Tag des Widerstandes?

Hallo Anwar!

Sicher, wenn die Iraker
ohne zu mucken die neue (Pro-USA/Bush) Regierung akzeptieren
würden, würde das US Militär auch abziehen. Fazit: Frieden
gewonnen - Freiheit verloren.

Genau darauf wollte ich hinaus, jetzt sag mir einer, wo denn diese Freiheit jetzt gerade steckt, von der du meinst, sie wäre dann verloren.

Wenn es eine Bereitschaft ist gegen Unrecht vorzugehen, kann
ich daran nicht nur Negatives sehen.

Dann siehst du also auch negatives - und genau diese negativen Aspekte sollte man nicht unterschätzen. Kennt jemand die Macht des organisierten Verbrechens in Russland, wie sieht es in Tschetschenien aus, in Angola, Afghanistan, auf den Philippinen, Nordkorea, Somalia … Weiss denn keiner, wieviele Brandherde auf der Welt gerade vor dem entflammen stehen? Niemand hat doch den Krieg in Jugoslawien vorhergesehen, und wer hat ihn geführt? Wurden nicht immer von den Kriegsparteien die aneinander begangenen Verbrechen ihrer Väter und Grossväter während des 2tn WK aufgezählt?

Da hast Du Recht, aber leider gibt es ja keine bessere Lösung.
Oder jedenfalls wissen wir beide wohl keine. Es läuft wohl
doch alles auf Shakespeare hinaus: „Whether ‘tis nobler in the
mind to suffer
the slings and arrows of outrageous fortune, or to take arms
against a sea of troubles, and by opposing end them?“
Du hängst halt eher der ersten, ich der zweiten Möglichkeit
an.

Das stimmt so nicht. In meiner romantischen Fantasie findet der bewaffnete Kampf für die ‚Noble Sache‘ seinen Platz, d.h. ich spiele gerne martialische Computer- und Rollenspiele, ich sehe mir gerne Actionfilme an (wenn sie nicht absolut platt sind), und ich kann das Empfinden der kleinen Jungs in Palästina verstehen, wenn sie von der Schule kommen, und mit Schleudern auf Israelische Posten schiessen.
Aber ungeachtet aller Moral, sehe ich anhand der Geschichte einfach keine Beispiele, wo Gewaltbereitschaft und vor allem Gewaltverherrlichung, Mitleidlosigkeit mit den Opfern und Freude am Tod der Feinde den Kämpfenden, oder erst recht ihren Nachfahren etwas Gutes eingebracht hätten. Solche Gefühle zu schüren rächt sich immer.
Das hat nichts mit Meinung oder moral zu tun, das ist einfach Naturgesetz in der Geschichte.
Ich weiss, das dein Artikel provokant gemeint war, aber du kannst dir bestimmt vorstellen, welche Tragik mit solchen Parolen im Irak verbunden ist. Und eben überall sonst auf der Welt, wo gemordet wird.
Würden US-Soldaten deine Ansicht teilen, und ein bissle provokant jubeln, wenn sie wieder eine Handvoll Zivilisten erwischt haben, wäre das dann nach deinem Geschmack?

Ich bin froh, dass die deutsche Diplomatie trotz der
Entschiedenheit gegen den Krieg eben doch gezeigt hat, dass
unterschiedliche Meinungen und Feindseligkeit nicht dasselbe
sind.

Äh… Finanzielle und militärische Unterstützung,
verfassungswidrige(!)Gewährung von Überflugsrechten zu einem
Angriffskrieg und ansonsten Enthaltungen im UN-Rat findest Du
eine „entschiedene Haltung gegen den Krieg“? Ich muss mich
wundern…
Niemand hat von Feindseeligkeit gesprochen, aber eine
Verweigerung der oben genannten Hilfen wäre angemessen und
sinnvoll gewesen.

Feindseligkeit beginnt genau da, wo Diplomatie aufhört. Herta Däubler Gmelin hat auch niemanden beleidigen wollen, als sie die Herren Bush und Hitler in unmittelbar aufeinanderfolgenden Sätzen genannt hat.
Trotzdem hat sie mit diesem unglücklichen Statement eben das Gegenteil ihres politischen Willens erreicht, und die Konsequenz daraus akzeptiert. Niemand kann doch von der Hand weisen, dass tatsächlich feindselige Tendenzen in der Polemik der USA vorherrschten.
Nun stelle man sich mal vor, die Bundesregierung wäre auf das Niveau der US-Regierung eingegangen, und hätte gar ganz offen das ausgesprochen, was die Deutsche Bevölkerung mehrheitlich gedacht hat!

Eine Marionettenregierung, die sich nicht mal öffentlich
zeigen darf, aus Angst vor Anschlägen und ein fundamentaler
Irrer in Washington, D.C., der die Fäden hält sind IMO nicht
der Weg, der in eine echte Freiheit führt.

Die Motive von George W. Bush sind nicht seine allein, und ich zweifle schwer daran, dass der fundamentalistische Geschmack, der seinen Reden anhaftet, viel mit diesen Motiven gemein hat.
Warum du einen Mann, der ganz primitive politische Ziele mit ganz primitiven Mitteln verfolgt, einen Irren nennst, verstehe ich im Zusammenhang mit deiner Rechtfertigung extremer Mittel gar nicht.

Wieso denkst Du überhaupt, das dieser Umweg ans Ziel führen
wird? Wie soll aus der Marionettenregierung jemals ein
demokratischer, freiheitlicher Staat werden? Saudi-Arabien,
Kuwait und andere Pro-US Staaten zeigen jedenfalls bisher
keine Bewegung in dieser Richtung. Was lässt Dich annehmen,
dass es im Irak anders laufen wird?

Bist du so jung, oder so ungeduldig, dass du erwartest dass ein Volk den Weg vom finstersten Mittelalter bis zur echten Demokratie innerhalb deiner verbleibenden Lebenszeit bestreitet?
Zum Glück ist jemand wie Kofi Annan nicht so ungeduldig, obwohl er ja nicht mehr sooo jung ist … :wink:

Auf gar keinen Fall bin ich einer von
denen, die sich jetzt freuen, dass die USA sich als „böser
Imperialistenstaat“ outen, „wie ich es ja schon immer gesagt
habe“.

Was bedeutet „böser Imperialistenstaat“ ?
Kann mir jemand sowohl dieses Substantiv als auch das Adjektiv und das Produkt der Verknüpfung dieser beiden Worte erklären?

was die
Liberalität der Innenpolitik angeht waren die USA bisher immer
ein Vorbild für mich.

Inklusive Todesstrafe, Verbot von Homosexualität, Rassismus … ?
Ich meinte nicht, dass es in den USA keine Ideale gibt, aber Demokratie und Freiheit fängt meines Erachtens in den Köpfen der Bevölkerung an, und da tauchen neue Ängste und Feindbilder auf, wo die letzten noch gar nicht überwunden sind.
Gemessen an dem Staat, in dem ich lebe, ist die ‚Liberalität‘ der US-Innenpolitik bestimmt kein gutes Beispiel für mich.

Grüße,
Anwar

Gruß zurück!
Peter

Präventivnotwehr?
Hallo Anwar,

Nun ja, die Argumentationskette halte ich für etwas brüchig.

das sollte sie ja auch sein. Ich wollte zeigen, dass die Herstellung solcher Zusammenhänge beliebig ist. Das deutest du ja selbst an, wenn du die Schwierigkeiten nennst, die beiden Weltkriege zu verbinden.

Das mag daran liegen, das für mich ein System nun mal aus
Menschen besteht. Ein System ohne Menschen, die es umsetzen
ist nun mal eine bloße Theorie (die weder jemandem schadet,
noch nutzt).

Ja, aber ich bin mir nicht sicher - und wirklich sicher kann niemand sein -, ob es genügt hätte, Hitler persönlich zu eliminieren. Außderdem muss man unterscheiden zwischen der Person als Funktionsträger und der Person als Person, aber das würde nun vielleicht wirklich zu weit führen.

Wir (jetzt mal ganz weit
gesprochen - die Nationen der Welt) haben uns nun mal darauf
geeinigt, dass die innerstaatlichen Angelegenheiten
„Privatsache“ eines Staates sind und keinen Angriffskrieg
rechtfertigen können

Ich bin mit dir ganz einer Meinung, dass die USA den Krieg unrechtmäßig angefangen haben. Aber nun sind die „offiziellen“ Kampfhandlungen beendet. Die Lage im Krieg selbst war schwierig genug, weil moralische Dinge in Kriegen bekanntlich ohnehin keine Rolle spielen. Nun aber den Krieg sozusagen zu verlängern, dafür gibt es keine Rechtfertigung. Grundsätzlich kann kein begangenes Unrecht die Anwendung erneuten Unrechts rechtfertigen.

Wir sollten versuchen Dinge so eindeutig wie möglich zu
fassen, Platz für Ausnahmen wird es immer geben.

Eindeutig ist nur der Satz, dass Unrecht nicht durch Unrecht vergolten werden kann. Ein Verstoß gegen diesen Satz ist schon eine Ausnahme, die einer gesonderten Rechtfertigung bedarf.

Ich fragte absichtlich nicht nach den juristischen, sondern
nach den moralischen Implikationen. Juristische Maßstäbe sind
nur begrenzt auf das Völkerrecht anwendbar - ich denke das
weißt Du auch.

Das ist natürlich richtig, gilt aber nur de facto, nicht de jure. Und genau das ist das Problem: Die Tatsächlichkeit von Unrecht wird zum Rechtfertigungsgrund erhoben - und das ist falsch.

Ich bin kein Jurist und kann daher nicht wirklich sagen, ob im
juristischen Sinne eine Tötung in Notwehr oder Nothilfe
tatsächlich rechtswidrig ist.

Gesetzlich betrachtet ist es richtig, was du sagst. Der § 32 StGB lautet: „Wer eine Tat begeht, die durch Notwehr geboten ist, handelt nicht rechtswidrig. Notwehr ist die Verteidigung, die erforderlich ist, um einen gegenwärtigen Angriff von sich oder einem anderen abzuwenden.“

Im Ende ist es auch irrelevant,
da in einem Krieg juristisch das Völkerrecht gilt - welches
Tötungen im Krieg ausdrücklich nicht als rechtswidrig ansieht.

Aber dann muss man auch sehen, dass die Kriegshandlungen beendet wurden.

Das Recht auf Leben ist ein Menschenrecht, das man nicht verwirken
kann, weshalb eben jeder Angriff auf das Leben eines anderen
rechtswidrig bleibt.

Nicht im Völkerrecht (s.o.).

Da wäre ich mir nicht so sicher, siehe:
http://www.uni-kassel.de/fb10/frieden/themen/Interve…
aber ich kenne mich im Völkerrecht nicht aus, weshalb ich das nicht wirklich beurteilen kann. Die Geltung des Völkerrechts ist ja auch letztlich mehr eine moralische als eine juristische Geltung.

Ich habe nicht die Tötung von Amerikanern per se gutgeheißen,
sondern lediglich die Tötung einer ganz bestimmten Gruppe
amerikanischer Soldaten, namentlich solcher, welche sich im
Rahmen eines illegitimen Angriffskriegs im Irak befinden - das
sollte wohl ein genügend distingiertes Kriterium sein.

Nicht mehr, der Krieg ist beendet. Nun muss man sehen, wie man das hinbekommt, und das geht eben nicht, indem man den Krieg mit solchen Mitteln quasi fortsetzt.

Solange im Irak noch amerikanische Killerkomandos rumlaufen,
mit „Wanted: Dead or Alive“-Listen, sehe ich das moralische
Notwehrrecht nicht überstrapaziert (das juristische sicherlich
schon, aber das steht ja hier nicht zur Debatte).

Das Notwehrrecht spricht ausdrücklich von akuten Angriffen. Das bedeutet, dass Präventivschläge nicht unter den Notwehrbegriff fallen.

Jetzt sind wir wieder bei der Ausgangsfrage: War der Abschuss
Recht oder Unrecht. Die Diskussion, auch wenn sie sich nun im
Kreis gedreht hat, war dennoch anregend, daher

Ich finde nicht, dass wir uns im Kreis gedreht haben.

Herzliche Grüße

Thomas Miller

Guten Morgen Peter,

Fazit: Frieden gewonnen - Freiheit verloren.

Genau darauf wollte ich hinaus, jetzt sag mir einer, wo denn
diese Freiheit jetzt gerade steckt, von der du meinst, sie
wäre dann verloren.

Wenn ich Dich richtig verstehe, meinst Du so ungefähr folgendes:„Ohne die US-amerikanische Intervention hätten sie (die Iraker) ja auch keine Freiheit“?
Das mag zwar richtig sein, ist aber kein moralisches Argument. Wie Thomas schon ausgeführt hat, ein Unrecht rechtfertigt kein anderes.
Wie erklärst Du Dir außerdem die Jubelkundgebungen der irakischen Bevölkerung - wenn es ihnen vorher genauso schlecht ging wie jetzt, warum sollten sie über den Tod ihrer Besatzer jubeln?

Wenn es eine Bereitschaft ist gegen Unrecht vorzugehen, kann
ich daran nicht nur Negatives sehen.

Dann siehst du also auch negatives - und genau diese
negativen Aspekte sollte man nicht unterschätzen.

Tue ich wirklich nicht. Dennoch, auch aus Gewalttaten ist schon Positives hervorgegangen. Ich will nicht schon wieder den 2. Weltkrieg zitieren, nehmen wir ruhig den amerikanischen Unabhängigkeitskrieg (erstaunlich: Trotz blutigster Schlachten waren Amerikaner und Briten recht schnell wieder befreundet - widerspricht Deiner Gewaltspiralentheorie erheblich).

Kennt jemand
die Macht des organisierten Verbrechens in Russland, wie sieht
es in Tschetschenien aus, in Angola, Afghanistan, auf den
Philippinen, Nordkorea, Somalia … Weiss denn keiner, wieviele
Brandherde auf der Welt gerade vor dem entflammen stehen?

Doch kenne ich. Und gerade die Supermacht-Mentalität der Bush-Administration schürt genau diese Brandherde. Überall auf der Welt sind jetzt Diktaturen und andere „Schurken“-Staaten auf der Suche nach der Atombombe, da man gesehen hat: Ohne Atomombe (Irak) gibt’s eine Intervention, mit Atombombe (Nordkorea) die Narrenfreiheit. Dies ist eine mindestens genauso schreckliche Folge der derzeitigen Kriegshandlungen, wie alle anderen.

Niemand hat doch den Krieg in Jugoslawien vorhergesehen, und
wer hat ihn geführt? Wurden nicht immer von den Kriegsparteien
die aneinander begangenen Verbrechen ihrer Väter und
Grossväter während des 2tn WK aufgezählt?

Auch. Es wurden aber auch uralte Kamellen aus dem Spätmittelalter ausgegraben. Was ich damit sagen will: Wer einen Grund sucht, gegen andere Volksgruppen (ob nun Ethnien oder andere Gruppierungen) aufzuhetzen, der wird schon einen finden - oder eben erfinden!

Du hängst halt eher der ersten, ich der zweiten Möglichkeit
an.

Das stimmt so nicht. In meiner romantischen Fantasie findet
der bewaffnete Kampf für die ‚Noble Sache‘ seinen Platz, d.h.
ich spiele gerne martialische Computer- und Rollenspiele, ich
sehe mir gerne Actionfilme an (wenn sie nicht absolut platt
sind), und ich kann das Empfinden der kleinen Jungs in
Palästina verstehen, wenn sie von der Schule kommen, und mit
Schleudern auf Israelische Posten schiessen.

Ich denke wir sind in unserer Sozialisierung gar nicht so unterschiedlich. Allerdings habe ich diverse erste und zweite Hand Erfahrungen im Hinblick auf die angespannte Lage im Nahen Osten, die Du vielleicht nicht hast - das kann natürlich zweierlei Bedeuten: Zum einen kann man mir einentieferen Einblick in die Problematik zusprechen, zum anderen kann man mir die nötige Objektivität absprechen. Die Realität liegt natürlich irgendwo dazwischen…

Aber ungeachtet aller Moral, sehe ich anhand der Geschichte
einfach keine Beispiele, wo Gewaltbereitschaft und vor allem
Gewaltverherrlichung, Mitleidlosigkeit mit den Opfern und
Freude am Tod der Feinde den Kämpfenden, oder erst recht ihren
Nachfahren etwas Gutes eingebracht hätten. Solche Gefühle zu
schüren rächt sich immer.

Ich zitiere aus der -noch heute gültigen!- Nationalhymne der USA:

„And where is that band who so vauntingly swore
That the havoc of war and the battle’s confusion
A home and a country should leave us no more?
Their blood has wiped out their foul footstep’s pollution.
No refuge could save the hireling and slave
From the terror of flight, or the gloom of the grave:
And the star-spangled banner in triumph doth wave
O’er the land of the free and the home of the brave.“

Mit den „hirelings and slaves“ sind wohl eindeutig die britischen Truppen gemeint. Und eine Freude am ihrem Tod („their blood…in triumph doth wave“) kann ich auch erkennen. Dennoch gibt es keine legendäre Feindschaft zwischen Briten und Amerikanern. Im Gegenteil, nach Ihrer Befreiung konnten die Amerikaner ein weitaus positiveres Verhältnis zu Grtoßbritannien aufbauen als zuvor.
Auch die Französische Revolution war mit viel unnötigem Blutvergießen verbunden, dennoch enstanden aus ihr die Grundzüge unserer modernen Demokratien.

Das hat nichts mit Meinung oder moral zu tun, das ist einfach
Naturgesetz in der Geschichte.

Wie gezeigt kann man da auch anderer Meinung sein. Ich will gar nicht abstreiten, dass es schon eine Tendenz zu negativen Folgen gibt. Aber eine absolut gültige Gewaltspirale kann man daraus nicht postulieren. Ebensowenig wie man aus dem Willen zur friedlichen Kooperation eine
friedliche Koexistenz zwingend ableiten kann - die amerikanischen Ureinwohner waren zunächst sehr friedlich, sogar hilfsbereit - freilich, genutzt hat es ihnen wenig.

Ich weiss, das dein Artikel provokant gemeint war, aber du
kannst dir bestimmt vorstellen, welche Tragik mit solchen
Parolen im Irak verbunden ist. Und eben überall sonst auf der
Welt, wo gemordet wird.

Und in anderen Teilen der Welt wird getötet und eine bessere Zukunft erstritten. Diese Tragik liegt in der Natur des Menschen, nicht in den einzelnen Auseinandersetzungen.

Würden US-Soldaten deine Ansicht teilen, und ein bissle
provokant jubeln, wenn sie wieder eine Handvoll Zivilisten
erwischt haben, wäre das dann nach deinem Geschmack?

Erstens: Sie tun dies, der Konjunktiv ist also fehl am Platze. Zweitens: Die Rechtfertigung liegt im Auge des Betrachters. Meiner Ansicht nach hat eben jemand, der sich in Gefahr begibt und darin umkommt kein einzufordendes Recht auf Mitleid, während ein in Abwehr Handelnder ein Recht auf Solidarität genießt.

Niemand hat von Feindseeligkeit gesprochen, aber eine
Verweigerung der oben genannten Hilfen wäre angemessen und
sinnvoll gewesen.

Feindseligkeit beginnt genau da, wo Diplomatie aufhört. Herta
Däubler Gmelin hat auch niemanden beleidigen wollen, als sie
die Herren Bush und Hitler in unmittelbar aufeinanderfolgenden
Sätzen genannt hat.

Wenn die USA also demnächst sagen „heute Irak, morgen die Welt“ und ein Abweichen ihrer Verbündeten von dieser Parole als feindseelig ansehen, dann wärst Du mit dabei? Feindseeligkeit und Aggression können sich nicht nur aus der subjektiven Betrachtung des kritisierten ergeben.

Nun stelle man sich mal vor, die Bundesregierung wäre auf das
Niveau der US-Regierung eingegangen, und hätte gar ganz offen
das ausgesprochen, was die Deutsche Bevölkerung mehrheitlich
gedacht hat!

Das habe ich doch nicht gefordert. Ein entschiedenes Nein zu finanzieller und militärischer Unterstützung ist doch nicht als Feindseeligkeit wertbar.

Die Motive von George W. Bush sind nicht seine allein, und ich
zweifle schwer daran, dass der fundamentalistische Geschmack,
der seinen Reden anhaftet, viel mit diesen Motiven gemein hat.
Warum du einen Mann, der ganz primitive politische Ziele mit
ganz primitiven Mitteln verfolgt, einen Irren nennst, verstehe
ich im Zusammenhang mit deiner Rechtfertigung extremer Mittel
gar nicht.

Wenn dieser „Primitive“ damit die fortgesetzte Möglichkeit für menschliches Leben auf diesem Planeten auf’s Spiel setzt, dann ist für mich die Grenze zum Wahnsinn überschritten. Auch wenn er das gar nicht selber merkt.

Bist du so jung, oder so ungeduldig, dass du erwartest dass
ein Volk den Weg vom finstersten Mittelalter bis zur echten
Demokratie innerhalb deiner verbleibenden Lebenszeit
bestreitet?

Zum einen: „finsterstes Mittelalter“ hat es in den meisten arabischen Staaten nie gegeben. Wenn überhaupt ist das kulturelle Niveau eher mit dem Spätmittelalter zu vergleichen. Zum anderen: Nein, ich denke nicht, dass es von heute auf morgen gehen muss, aber seit dem Ende des 2. WK (Beginn des US-amerikanischen Einfluss in der arabischen Welt) hat sich z.B. in Saudi-Arabien gar nichts bewegt. Und das ist auch gewollt so - rate mal warum Afghanistan und der Irak angegriffen wurden, die beide keine direkte personelle Beteiligung an 9/11 hatten, Saudi-Arabien, mit 15 von 19 Terroristen hauptbeteiligt, vollkommen verschont, ja sogar finanziell unterstützt wurde.

Zum Glück ist jemand wie Kofi Annan nicht so ungeduldig,
obwohl er ja nicht mehr sooo jung ist … :wink:

Selbst der Papst hat sich deutlicher gegen die US-Regierung ausgesprochen als Annan, aber zugegeben, der ist ja auch noch älter! Mann, wenn mir jemand vor 5 Jahren gesagt hätte, dass ich mal was Positives über den Papst sagen würde, dann hätte ich ihn für verrückt erklärt. O Tempora, O Mores.

Was bedeutet „böser Imperialistenstaat“ ?
Kann mir jemand sowohl dieses Substantiv als auch das Adjektiv
und das Produkt der Verknüpfung dieser beiden Worte erklären?

Nein, die waren ja absichtlich so wirr gewählt. :smile:
Ich wollte damit ja gerade deutlich machen, dass ich jene, die diese Auffassung vertreten für nicht ganz rational argumentierende Menschen halte.

was die
Liberalität der Innenpolitik angeht waren die USA bisher immer
ein Vorbild für mich.

Inklusive Todesstrafe, Verbot von Homosexualität, Rassismus …?

Ich sprach von den USA als Föderation. Verbot von Homosexualität gibt es wohl höchstens noch auf Bundesstaatsebene (selbst da wüßte ich jetzt kein Beispiel), Rassismus ist, durch die meiner Meinungn nach schon zu weit gehenden „Affirmative Action“ Gesetze zumindest staatlich nicht mehr gebilligt und die Todesstrafe ist nun wirklich ein Thema für sich (wie man weiter oben ja sieht - die haben uns bald eingeholt!).

Ich meinte nicht, dass es in den USA keine Ideale gibt, aber
Demokratie und Freiheit fängt meines Erachtens in den Köpfen
der Bevölkerung an, und da tauchen neue Ängste und Feindbilder
auf, wo die letzten noch gar nicht überwunden sind.
Gemessen an dem Staat, in dem ich lebe, ist die ‚Liberalität‘
der US-Innenpolitik bestimmt kein gutes Beispiel für mich.

Die USA sind nun mal ein Staat der Extreme. Und die Nachrichten haben zudem eine Tendenz das extrem Negative in den Vordergrund zu stellen. Während in Deutschland gerade das Recht auf freie Religionsausübung beschnitten wird (Kopftuchurteil), wird in den USA gerade der letzte Bezug auf Gott aus der „National Pledge“ gestrichen. Da kann man schon sehen, welches Land liberaler ist.

Gruß,

Anwar

neverending Argumentationskette
Guten Morgen Anwar,

Wenn ich Dich richtig verstehe, meinst Du so ungefähr
folgendes:„Ohne die US-amerikanische Intervention hätten sie
(die Iraker) ja auch keine Freiheit“?
Das mag zwar richtig sein, ist aber kein moralisches Argument.
Wie Thomas schon ausgeführt hat, ein Unrecht rechtfertigt kein
anderes.

Ich propagiere lieber die Notwendigkeiten, als die Gerechtigkeit.
Über Ersteres kann man wenigstens einen Konsens erlangen, Letzteres wird es in der Geschichte nie geben, wie es schon in der Natur unbekannt ist.

…aus Gewalttaten ist
schon Positives hervorgegangen. Ich will nicht schon wieder
den 2. Weltkrieg zitieren, nehmen wir ruhig den amerikanischen
Unabhängigkeitskrieg (erstaunlich: Trotz blutigster Schlachten
waren Amerikaner und Briten recht schnell wieder befreundet -
widerspricht Deiner Gewaltspiralentheorie erheblich).

Deiner Argumentation zufolge hätten sie ja weiterschiessen müssen, bis das letzte Unrecht vergolten ist, die Deutschen hätten sowieso auf die Allierten Besatzer schiessen müssen, zumindest die Deutschen, die meinten eine bessere Regierung einsetzen zu können, als dies die Allierten taten.
Ausserdem ist der Unabhängikeitskireg ein Paradebespiel für einen militärischen Konflikt, in welchem die Verrohung der Bevölkerung minimiert war (btw, blutig sind Schlachten immer, aber Terror, Guerrillakrieg und Attentate sind etwas ganz anderes)

Wer
einen Grund sucht, gegen andere Volksgruppen (ob nun Ethnien
oder andere Gruppierungen) aufzuhetzen, der wird schon einen
finden - oder eben erfinden!

Und wird bei Menschen, die denken wie ich, und hoffentlich auch wie du, einfach abblitzen (bzw. Angezeigt, siehe Hohmann).

Ich denke wir sind in unserer Sozialisierung gar nicht so
unterschiedlich. Allerdings habe ich diverse erste und zweite
Hand Erfahrungen im Hinblick auf die angespannte Lage im Nahen
Osten, die Du vielleicht nicht hast

Es tut mir leid, wenn du schlimme Erfahrungen gemacht hast. Ich wünsche niemandem, Zeuge von Krieg oder Terror zu werden.

  • das kann natürlich
    zweierlei Bedeuten: Zum einen kann man mir einentieferen
    Einblick in die Problematik zusprechen, zum anderen kann man
    mir die nötige Objektivität absprechen. Die Realität liegt
    natürlich irgendwo dazwischen…

Ich lese die Argumente. Wer erwartet denn schon Objektivität in einer Subjektiven Diskussion?

O’er the land of the free and the home of the brave."

Zitiert der Chef der NRA auch gerne (Charlton Heston).
Wo ist denn dieser Mut, wenn man lieber präventiv bombt, bevor ein böser Terrorist mitmacht, beim amerikanischen Alltagsgemetzel?
Kennst du die Zahlen, in denen US-Amerikaner US-Amerikaner umbringen?

…nach Ihrer Befreiung konnten
die Amerikaner ein weitaus positiveres Verhältnis zu
Grtoßbritannien aufbauen als zuvor.
Auch die Französische Revolution war mit viel unnötigem
Blutvergießen verbunden, dennoch enstanden aus ihr die
Grundzüge unserer modernen Demokratien.

Sollen wir deshalb also das, wie du selbst sagst, unnötige Blutvergiessen bejubeln?

eine absolut gültige Gewaltspirale kann man
daraus nicht postulieren.

Ich sage nicht, dass Gewalt immer noch mehr Gewalt erzeugt, ich behaupte lediglich, dass jede Gewalt ein gewisses Mass an Gewalt hinter sich herzieht. Willst du dieses gewisse Mass minimiert, oder maximiert sehen?

Und in anderen Teilen der Welt wird getötet und eine bessere
Zukunft erstritten. Diese Tragik liegt in der Natur des
Menschen, nicht in den einzelnen Auseinandersetzungen.

Da hätte ich gerne Beispiele, wo heutzutage eine bewaffnete Auseinandersetzung kurz oder langfristig für eine Besserung der Lebensverhältnisse der Bevölkerung sorgt.

Meiner Ansicht nach hat eben jemand, der sich in Gefahr begibt
und darin umkommt kein einzufordendes Recht auf Mitleid,
während ein in Abwehr Handelnder ein Recht auf Solidarität
genießt.

Mir geht es ja eben um die, die deiner Meinung nach ‚in Abwehr‘ handeln.
Du und ich, wir sitzen hier im friedlichen(fast) Deutschland, und halten Maulaffenfeil, während im Irak Hunger, Durst und Chaos herrschen. Wünschen wir den Menschen jetzt Gerechtigkeit, oder Frieden? Wenn ersteres, dann wessen Gerechtigkeit? Die der Schiiten, die der Sunniten, die Amerikanische, unsere ,…?
Vom Frieden gibt es vermutlich weniger Versionen.

Wenn die USA also demnächst sagen „heute Irak, morgen die
Welt“ und ein Abweichen ihrer Verbündeten von dieser Parole
als feindseelig ansehen, dann wärst Du mit dabei?

Ob ich dann feindselig wäre? Ich werde leider schnell feindselig, wenn mich jemand beleidigt, aber ich bin froh, wenn Freunde mir zur Besonnenheit helfen.

Ein entschiedenes Nein zu
finanzieller und militärischer Unterstützung ist doch nicht
als Feindseeligkeit wertbar.

Erkläre das jemandem, der auf den NATO-Vertrag pocht, ohne ihn verstehen zu können.

Zum einen: „finsterstes Mittelalter“ hat es in den meisten
arabischen Staaten nie gegeben.

Ich weiss, dass die Kulturen dort hochentwickelter waren. Es ist traurig, zu sehen wie sehr sie zurückgeschleudert wurden.

Wenn überhaupt ist das
kulturelle Niveau eher mit dem Spätmittelalter zu vergleichen.

Grauslige Zeit. (derhalber auch Kulisse für martialische Fantasiegeschichten)

Zum anderen: Nein, ich denke nicht, dass es von heute auf
morgen gehen muss, aber seit dem Ende des 2. WK (Beginn des
US-amerikanischen Einfluss in der arabischen Welt) hat sich
z.B. in Saudi-Arabien gar nichts bewegt.

Doch: Al Quaida ist entstanden - aus den Reihen der Saudis

Und das ist auch
gewollt so

Nein, der CIA hat lange an Kräften gebastelt, die den nahen Osten für den Amerikanischen Traum urbar machen sollten, den Weg zum Öl freihalten, und gleichzeitig dem Einfluss der Udssr Einhalt gebieten. (Ich habe damals auch geglaubt, die Mudschahedin würden für Freiheitliche Ideale kämpfen)

  • rate mal warum Afghanistan und der Irak
    angegriffen wurden, die beide keine direkte personelle
    Beteiligung an 9/11 hatten, Saudi-Arabien, mit 15 von 19
    Terroristen hauptbeteiligt, vollkommen verschont, ja sogar
    finanziell unterstützt wurde.

Da bin ich manchmal schon versucht, Verschwörungstheoretikern ein Ohr zu leihen. Ansonsten muss man halt der Argumentation von einem Bush jr. glauben, die in sich primitiv und plausibel ist.

Selbst der Papst hat sich deutlicher gegen die US-Regierung
ausgesprochen als Annan, aber zugegeben, der ist ja auch noch
älter!

Einen Diplomaten an den Redefreiheit des Papstes messen? naja …

Die USA sind nun mal ein Staat der Extreme.

Mann kann einen Staat nicht an seinen ‚guten‘ Gesetzen messen, nur an denen, die inhuman sind, und ein Staat kann noch so liberale Gesetze haben, wenn die Bundesstaaten unter diesem Niveau liegen, und auch das Demokratieverständnis großer Teile der Bevölkerung, und dazu dnn noch die Aussenpolitik, die nicht vom Wert einer Demokratie trennbar ist, dann suche ich mir mein Vorbild woanders.

Und die
Nachrichten haben zudem eine Tendenz das extrem Negative in
den Vordergrund zu stellen. Während in Deutschland gerade das
Recht auf freie Religionsausübung beschnitten wird
(Kopftuchurteil)

Ich hoffe ja, dass das nur ein tragischer Justizirrtum ist, meine Güte, wie peinlich sieht das erst im Ausland aus … wer glaubt uns jetzt noch unser liberales Gefasel … :~(

, wird in den USA gerade der letzte Bezug auf

Gott aus der „National Pledge“ gestrichen. Da kann man schon
sehen, welches Land liberaler ist.

Wow, sind die jetzt schon soooo weit!?

Gruß,

Peter