Hallo!
Zu einer Frage weiter unten (von Iris) die Möglichkeit des originären Psalmensingens* betreffend
gab Metapher einen Hinweis auf den Ps 136.
Das führt mich nun zu meinen Fragen.
Dieser responsoriale Vortrag des Psalms setzt einen Vorbeter oder Vorsänger voraus, auf den jeweils die Gemeinde mit dem - dort zitierten - gleichbleibenden Zuruf antwortet. (Oder was für eine Praxis hat man sich sonst vorzustellen?)
Genau diese Praxis scheint mir Tertullian abzulehnen, wenn er (Apologeticum 30,4) schreibt:
[…]Christiani manibus expansis, quia innocuis, capite nudo, quia non erubescimus, denique sine monitore, quia de pectore oramus, precantes …
(Wir Christen bitten mit ausgebreiteten Händen, weil sie schuldlos sind, mit entblößtem Kopf, weil wir nicht erröten müssen, und schließlich ohne einen Vorbeter, weil wir aus dem Herzen beten …)
Kann man also annehmen, dass Tertullian sich damit gegen die/eine Art des synagogalen Betens und Singens ausspricht, eventuell unter Berufung auf Einzelheiten, die aus der heidnischen Gebetspraxis stammen?
Würde dies dann bedeuten, dass im Wechsel vorgetragene Gebete aus dem Osten in das westliche Christentum kamen?
Kann diese Beschreibung auch für Gebete gelten, die man sich in der Feier als dem Liturgen zugeordnet denken muss, z. B. Kanontexte?
* Nachtrag dazu:
Es ist geradezu belustigend, dass der Artikel „Psamenvertonungen“, ohne diese Fragestellung überhaupt zu erwähnen, gleich mit dem gregorianischen Choral beginnt, obwohl in den Psalmen selbst zum Singen uns Musizieren aufgefordert wird.
Freundlichen Gruß!
H.