Theodizee und Erkenntnis

Hallo!

Mir ist der Gedanke fremd, aus dem Theodizee-Problem könne eine Erkenntnis über die Existenz Gottes abgeleitet werden. Wohl meine ich, dass man die Frage bestimmter Eigenschaften Gottes klären kann, insbesondere die der Allgütigkeit. Grenzenlose Gnade und Güte sind meiner Meinung nach weder mit der Situation hier auf Erden noch mit den eschatologischen Vorstellungen des Christentums vereinbar. Wenn etwa Gottes Gerechtigkeit eine Grenze für seine Allgütigkeit zieht, dann mag man das gut und richtig finden oder auch nicht, aber die Grenze ist eben eine Grenze, und etwas Unendliches hat keine Grenze. Nebenbei bemerkt halte ich das Theodizee-Problem auch für ein Scheinproblem, weil ich nicht der Meinung bin, dass Gott sich vor wem oder für was auch immer rechtfertigen muss.

Ein Buddhist schrieb mir aber kürzlich, Buddha habe die Existenz eines Schöpfergottes wegen der Unmöglichkeit einer Theodizee verneint. Auch der Philsoph Joachim Kahl sieht laut Wikipedia eine empirische Widerlegung des Gottesglaubens. Ich kann das nicht ganz nachvollziehen. Theoretisch könnte es doch sogar einen tyrannischen Schöpfer geben, oder etwa nicht? Wieso ist jemand, der etwas schafft, automatisch gut und gütig? Man mag einen Schöpfer vor dem Hintergrund des Theodizee-Problems u.U. für unwahrscheinlich halten (selbst das sage ich unter Vorbehalt); aber zu widerlegen ist er mit diesen Gedanken doch nicht. Oder übersehe ich hier etwas?

Vielen Dank!

Mevius

Hi.

Theoretisch könnte es doch
sogar einen tyrannischen Schöpfer geben, oder etwa nicht?

„Theoretisch“ wenn man den Begriff vergewaltigt schon.
Eine Theorie wie ich sie kenne hat aber Merkmale. Dazu gehört ihre prinzipielle Überprüfbarkeit.
Sonst nenne ich diese Art von „Theorie“ Blabla.

Wieso ist jemand, der etwas schafft, automatisch gut und
gütig?

Hängt davon ab was er schafft.
Wenn ich aber mir einen Schöpfer der so ne Kleinigkeit wie die Welt ist schaffen kann, dann muss ich im gleich etwas mehr Durchblick zubilligen als für alle Gläubigern der Welt zusammen.
Und so viel wir wissen Moral ist der Spiegel des Kenntnisstandes der Person.

Gruß

Balázs

Hallo Mevius,

Nebenbei bemerkt halte ich das Theodizee-Problem auch
für ein Scheinproblem, weil ich nicht der Meinung bin, dass
Gott sich vor wem oder für was auch immer rechtfertigen muss.

sehr richtig.
Ein "Gottgläubiger"kann dieses Problem nur haben(die anderen bringen
das „Problem“ nur um sich wichtig zu tun) wenn er seine Vorstellung
von einem Gott (und seiner Schöpfung) aus einer „frommen“ religiösen
Vorgabe bezieht, welche Gott mit unseren Befindlichkeiten zudeckt
und ihm unsere Eigenheiten adaptiert.
Da kommt eigentlich heraus, Gott kann gar nicht so sein wie wir,
oder wie wie wir ihn gern hätten.
Das ist das ganze Theodizze-Problem.
Wenn man einen Gott aber als ein „Souverän“ (über allen(m) stehend)
sieht, so muß man erst mal hinnehmen,daß wir in dieses Sein gestellt
(mit unserem Bewußtsein erwacht) sind wie es ist.
Dieses SEIN ist ein Werden und wir in diesem SEIN ebenfalls.
Darin Haben wir (die Gesamtheit der Menschen) einen selbst zu
verantwortenden Gestaltungsraum erhalten.
Der andere Bereich ist die evolutionäre Gestaltung des SEINs
im Rahmen der Vorgaben, welche wir nur bedingt beeinflussen können.
Gruß VIKTOR

Hallo,

Mir ist der Gedanke fremd, aus dem Theodizee-Problem könne
eine Erkenntnis über die Existenz Gottes abgeleitet werden.
Wohl meine ich, dass man die Frage bestimmter Eigenschaften
Gottes klären kann, insbesondere die der Allgütigkeit.

Du willst Eigenschaften eines Gottes kären?
dies geht mit dem von den Menschen gemachtem Gott aber mit einer waren Göttlichkeit wohl kaum.

Auf welcher Stufe stünden wir,verglichen mit einer Allwissenden und Allmächtigen Göttlichkeit ?

Wie würde ein Regenwurm wohl unser Verhalten bewerten und die daraus folgenden Absichten schlussfolgern.

Grüße
Markus

Hallo,

Du bist - die Welt ist - die Geschichten und Erklärungen über die Welt sind.
Wieso das alles so ist - liefert doch nur wieder eine erneute Geschichte.
Das es überhaupt ist - kann man aber Gott nennen.

Was willst Du unbedingt 2 Geschichten zusammenbringen die nicht zusammen passen?

Geht es Dir eigentlich darum „Gott“ zu finden, zu „beweisen“ - an ihn glauben zu können?

Oder geht es Dir „nur“ darum die „Wissenschafts-Geschichte“ mit der „Christen-Geschichte“ irgendwie widerspruchsfrei nebeneinander bestehen zu lassen?

Grüße
K.

Du willst Eigenschaften eines Gottes kären?
dies geht mit dem von den Menschen gemachtem Gott aber mit
einer waren Göttlichkeit wohl kaum.

Dafür fehlt nur leider deine Begründung. Ich habe ja bereits dargelegt, welche Eigenschaft ich für nicht denkbar oder jedenfalls im Fall der christlichen Vorstellung von den letzten Dingen für nicht denkbar halte, und ich habe das auch begründet. Für mich entstehen dadurch keinerlei Probleme, sondern ich löse das Theodizee-Problem vielmehr auf oder entlarve es als Scheinproblem.

Was willst Du unbedingt 2 Geschichten zusammenbringen die
nicht zusammen passen?

Wer sagt, dass ich das will?

Geht es Dir eigentlich darum „Gott“ zu finden, zu „beweisen“ -
an ihn glauben zu können?

Oder geht es Dir „nur“ darum die „Wissenschafts-Geschichte“
mit der „Christen-Geschichte“ irgendwie widerspruchsfrei
nebeneinander bestehen zu lassen?

Primär geht es mir erst einmal darum, das alles überhaupt zu verstehen. Ich bin anders als Luther keineswegs der Meinung, dass sich die Bibel durch bloße Lektüre verstehen lässt. (Sollte Luther das so auch nicht gesagt bzw. gemeint haben, ziehe ich den Satz insoweit zurück.)

Hallo,

Was willst Du unbedingt 2 Geschichten zusammenbringen die
nicht zusammen passen?

Wer sagt, dass ich das will?

Ich dachte das aus Deinen Fragen heraus zu lesen (wiss. „Wahrheit“ vs bibl. „Wahrheit“).

Geht es Dir eigentlich darum „Gott“ zu finden, zu „beweisen“ -
an ihn glauben zu können?

Oder geht es Dir „nur“ darum die „Wissenschafts-Geschichte“
mit der „Christen-Geschichte“ irgendwie widerspruchsfrei
nebeneinander bestehen zu lassen?

Primär geht es mir erst einmal darum, das alles überhaupt zu
verstehen. Ich bin anders als Luther keineswegs der Meinung,
dass sich die Bibel durch bloße Lektüre verstehen lässt.

Das Problem ist, wenn es sich nicht aus sich selbst verstehen läßt, hast Du immer viele verschiedene Meinungen und Interpretationen die sich teilweise sogar widersprechen. Wer hat dann Recht?
Zerpflücken kann man jede Interpretation - frei nach dem Motto „alles was sie sagen, kann gegen sie verwendet werden“ :o).

Grüße
K.

Hallo Mevius,

das Thema Theodizee ist ein Dauerbrenner.

Wenn man sich den Wikipedia-Artikel anschaut, sieht man viele Argumente und Theorien, vor allem sieht man eine rein philosophische Vorgehensweise. Man betrachtet einen abstrakten Gott mit rein logischen Methoden.

Eine Lösung, die üblicherweise nie erwähnt wird, findet sich in der Bibel selber (vergleiche 2. Petrus Kapitel 3).
Gott lässt der Menschheit eine Frist unabhängig von ihm ihre Geschicke zu lenken. Der Mensch herrscht über den Menschen, sei es zu seinem Nutzen oder zu seinem Schaden. Er ist den Naturgewalten ausgeliefert, sei es wegen dem fehlenden göttlichen Schutz oder durch unvernünftige Leitung.
Dieses Frist läuft irgendwann ab und dann stellt Gott seine Reich auch auf der Erde wieder her (Daniel 2:44). Genau darum beten Christen im Vater unser.

Gruß
Carlos

Hallo,

du hast insofern recht, dass ein Gott ja nicht an unsere Kriterien gebunden ist und sich darum unserem Urteil nicht stellen muss.
Das Problem entsteht dort wo Gott sich selbst definiert hat.

Da könnte er natürlich auch gelogen haben, aber wenn man den Glauben an den „Lieben Gott“ nicht als Irrtum ablegen will, entsteht eine Spannung zwischen der erkennbaren nicht durch und durch guten Wirklichkeit und der Annahme eines vollkommen guten und allmächtigen Gottes.

Ganz stumpf gesagt, wenn er wirklich allmächtig ist, dann hätte es ihm möglich sein müssen die Schöpfung perflet zu gestalten, d. h. so, dass der Mensch frei sein kann ohne die Möglichkeit oder mindestens die Schwäche zu sündigen.
Da dies anscheinend nicht so ist, muss er entweder das Böse auch gewollt haben (dann ist der nicht nur Gut) oder er musste es um der Freiheit des Menschen willen so einrichten (dann ist er nicht wirklich allmächtig).

Auch mit der Gerechtigkeit, die er verspricht, ist es schwierig, wenn diese so oft nur im verborgenen Jenseist hergestellt werden soll, oder man annehmen müsste dass seine Gerechtigkeit uns all zu oft als schreiende Ungerechtigkeit erscheint.

Die argumentative Notbremse ist hier natürlich immer die Beschränktheit menschlicher Erkenntnis, die uns die dritte - wahre Möglichkeit nicht zugänglich sein lässt.

Gruß
Werner