippe.
Deshalb kann ich nur für diesen Teilbereich der Sozialen Arbeit sprechen:
speziell in unserer Einrichtung wäre es egal, wie alt Du als Berufsanfänger bist.

Über die anderen Felder der Sozialen Arbeit kann ich leider nichts sagen.

Herzliche Grüße
Yvonne

Hallo,

wenn Interesse an sozialem Berufsfeld besteht und der Mut zu einem Neustudium auch, dann ist das schon eine gute Grundlage. Das Entgegenkommen der Arbeitgeber kann ich nicht einschätzen, aber als Kollegin wäre der Berufseinstieg auch in diesem Alter kein Problem. Je nachdem, in welcher Richtung das gewünschte Einsatzfeld liegen sollte, bestehen in den nächsten Jahren aufgrund vieler Verrentungen recht gute Jobaussichten.
Vielleicht bekommst du noch eine Rückmeldung von Arbeitgeberseite, wäre interessant.

Viele Grüße und viel Erfolg,

Hildegarde

Hallo Hildegarde,

erst mal danke an alle für Eure Hilfe. Eure Antworten haben mir Mut gemacht, den Weg einzuschlagen. Meine Bedenken, dass ich zu alt wäre, wurden von den meisten nicht bestätigt. Ich werde jetzt erst mal versuchen, durch ein Praktikum mehr Einblick zu bekommen.

Gruß Miriam

Die Frage lässt sich nicht völlig pauschal beantworten. Ich werfe aber einfach mal weitere Fragen in den Raum :smile: :

a) Benötigen Sie wirklich den Abschluss als Sozialarbeiterin oder reicht der Abschluss als Sozialarbeiterin?

b) In welchem Bereich planen Sie zu arbeiten?

c) Mit welcher Altersgruppe werden Sie dort zu tun haben?

d) Werden die Klienten dort ein Problem mit ihrem Alter haben?

Und ich empfehle dringendst ein mehrwöchiges (!) Praktikum im zukünftigen Arbeitsbereich.

Soweit erstmal.