Hallo - dann ein zweiter Versuch…
ich bin seit fast 30 Jahren Buddhist und bin mittlerweile zu der Auffassung gelangt, dass das Tib. Totenbuch kein geeigneter Text ist für Menschen, die sich noch nie mit der buddhistischen Sicht beschäftigt haben und sich dem Ende Ihres Lebens nähern. Da ist zu viel drin was nicht vertraut ist und insofern irritiert.
Es kommt nach meiner Auffassung eher darauf an in Frieden zu kommen mit allem, eine friedvolle Atmosphäre zu unterstützen, und da gehören für einen Menschen im Alter ihres Großvaters besser Dinge dazu, die er schon (lange) kennt, etwas das ihn erinnert an schöne Zeiten, die es in seinem Leben gab. Kaufen Sie also besser ihm vertraute Texte, Musik oder Bilder von der hiesigen Natur, vom Gebirge, wenn er damit etwas schönes verbinden kann oder vom Meer, falls ihm das vertraut ist.
Hilfreich und unterstützend ist aber auch etwas, das Sie nicht kaufen können: Zeit und Nähe zu ihm. Bleiben Sie einfach da und sitzen neben ihm, ohne etwas von ihm zu fordern (ist vielleicht langweilig?)oder falls es für Sie beide stimmt, können Sie auch seine Hand halten. Lassen Sie sich Geschichten erzählen (von früher), bleiben Sie dabei, auch wenn Sie die gleiche Geschichte schon oft gehört haben oder der Redefluss ganz langsam ist, die Worte und Gedanken eher tröpfeln - so ist es nun mal wenn man so alt ist.
Die Zeit der Konfrontationen ist vorbei - es lohnt sich nicht zu streiten, fragen Sie ihn nach schönen Erlebnissen, an die er sich erinnert …
Vielleicht können Sie ihm als Enkel auch näher sein als seine eigenen Kinder, die ja zumeist in den typischen Eltern/Kind Themen noch immer miteinander verstrickt sind…
Es geht um „in Frieden kommen“ mit sich selbst, wenn man sich dem Ende nähert. Die Antwort, was nach dem Tod kommt, werden Sie ihm wohl schuldig bleiben müssen, aber dabeibleiben können Sie.
Geburt und Tod gehören zusammen und vielleicht hat Ihr Großvater ja auch Phantasien was vor der Geburt gewesen sein könnte …
oder andere Fantasien, die er gerne aussprechen möchte oder Wünsche die er noch äußern möchte.
Ist es nicht ok, wenn für Ihn in seinem Alter das Leben nicht mehr ganz so wichtig ist. Man hat bis dahin so viel erlebt und es gibt außer dem Tod vielleicht nichts wirklich neues mehr zu erleben …
Oft ist es für die Jüngeren schwer auszuhalten, wenn die Eltern oder Großeltern wirklich alt und schwach werden. Vielleicht hilft es Ihnen, wenn Sie über das Alter und die eigene Sterblichkeit nachdenken, vielleicht können Sie auch Ihren Großvater dazu befragen - haben Sie Geduld mit ihm und mit sich …
Ich wünsche Ihnen und Ihrem Großvater noch eine gute Zeit
Herzliche Grüße
U. Gscheidel