Hallo!
Es ist immer sinnvoll, längerfristige strategische Ziele der Länder zu betrachten, denn die kurzfristige Aufgeregtheit der öffentlichen Meinung, der Medien und der Politikerstatements führt meistens nicht weiter.
Kurzer Abriss:
Eine Konstante der türkischen Außenpolitik ist, einen Kurdenstaat zu verhindern, das hat allerhöchste Priorität. Die Türkei betrachtet sich nicht als Mehrvölkerstaat, sondern als Staat der Türken, Somit müssen Minderheiten, etwa die Kurden, ihre eigenen Ansprüche aufgeben. Die Türkei fürchtet deswegen die Autonomie der Kurden, damit ist die sich übrigens auch einig mit den anderen Staaten der Region, die kurdische Gebiete zu ihrem Territorium zählen, also vor allem Iran, Irak, Syrien und Türkei. Aus dieser geschlossenen Phalanx ist dann der Irak ausgebrochen, da aufgrund der Nachwirren des Irakkriegs die Kurden eine Teilautonomie gewinnen konnten. Im Zuge des syrischen Bürgerkriegs, unterstützt durch die westlichen Mächte, vor allem USA, aber auch Deutschland, konnten die Kurden auch in Syrien einige Gebiete kontrollieren. Dies war für die Türkei ein absoluter Katastrophenalarm, da jetzt teilautonome kurdische Gebiete bis an ihre Staatsgrenze heranreichten. Ein Übergreifen der Idee des kurdischen Nationalstaats auf die Türkei war zu befürchten.
Dann kam aber Trump, der handelt weniger geopolitisch, sondern sehr mit dem Fokus auf die inneren Angelegenheiten der USA. Trump wollte das Engagement der USA im nahen Osten reduzieren, Truppen zurückziehen, dies waren auch seine Wahlversprechen. Also hat er die Kurden im Stich gelassen, die US-Truppen abgezogen. Erdogan nutzte das Vakuum, um die Kurden zurückzudrängen. „Sicherheitszone“ in Nordsyrien, so lautete der Euphemismus. Erdogan spekulierte darauf, dass die Russen und Syrer sich zurückhalten würden und der Türkei die Sicherheitszone zugestehen würden. Diese Einschätzung war jedoch eine Fehleinschätzung. Somit kam es zu den Kriegshändeln mit den von Russland unterstützen syrischen Regierungstruppen, bei denen türkische Soldaten getötet wurden.
Und ab dann hatten wir den Salat.
Daneben fühlt sich die Türkei auch als Schutzmacht für die türkischen Bevölkerungsgruppen in Nordsyrien, die dort auch in den islamischen Milizen gegen das Assad-Regime kämpfen. Das sind dann diejenigen, die die Türkei vor den Assad-Angriffen „rettet“. In den Medien werden diese meistens als „gemäßigte islamistische Milizen“ bezeichnet.
Schöne Grüße!