Hallo Anwar!
Sicher, wenn die Iraker
ohne zu mucken die neue (Pro-USA/Bush) Regierung akzeptieren
würden, würde das US Militär auch abziehen. Fazit: Frieden
gewonnen - Freiheit verloren.
Genau darauf wollte ich hinaus, jetzt sag mir einer, wo denn diese Freiheit jetzt gerade steckt, von der du meinst, sie wäre dann verloren.
Wenn es eine Bereitschaft ist gegen Unrecht vorzugehen, kann
ich daran nicht nur Negatives sehen.
Dann siehst du also auch negatives - und genau diese negativen Aspekte sollte man nicht unterschätzen. Kennt jemand die Macht des organisierten Verbrechens in Russland, wie sieht es in Tschetschenien aus, in Angola, Afghanistan, auf den Philippinen, Nordkorea, Somalia … Weiss denn keiner, wieviele Brandherde auf der Welt gerade vor dem entflammen stehen? Niemand hat doch den Krieg in Jugoslawien vorhergesehen, und wer hat ihn geführt? Wurden nicht immer von den Kriegsparteien die aneinander begangenen Verbrechen ihrer Väter und Grossväter während des 2tn WK aufgezählt?
Da hast Du Recht, aber leider gibt es ja keine bessere Lösung.
Oder jedenfalls wissen wir beide wohl keine. Es läuft wohl
doch alles auf Shakespeare hinaus: „Whether ‘tis nobler in the
mind to suffer
the slings and arrows of outrageous fortune, or to take arms
against a sea of troubles, and by opposing end them?“
Du hängst halt eher der ersten, ich der zweiten Möglichkeit
an.
Das stimmt so nicht. In meiner romantischen Fantasie findet der bewaffnete Kampf für die ‚Noble Sache‘ seinen Platz, d.h. ich spiele gerne martialische Computer- und Rollenspiele, ich sehe mir gerne Actionfilme an (wenn sie nicht absolut platt sind), und ich kann das Empfinden der kleinen Jungs in Palästina verstehen, wenn sie von der Schule kommen, und mit Schleudern auf Israelische Posten schiessen.
Aber ungeachtet aller Moral, sehe ich anhand der Geschichte einfach keine Beispiele, wo Gewaltbereitschaft und vor allem Gewaltverherrlichung, Mitleidlosigkeit mit den Opfern und Freude am Tod der Feinde den Kämpfenden, oder erst recht ihren Nachfahren etwas Gutes eingebracht hätten. Solche Gefühle zu schüren rächt sich immer.
Das hat nichts mit Meinung oder moral zu tun, das ist einfach Naturgesetz in der Geschichte.
Ich weiss, das dein Artikel provokant gemeint war, aber du kannst dir bestimmt vorstellen, welche Tragik mit solchen Parolen im Irak verbunden ist. Und eben überall sonst auf der Welt, wo gemordet wird.
Würden US-Soldaten deine Ansicht teilen, und ein bissle provokant jubeln, wenn sie wieder eine Handvoll Zivilisten erwischt haben, wäre das dann nach deinem Geschmack?
Ich bin froh, dass die deutsche Diplomatie trotz der
Entschiedenheit gegen den Krieg eben doch gezeigt hat, dass
unterschiedliche Meinungen und Feindseligkeit nicht dasselbe
sind.Äh… Finanzielle und militärische Unterstützung,
verfassungswidrige(!)Gewährung von Überflugsrechten zu einem
Angriffskrieg und ansonsten Enthaltungen im UN-Rat findest Du
eine „entschiedene Haltung gegen den Krieg“? Ich muss mich
wundern…
Niemand hat von Feindseeligkeit gesprochen, aber eine
Verweigerung der oben genannten Hilfen wäre angemessen und
sinnvoll gewesen.
Feindseligkeit beginnt genau da, wo Diplomatie aufhört. Herta Däubler Gmelin hat auch niemanden beleidigen wollen, als sie die Herren Bush und Hitler in unmittelbar aufeinanderfolgenden Sätzen genannt hat.
Trotzdem hat sie mit diesem unglücklichen Statement eben das Gegenteil ihres politischen Willens erreicht, und die Konsequenz daraus akzeptiert. Niemand kann doch von der Hand weisen, dass tatsächlich feindselige Tendenzen in der Polemik der USA vorherrschten.
Nun stelle man sich mal vor, die Bundesregierung wäre auf das Niveau der US-Regierung eingegangen, und hätte gar ganz offen das ausgesprochen, was die Deutsche Bevölkerung mehrheitlich gedacht hat!
Eine Marionettenregierung, die sich nicht mal öffentlich
zeigen darf, aus Angst vor Anschlägen und ein fundamentaler
Irrer in Washington, D.C., der die Fäden hält sind IMO nicht
der Weg, der in eine echte Freiheit führt.
Die Motive von George W. Bush sind nicht seine allein, und ich zweifle schwer daran, dass der fundamentalistische Geschmack, der seinen Reden anhaftet, viel mit diesen Motiven gemein hat.
Warum du einen Mann, der ganz primitive politische Ziele mit ganz primitiven Mitteln verfolgt, einen Irren nennst, verstehe ich im Zusammenhang mit deiner Rechtfertigung extremer Mittel gar nicht.
Wieso denkst Du überhaupt, das dieser Umweg ans Ziel führen
wird? Wie soll aus der Marionettenregierung jemals ein
demokratischer, freiheitlicher Staat werden? Saudi-Arabien,
Kuwait und andere Pro-US Staaten zeigen jedenfalls bisher
keine Bewegung in dieser Richtung. Was lässt Dich annehmen,
dass es im Irak anders laufen wird?
Bist du so jung, oder so ungeduldig, dass du erwartest dass ein Volk den Weg vom finstersten Mittelalter bis zur echten Demokratie innerhalb deiner verbleibenden Lebenszeit bestreitet?
Zum Glück ist jemand wie Kofi Annan nicht so ungeduldig, obwohl er ja nicht mehr sooo jung ist …
Auf gar keinen Fall bin ich einer von
denen, die sich jetzt freuen, dass die USA sich als „böser
Imperialistenstaat“ outen, „wie ich es ja schon immer gesagt
habe“.
Was bedeutet „böser Imperialistenstaat“ ?
Kann mir jemand sowohl dieses Substantiv als auch das Adjektiv und das Produkt der Verknüpfung dieser beiden Worte erklären?
was die
Liberalität der Innenpolitik angeht waren die USA bisher immer
ein Vorbild für mich.
Inklusive Todesstrafe, Verbot von Homosexualität, Rassismus … ?
Ich meinte nicht, dass es in den USA keine Ideale gibt, aber Demokratie und Freiheit fängt meines Erachtens in den Köpfen der Bevölkerung an, und da tauchen neue Ängste und Feindbilder auf, wo die letzten noch gar nicht überwunden sind.
Gemessen an dem Staat, in dem ich lebe, ist die ‚Liberalität‘ der US-Innenpolitik bestimmt kein gutes Beispiel für mich.
Grüße,
Anwar
Gruß zurück!
Peter