Hallo!
ich verstehe dieses Stück Text nicht. Kann jemand mir weiterhelfen? Was will er sagen?
Tukur, oder nennen wir ihn als Knaben
novellenartig Herr Ulrich; Herr Ulrich also
hat die Todesanzeigen aus der Zeitung seines
Vaters ausgeschnitten und an seine
Zimmerwand angebracht. „Es waren auch
Eiserne Kreuze darunter“, erinnert sich
der Schauspieler, und er habe all dies „grafisch
interessant und herrlich morbid“ gefunden.
Was hat dies aus Herrn Ulrich gemacht,
als er Herr Tukur wurde? Einen
Mann offenbar, der kein Smartphone besitzt,
weil er weiß, dass darin ein kleiner
Herr Tod hockt. Aber der ist kein Literat,
sondern ein blöder Troll, der uns die
schmale Zeit mitentbehrlichen Söder-Meghan-
M’Barek-Geschichten verkürzt.
Den ganzen Text findet man hier:
(SZ)Wenn manjung und zumindest statistischweit
genug vomLebensende entfernt
ist, unterhält man unter Umständen ein
vitales, beinahe herausforderndesVerhältnis
zum Tod. Diese Umstände sind in den
meisten Fällen: Eigensinn, Sympathie für
das Obskure und eine ordentliche Portion
Weltverachtung, die sich oft aus Lektüren
und deren allzu freier Interpretation
speist. Der große Schriftsteller Wolfgang
Koeppen, dessenWerkenurMenschenkennen,
die den Luxus haben, sich mehr als eine
Stunde lang aus Instagram zu schleichen;
dieser Koeppen hat einmal in einem
Interview erzählt, er habe als Kind an seiner
Tür ein Schild angebracht, auf dem
stand: „Herr Tod, Literat“. Man möchte
sich die kleinen Freunde des kleinenWolfgang
vorstellen, wie sie an der Tür klopfen
und bangen Sinns darauf warten, dass ihr
Spielkamerad „Herein“ ruft – ein Vorgang,
der hübsch spielerisch die Legende umdreht,
dass der Tod seinerseits Einlass in
dieWohnungenderMenschen fordert. Anders
gesagt:Wermitzehn oder elf schon Literat
ist und unter dem Autorennamen
Herr Tod Unsterbliches fabriziert, hat
schon ganz gute Anlagen dafür, den Rest
des Lebens mit einer gesunden Todesverachtung
zu gestalten.
Schwer zusagen,ob der SchauspielerUlrich
Tukur, der selbst ein großer Leser,
aber auch ein fleißiger Interviewgeber ist,
dasGespräch mitdemgroßenLiteratenKoeppenkennt.
Jedenfalls logierte Tukur Endeder
Sechzigerjahre alsHerrTodjr. in seinem
Kinderzimmer, welches allen Ernstes,
so Tukur in der FAZ, mit Todesanzeigen
aus ebenjener FAZ tapeziert war. Um
es einmal klar und schwarz eingefasst auf
den Punkt zu bringen: Während sich der
junge Markus Söder ein Porträt von Franz
Josef Strauß an die Wand klebte, Elyas
M’Barek ein Poster von David Hasselhoff
aufhängte,Meghandas Antlitz ihres späteren
Schwagers William über dem Bett fixierte,
kurz: Während durchschnittliche
Naturen ihrerVerehrung für andere durchschnittliche
Naturen mit Plakaten im Kinderzimmer
Ausdruck verliehen haben, hat
Ulrich Tukur seine Wände dem Tod geweiht,
der ja selbst insofern durchschnittlich
ist, als er den Lebensfaden der Durchschnittlichen
durchschneidet.
Tukur, oder nennen wir ihn als Knaben
novellenartig Herr Ulrich; Herr Ulrich also
hat die Todesanzeigen aus der Zeitung seines
Vaters ausgeschnitten und an seine
Zimmerwand angebracht. „Es waren auch
Eiserne Kreuze darunter“, erinnert sich
der Schauspieler, und er habe all dies „grafisch
interessant und herrlich morbid“ gefunden.
Was hat dies aus Herrn Ulrich gemacht,
als er Herr Tukur wurde? Einen
Mann offenbar, der kein Smartphone besitzt,
weil er weiß, dass darin ein kleiner
Herr Tod hockt. Aber der ist kein Literat,
sondern ein blöder Troll, der uns die
schmale Zeit mitentbehrlichen Söder-Meghan-
M’Barek-Geschichten verkürzt.