Supraleitung

Hallo zusammen,

da ich neulich einen interessanten Artikel über ein kurzes experimentelles Supraleitendes Kabel in einer deutschen Stadt gelesen habe hätte ich mal eine Frage zu diesem Phänomen. Gemäß Wikipedia verliert ein supraleitendes Kabel vollständig den Widerstand aufgrund Quantenphysikalischer Eigenschaften die bei geringen Temperaturen auftreten.
Was würde das in der Praxis bedeuten? Also mal angenommen man baut die Sahara mit Solarkraftwerken zu und Verbindet damit die ganze Welt über sehr lange supraleitende Kabel. Und wir nehmen jetzt in der Theorie mal an die Strecke läuft über 10.000 von Kilometer sogar bis nach Amerika. Habe ich dann auf dieser Strecke keinerlei Verlust mehr? Sprich die gesamte Leistung die in der Sahara generiert wird kann ich dann in den USA ohne Verlust nutzen? Natürlich geht sehr viel Energie durch die Kühlung verloren das ist klar aber mir geht es jetzt um den Supraleitenden Effekt an sich. Ohne Widerstand gibt es ja nichts mehr was die Elektronen noch bremst oder habe ich da was falsch verstanden ? Kann man das evtl. auch mit der Suprafluidität von kaltem Helium vergleichen das ja unbegrenzt lange in Bewegung bleibt da die Reibung auf 0 fällt?

Liebe Grüsse

Die Kombination Verkabelung (Komponente 1) plus für das Erzeugen von Energie hergenommenes Kraftwerk (Komp. 2), über die Du fiktiv nachdenkst, geht (das mit der für die Kühlung notwendigen Leistung stimmt aber natürlich auch). Aber zu dem Satz sinngemäß „Kein Widerstand -> keine Reibung für die Elektronen -> kein Verlust“: das ist nicht so sauber. Man denkt nicht über den Antrieb, der Teilchen bewegt und auch Dinge, die eine Wirkung im Sinne einer Bremse haben, nach, wenn man von Widerstand spricht. Jedenfalls nicht der Elektroingenieur. Das heißt der Satz muß so gesehen richtig heißen wegen P = U ^ 2/R oder 1/U ^ 2 = R/P oder P = I ^ 2*R „Kein Widerstand -> kein Verlust“.

Das leuchtet mir ein :slight_smile: Das würde aber ja dann tatsächlich bedeuten wenn kein Widerstand = kein Verlust gilt, dass tatsächlich beim unterschreiten der Sprungtemperatur ein Supraleiter die Leistung über extreme Distanzen ohne Verlust transportieren kann?

Liebe Grüsse :smile:

Das ist Sinn und Zweck der Sache.
Deswegen forscht man ja auch so intensiv daran.
Es wurden bereits Materialien gefunden, bei denen der Effekt bei weit höheren Temperaturen auftritt.
Allerdings haben diese sehr ungünstige Materialeigenschaften.

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Das wäre dann ja ein traumhaftes Transportmedium wenn es gelingen würde die Sprungtemperatur so weit azuheben dass keine oder nur geringe Kühlung notwendig ist.
Eine faszinierende Vorstellung wenn man elektrische Leistung ohne Verlust um die ganze Welt transportieren könnte :smiley:

Liebe Grüsse :slight_smile:

Ohne Verlust?

Die Temperaturen, die man da braucht, bringen riesige Verluste mit sich, weil man sie erstmal erreichen muss.

Träumen von Supraleitung bei Raumtemperatur darf man natürlich gerne - es ist halt bloß wichtig, dass man diese Träume nicht mit Wirklichkeit verwechselt.

Schöne Grüße

MM

[Beitrag editiert vom www Team]

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Das ist natürlich klar dass die notwendige Kühlung die Bilanz versaut und dass man aktuell wohl mit Hochspannungs Gleichstrom am besten fährt. Aber dennoch ein hochinteressanter Effekt der ja jeglicher Alltagserfahrung widerspricht. Quantenmechanik eben :smiley:

Liebe Grüsse :slight_smile:

Wie von @Bernd54 bereits angedeutet, ist die Kühlung bei Hochtemperatur-Supraleitern (ab -197 °C und höher) für Langstrecken-Fernleitungen gar nicht das vorrangige Problem, sondern vielmehr die Eigenschaften wenn überhaupt in Frage kommender Materialien. In jedem Fall steht der geringe Gewinn an Verlustfreiheit gegenüber klassischer Fernleitungs-Technologie in keinem sinnvollen Verhältnis zum technischen Aufwand, bei dem die Kühlung das geringste Problem ist.

Die außerordendliche Nützlichkeit von Supraleitung liegt derweil auf ganz anderen Gebieten.

Gruß
Metapher

Da wird nirgendwo „mühsam“ eine Temperatur (du meinst damit - will ich mal hoffen - die sog. Sprungtemperatur) „angehoben“. Das ist nämlich eine unveränderbare Materialeigenschaft. Es geht vielmehr darum, geeignete Materialien zu finden (oder chemisch zu produzieren). Probleme der Kühlungstechnik stehen dabei ganz weit hinten an.

Gruß
Metapher

[Beitrag editiert vom www Team]

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Servus,

nun ist sowas wie HgBa2Ca2Cu3O8 (die Tiefstellungen spar ich mir hier) etwas, dessen Aufspüren und Darstellen mit ziemlich viel ziemlich zäher Arbeit verbunden ist, daher die freilich missverständliche Formulierung mit „Anheben“, das die aktive Beteiligung der Personen enthält, die hier als Trüffelschweine unterwegs sind. Das bloße „Finden“ solcher Materialien lässt Leser, denen die Materie ganz unbekannt ist, leicht an einen Daniel Düsentrieb denken, der „Grübel, Grübel“ ein Weilchen am Mikroskop sitzt und dann plötzlich „Ich hab’s!“ freudig im Labor herumhüpft und den idealen Supraleiter gefunden hat.

Schöne Grüße

MM

Okay verstehe. Dann wird wohl ein Hochspannungs Gleichstromnetz aktuell sinnvoller sein zumal diese Technik ja ebenfalls über mehrere 1000 Kilometern bei Hohen Spannungen nur geringe Verluste aufweist.

Liebe Grüsse :slight_smile:

Ja, HGÜ (das ist Gleichstromübertragung) hat (Kabel)Verluste von ca. 3 % bei 1.000 km Strecke und ist allen anderen Leitungen überlegen und hat auch wirtschaftlich die Nase vorn wenn es um Strecken dieser Größenordnung geht.

MfG
duck313

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Hi @Aprilfisch

nun kommen Keramiken wie z.B. HgBa2Ca2Cu3O8 aus mehreren Gründen für Langstrecken-Fernleitungen sowieso nicht in Betracht. Und Keramiken für Hochtemperatur-Supraleiter sind erst recht nicht Unterrichtsstoff für Freitags-Physikunterricht in gymnasialen Oberstufen.

Schönen Gruß
Metapher

[Beitrag editiert vom www Team]

Hallo,

ist die Strecke denn absolute gerade und immer im gleichen Winkel zum Magnetfeld der Erde?

Wenn nein, gibt es noch Verluste durch Bremsstrahlung.

Ah okay also gibt es doch Effekte die von aussen einwirken. Aber diese Effekte sind dann wohl relativ klein und in praktischen Anwendungen zum Stromtransport zu vernachlässigen oder? Also eine Richtungsänderug würde den Impuls des Elektrons beeinflussen und damit zu Bremsstrahlung und damit Energieverlust führen.

Liebe Grüsse :slight_smile:

Du kannst vernachlässigen, was Du willst, solltest Dich dann aber nicht über Diskrepanzen zwischen Theorie und Messung wundern.

Ansonsten hast Du recht, für jeden gegebenen Kilometer Deiner Strecke sind die Verluste (dort) aufgrund von Bremsstrahlung vermutlich vernachlässigbar.

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Jetzt habe ich aber doch noch ein kleines Verständnisproblem zur Bremsstrahlung. In einem Wikipediaartikel zum Thema Supraleitung steht:

„Eine stromdurchflossene supraleitende Spule kann man in sich schließen,
woraufhin der Strom im Prinzip unendlich lange verlustfrei in der Spule
erhalten bleibt.“

In einer Spule erfolgt ja ständig eine Richtungsänderung müsste es nicht hier dann ebenfalls Verluste durch Bremsstrahlung geben? Oder bezog sich dein Einwand bzgl. der Bremsstrahlung nur im Hinblick auf die Richtungsänderung zum Erdmagnetfeld und damit um eine Wechselwirkung Erdmagnetfeld - Elektronen im Spuraleiter?

Liebe Grüsse

Ich weiß ja nicht, von welchen Spulen der Artikel ausgeht. Auch scheint mir die Aussage idealisiert (Wortlaut: „im Prinzip unendlich“).

Es kommt jetzt sehr auf Deine Umsetzungswünsche an. In der Praxis ärgert man sich über Quench, über Neutronenschaden und auch über Brems- und Synchrotronstrahlung. Bei Spulen in Laborgröße muß man im Prinzip nichts machen, einmal eingegebene Energie hält ein paar Wochen bis Monate.

Wenn man allerdings ein paar Meter breite Spulen für den Betrieb im Weltraum konstruiert, sollte man das alles mal genauer durchrechnen. Immerhin kommt man an das System „im Prinzip“ nie wieder ran.

Zu Deiner Frage: Richtungsänderungen spielen absolut eine Rolle, also die Umwicklungen in einer Spule sorgen bereits für Bremsstrahlung. Für den Ausfall sind auf der Wikipedia-Seite auch Formeln angegeben.

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Vielen herzlichen Dank. Also dann habe ich das schon richtig verstanden dass egal ob Normal- oder Supraleiter: Sobald das Elektron eine Richtungsänderung erfährt (ein Knick im Kabel, ein Bogen) wird der Bewegungsvektor beeinflusst und das generiert eine Bremsstrahlung welche in unserem gedanklichen Supraleiter einen winzig kleinen Verlust an Energie bewirkt.

Liebe Grüsse :slight_smile:

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