vom Umgang mit anderen religiösen Traditionen
Hallo Sabrina,
ich möchte meinen beiden Kindern Ihre Taufsprüche gerne in
hebräischer Schrift als Wandbild über´s Bett schreiben.
Ich denke, die technische Seite Deines Vorhabens ist das
geringere Problem. Im Netz wirst Du zuhauf „Hebrew Fonts“ finden,
die Du runterladen kannst, und sicher ist irgendwo ein Schriftbild dabei, das Dir zusagt. Zum Anschauen, wie hebräische Buchstaben in religiösen Schriften geschrieben werden, findest Du einige Beispiele hier:
http://www.soferet.com/gallery.html
Die Personen - meist Männer -, die diese „Schreibarbeiten“ durchführen, haben eine lange Ausbildung, nicht nur handwerklicher, sondern auch spiritueller Art, durchlaufen.
Wer
kann mir dabei helfen, Psalm 23 zu übersetzen oder wer kann
mir ein Programm nennen, mit dem ich eine (grammatikalisch
richtige) Übersetzung in hebräische Schriftzeichen bekomme!
Dazu hat Petra schon Einiges geschrieben, was Dir vermutlich hilft.
Brauche eine Schrift, die sich sehr klar vergrößern lässt,
damit ich mir davon Schablonen fürs Übertragen auf die Wand
fertigen kann.
Gerne auch eine Schmuckschrift oder althebräische Schrift.
Was genau Du mit „Schmuckschrift“ meinst, verstehe ich nicht, aber vermutlich meinst Du hebräische Buchstaben in einer Schriftart, die Dir gefällt.
Um gleich div. Fragen zuvor zu kommen: Ich möchte den Text
NICHT für eine Tätowierung.
In einem jüdischen Forum würdest Du dann auch keine Antworten auf die Frage bekommen.
Aufgrund jüdischer Wurzeln in
meiner Familie kommt das für mich nicht in Frage!
Aber andere Formen der Respektlosigkeit schon? - frage ich mal etwas provozierend nach.
Ich finde es zuallererst einmal ganz wichtig, dass Kinder ganz allgemein durch das alltägliche Miteinander lernen, andere Menschen - egal welche Religion, Weltanschauung oder sexuelle Orientierung sie haben, zu achten.
Mein Eindruck - aufgrund Deiner Anfrage und wie sie gestellt ist - ist, dass Du keinerlei Bezug zu jüdischen Traditionen hast. Das ist kein Vorwurf, sondern nur eine Feststellung. Damit dürfte es Dir so gehen, wie den meisten Menschen in einer ähnlichen Situation.
Ich finde, es hat schon etwas sehr Magisches, sich von hebräischen Schriftzeichen an der Wand des Kinderzimmers zu erwarten, dass damit ein Bezug zur jüdischen Familienvergangenheit grundgelegt / hergestellt wird.
Deine Kinder werden größer werden, und dann werden sie eigene Vorstellungen haben, wie sie die Wände ihres Kinderzimmers gestalten wollen. Abgesehen davon, werdet Ihr vielleicht auch einmel umziehen oder wenn es sich um ein eigenes Haus handelt, irgendwann mal die Räume vielleicht anders aufteilen wollen.
Wie willst Du dann mit den hebräischen Schriftzeichen auf der Wand umgehen speziell denen, die das Tetragramm wiedergeben?
Der von Dir angefragte Psalm beinhaltet zweimal das Tetragramm (den hebräischen G-ttesnamen). Ich habe mal vor einigen Jahren für eine jüdische Organisation ein hebräisch-englisches Bibelprogramm übersetzt und bearbeitet. Wenn jemand an entsprechender Stelle auf den DRICKEN-Button geklickt hat, dann ging ein Fenster auf, das den Nutzern erklärte, dass sie jetzt einen religiösen Text mit einem Tetragramm ausdrucken, und dass sie gebeten werden, falls sie den Text nicht mehr benötigen, ihn zum nächsten Rabbinat zu bringen, weil Texte, die den G-ttesnamen beinhalten, nicht einfach mal so entsorgt werden können.
In der englisch-hebräischen Orginalfassung des Programms war dieser Hinweis übrigens nicht enthalten, was damit zu tun hat, dass man in Deutschland nach der Schoah nicht davon ausgehen kann, dass ein entsprechender Wissensstand, was den Umgang mit diesen Dingen betrifft, da ist.
Bereits weiter oben im Text habe ich von der Person geschrieben, die religiöse Texte (Sofer - Soferet) schreibt. Dem Tetragramm bzw. der Realität, die dahinter steht, wird so viel Achtung entgegengebracht, daß ein Sofer / eine Soferet vor dem Schreiben des Tetragramms in die Mikwe (rituelles Tauchbad) geht. Ein solcher „Schreibvorgang“ wird im Judentum als religiöser Akt gesehen. Das kann man nicht so einfach irgendwie irgendwo „hinpinseln“.
Jedoch möchte ich meinen Kindern damit einen Bezug zu Ihrer
familiären Herkunft geben.
Das wäre noch mal eine ganz eigene Diskussion.
Ich bezweifle, dass Dein geplantes Wandbild daa taugliche Mittel dafür ist. Inwiefern bekommt man durch hebräische, chinesische, kyrillische oder welche Schriftzeichen auch immer, einen Bezug zu den Realitäten, die sie vermitteln?
Wie stellst Du Dir das vor? Wie wird eine Entfremdung, die über Generationen hinweg stattfefunden zu haben scheint, über hebräische Schriftzeichen an der Wand relativiert oder vermag einen Bezug zur jüdischen Familienvergangenheit herzustellen?
Abgesehen davon sprichst Du in Deiner Anfrage von Tauf sprüchen. Damit habt Ihr Euch doch schon für eine Weichenstellung entschieden. Eine Verbindung - welcher Art und Intensität auch immer - mit dem Christentum scheint ja dann vorhanden zu sein.
Möglicherweise - und auch das ist gar nicht so selten - geht es um eine ungelöste Identitätsproblematik auf der Elternebene. Die sollte dann aber nicht auf dem Rücken - oder den Zimmerwänden - der Kinder ausgetragen werden.
Ich hoffe sehr, hier Hilfe zu finden.
Ob das was Du da im Sinn hast bzw. für Anregungen hier bekommen hast, Deinem Anliegen dient, ist eine andere Frage.
Viele Grüße
Iris