Symbolik der Christen

Guten Tag wünsche ich allen Lesern !

Welche religionswissentschaftliche Grundlagen sind über die Symbole der Christen bekannt?

Gab es einen Wandel in der Symbolik?

Wie wichtig waren den Christen ihre Symbole?

Kann man von einem zeitlichen Symbolwandel der Christen reden?

Kurzer Überblick
Hallo B. Schulten,

das Kreuz ist wohl das erste spezifisch christliche Symbol (erster Tessalonicherbrief: aus historischer Sicht ca. 52 n. Chr. entstanden); hinzu kamen in der Anfangszeit Taufe, Händefalten beim Gebet, Handauflegen, Opfer (wobei die Christen keine Tiere zum Altar brachten), Salbungen, einzelne Kleidervorschriften (Männer mussten ohne Kopfbedeckung, Frauen mit Kopfbedeckung am Gottesdienst teilnehmen) und natürlich ebenfalls sehr früh die Feier des Abendmahles, also Brot, Wein, Kelch. Ebenfalls als uralt gelten die Gloriatexte, Teile des Hochgebetes und weitere Einzeltexte der Liturgie (ältestes noch vorhandenes Hochgebet des Hippolyt von Rom: ca. 210 datiert).

Später, nach Konstantin, also Ende 4. Jhdt., kamen Knien und Weihrauch auf. Da das wichtige Symbole waren (Aussage: „Wir verehren keinen Kaiser so sehr wie Gott“, weil das vormals Kaiserriten waren), bedeutet das natürlich einen

zeitlichen Symbolwandel

Nach dem ersten Jahrtausend wurden Ost- und Westkirche getrennt, es sind also die beiden anzuschauen. Westkirche:

Im Mittelalter ist eine Tendenz zur Fokussierung auf die Heilige Wandlung zu erkennen, deren Symbole wurden also wahrscheinlich verstärkt wahrgenommen (es ist allerdings umstritten, wie stark eigentlich der Prozess war und inwiefern nicht doch schon von Anfang an dort ein sehr starker Akzent war). Ferner gibt es in dieser Zeit sehr viele Sakramentalien, von denen der Übergang zu Sakramenten fliessend ist, und man war sich nicht so recht einig, welche Handlungen denn nun als Sakramente zu gelten hatten (deren Symbole dann also wichtiger genommen wurden als alles andere). Das wurde mit dem Tridentinum geklärt.

Ostkirche: Dort lag ein Fokus auf der Erhabenheit und Vornehmheit des Heiligen; während in der Westkirche bisweilen sehr einfache Räume als Kirche dienen und der christlichen Armut zeitweise etwas Ausdruck verleihen konnten, waren die meisten Ostkirchen darauf erpicht, für Gott ringsum nur das Beste gut genug sein zu lassen. Waren in der Westkirche Kelch, Hostienschale, Pathene und Monstranz sowie das eine oder andere Kreuz aus Gold, sollte in der Ostkirche im ganzen Kirchenraum alles glänzen, auch der Priester trägt zeitweilig eine Krone usw.

Die reformatorischen Gemeinschaften zeigten eine gegenläufige Tendenz, bei einigen wurde alles nur noch betont schlicht gehalten, ferner hatten sie im Kirchenraum keine Statuen oder Malereien mit Menschen, weil sie nicht in Gefahr geraten wollten, das Bild anstelle Gottes zu verehren und gegen das Bilderverbot zu verstossen („du sollst dir kein Bildnis machen“).

Mit dem II. Vatikanum kam in der Westkirche wiederum ein Symbolwandel auf, indem man sich auf Kleidungen und Riten der ganz alten Kirche zurückzubesinnen versuchte. Da seither der Ökumenismus stark ist, wird in vielen Gemeinschaften auch nicht mehr eine so grosse Exklusivität auf die eigenen Symbole gelegt, d. h. die gegenseitige Toleranz ist (wenigstens auf dem Papier) grösser geworden.

Gruss,
Mike

Hi

Der Dionysos/Bacchus Kult soll Einfluss auf die frühchristliche Symbolik gehabt haben, so etwa der Efeu.

Auch das Kind (als Erlösungsträger) auf dem Schoß der Mutter sitzend soll sich von da ableiten, andere sagen, es leitet sich von Darstellungen der Isis (die als Mysterienkult in Rom verbreitet war) ab.

Nichts davon muss stimmen, da die Mutter mit Kind auf dem Schoß an vielen Orten der Welt vorkommt.

lg
Kate

Hallo!

Auch das Kind (als Erlösungsträger) auf dem Schoß der Mutter
sitzend soll sich von da ableiten, andere sagen, es leitet
sich von Darstellungen der Isis (die als Mysterienkult in Rom
verbreitet war) ab.
Nichts davon muss stimmen, da die Mutter mit Kind auf dem
Schoß an vielen Orten der Welt vorkommt.

Aber an nicht vielen Orten der Welt - genau genommen, doch wohl nur in Ägypten - wird der heilige Thron als Mutter des Herrschers und die Mutter als Thron des Herrschers gesehen worden sein. Der Name „Isis“ bedeutet ja „Thron“.
Daraus enwickelte sich dann in der christlichen Ikonographie der Typ der thronenden Madonna mit dem Kind auf dem Schoß, der Ikonentypos der „Énthronos“). Nur so ist verständlich, dass in liturgischen Texten Maria als „sedes sapientiae“ (Thron der Weisheit) bezeichnet wird.
Auch die Gleichsetzung von Mutter und Thron ist noch erhalten geblieben: Der Thronsessel allein mit dem Polster darauf ist ein in den byzantinischen Kirchen vorkommender Bildtypus: die Etoimasia (Bereitschaft des Thrones), verstanden auch als die Bereitschaft Marias, seine Mutter zu werden (mit der in den Ostkirchen betonten Vorstellung, dass ebenso die Seele empfänglich zu sein hat für Christus).
Weil die Mutter mit dem Kind auf dem Schoß etwas Archetypisches ist, hat sich das (vermeintliche Mutter-)Bild so selbstverständlich verbreitet und durchgesetzt. In der biblischen Weihnachtsgeschichte selbst findet sich keine Spur von einer Mütterlichkeit Mariens, auch nicht in der Theologie der frühen Kirchenväter: Da ist Maria beschränkt auf die Funktion der „Gottesgebärerin“ (theotókos/dei-genitrix).
Aber selbstverständlich: Dies ist nicht das einzige Vor-Bild für die christlichen Mariendarstellungen.
Gruß!
H.

Hi

Nein, eben nicht nur in Ägypten. Auch in Indien (Hariti) und China. Wobei die Darstellungen der Songzi Guanyin wohl eher von Hariti beeinflusst wurden als von Maria, wie man lange glaubte - die Songzi Guanyin gibt es nämlich schon länger als Christen in China. Man kam allerdings darauf, weil sowohl Marienstatuen als auch Guanyin Statuen in Fujian hergestellt wurden und sich während der Ming-Zeit entsprechend zum verwechseln ähnlich sahen.

Auch bei den Azteken gibt es eine Muttergöttin mit Kind auf dem Schoß (heißt es zumindest, ich kann aus der seltsamen Kunst der Südamerikaner rein gar nichts erkennen), den Namen müsste man nochmal nachschlagen.

Gerade weil dieses Mutter mit Kind Bild so archetypisch ist, halte ich es für vermessen zu behaupten, es habe nur einen Ort auf der Welt gegeben, wo sich Statuen davon entwickelten. Vor allem da der Gegenbeweis möglich ist.

lg
Kate

Hallo!

Nein, eben nicht nur in Ägypten. Auch in Indien (Hariti) und
China.

Auch dort wurde der heilige Thron als Mutter und die Mutter als Thron dargestellt? Interessant.

Gerade weil dieses Mutter mit Kind Bild so archetypisch ist,
halte ich es für vermessen zu behaupten, es habe nur einen Ort
auf der Welt gegeben, wo sich Statuen davon entwickelten.

Behauptet das denn jemand? Ich habe, um einem solchen Einfall zuvorzukommen, eigens angemerkt, dass es auch andere „Vor-Bilder“ für die Mariendarstellungen gibt, und ich habe nur von Mariendarstellungen gesprochen.
Worum es mir ging: Darauf hinzuweisen, dass in der Entwicklung der christlichen Ikonographie die Darstellung Marias mit dem Kind NICHT ursprünglich ein Mutterbild ist, wie man es in es vielen Religionen findet, sondern die Vorstellung eines thronenden Gottes nach dem Vorbild der ägyptischen Isis-Darstellungen. Die Marienbilder, die man als Ausdruck von Mütterlichkeit betrachtet, sind später.
Oder soll im Ernst behauptet werden, die frühen Mariendarstellungen seien von chinesischen, indischen oder südamerikanischen Anschauungen geprägt?

vor allem da der Gegenbeweis möglich ist.

Gruß!
H.

Hi

Thron ist relativ, Hariti sitzt oft auf einem Thron weil sie, je nach Darstellung, einmal Dämonenkönigin war und in anderen „nur“ Dämonin (und urspl. in ihrem Bereich sowieso Göttin, dämonisiert und „bekehrt“ wurde sie erst vom Buddhismus)

NUR einen Thron ohne Mutter als Symbol für eben diese habe ich im christlichen Zusammenhang bisher aber auch noch nicht gesehen.

Mir ging es auch weniger um die Deutung als um die Darstellung, nämlich die einer Mutter mit dem Kind auf dem Schoß, ob du daraus jetzt Mütterlichkeit, die Erlösung (Dionysos) oder was ganz anderes deuten möchtest, ist zunächst nebensächlich, da diese Deutungen veränderbar sind.

Ich habe nie behauptet Mariendarstellungen seien aus Asien beeinflusst worden und das kannst du auch gerne nochmal nachlesen. Mir ging es darum zu zeigen, dass es nicht immer eindeutige Beeinflussungslinien gibt - schließlich kann niemand heute noch sagen, ob denn nun Isis oder das Dionysoskind Vorbild waren, oder nicht doch eher beide - und ich eine der vertretenden Thesen, nämlich dass es sich bei dieser Darstellung um einen international verbreiteten Archetypus handelt, unterstütze.

lg
Kate

Guiten Abend!

NUR einen Thron ohne Mutter als Symbol für eben diese habe
ich im christlichen Zusammenhang bisher aber auch noch nicht
gesehen.

Das ist ein bestimmter Ikonentypus der Kirchen des byzantinischen Ritus („Etoimasia“), der auch in der frühen westlichen Kirche (Mosaiken) vorhanden war: ein bereiter, gewissermaßen wartender, Thron.
Auf dem gleichen Polsterthron kann Maria und genauso der segnende Christus sitzen.

Mir ging es auch weniger um die Deutung als um die
Darstellung, nämlich die einer Mutter mit dem Kind auf dem
Schoß, ob du daraus jetzt Mütterlichkeit, die Erlösung
(Dionysos) oder was ganz anderes deuten möchtest, ist zunächst
nebensächlich, da diese Deutungen veränderbar sind.

Ja, sie sind veränderbar, und ursprüngliche Auffassungen sind dann überlagert von Späterem. Mir ging es um den Zusammenhang mit der Reduzierung Marias auf die Theotokos in der frühen Theologie. Im Übrigen bin nicht ich das, der das so deutet. Das ist in der östlichen Theologie common sense.

Mir ging es darum zu zeigen, dass es nicht immer
eindeutige Beeinflussungslinien gibt

Das war auch meine Rede von den diversen Vor-Bildern für die Mariendarstellung. Dass es da bei der sog. Inkulturation zu sehr interessanten Begegnungen und Zusammenhängen kommt - ich bin der letzte, das zu bestreiten; das ist eine spannende Angelegenheit.
Was ich nicht weiß, und da könntest du mir weiterhelfen: Welche Rolle spielen in der christlichen Folgezeit die fratzenhaften (ich sehe da nichts anderes) Darstellungen aus dem präkolumbianischen Südamerika?
Schönen Gruß!
H.

Hi

Da kann ich dir leider auch nicht weiterhelfen, ich „mag“ die südamerikanischen Religionen nicht so, darum kenne ich mich nur auf komparativer Basis (z.B. Todesvorstellungen, Schlangensymbole) damit aus.

lg
Kate