Symmetrische (Bewegungs-)Kriege in heutiger Zeit

Hallo,

auch wenn kürzlich jmd ein ähnliches Thema aufgegriffen hat;
kann es eurer Meinung nach in der heutigen Zeit noch symmetrische (Bewegungs-)Kriege, a la Polenfeldzug und Westfeldzug im Zweiten Weltkrieg oder Koreakrieg (im Zeitrahmen 1950/51), geben und wo auf der Welt?

Viele Grüße
sust-fan

Hallo,

hielte ich nich für ausgeschlossen.
Mal unabhängig von politischen Geschichten so gut wie überall auf der Welt, außer vielleicht in gelände- oder klimamäßig hierfür stark ungünstigen Gegenden wie z.B. dem Himalaya oder der Antarktis.
Das ganze natürlich unter der Voraussetzung, dass nicht eine Seite die völlige Lufherrschaft besitzt, dagegen kann man keinen Bewegungskrieg führen, sagte mal jemand, ich glaube im Zusammenhang mit dem Irakkrieg 2003. Wobei dieser natürlich seitens der luftherrschaftlichen Angloamerikaner auch ein Bewegungskrieg war, ebenso wie die beiden von dir genannten Feldzüge seitens unserer Wehrmacht.

Gruß,
Markus

kann es eurer Meinung nach in der heutigen Zeit noch
symmetrische (Bewegungs-)Kriege,
Westfeldzug im Zweiten Weltkrieg

Hallo,
zum Westfeldzug 1940 kann ich nur empfehlen das Buch von Karl-Heinz Frieser: Blitzkrieg-Legende, Der Westfeldzug 1940, ich besitze die dritte Auflage, München 2005,ISBN 3-486-57824-3 Buch anschauen zu lesen. Da wird mit so manchen Goebbelschen Propagandamärchen aufgeräumt. Es ist eine Publikation des MGFA.
Gruss
Rainer

Ich glaube,bei einem Krieg zwischen zwei modern ausgerüsteten und modern geführten Parteien,kann nichts anderes herauskommen als ein Bewegungskrieg.
Die Einheiten sind heute so selbstständig,schnell und schlagkräftig,ein Krieg würde ebenso schnell und vernichtend sein.
Bei den heutigen Waffen ist ein Schützengraben oder eine Stellung in der man vom Feind aufgeklärt wartet doch ein Grab.
Eine Panzereinheit kann heute in einer Stunde 50km weiter sein,die des Gegners auch.

Hallo,

Wie bereits gesagt, fällt der Irakkrieg 2003 wohl darunter. Ich denke auch, dass der russische Einmarsch in Georgien 2008 ein Bewegungskrieg war. Israel hat auch einige Bewegungskriege geführt (z.B. Sechs-Tage-Krieg 1967; Jom-Kippur-Krieg 1973).

Wo ich mir nicht ganz sicher bin, ist Afghanistan 2001. Soweit die Nachrichten vermuten ließen, war der Kampf gegen die Taliban bis zum „Sieg“ der Koalition konventionell - hat da jemand genauere Informationen?

Im allgemeinen sind symetrische Bewegungskriege meiner Meinung nach wirklich nicht ungewöhnlich.

Grüße,

DaBenn

Wie bereits gesagt, fällt der Irakkrieg 2003 wohl darunter.

Ein symmetrischer Krieg? Eher nicht. Der dritte Golfkrieg war gekennzeichnet von einer enormen technologische Asymmetrie (USA: Beherrschung des Luft- und Seeraumes, modernste Waffentechnik). Dies äußert sich entsprechend auch im Verhältnis der Opferzahlen. Von Gleichartigkeit ist hier nicht zu sprechen (im Übrigen ebenso wenig wie im 2. Weltkrieg - das ist zwar partiell ein Bewegungskrieg, aber keine symmetrische Konstellation).

Ich denke auch, dass der russische Einmarsch in Georgien 2008
ein Bewegungskrieg war.

Gefragt war nach symmetrischen Konfliktkonstellationen. Das kann man im Falle des Kaukasus-Konflikts in der Tat so sehen, auch wenn Herfried Münkler damals heftig dagegen protestiert hat.

Wo ich mir nicht ganz sicher bin, ist Afghanistan 2001. Soweit
die Nachrichten vermuten ließen, war der Kampf gegen die
Taliban bis zum „Sieg“ der Koalition konventionell - hat da
jemand genauere Informationen?

Eindeutige asymmetrische Konstellation: (Uniformierte,) nationale Streitkräfte vs. schwer begreifbares terroristisches Netzwerk; staatlicher Akteur mit territorialer Verwundbarkeit vs. nichtstaatlicher Akteur ohne festes Territorium; verschiedene Rekrutierungsstrategien; hochtechnologisierte Truppen vs. leicht bewaffnete Akteure etc.

Hi,

Es wurde nicht nach ebenbürtiger und gleichartiger Verteilung der Kräfte gefragt, sondern nach einem symmetrischen (Bewegungs-)Krieg.
Nach deiner Argumentation ist jeder Krieg mit ungleichen Kräfteverhältnissen asymmetrisch, oder verstehe ich da falsch?

Da sich im Irakkrieg meines Wissens staatliche Armeen mit gleichartigen Strukturen gegenüberstanden, handelt es sich meiner Meinung nach dabei -wie auch beim 2. Weltkrieg (Partisanen ausgelassen)- um einen symmetrischen Krieg.
Des Weiteren gehe ich davon aus, dass es sich im Falle Georgiens ebenso verhielt. Ich habe jedenfalls damals nichts von irregulären Kräften gelesen.

Beste Grüße,

DaBenn

Ein symmetrischer Krieg? Eher nicht. Der dritte Golfkrieg war
gekennzeichnet von einer enormen technologische Asymmetrie
(USA: Beherrschung des Luft- und Seeraumes, modernste
Waffentechnik). Dies äußert sich entsprechend auch im
Verhältnis der Opferzahlen. Von Gleichartigkeit ist hier nicht
zu sprechen (im Übrigen ebenso wenig wie im 2. Weltkrieg - das
ist zwar partiell ein Bewegungskrieg, aber keine symmetrische
Konstellation).

Die Definition ob ein Krieg symmetrisch ist oder nicht hat überhaupt nichts damit zu tun ob eine Seite technologisch, zahlenmäßig oder sonst wie überlegen ist. Das ‚symmetrische‘ bezieht sich auf die Art der Rekrutierung, Mobilisierung und schlussendlich der Kriegsführung. So gesehen war auch der Zulukrieg ein symmetrischer Krieg auch wenn da alle Vorteile eindeutig bei den Briten lagen.

Mfg
Christoph

Die Definition ob ein Krieg symmetrisch ist oder nicht hat
überhaupt nichts damit zu tun ob eine Seite technologisch,
zahlenmäßig oder sonst wie überlegen ist. Das ‚symmetrische‘
bezieht sich auf die Art der Rekrutierung, Mobilisierung und
schlussendlich der Kriegsführung.

Ich habe an keinem Punkt behauptet, es hätte etwas mit zahlenmäßiger Überlegenheit zu tun. Aber selbstverständlich sind starke Unterschiede in der technologischen Ausstattung Asymmetriekriterium, denn darin besteht ja gerade ein bedeutender Faktor für die Art der Kriegsführung. Asymmetrien der Stärke konstituieren sich sehr oft durch starke Überlegenheit bspw. in der Luft. Dies war im Falle des Irakkrieges deutlich der Fall. Insofern kann die technologische Überlegenheit eines Akteurs sehr wohl ein Kriterium für Asymmetrien sein. Näheres hierzu vgl. Münkler (2006), Der Wandel des Krieges. Von der Symmetrie zur Asymmetrie. Velbrück Wissenschaft, insbesondere Kapitel 6.

Es wurde nicht nach ebenbürtiger und gleichartiger Verteilung
der Kräfte gefragt, sondern nach einem symmetrischen
(Bewegungs-)Krieg.
Nach deiner Argumentation ist jeder Krieg mit ungleichen
Kräfteverhältnissen asymmetrisch, oder verstehe ich da falsch?

Ja, es geht um tendenzielle Gleichartige, nicht um Gleichheit. Christoph Erath hat dies in seiner Antwort auf meine Frage dankenswerterweise klargestellt: „Das ‚symmetrische‘ bezieht sich auf die Art der Rekrutierung, Mobilisierung und schlussendlich der Kriegsführung.“

Da sich im Irakkrieg meines Wissens staatliche Armeen mit
gleichartigen Strukturen gegenüberstanden, handelt es sich
meiner Meinung nach dabei -wie auch beim 2. Weltkrieg
(Partisanen ausgelassen)- um einen symmetrischen Krieg.

Wenn die Strukturen denn gleichartig gewesen wären … Siehe meine anderen Kommentare. Sicherlich lässt sich indes über die genaue Definition des Begriffs trefflich streiten, auch wenn sich meine Auslegung meiner Meinung nach mit dem Großteil der Konfliktforschung deckt. Ich gebe Ihnen aber recht, dass im Irak-Krieg noch am ehesten von einer symmetrischen Konstellation gesprochen werden kann; anders als beispielsweise in Afghanistan.

Des Weiteren gehe ich davon aus, dass es sich im Falle
Georgiens ebenso verhielt. Ich habe jedenfalls damals nichts
von irregulären Kräften gelesen.

Das ist auch nicht das Kriterium.

Ich habe an keinem Punkt behauptet, es hätte etwas mit
zahlenmäßiger Überlegenheit zu tun. Aber selbstverständlich
sind starke Unterschiede in der technologischen Ausstattung
Asymmetriekriterium, denn darin besteht ja gerade ein
bedeutender Faktor für die Art der Kriegsführung. Asymmetrien
der Stärke konstituieren sich sehr oft durch starke
Überlegenheit bspw. in der Luft. Dies war im Falle des
Irakkrieges deutlich der Fall. Insofern kann die
technologische Überlegenheit eines Akteurs sehr wohl ein
Kriterium für Asymmetrien sein. Näheres hierzu vgl. Münkler
(2006), Der Wandel des Krieges. Von der Symmetrie zur
Asymmetrie. Velbrück Wissenschaft, insbesondere Kapitel 6.

Das sind aber alles indirekte Faktoren. Die USA haben seit 1945 die Atombombe. Das bedeutet sie waren in jedem darauffolgenden Krieg technologisch weit überlegen und hätten die Bombe zu ihren Gunsten einsetzen können. Taten sie aber nicht.
Das gleiche gilt für alle ABC Waffen die einer Seite einen deutlichen Vorteil geben könnten, die aber nicht eingesetzt werden.

Daher bin ich der Meinung dass man einen Krieg danach beurteilen sollte, wie er geführt wird und nicht wie er geführt werden könnte.

Hallo Christoph,

damit haben Sie auch vollkommen recht.

Hallo Christoph,

damit haben Sie auch vollkommen recht.

Schön das wir uns einig sind :smile:

Ja. Für eine ausführliche Darstellung der Asymmetrie im Irakkrieg verweise ich auf Anthony H. Cordesman (2003), The Iraq War : strategy, tactics, and military lessons. Washington, D.C., (CSIS Press), darin insbesondere S. 231 ff. sowie Kapitel 3, worin Cordesman die asymmetrische Konfliktkonstellation anhand der Unterschiede ihrer Akteure aufzeigt. Cordesman weist auf die enorme Überlegenheit der westlichen Koalition hin und skizziert detailliert Charakteristika der aus Schwäche erfolgenden (wenig erfolgreichen) asymmetrischen Konfliktführung von Seiten des Irak. Der Irak war nicht in der Lage, eine kampffähige Luftwaffe in der Krieg zu schicken - die Koalition war auch bspw. Monopolist in Bezug auf Marschflugkörper und in der Luft beinahe unangreifbar in vielen anderen Belangen der Militärtechnik; von der Seeflotte gar nicht zu sprechen. Die Amerikaner verfügten zugleich über eine starke Informationsübermacht, Gegenschläge waren entsprechend unwahrscheinlich, die Verfügbarkeit von Präzisionswaffen ermöglichte es, die Informationsmacht in die Praxis zu übertragen.

Wie Sie richtig schreiben geht es darum, inwiefern technische Überlegenheit die Konfliktführung strukturell beeinflusst. Und das war im Irakkrieg sehr wohl der Fall.