(Teilweise) Erwerbsminderung und Grundsicherung

Hallo,

ich habe eine Frage zum Zusammenwirken von (teilweiser) Erwerbsminderungsrente und Grundsicherung.

Wenn jemand voll erwerbsgemindert ist, springt ja die Grundsicherung ein, wenn die EU-Rente nicht mindestens so hoch ist wie die Grundsicherung (und die weiteren Voraussetzungen zutreffen).

Was aber, wenn nur eine teilweise Erwerbsminderung vorliegt, die sehr gering ausfällt? Ich habe gelesen, dass oft eine „Arbeitsmarktrente“ gewährt wird, in der Höhe der vollen EU-Rente (wenn keine Teilzeitarbeit vermittelt werden kann). Was ist, wenn die immer noch unter dem Grundsicherungssatz liegt?

Vielen Dank im voraus
Winter

Ebenfalls hallo!

Im Fall einer Rente wegen teilweisen Erwerbsminderung ist man noch in der Lage zwischen drei und sechs Stunden täglich zu arbeiten; bei einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung wegen Berufsunfähigkeit kann man ggf. sogar noch vollschichtig arbeiten und kann dennoch diese Rente beziehen.

Bei Bezug einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung würde ich also eine Antragstellung bei der Agentur für Arbeit zum Bezug von Arbeitslosengeld stellen.

Richtig ist, dass bei einer Einsatzfähigkeit von drei bis sechs Stunden auch die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung erfolgen kann, wenn der Teilzeitarbeitsmarkt verschlossen ist. Diese Prüfung wird während des Rentenverfahrens durch den Rentenversicherungsträger vorgenommen. Ist der Teilzeitarbeitsmarkt verschlossen, wird eine Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit gewährt, also zunächst für ca. drei Jahre.

Wie es in einem solchen Fall mit der Grundsicherung aussieht kann ich nicht sagen; ich würde aber in einem solchen Fall auf jeden Fall eine Beantragung beim Grundsicherungsamt empfehlen.

Zur Grundsicherung noch etwas:

Diese tritt wirklich nur ein, wenn man entweder voll erwerbsgemindert ist oder das 65. Lebensjahr bereits vollendet hat. Was viele vergessen ist, dass es weiterhin noch Sozialämter gibt! Wenn also die Einkünfte nicht ausreichen, sollte man einen Antrag auf Gewährung von Hilfe zum Lebensunterhalt stellen, auch wenn’s schwer fällt …

Gruß,
Robert

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Im Fall einer Rente wegen teilweisen Erwerbsminderung ist man
noch in der Lage zwischen drei und sechs Stunden täglich zu
arbeiten; bei einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung
wegen Berufsunfähigkeit kann man ggf. sogar noch vollschichtig
arbeiten und kann dennoch diese Rente beziehen.

Teilweise Erwerbsminderung wegen Berufsunfähigkeit erlaubt vollschichtiges Arbeiten??? ÄHHHHH?

Könnten wir uns darauf verständigen, dass die Begriffe BU, EU und EM deutlich zu trennen sind!

Ach ja und wenn wir von BU/EU sprechen, dann weisen wir auch darauf hin ob im Sinne der GRV oder eine PV. Und im zweiten Fall dann auch immer gemäß der Bedingungen Nr. XX Stand (MMJJ) der XY Gesellschaft! Sonst fangen wir noch an uns darüber zu unterhalten was BU ist!!! Das ist fraglich und in den Bedingungen geregelt - und zwar unterschiedlich.

Aber dieses vollschichtige Arbeiten bei teilweiser Erwerbsminderung wegen Berufsunfähigkeit, das hätte ich gerne vertieft!

Ich lerne gerne dazu!

Thorulf Müller

Um zur Frage zurückzukommen…
Danke erstmal für den ausführlichen Beitrag.

Ich sprach natürlich von der gesetzlichen RV. Insofern soll es wirklich nur um die EM gehen. Leider hast Du den Knackpunkt, worauf meine Frage abzielte, ausgespart (-> ob die Grundsicherung einspringt). Das Sozialamt mag es geben, dessen Leistungen haben aber natürlich wieder andere Voraussetzungen (ohne jetzt ganz sicher zu sein: Bedürftigkeit und Rückgriff auf Angehörige).

Viele Grüße
Winter

Ebenfalls hallo!

Im Fall einer Rente wegen teilweisen Erwerbsminderung ist man
noch in der Lage zwischen drei und sechs Stunden täglich zu
arbeiten; bei einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung
wegen Berufsunfähigkeit kann man ggf. sogar noch vollschichtig
arbeiten und kann dennoch diese Rente beziehen.

ähm , wie ist denn das zu verstehen?

Grüße

Andreas Sokol

Danke erstmal für den ausführlichen Beitrag.

ich würd einfach bei zuständigen Versorgungsamt nachfragen - dann ists amtlich und du weisst bescheid über deine möglichkeiten und was wie u.U zu beantragen wäre.

grüße

andreas sokol

Guten Morgen,

die Fragen betreffen allesamt das SGB (Sozialgesetzbuch) mit seinen
12 „Büchern“. Im Buch 12, § 41, steht eindeutig:

  1. Zur Sicherung des Lebensunterhaltes im Alter und bei dauerhafter Erwerbsminderung können Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt im Inland, die

das 65. Lebensjahr vollendet haben oder

das 18. Lebensjahr vollendet haben, unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage voll erwerbsgemindert im Sinne des § 43 Abs. 2 des Sechsten Buches sind und bei denen unwahrscheinlich ist, dass die volle Erwerbsminderung behoben werden kann,

auf Antrag die Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach diesem Kapitel erhalten

Im 6. Buch § 43Abs. 2 wird die volle Erwerbsminderung beschrieben(2) Versicherte haben bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie

voll erwerbsgemindert sind,

in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und

vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.

Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Voll erwerbsgemindert sind auch

Versicherte nach § 1 Satz 1 Nr. 2, die wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können und

Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren, in der Zeit einer nicht erfolgreichen Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt

Also gibt es keine „Arbeitsmarktrente“ oder so etwas. Da im §1
des SGB das Anspruchszenario genau beschrieben wird, gibt es aber die Möglichkeit, wenn man nach umfangreicher Prüfung der Wirtschaftlichkeit (allein lebend, Bedarfsgemeinschaft usw) und Arbeitsmarktfähigkeit nicht in der Lage ist,
ein angemessenes Einkommen zu erzielen, die Sicherung zum Lebensunterhalt zu beantragen. Je nach Zuständigkeit (Kreis, Stadt),
manche sind kulanter, manche nicht, und Dringlichkeit gibt es ebenfalls die Möglichkeit einen Vorschuß zu beantragen. Festzustellen
ist also: losgehen und sich informieren, bzw. einen Antrag stellen.
Gruß Martin

Teilweise Erwerbsminderung wegen Berufsunfähigkeit erlaubt
vollschichtiges Arbeiten??? ÄHHHHH?

Könnten wir uns darauf verständigen, dass die Begriffe BU, EU
und EM deutlich zu trennen sind!

Aber dieses vollschichtige Arbeiten bei teilweiser
Erwerbsminderung wegen Berufsunfähigkeit, das hätte ich gerne
vertieft!

Ich lerne gerne dazu!

Hallo @ all!

Entschuldigt, wenn ich ein wenig - oder etwas mehr - Verwirrung gestiftet habe, das war nicht meine Absicht. Beim zweiten Durchlesen fällt mir auf, dass das tatsächlich ein wenig unverständlich ist/ war. Entschuldigung …

@ Winter:

Deine Frage war u.a., dass Du von sog. Arbeitsmarktrenten gehört hast. Und nur zu diesen wollte ich dann noch Stellung nehmen, insbesondere wann diese gewährt werden. Bzgl. der Grundsicherung konnte ich nur die Voraussetzungen anführen. Ob diese bei Gewährung einer Arbeitsmarktrente erfüllt sind, weiss ich leider nicht; deswegen habe ich das auch weggelassen. Ebenfalls sorry für etwaige Verwirrungen.

@ Andreas Sokol und Thorulf Winter:

Eine strikte Trennung zwischen EU und EM ist möglich, aber leider nur bedingt zwischen teilweiser EM und BU:

Es ist wirklich möglich eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung wegen Berufsunfähigkeit zu bekommen, obwohl man noch vollschichtig, also 8 Stunden am Tag arbeiten kann! Geregelt ist dies in § 240 SGB VI; dieser gilt allerdings nur für Versicherte, die vor dem 02.01.1961 geboren sind.

Durch besagten § 240 SGB VI wurde das bis 31.12.2000 geltende Recht für die Rente wegen Berufsunfähigkeit „weitergeführt“. Berufsunfähigkeit sagt nunmehr grundsätzlich aus, dass die Erwerbsfähigkeit im Vergleich zu einem Versicherten mit gleicher oder ähnlicher Ausbildung auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Bzgl. Berufsunfähigkeit ist aber auch als wichtiger Punkt die soziale Zumutbarkeit zu beachten. Was soll dies nun heißen?

Beispiel:

Jemand war sein Leben lang als Schlosser tätig. Die Tätigkeit als Schlosser ist hierbei als gelernte Tätigkeit zu berücksichtigen. Diese Tätigkeit kann der Versicherte nunmehr nur noch weniger als sechs Stunden, wenn überhaupt, verrichten.

Nach ärztlichem Gutachten kann er aber noch 8 Stunden täglich arbeiten, aber nur in ungelernten Tätigkeiten, z.B. als Hilfsarbeiter. Dann liegt bei ihm Berufsunfähigkeit vor. Er ist nämlich nicht mehr in der Lage eine gegenüber seiner bisherigen Tätigkeit als Schlosser - genannt Hauptberuf - sozial zumutbare Tätigkeit zu verrichten. Er bekäme dann die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung wegen Berufsunfähigkeit gemäß § 240 SGB VI.

Derjenige, der diese Rente bezieht, kann dann auch vollschichtig arbeiten, aber eben nur in einer Tätigkeit als z.B. Hilfsarbeiter. Dass das Einkommen hieraus dann anzurechnen ist, ist etwas anderes. Aber die bloße Verrichtung einer solchen ungelernten Tätigkeit macht den Rentenanspruch nicht kaputt bzw. steht diesem nicht entgegen!

Ich hätte diese Ausführungen in meinem ersten Post wohl besser weggelassen, das fällt mir jetzt auch auf. Also nochmals, SORRY!

Ich hoffe nur, dass ich jetzt nicht noch mehr Verwirrung gestiftet habe und vielleicht sogar ein wenig „Licht ins Dunkel“ bringen konnte. Sollte dies nicht so sein, bitte ich erneut um Entschuldigung.

Gruß,
Robert

Also gibt es keine „Arbeitsmarktrente“ oder so etwas.

Hallo Martin!

Sorry, aber diese Renten gibt es schon, obwohl dieser Begriff in keinem Gesetzbuch zu finden ist.

Es ist so, dass bei einem verschlossenen Teilzeitarbeitsmarkt eine Rente wegen voller Erwerbsminderung auch dann gewährt werden kann, wenn der Versicherte selbst noch in der Lage ist zwischen drei und sechs Stunden täglich zu arbeiten, er also „eigentlich“ nur teilweise erwerbsgemindert ist.

Dieser Passus steht so nicht im Gesetz, sondern basiert auf Rechtssprechungen der Sozialgerichte. Wichtig ist, dass man dies nicht verallgemeinern kann, sondern wirklich in jedem Fall eine Einzelfallprüfung erforderlich ist.

Gruß,
Robert

Hallo Robert,
du hast Recht, die Arbeitsmarktrente gibt es in Ausnahmefällen.
Habe eine Entscheidung von 02.2006 gefunden die folgendes besagt
und damit ist die Frage eindeutig nach Arbeitsmarktrente und Grundsicherung beantwortet:
(4) Bezieher so genannter „Arbeitsmarktrenten“ sind erwerbsfähig i. S. des § 8 Abs. 1 SGB II. Die Betroffenen erhalten diese Leistung vom Rentenversicherungsträger, wenn sie in der Lage sind, zwi-schen drei und sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein und nach Ansicht des Rentenversicherungsträgers der Arbeitsmarkt für sie verschlossen ist. Ein Anspruch der Betroffenen auf Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem vierten Kapitel des SGB XII besteht nicht. Voraussetzung dafür wäre eine dauerhafte Erwerbsminde-rung. Der Rentenversicherungsträger zahlt die „Arbeitsmarktrente“ jedoch nur befristet aus. Da die Betroffenen zwischen drei und sechs Stunden täglich arbei-ten können, sind sie in der Lage unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig zu sein, § 8 Abs. 1 SGB II. Soweit sie die weiteren Anspruchsvoraussetzungen nach § 7 Abs. 1 SGB II erfüllen, besteht ein Anspruch auf Arbeitslosen-geld II. Die „Arbeitsmarktrente“ wird dann auf das Arbeitslosengeld II angerechnet.
Gruß Martin

Ja!
Hallo,

ersteinmal Danke für das neue Wissen um diese Regelungen.

Dann bitte die zuständige Behörde ansprechen. Eine solche Prüfung oder Aussage ist hier nicht möglich. Das hängt dann ja auch von einer Vielzahl anderer Punkte ab.

Und wer in DreiTeufelsNamen ist Thorulf Winter - ???

Hallo,

Und wer in DreiTeufelsNamen ist Thorulf Winter - ???

Hallo Thorulf!

Entschuldige bitte, das sollte natürlich „Thorulf Müller“ heißen, ich habe die Namen ein wenig durcheinander gehauen … :-o

Sorry und schönen Feiertag noch! :smile:

Gruß,
Robert

Hallo Martin!

Danke für den Hinweis zur Grundsicherung in solchen Fällen. Mich hatte das jetzt auch interessiert, hatte aber nichts gefunden. Das kann man ja auch mal selber im Bekannten- und Verwandtenkreis gebrauchen!

Danke nochmal!

Gruß,
Robert

Danke
danke für deine mühe und die sehr interessanten ausführungen. werd mich mal in das thema einlesen.

viele grüße

andreas

Verziehen!
und Akzeptiert!