Hallo Karl,
Ich versuche mal auf ihre, doch eher philosophischen, ergiebigen Ausführungen einzugehen und Antworten, oder zumindest Anregungen zu finden.
Ich fange von hinten an: Ihre Gedankengänge finde ich nachvollziehbar und wichtig, und durchaus auch kompliziert. Die Standardantworten, die sie zitiert haben, halte ich im Prinzip für richtig, sind jedoch nicht so einfach zu verstehen und zu leben, wie viele denken. Meines Erachtens benötigt man dafür gewisse Vorüberlegungen, eine bestimmte Haltung, eine Basis von der man ausgeht.
In ihrem Beitrag gibt es überwiegend um richtige und falsche Entscheidungen. Die gibt es so nicht. Jede Entscheidung wird bezogen auf die Vergangenheit aus den persönlichen Erfahrungen und bezogen auf die Zukunft aus den individuellen Wünschen und Vorstellungen gefällt. Somit ist sie immer ein einzigartiges Geschehen, welches sich nicht vergleichen lässt. Weiterhin ist das Gegensatzpaar richtig und falsch eine intellektuelle Unterscheidung des Verstandes. Was mir gefällt, was ich mir wünsche, ist meist viel mehr eine Frage meiner Gefühle. Außerdem ist die Bewertung richtig oder falsch immer nur ein Statement aus einer bestimmten Haltung, einer bestimmten Sicht und aus einer bestimmten Zeit heraus möglich und somit niemals objektiv.
Man hat nie alle Informationen, da dies unendlich viele sind und bezogen auf die Zukunft auch noch gar nicht zur Verfügung stehen. Und selbst wenn ich sie hätte, wären sie in ihrer Vielseitigkeit, Komplexität und in ihren unzähligen, unterschiedlichsten und mehrfachen gegenseitigen Abhängigkeiten und Beziehungen nicht überschaubar und begreifbar.
Und doch kann man meines Erachtens gute Entscheidungen (nicht immer unbedingt richtige) aufgrund aller relevanten Informationen treffen. Diese relevanten Informationen liegen jedoch nicht „objektiviert“ irgendwo da draußen in der Welt, sondern ganz subjektiv in dem, der die Entscheidung zu treffen hat. Dafür muss ich meine Blickrichtung verändern. Ich muss vor allen Dingen, oder zumindest auch mich wahrnehmen. Ich muss immer mehr an meinem Bewusstsein arbeiten. Ich muss lernen sowohl meine Gedanken und ihre Ursprünge ebenso wahrzunehmen wie meine Gefühle, deren Ursprünge und meinen Körper. Keine dieser Ebenen darf ich missachten, keine darf ich zum Chef erheben, sie alle sind gleichberechtigt und machen mich in meiner Gesamtheit aus. Wenn ich Entscheidungen nur aufgrund von intellektuellen Überlegungen werden diese vielleicht „richtig“ sein (und wahrscheinlich auch das nur zum Teil), aber nicht gut.
Soweit erst einmal
freundliche Grüße
Thomas Kühn