Täglich werden Säue durchs Dorf getrieben

Gestern der Terrorist, heute der Kindesmord.

Die tatsächlich wichtigen innenpolitischen Themen und Entscheidungen bleiben weitgehend unbeachtet. Gestern CETA und BVerfG, heute die Länderfinanzausgleichsentscheidung.

Ersteres wurde hier schon diskutiert, ein wenig, tendenziell mit der augenscheinlich beruhigenden Erwartung einer späteren Entscheidung, wobei die zwischenzeitlich zu schaffenden Fakten unberücksichtigt bleiben.

Thema heute daher: Der LFA.

Alles wird eitel Sonnenschein präsentiert. Bayern und andere Geber zahlen weniger, Bremen/Saarland/Berlin erhalten mehr, alle Länder freuen sich. Der Bund nicht, weil er mehr zahlen muss, aber hinsichtlich der Überschüsse ist es wohl nicht problematisch.

Fakt ist aber auch:

  • Mit der neuen Vereinbarung ist u.a. die Übertragung der Hoheitsrechte Autobahnen an den Bund verbunden und deren Privatisierung beschlossen. Privatisierung/Ausverkauf öffentlichen, also auch des bürgerlichen Eigentums. Somit verdient der Bund auch. Einfache Frage: Wer bezahlt dies alles, wenn alle am LFA Beteiligten verdienen?
  • Mit der neuen Vereinbarung sind Grundgesetzänderungen verbunden/notwendig. Die jetzt mit der Mehrheit der GroKo vor der Wahl noch durchgepeitscht werden müssen. Grundgesetzänderungen???
    So still und heimlich???
    Wozu das denn bei LFA, wo doch bei anderen dringenden Probleme ebenso Grundgesetzänderungen diskutierbar wären?

Einfache Fragen eines Dummi an euch mit der Bitte um Antworten

Franz

Der Bund ist gemäß § 5 des Bundesfernstraßengesetzes der Träger der Straßenbaulast. Und ob das Grundstück dem Land gehört oder dem Bund ändert prinzipiell nichts am „bürgerlichen Eigentum“ daran.

:scream:. Offensichtlich wird man dafür eine Zweidrittelzustimmung des BR benötigen. Also schieb es nicht auf die GroKo. Mehr hier https://www.gesetze-im-internet.de/gg/art_107.html

Natürlich muss das ggf. geändert werden, damit nicht anschliessend bspw. das notorisch blanke „Land Berlin“ mit Verweis auf gewisse Stellen im GG die Hand trotzdem weiter aufhält. Selbst wenn nur ein Wort gestrichen oder ein Komma ergänzt wird, muss es gem. der Regeln erfolgen.

Gruß
vdmaster

https://dejure.org/gesetze/GG/90.html :grin:

Hallo,
du gehst davon aus, dass sich die Masse der Bevölkerung in Deutschland für solche Themen wirklich interessiert ?.
Das ist eben nicht der Fall - geh in einer Großstadt in die Fußgängerzone und frage was der LFA ist oder um was eigentlich bei CETA geht und dann frage nach Flüchtlingen, dem FC. Bayern oder nach den Lombardis. Du wirst ganz schnell merken wo die Informationsdefizite liegen.
Die Masse der Bevölkerung ist träge was den Informationsbedarf angeht und vor allem mit dem zufrieden was in den Medien zu finden ist, die man schon immer benutzt hat, z.B. die Zeitung ohne Text. Das schlägt sich auch immer mehr in der Beteiligung bei Wahlen nieder - was von den Medien gerne auch als Politikverdrossenheit bezeichnet wird.
Gruss
Czauderna

In letzter Zeit macht die zunehmende Wahlbeteiligung einige Politiker tatsächlich verdrossen. :hushed:

Wenn ich an Kretschmann denke…
an die Besetzung der einzelnen Länder…
und die notwendige 2/3-Mehrheiten in den Ländern

dann ist die Wahrscheinlichkeit einer Zustimmung trotz Grün doch sehr hoch.

Die Privatisierung wird

  • Schäuble gefallen, weil er keine Schulden macht

  • den Versicherungen gefallen ob der marktunüblich hohen Kredit-Zinsen

  • mir nicht gefallen, weil trotz der vermeintlichen P. die Risiken (man denke an die A1 Bremen Hamburg, man denke an die nicht aus schaltbare Haftung des Staats) wieder dem Staat und seinen Bürgern ausschließlich obliegen

  • mir nicht gefallen, weil sämtliche zusätzliche Erträge aus diesem Deal den Finanzierern, aber nicht den Bürgern zukommen.

Franz

Hilf mir auf die Sprünge.

Jeder Block (1 Quadrat = 1 Stimme), in dem Grün oder Tiefrot vorkommt, kannst Du rausrechnen. Nun rechne BaWü wieder rein. Kommst Du auf eine Zweidrittelmehrheit (46 Quadrate)?

Eben. Dabei ist die Grafik wg. der Wahl in Berlin in Bälde überarbeitungsreif, sobald eine neue Regierung gewählt wurde.

Es braucht also die aktive Zustimmung mehrerer Bundesländer, in denen auch Grüne oder Linkspartei einen Vertreter in den Bundesrat entsenden.

Könntest Du btw einmal etwas verlinken, aus dem diese angebliche Übertragung von Eigentumsrechten an den Bund hervorgeht?

Bisher sehe ich nur ein Pappschild, auf dem eine Sau aufgemalt ist und einen besorgten Bürger, der mahnend das Schild hochhält. :stuck_out_tongue_winking_eye:

Gruß
vdmaster

Ja, du hast recht. Grundgesetzänderungen sind notwendig speziell im Hinblick auf das Asylrecht. Mann müsste klar die Antragstellung vom Aufenthalt entkoppeln. Das heißt: Antragstellung nur aus dem Ausland, kein Aufenthalt in Deutschland, solange der Antrag nicht anerkannt wurde. Aber dies hier nur am Rande.

TTIP und CETA? Wird doch genug diskutiert. Die gleichen, die gegen TTIP demonstrieren, haben doch die ganze Zeit nichts dagegen gesagt, dass immer mehr Kompetenzen von den Nationalstaaten an Funktionäre in Brüssel übertragen werden. Die in Rede stehenden Abkommen sind in Wirklichkeit für viele nur ein Ventil, ihren lange gehegten Antiamerikanismus ausleben zu können.

Und der LFA? Aktuell sieht die Sache recht einfach aus. Dank der Eurozone sprudeln im Moment die Steuereinnahmen und dank der niedrigen Zinsen sind die Zinsausgaben des Bundes derzeit viel niedriger als früher. Heißt: Es ist Geld da. Man kann im Moment etwas verteilen. Die Länder kriegen etwas von dem Geld, der Bund bekommt dafür gewisse Kompetenzen.

Dadurch kann man Aktionismus vortäuschen. Anderes wird - wie du richtig schreibst - auf die lange Bank geschoben. Die große Koalition entscheidet doch überhaupt nichts mehr, wie man an Merkels hilflosen Versuchen sieht, die Flüchtlingskrise im Ausland einzudämmen. Nationale Maßnahmen gegen die ungesteuerte Zuwanderung hat es bislang nicht gegeben, und man rettet sich in die Statistik. Die Zahl der Flüchtlinge ist zurückgegangen, heißt es. Dass es immer noch mehrere hunderttausende pro Jahr sind, und man nur deswegen „sinkende“ Zahlen hat, weil 2015 ein Rekordjahr war, kehrt man unter den Teppich.

Was man wirklich tun müsste, wäre, dass man sich auf den Zusammenbruch des Euro vorbereitet. Man müsste Schulden abbauen und zum Beispiel Bundesländer zusammenfassen. Außerdem müsste man sich auf den Ansturm von Migranten vorbereiten. In Ägypten oder Schwarzafrika warten Millionen! Stattdessen tut man so, als könne man Geschenke verteilen.

Ungern, wirklich ungern. Zu Übertragungen von Rechten, nicht Eigentum (gehört dem Bund ja schon):

http://www.rbb-online.de/kontraste/archiv/kontraste-11-02-2016/milliardengeschaeft-fuer-versicherungen.html

Franz

Hallo,

der erste Link hätte schon gereicht. Erneut: https://dejure.org/gesetze/GG/90.html

Der Bund will also nicht mehr von den Ländern für die Verwaltung der bundeseigenen Autobahnen abgezockt werden. Kann ich völlig verstehen, wenn ich mir da die „Kreativität“ des Landes Berlin anschaue http://www.bverwg.de/presse/pressemitteilungen/pressemitteilung.php?jahr=2016&nr=67

Es ist ja auch etwas dämlich, wenn man sich weiterhin mit 16 eigenwilligen Böcken im eigenen Garten herumschlagen soll, weil denen mal eine Aufgabe übertragen wurde.

Nebeneffekt so einer Verwaltungs-GmbH wäre bspw., dass eine Autobahnmaut in deren Hände gelegt werden kann, um alle Nutzer zur Kasse zu bitten (vgl. ASFINAG) während man zeitgleich die Kfz.-Besteuerung reformiert. Schon hat es die EU-Kommission viel schwerer von angeblicher Diskriminierung zu labern. Aber das ist nur so ein Gedanke, weil Du die „Privatisierung der Autobahn“ ins Spiel brachtest, während es doch erst einmal (falls überhaupt) um die Privatisierung der Verwaltungsarbeit an der Autobahn ginge.

Gruß
vdmaster

So kann man als Politikerin auch Hetze betreiben

Soweit ich das beurteilen kann (und will), hätte das BVerfG angesichts der drei Auflagen ebenso gut dem Eilantrag stattgegeben können und damit die „Beweislast“ umkehren können.

Letztendlich bin ich aber dennoch zufrieden mit dem Urteil, weil die Auflagen eine Zustimmung am 27.10.16 auf vorläufige Inkraftsetzung gewisser Teile des Abkommens m.E. nur bei ausdrücklicher rechtssicherer Zustimmung Kanadas möglich wäre. Und das Umgesetzte dann Makulatur und tatsächlich ohne Folgen bliebe (so doof sind Unternehmen dann doch nicht, auf rein spekualtiver Basis Rechtsstreite zu beginnen).

Sehr zufrieden bin ich ob der Übereinstimmung von Kipling und Wagenknecht zum Thema. Die Linke muss sich bis zur BTW noch hinsichtlich Themen intern und nach außen deutlich geschlossener präsentieren, wenn sie eine bedeutende Rolle spielen möchten.

Franz