Sudanfarbstoff als Indikator für flüssigen Stickstoff?

Hallo Wissende,

ein brasilianischer Artikel über die Vitrifikation von Eizellen proklamiert, dass man mit Hilfe eines Sudanfarbstoffes (rotes Pulver, keine nähere Spezifikation) den Kontakt mit flüssigem Stickstoff nachweisen könnte. Das rote Pulver (oder seine wässrige Lösung, das ist im Artikel uneinheitlich beschrieben) würde sich danach violett bis schwarz färben.
Wir haben den Sachverhalt mit Sudan III als trockenes Pulver, als Acetonlösung, ethanolische und wässrige Lösung getestet und den behaupteten Farbwechsel nicht reproduzieren können.

Meine Frage: ist es überhaupt möglich, dass mit einem Azofarbstoff in LN2 bei -196°C irgendetwas passiert, das einen solchen Farbumschlag hervorrufen könnte oder hatten die Jungs ein, zwei Mojito zuviel beim Verfassen des Artikels?

Gruß, Jesse

Hallo Fragende,

wollten doch nicht wissen, ob mit einem:

Gib bitte die Literaturstelle an, wo „die Jungs“ das deiner Meinung nach behaupten.

Sie wollten – nach deiner Beschreibung - offensichtlich nachweisen, ob bei der
„Vitrifikation von Eizellen“ ein Kontakt dieser Eizellen mit flüssigem Stickstoff stattgefunden hatte („… den Kontakt mit flüssigem Stickstoff nachweisen könnte“) oder nicht.
Mit Sudanrot kann man z.B. Neutralfett im Zytoplasma nachweisen.
Man versucht mit dieser Fettfärbung intrazelluläre Fettablagerungen von Glykogen oder von vakuolären, durch Hyperhydratation entstandenen, Zelldegenerationen abzugrenzen.
Derartige Zelldegenerationen dürfen selbstverständlich bei der gelungenen Vitrifikation von Eizellen nicht auftreten.
Durch rasend schnelle Abkühlung, also durch direkten Kontakt der speziell bearbeiteten Proben mit flüssigem Stickstoff, sollen Zelldegenerationen vermieden werden.
Falls keine Zelldegenerationen - z.B. mit Hilfe von Sudanrot - nachweisbar sind, liegt der Rückschluß nahe, daß bei diesem Verfahren der Vitrifikation von Eizellen, direkter Kontakt mit flüssigem Stickstoff stattfand.

Gruß

Tankred.

Hallo Jesse_Bee,

Sudan ist die Bezeichnung für eine ganze Reihe (vier um genau zu sein) Farbstoffe. Allesamt Azofarbstoffe und allesamt liegen in der E- oder all-E-Form vor https://de.wikipedia.org/wiki/Sudan_(Farbstoff)
Nun kann es sein (Konjunktiv!) daß bei sehr niedrigen Temperaturen ein Teil des Farbstoffes in die Z-Form übergehen kann und das mag die Farbigkeit ändern.

Aber das ist eine Vermutung.

Lassen die sich überhaupt in Wasser lösen? Die sehen arg hydrophob aus.

Gandalf

Hallo Tankred

Gib bitte die Literaturstelle an, wo „die Jungs“ das deiner Meinung nach behaupten.

Hier liegt der Originalartikel: http://www.jbra.com.br/media/html/JBRA1055.html

Zitat:
„Leak-testing of the sealed cryovial
To test whether the cryotube was LN2 leak proof we did a simple procedure: inside the cryotube we put a dry red powdered dye (Sudan), before tightly screwing the lid of the tube and immersing it into LN2. In case LN2 enters into the tube the dye would change color from reddish to purple-black in an aqueous solution.“

Es geht nicht um die Färbung von Eizellen, sondern um einen reinen Lecktest für die Lagerröhrchen bzw. den Nachweis unsachgemäßer Lagerung. Das bedeutet, nach dem Kontakt mit Flüssigstickstoff soll ein Farbumschlag erfolgen. Eigentlich darf der Vorgang nicht einmal nur von der Temperatur abhängig sein, da der Test nur den direkten Kontakt mit LN2 anzeigen soll, nach bestimmungsgemäßer Lagerung der Röhrchen in der Gasphase (gleiche Temperatur) aber kein Farbumschlag erfolgen dürfte.

Gruß, Jesse

Hallo Jesse_Bee,

die Originalliteratur habe ich gelesen. Es ist so wie du schreibst: der Nachweis vom eventuellen Eintritt flüssigen Stickstoffs in das verschlossene Edelstahlröhrchen ist nicht gut erklärt. Dieser Nachweis muß ja unabhängig von der Umgebungstemperatur erfolgen.
Da du die Möglichkeit hast, kannst du in einem Reagenzglas etwas pulverförmiges Sudan III (bräunlich rotes Pulver) eintragen.
In flüssigen Stickstoff gestellt darf kein Farbumschlag im Reagenzglas auftreten.
Erst wenn du etwas flüssigen Stickstoff direkt auf den heruntergekühlten Farbstoff gibst, sollte der versprochene Farbumschlag: „… from reddish to purple-black“ erfolgen.
Der weitere Inhalt obigen Satzes: „… from reddish to purple-black in an aqueous solution." erscheint noch dunkler bzw. „purple-black“.

Gruß

Tankred

Hallo Tankred,

wie bereits oben geschrieben, das haben wir alles gemacht mit Pulver und gelöst, in N2-Kaltgas und LN2, sogar über Nacht im LN2 stehengelassen und es gab keinerlei sichtbaren Farbumschlag, bei keiner Probe unter keinen Testbedingungen. Da ist nichts bei Sudan III. Sudan II, 7B und IV haben wir nicht da zum testen und bevor ich jetzt einen ganzen Farbkasten kaufe wollte ich eben erst mal fragen, ob jemand das leise Gefühl hat das könnte Sinn machen.

Schönes WE, Jesse