Hallo,
ist das so einfach, wie es klingt? Ehepartner hinterlassen beim Notar zu Lebzeiten ein gemeinschaftliches Testament. Ein Partner stirbt, jenes Testament liegt aber noch beim Notar. Eines Tages kommt der Hinterbliebene auf die Idee, ein neues Testament zu verfassen und das alleine.
Begründet ein solcher Ablauf die Anfechtung des neueren Testamentes, wenn es sogar explizit dort heißt, dass das alte, gemeinschaftliche Testament hiermit widerrufen wird?
So einfach ist die Sache mal wieder nicht!
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Ein gemeinschaftliches Testament kann nach dem Tod des Erstversterbenden durch den überlebenden Ehegatten zwar grundsätzlich nicht mehr geändert werden, es gibt hiervon jedoch zwei wichtige Ausnahmen. Einerseits kann das Testament eine Öffnungsklausel für den überlebenden Ehegatten beinhalten, dass dieser das Testament in Bezug auf bestimmte Regelungen oder auch vollständig abändern kann. Andererseits gilt die gegenseitige Bindungswirkung nur für wechselbezügliche Regelungen. D.h. Regelungen, die im offensichtlichen Interesse beider Ehegatten sind, und die jeder auch für sich so getroffen hätte. Und da wird es schwierig. Denn es gibt da z.B. eine recht neue Rechtsprechung, bei der eine Schlusserbeinsetzung als nicht wechselbezüglich angesehen wurde, da der Schlusserbe nur dem einen Ehegatten nahe gestanden habe. D.h. man hat es dem überlebenden Ehegatten durchgehen lassen, als Schlusserbe jemand anderen einzusetzen, da man diese ursprüngliche Regelung als nicht wechselbezüglich angesehen hat. Also vorsicht mit vorschnellen Schlussfolgerungen.
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Die Geschichte klingt nicht plausibel bzgl. des beim Notar liegenden 1. Testaments. Ein vor einem Notar errichtetes Testament wird regelmäßig in die Verwahrung des Amtsgerichts gegeben und von diesem automatisch eröffnet. Spätestens wenn ein dort nicht hinterlegtes Testament bekannt wird, ist zudem nicht nur ein Notar sondern jedermensch verpflichtet es beim Amtsgericht abzugeben, wenn der Erbfall eingetreten ist. D.h. wenn das Testament hier tatsächlich nicht ohnehin schon beim Amtsgericht hinterlegt war, dann wäre der Notar verpflichtet, es sofort dort abzuliefern, sobald er vom Eintritt des Erbfalls erfahren hat. Es steht nicht zu erwarten, dass ein Notar dieser Pflicht nicht auch nachkommen würde.
Hallo,
mit dem Tod des Ehepartners erlischt bei einem gemeinsamen Testament das Widerrufsrecht in Bezug auf sog. „wechselseitige Verfügungen“ gem. § 2271 Abs. 2 BGB:
https://dejure.org/gesetze/BGB/2271.html
Die Definition der „wechselseitigen Verfügungen“ findet sich in § 2270 BGB:
https://dejure.org/gesetze/BGB/2270.html
&tschüß
Wolfgang
Klingt plausibel, denn der andere ist ja schon tot. Und wenn er nicht neu heiratet gibt’s auch keinen Partner für ein neues Gemeinschaftstestament.
Aha, aha? Nun die erste Frage: Müssen beide Voraussetzungen erfüllt sein, damit ein gemeinschaftlich verfasstes Testament durch den Hinterbliebenen geändert werden darf? Und wie ist das mit den wechselseitigen Regelungen? Wenn in dem „alten“ Testament stand, dass ein Erbe aufgeteilt wird, haben doch zwei Verantwortliche so entschieden. Ändert der letzlich Hinterbliebene dann doch noch einmal dieses Dokument, war es doch nicht im beiderseitigen Interesse und ist somit nicht rechtens. Habe ich das richtig verstanden?
Und zum zweiten Punkt: Wo was genau hinterlegt worden ist, weiß ich nicht. Der Text war nur: „Hiermit widerrufe ich alle gemeinschaftlich und alleinig verfassten Testamente“. Und wenn dies in einem notariell verfassten Testament stand, gehe ich doch davon aus, dass auch alle vorherigen Testamente dort hinterlegt waren. Ob die auch schon in amtlicher Verwarung waren, weiß ich nicht. Könnte man von aisgehen.
Eine der Voraussetungen reicht. D.h. entweder im Testament eine klare und eindeutige Formulierung, dass der überlebende Ehegatte das Testament - ggf. nur eingeschränkt auf bestimmte Regelungen - ändern kann und/oder es liegt eine oder mehrere nicht wechselbezügliche Regelungen im Testament vor, die der überlebende dann auch abändern darf. Letzteres ist der deutlich schwierigere Fall, weil selten vor einer Regelung davor steht, dass sie wechselbezüglich oder nicht wechselbezüglich sein soll. Der von mir angesprochene Fall ist hier recht laienfreundlich nachzulesen: https://www.erbrecht-dav.de/zur-wechselbezueglichkeit-der-schlusserbeneinsetzung-eines-patenkindes/
D.h. man hat das Testament so ausgelegt, als ob angesichts eines nicht ausreichend engen Näheverhältnisses (das ich bei Patenkindern eines einzelnen Ehegatten, die man ausdrücklich in einem gemeinsamen Testament als Schlusserben bestimmt, nicht so ganz nachvollziehen kann) des Schlusserben zur Ehefrau, diese Schlusserbeinsetzung nicht wechselbezüglich gewesen wäre, mithin nur für den Fall gelten sollte, dass der Ehemann zuletzt verstirbt, während dann die Ehefrau weiterhin das Recht haben sollte, abweichend einen Schlusserben zu bestimmen. So, als ob die Ehefrau die einzige Schlusserbeinsetzung des Patenkindes gar nicht mit unterschrieben hätte und obwohl sie doch offenbar bewusst darauf verzichtet hatte, in das gemeinschaftliche Testament einen weiteren, ihr näher stehenden Erben, als Schlusserben mit aufzunehmen.
Das geht mE weit über den Sinn der nicht vorhandenen Sperrwirkung für nicht wechselbezügliche Regelungen hinaus, der eher so zu verstehen ist, dass einer der Ehegatten z.B. höchst persönliche Gegenstände einseitig in der eigenen Familie verteilt wissen will, und es sich dann später anders überlegt, weil inzwischen das Verhältnis zu einigen der Bedachten getrübt und zu anderen, bislang nicht eingesetzten Dritten besser geworden ist, …
Die Hinterlegung geschieht immer am zuständigen Amtsgericht des Wohnorts.