Suche Alltagsbeispiel für Transzendentale Dialekti

Hallo liebe Experten.
Ich schreibe in zwei Monaten mein Schriftliches Abitur in Ethik und versuche mich an Kant anzunähern.
Kann mir jemand erklaeren was die Transzendentale Dialektik und die Auffassung von Vernunft ist bezogen auf die Kritik der reinen Vernunft? Am besten mit einem Beispiel??

Ich habe bereits den Wikipedia Artikel durchgelesen und mich in einem Buch über Ethik und Kant schlau gemacht.
Nach meinen Auffassung waere die Transzendentale Dialektik jetzt folgendes:
Nehmen wir an ich bin in der Türkei grossgeworden und sehe nur Frauen mit Kopftücher ( ist das nun die erkenntnis oder erfahrung?) Nun sagt Kant ja das Menschen von Natur aus Grenzen vom Verstand überschreiten wollen, die Welt verstehen wollen ( eben das Transzendentale erfassen, darüber urteilen) deswegen wird das subjektie Urteil zum objektiven Urteil sodass es eine Regel wird, die in dem Fall für alle Frauen auf der Welt gilt. Sprich ich gehe davon aus das alle Frauen Kopftücher tragen und objektiviere meine Sicht.

Und nun entsteht lau Kant ( und Wikipedia) die Illusion, nämlich das diese Aussage nicht der Wahrheit entspricht. Das heißt die Denkweise steht im Gegensatz zu der Gegebenheit ( nicht alle Frauen tragen Kopftücher) und dies führt dann zur Auflösung, auf die höhere Ebene, Stufe…

Ist das Beispiel ok? Kann man das so beschreiben??

So habe ich es mir auch vorgestellt:
X=B und X =R

Man würde schlussfolgern nach dem Prinzip der Logik ( oder Verstand oder Vernunft??) das B=R ist. Jedoch kann es auch sein dass x für eine wand steht und im Falle x= B ist sie blau und im falle x=R ist sie rot. Da koennen wir auch nicht sagen blau entspricht rot. Weil es eine falsche schlussfokgerung waere und deswegen nennt kant diese doch erweiterungsurteile, bzw. Erscheinungen.
Sie erscheinen ja nicht in raum und zeit , sodass wir es aktiv sehen…?

Frage : Stimmt meine Auffassung von Kant und wenn nein oder wenn ich irgendetwas falsch vertanden habe, bitte lasst es mich wissen.
Ansonsten waere es sehr sehr nett wenn ihr mir den Unterschied zwischen Erfahrung und Erkenntnis bei ihm und Vernunft und Verstand darstellen könntet.

Die Theorie von Kant erinnerr mich auch sehr stark an das „Sein-Sollen-Problem“ von David Hume, der sagt man solle nicht vom Sein Zustand auf das Sollen schließen und der Sein Zustand rechtfertigt nicht das Sollen.

Lg von Julia und vielen Dank wenn ihr euch die Zeit genommen habt meine sehr ausführliche Frage durchzulesen.

Transzendentale Dialektik
Hallo Julia,

ich fürchte ich kann Dir da nicht helfen.
Zum einen bin ich Experte für Kants theoretische Philosophie, müsste daher zwar etwas zur Transzendentalen Dialektik sagen können, bin aber, was Kants praktische Philosophie (Ethik) angeht, völlig aussen vor.
Dein Beispiel ist eine Mischfrage, weil es auf Erkenntnisse unterschiedlicher Menschen abhebt, und es um eine Vorschrift geht, also in die prak. Philosophie einzuordnen wäre.

Vorweg: Mir geht es ziemlich gegen den Strich, wenn man irgendwelche „Alltagsbeispiele“ unüberlegt in ein System hineinzuzwängen sucht, was über etwas ganz anderes handelt.
Das muss nicht einmal gegen Dich sprechen, sondern in der Schule wird oft vereinfacht und man muss Konventionen akzeptieren, die fachlich so nicht zu halten sind, oder später -wennn man es denn studiert- zersört werden (das ist auch z.B. in der Mathematik so).

Kant geht es in der Kritik der reinen Vernunft (KrV) um die Analyse unseres Erkenntnisvermögens überhaupt und er geht dabei von der Erkenntnis bzw. Erkenntnismöglichkeit des Subjekts aus.
Es geht bei Kant nicht um irgendwelche Grenzen, die wir durch die Erfahrung gewonnen haben, egal wo wir aufgewachsen sind oder was wir erlebt haben, sondern um die Grenzen überhaupt. Und da fallen eben nicht Kopftücher oder feministische Fragen hinein, sondern die prinzipiellen Bedingungen unseres Denkens und Wahrnehmens überhaupt: z.B. Undurchdringlichkeit von physischen Gegenständen, zeitliche Dauer von Ereignissen und unserer Welt, Existenz unseres Raumes (stell Dir mal _irgendetwas_ vor -> Du stellst es Dir immer räumlich und außerhalb von Dir (nicht Deines Körpers, sondern Deines Bewusstseins vor)) usw.
Es sind daher „große“ Fragen, die Kant untersucht, und die die Vernunft niemals abweisen kann, die immer wieder auftauchen werden. (Z.B. Hat die Welt einen Anfang?)

Jetzt wieder etwas zurück zu Deiner Situation: in einer Abiturprüfung kann es vielleicht interessant werden, sofen man entsprechende Kenntnisse hat, wenn ein Prüfer einem tatsächlich die Frage stellen würde „Wie setzen Sie das Erlebnis einer jungen Muslima in der Türkei, die Zeit ihres Lebens nur Frauen gesehen hat, die in der Öffentlichkeit Kopftücher tragen, ins Verhältnis zu Kants transzendentaler Dialektik in der Kritik der reinen Vernunft?“ und man in etwa so antwortete „Überhaupt nicht. Und ich bin entsetzt dass Sie so eine oberflächliche Kenntnis von Kants Philosophie in einer Abschlussprüfung einer höheren Schule an den Tag legen, denn…“.
Praktisch wird es eher so sein, dass, da es ja um den Ethikunterricht geht, um konkrete ethische Fragestellungen gehen wird, wie Du sie mit dem Kopftuch im Sinn hattest, aber für Ethik bin ich nunmal kein Experte.

Falls Du von einem anderen Experten eine konkrete Antwort auf Dein Beispiel erhalten hast, würde mich das übrigens sehr interessieren, vielleicht leitest Du mir die dann weiter?

beste Grüße
Nne

Hallo Julia,

im Prinzip hast du es schon richtig verstanden. Nur das jedem Menschen (vor allem einer Frau) klar ist, das Kopftücher nicht zu der Frau dazugehören. Mädchen tragen keine Kopftücher, die Frauen tragen zu Hause keine Kopftücher usw. Es gibt also Mittel und Wege, das eine Frau kein Kopftuch trägt. Damit ist es nichts transzendentales.

Vergleiche es eher mit der Hautfarbe. Europäer im Mittelalter, könnten meinen zum Mensch sein gehört es dazu weis zu sein, bzw. schwarz zu sein. Und so entsteht ruck zuck eine Illusion.

Überings ist es in deinem Beispiel eine Erfahrung Frauen tragen Kopftücher (um genau zu sein ist die Erfahrung, diese Frau trägt Kopftuch und diese und diese…) und die Erkenntnis ist alle Frauen tragen Kopftücher.

Den 2. Teil verstehe ich nicht ganz.
Entweder ist x eine konkrete Wand, dann ist diese Wand blau oder rot. Oder x ist ein Teilstück einer Wand, dann ist der rechte Teil so und der linke anders. Oder x ist die Gesamtheit aller Wände. Aber auch dann muss ich davon ausgehen, dass alle Wände blau oder rot sind. Auf jeden Fall kann x nicht blau und rot sein!
Der logische Fehler in dieser Übertragung ist, doch das wir von einem Teil (einer Frau oder einer Wand) auf die Gesamtheit schliessen (alle Frauen bzw. alle Wände).
Ein Erweiterungsurteil ist eben diese Übertragung, wenn ich davon ausgehe, das sie stimmen muss. (Das funktioniert bei der Frau, wie oben dargestellt eben nicht.) Aber ein Mittelalterlicher Mensch könnte es bei der Hautfarbe denken. Oder noch einfacher, die Schwerkraft. Kein Mensch sieht sie, aber jeder Mensch weiss, wenn ich einen Stein los lasse fällt er nach unten. Genau genommen, kann ich nicht wissen, was der Stein macht, den ich in der Hand halte und nur weil er die letzten 99 mal nach unten gefallen ist, bin ich nicht sicher, das er es beim 100. mal auch tut. Aber ich erweitere mein Urteil und probiere es nicht wieder aus.

Unterschied zwischen Erfahrung und Erkenntnis:
Ganz grob gesagt ist die Erfahrung, das was ich wahrnehme mit meinen Sinnen (fühlen, hören, sehen…). Die Erkenntnis ist ein Gedanke, ein erstes Urteil, das ich aus der Erfahrung schliesse. Ich schaue auf die Wand und sehe (erfahre mit den Augen) blau. Ich erkenne die Wand ist blau. (Evtl. gibt es noch mehr Unterschiede, die ich so spontan nicht im Kopf habe.
Die Vernunft ist eher etwas transzendentales. Jeser Mensch hat sie. Der Verstand ist etwas konkreter, das was jeder Mensch an intellektuellen Fähigkeiten hat.

Lass dir diese beiden Unterschiede noch mal genauer von jemand erklären. Mein Wissen dazu ist arg grob und in einer Klausur, könnte tieferes Wissen wichtig sein.

Das dich Kant an Hume erinnert ist kein Wunder. Kant ist von dem humeschen Empirismus stark beeinflusst.

So ich hoffe das hat dir ein wenig geholfen. Wenn du noch fragen dazu hast, kannst du gerne Rückfragen stellen. Es ist schon eine Weile her, das ich mich mit Kant beschäftigt habe, aber alles habe ich anscheinend nicht vergessen.

Wünsche dir viel Erfolg, speziell bei deinem Abitur und allgemein im Jahr 2013.

Viele Grüße
To

Liebe Julia,

ich habe mich leider nie intensiv mit Kant beschäftigt. Von daher kann ich dir da leider nicht kompetent antworten. Tut mir Leid.

Hanno

Es tut mir leid, dazu kann ich leider nichts sagen, da das bedeutet, sich intensiv erst einmal einzulesen, und dazu habe ich leider im Augenblick keine Zeit (75 Klausuren müssen korrigiert werden).
Gruß
I. Gnau