Theorien brauchen Sprache

Alle Theorien blieben "unheilbar sprachlich, dem Wort verhaftet”.

Ich denek, dass hat George Steiner gesagt.

Hat er recht gehabt?

Mike

Moin,

Hat er recht gehabt?

wenn Dich diese Thematik interessiert, beschäftige Dich mal mit dem Wiener Kreis, speziell Carnap und Schlick.
Frege und Wittgenstein könnten Dich auch interessieren

Gandalf

Hoi,

kann man das so übersetzen: „Alle Theorien sind auf Wörtern aufgebaut“?
Oder verstehe ich gerade was falsch?

mfg,

Hanzo

Hallo,

Alle Theorien blieben "unheilbar sprachlich, dem Wort
verhaftet”.

Ich denek, dass hat George Steiner gesagt.

Hat er recht gehabt?

Streng genommen, kann man dem widersprechen.
Es sind z.B. rein mathematische Theorien möglich.

Steht das „Wort“ aber für Kommunikation im Allgemeinen wird es trivial.
Die Theorie ist ja eine Abstraktion realer Sachverhalte.
Und was ist so eine Abstraktion anderes als Kommunikation über eben diese realen Sachverhalte?

Grüße
K.

Metasprache vs. Objektsprache
Hi Klaus.

Alle Theorien blieben "unheilbar sprachlich, dem Wort
verhaftet”.

Streng genommen, kann man dem widersprechen.

Ich denke eher, dass das Zitat eine unbestreitbare Binsenweisheit darstellt, denn Erkenntnis lässt sich nun einmal nur sprachlich vermitteln. Was Steiner meint, ist allerdings, dass Sprache die Wirklichkeit nicht repräsentiert und auch nicht repräsentieren kann. Das ist zweifellos richtig, aber nichts Neues. Spätestens seit Kant wissen wir, dass der Verstand (und sein Werkzeug, die Sprache) eine ´Realität´ konstruiert, die mit dem wahren Sein (dem An-sich) nicht zusammenfällt.

Es sind z.B. rein mathematische Theorien möglich.

Aber doch keine nicht-sprachlichen. Man unterscheidet zunächst einmal Objektsprache und Metasprache. Die Objektsprache ist die Fachsprache der jeweiligen Wissenschaft, die Metasprache regelt die Definition der objektsprachlichen Begriffe. Im Falle der Mathematik kommen noch Zahlen als Zeichen dazu. Die aber können unmöglich alleine zur verständlichen Darstellung einer Theorie dienen. Beispiel „natürliche Zahl“: dieser Ausdruck gehört zur mathematischen Objektsprache. Entsprechende Zahlen (Objekte) sind 1, 2, 3 usw. Die Alltagssprache aber regelt als Metasprache die Definition der objektsprachlichen Begriffe. Z.B. „Die natürlichen Zahlen sind die beim Zählen verwendeten Zahlen 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10 usw.“ (aus Wiki-Natürliche Zahlen).

Ohne Sprache geht also gar nichts.

Chan

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Hi.

Streng genommen, kann man dem widersprechen.
Es sind z.B. rein mathematische Theorien möglich.

Mathematik ist ein formales System und somit basiert auf dem Triplett dessen Element die Sprache ist. Die Zugregel und Axiome zu legen sind ohne Sprache einfach unmöglich.
Nichts geht ohne irgendeiner Sprache, gar nichts.
Ob man sie versteht ist was anderes.

Grüße
K.

Balázs

1 Like

Hallo!

Alle Theorien blieben "unheilbar sprachlich, dem Wort
verhaftet”.

Ich denek, dass hat George Steiner gesagt.

Hat er recht gehabt?

Was ist denn eine Theorie, wenn nicht die Versprachlichung eines Teils der Wirklichkeit?

Michael

Hi Michael.

Was ist denn eine Theorie, wenn nicht die Versprachlichung
eines Teils der Wirklichkeit?

Eine Theorie ist ein System aus Axiomen und wissenschaftlichen Aussagen, die miteinander widerspruchsfrei zusammenhängen und den Zweck haben, bestimmte Aspekte der Wirklichkeit zu erklären sowie Prognosen über beobachtbare Ereignisse zu ermöglichen.

Chan

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Moin,

möchtest Du mit Deinen Worten Michael bestätigen, ergänzen oder widerlegen?
So ganz klar ist mir das nicht.

Gandalf

Hallo!

Die Frage, die ich stellte, war eigentlich eine rhetorische. Von daher hätte sie gar keiner Antwort bedurft. Ich weiß schon, was eine Theorie ist und Deine Defintion deckt sich zu 100% mit meiner Meinung. Ich hätte es nicht besser sagen können.

Was ist denn eine Theorie, wenn nicht die Versprachlichung
eines Teils der Wirklichkeit?

Eine Theorie ist ein System aus Axiomen und wissenschaftlichen
Aussagen, die miteinander widerspruchsfrei zusammenhängen und
den Zweck haben, bestimmte Aspekte der Wirklichkeit zu
erklären sowie Prognosen über beobachtbare Ereignisse zu
ermöglichen.

Worauf ich hinaus wollte: Aussagen (egal ob axiomatische oder empirische) müssen sprachlich formuliert sein. Und „erklären“ bedeutet ja immer „einen komplexen Zusammenhang in verständliche Worte fassen“. Damit sind zwei Teile Deiner Definition eindeutig sprachlicher Natur und das wollte ich mit meinem Posting sagen. Freilich gehört noch mehr zu einer Theorie (Widerspruchsfreiheit, Falsifizierbarkeit, …), aber im Kern ist sie der Versuch, einen Teil der Wirklichkeit in Worten zu fassen.

Daher ist es trivial, dass eine Theorie „unheilbar sprachlich, dem Wort verhaftet“ ist.

Um mal ein Beispiel zu geben: Die Evolutionstheorie versucht die Vielfalt der Arten zu erklären. Das zentrale Werk Darwins heißt „On The Origin of Species …“ Was aber sind „Arten“ („Species“)? Wenn wir ganz ehrlich sind, dann sind das vom Menschen gemachte, künstliche Einteilungen, die so in der Natur nicht vorkommen. Wir nennen die eine Katze „Löwe“ und die andere nennen wir „Tiger“ und deswegen sprechen wir von zwei verschiedenen Arten, aber die Natur kennt diesen Unterschied nicht! (Die Biologen werden sogar noch mehr als zwei Arten unterscheiden und sie werden sich außerdem darüber streiten, wieviele Arten es tatsächlich sind.) Aber der Artbegriff ist und bleibt künstlich. Er ist der klägliche Versuch so etwas kompliziertes wie einen Stammbaum in für den Menschen verständliche Worte zu fassen. Das führt dann auch zu endlosen Missverständnissen: Indem Menschen glauben, es gäbe tatsächlich „Tierarten“, kommen sie zu der haarsträubenden Idee, es gäbe ein den Tieren angeborener Trieb zur „Arterhaltung“ - was völliger Nonsense ist.

Leider gibt es zu dieser künstlichen Kategorisierung keine Alternative. Man würde sich seiner eigenen Begriffe berauben und könnte den Unterschied zwischen einen Löwen und einem Tiger gar nicht mehr benennen.

Deswegen bleibt die Theorie immer in der Sprache gefangen. Was sich nicht sagen lässt, kann auch kein Teil einer Theorie werden.

Michael

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An-sich vs. Für-uns
Hi Michael.

Was aber sind „Arten“(„Species“)? Wenn wir ganz ehrlich sind, dann sind das vom Menschen gemachte, künstliche Einteilungen, die so in der Natur nicht vorkommen.

Ok, die Definiton von „biologischer Art“ scheint ein allgemeines Problem in der Biologie zu sein, aber solange aus den gängigen Artbestimmungen keine eklatanten Ungereimtheiten oder Widersprüche resultieren, kann man damit sicher leben. Letztlich gibt es doch in (zumindest fast) allen Wissenschaften Probleme hinsichtlich theoretischer Begriffsbildungen. Nimm „Schwerkraft“. Keiner weiß, was das ist. Man kennt nur ihren Effekt. Oder das „Unbewusste“ in der Psychoanalyse. Manche Leute behaupten, das sei ein Hirngespinst.

Wir nennen die eine Katze „Löwe“ und die andere nennen wir „Tiger“ und deswegen sprechen wir von zwei verschiedenen Arten, aber die Natur kennt diesen Unterschied nicht!

Natürlich kennt „die Natur“ nicht diesen Unterschied, denn „sie“ ist ein gedankliches Konstrukt. Hier spielst du nur ein Konstrukt gegen andere Konstrukte („Arten“) aus. Das ist nicht sehr konsequent. Monistische Philosophie z.B., der der Wirklichkeit nur eine einzige Substanz zugrunde legt, geht davon aus, dass alle kategorialen Trennungen nur Projektionen des menschlichen Geistes sind. Du solltest deinen Naturbegriff genauer definieren, wenn er ein Gegenargument gegen die Gültigkeit der biologischen Artbegriffe sein soll.

Das führt dann auch zu
endlosen Missverständnissen: Indem Menschen glauben, es gäbe
tatsächlich „Tierarten“, kommen sie zu der haarsträubenden
Idee, es gäbe ein den Tieren angeborener Trieb zur
„Arterhaltung“ - was völliger Nonsense ist.

Dieses Konzept gilt seit einigen Jahrzehnten ohnehin als widerlegt.

Leider gibt es zu dieser künstlichen Kategorisierung keine
Alternative. Man würde sich seiner eigenen Begriffe berauben
und könnte den Unterschied zwischen einen Löwen und einem
Tiger gar nicht mehr benennen.

Eben. Solange es gut funktioniert, kann man damit leben. Das ist Pragmatismus. Begriffe und Theorien spiegeln nicht die Wirklichkeit, sondern verhelfen dem Menschen dazu, in ihr zu funktionieren. Das entspricht dem Kantischen Unterschied zwischen dem unerkennbaren An-sich (wie die Welt wirklich ist) und der Art und Weise, wie der Mensch sie perzipiert (durch die Brille der Anschauungsformen, Kategorien usw.).

Deswegen bleibt die Theorie immer in der Sprache gefangen. Was
sich nicht sagen lässt, kann auch kein Teil einer Theorie
werden.

„Theorie“ ist per definition etwas Sprachliches, insofern sie ein Denkprodukt ist. Von daher kann sie in der Sprache doch nicht „gefangen“ sein - gefangen sein kann nur etwas, das auch nicht-gefangen sein kann.

Chan

möchtest Du mit Deinen Worten Michael bestätigen, ergänzen
oder widerlegen?

Alle drei Vermutungen treffen zu:smile:

Chan

Hallo!

Ok, die Definiton von „biologischer Art“ scheint ein
allgemeines Problem in der Biologie zu sein, aber solange aus
den gängigen Artbestimmungen keine eklatanten Ungereimtheiten
oder Widersprüche resultieren, kann man damit sicher leben.

Klar.

Letztlich gibt es doch in (zumindest fast) allen
Wissenschaften Probleme hinsichtlich theoretischer
Begriffsbildungen. Nimm „Schwerkraft“. Keiner weiß, was das
ist. Man kennt nur ihren Effekt.

Die Schwerkraft ist ihr Effekt. Man weiß sehr genau, was Schwerkraft ist. Man kann aber die Frage nach dem „Warum?“ nicht beantworten.

Ich habe das Beispiel der biologischen Arten bewusst gewählt, weil hier besonders deutlich wird, dass der Natur ein künstlicher Begriff übergestülpt wird und Kategorien geschaffen werden, die es in der Natur so nicht gibt.

Wir nennen die eine Katze „Löwe“ und die andere nennen wir „Tiger“ und deswegen sprechen wir von zwei verschiedenen Arten, aber die Natur kennt diesen Unterschied nicht!

Natürlich kennt „die Natur“ nicht diesen Unterschied, denn
„sie“ ist ein gedankliches Konstrukt. Hier spielst du nur ein
Konstrukt gegen andere Konstrukte („Arten“) aus.

Gegen welches andere Konstrukt spiele ich denn die Arten aus? Gegen den Stammbaum? Ich hatte den Begriff ungünstig gewählt, denn Du hast recht: Auch der Stammbaum oder das Kladogramm ist ein gedankliches Konstrukt. Ich meinte vielmehr die Gesamtheit aller genetischen Beziehungen im Tierreich. Das wäre das korrekte nicht-konstruierte Gegenstück zum Artbegriff. Allerdings lässt sich dieses Netzwerk nicht mehr sprachlich darstellen, es sei denn man benennt tatsächlich alle genetischen Beziehungen. Aber das ist dann keine Theorie mehr, weil sie keinen Erkenntnisgewinn mehr liefert, sondern es ist nur noch die stupide Auflistung von Einzel-„Messungen“.

Das ist nicht
sehr konsequent. Monistische Philosophie z.B., der der
Wirklichkeit nur eine einzige Substanz zugrunde legt, geht
davon aus, dass alle kategorialen Trennungen nur Projektionen
des menschlichen Geistes sind. Du solltest deinen Naturbegriff
genauer definieren, wenn er ein Gegenargument gegen die
Gültigkeit der biologischen Artbegriffe sein soll.

Ich halte den Artbegriff nicht für ungültig. Ich halte ihn für ein sprachliches Konstrukt im Gegensatz zu (wie gesagt) der Gesamtheit aller genetischen Beziehungen. Das sprachliche Konstrukt hat den Vorteil, dass es mit minimalem sprachlichen Aufwand einen Teilbereich der Wirklichkeit mit hinreichender Genauigkeit abbildet - und genau das ist sein Sinn und Zweck. Er kann aber nicht die Komplexität der Wirklichkeit wiedergeben. Das versuchte ich an dem Beispiel zu erläutern. Ansonsten sind wir gar nicht so weit auseinander (glaube ich).

Eben. Solange es gut funktioniert, kann man damit leben. Das
ist Pragmatismus. Begriffe und Theorien spiegeln nicht die
Wirklichkeit, sondern verhelfen dem Menschen dazu, in ihr zu
funktionieren . Das entspricht dem Kantischen Unterschied
zwischen dem unerkennbaren An-sich (wie die Welt wirklich ist)
und der Art und Weise, wie der Mensch sie perzipiert (durch
die Brille der Anschauungsformen, Kategorien usw.).

Dann sind wir uns ja einig.

Deswegen bleibt die Theorie immer in der Sprache gefangen. Was
sich nicht sagen lässt, kann auch kein Teil einer Theorie
werden.

„Theorie“ ist per definition etwas Sprachliches, insofern sie
ein Denkprodukt ist. Von daher kann sie in der Sprache doch
nicht „gefangen“ sein - gefangen sein kann nur etwas, das auch
nicht-gefangen sein kann.

Das ist nun Haarspalterei, meinst Du nicht? Genau das wollte ich ja sagen, als ich schrieb, dass es trivial sei, dass eine Theorie immer „unheilbar sprachlich, dem Wort verhaftet“ sei. Letztere Formulierung stammt nicht von mir, sondern aus dem Ursprungsposting.

Michael

Einstein, Maturana, Bohr
Hi Michael.

Keiner weiß, was das ist. Man kennt nur ihren Effekt.

Die Schwerkraft ist ihr Effekt. Man weiß sehr genau, was Schwerkraft ist. Man kann aber die Frage nach dem „Warum?“ nicht beantworten.

Nur das Was kann hier das Warum erklären. Einstein z.B. sagte: S. ist eine Eigenschaft der gekrümmten Raumzeit. Dieses hypothetische Was erklärt auch das Warum. Allerdings ist das eben nur eine Hypothese, die noch nicht beweisbar ist.

Ich habe das Beispiel der biologischen Arten bewusst gewählt, weil hier besonders deutlich wird, dass der Natur ein künstlicher Begriff übergestülpt wird und Kategorien geschaffen werden, die es in der Natur so nicht gibt.

Und ich will generell darauf hinweisen, dass ´Künstlichkeit´für a l l e Begriffe gilt – auch für den Begriff „Natur".

Natürlich kennt „die Natur“ nicht diesen Unterschied, denn „sie“ ist ein gedankliches Konstrukt. Hier spielst du nur ein Konstrukt gegen andere Konstrukte („Arten“) aus.

Gegen welches andere Konstrukt spiele ich denn die Arten aus? Gegen den Stammbaum?

Missverständnis :smile: Ich meinte, dass du das Konstrukt „Natur“ gegen das Konstrukt „Tierart“ ausspielst. Das geht aus meiner Formulierung auch klar hervor. Solange du nicht nachweist, dass „Natur“ k e i n Konstrukt ist, greift dein Argument nicht, dass die „Natur“ den Unterschied zwischen Arten nicht „kennt“. Ich gebe mal eine Analogie der Struktur deines Arguments:

Sagt jemand: „Ein Gespenst hat mir erzählt, dass es keine Gespenster gibt.“

Ich hatte den Begriff ungünstig gewählt, denn Du hast recht:

Da meinst du sicher den Naturbegriff.

Auch der Stammbaum oder das Kladogramm ist ein gedankliches Konstrukt. Ich meinte vielmehr die Gesamtheit aller genetischen Beziehungen im Tierreich. Das wäre das korrekte nicht-konstruierte Gegenstück zum Artbegriff.

Dein Ansatz dekonstruiert das Art-Konzept zugunsten eines genetischen Beziehungskonzepts, das fachbiologisch vermutlich sinnvoller ist. Nichtsdestotrotz macht es wenig Sinn, jemandem in einem Dschungel irgendwelche genetischen Formeln zuzurufen, wenn man ihn vor einem Tiger warnen möchte :smile: Pragmatisch gesehen ist der Tiger-Begriff nun einmal unverzichtbar. Das ist doch ähnlich wie beim Materiebegriff: Wissenschaftlich gesehen gibt es keine Materie, sondern nur verschiedene Zustände von Energie. Dennoch macht es im Alltag Sinn, den Materiebegriff zu verwenden, da seine Eliminierung zu Konfusion führen würde.

Du solltest deinen Naturbegriff genauer definieren, wenn er ein Gegenargument gegen die Gültigkeit der biologischen Artbegriffe sein soll.

Ich halte den Artbegriff nicht für ungültig. Ich halte ihn für ein sprachliches Konstrukt im Gegensatz zu (wie gesagt) der Gesamtheit aller genetischen Beziehungen. Das sprachliche Konstrukt hat den Vorteil, dass es mit minimalem sprachlichen Aufwand einen Teilbereich der Wirklichkeit mit hinreichender Genauigkeit abbildet - und genau das ist sein Sinn und Zweck.

Aber genau diese „Abbildungsfunktion“ ist es, die ich abstreite. Da gibt es auch keine graduellen Annäherungen. Das einzige, was Konstrukte leisten können, ist (im Bereich der NaWi) ein Beitrag zur technischen Nutzung der Außenwelt.

Er kann aber nicht die Komplexität der Wirklichkeit wiedergeben.

„Die Komplexität der intersubjektiven Wahrnehmung der Wirklichkeit“ – so würde ich es, kantianisch angehaucht, formulieren. Die Wirklichkeit selber – das An-sich im Sinne Kants – ist nicht beschreibbar, auch nicht mit dem Begriff „Komplexität“, der ein typisches Gedankenkonstrukt ist, auch wenn er pragmatisch wunderbar funktioniert. Es gibt mehrere Ansätze, das Verhältnis von erkennendem Subjekt und erkannten Objekt zu deuten. Maturana/Varela, die Begründer des Konstruktivismus, sagen sinngemäß: Wir erkennen die Welt nicht so, wie sie ist, sondern wie sie uns aufgrund unseres Kognitionsapparates erscheint. Welterkenntnis steht in einer zirkulären Relation zum erkennenden Menschen. Der Grundgedanke dieser Dialektik stammt natürlich von Hegel. Der Sinn der Erkenntniskonstrukte ist der Erfolg menschlichen Handelns innerhalb der Welt. Das ist der pragmatische Aspekt. Ironischerweise können auch erwiesenermaßen falsche Modelle einen großen pragmatischen Nutzen haben. Beispiel Nils Bohr. Sein Atommodell wurde widerlegt, die Erfindungen aber, die aus dem Glauben an dieses Modell erwuchsen, war zivilisatorisch bedeutend und funktionieren immer noch zum Nutzen der Menschen.

„Theorie“ ist per definition etwas Sprachliches, insofern sie ein Denkprodukt ist. Von daher kann sie in der Sprache doch nicht „gefangen“ sein - gefangen sein kann nur etwas, das auch nicht-gefangen sein kann.

Das ist nun Haarspalterei, meinst Du nicht? Genau das wollte ich ja sagen, als ich schrieb, dass es trivial sei, dass eine Theorie immer „unheilbar sprachlich, dem Wort verhaftet“ sei.

Sorry für die Haarspalterei. In der Philosophie geht es aber (auch) um das Bemühen, Begriffe so klar wie möglich zu verwenden. Gefangenheit macht nun einmal begrifflich nur Sinn, was auch das Gegenteil möglich ist. Nur darauf wollte ich hinweisen.

Chan

Nun gut. Nicht umsonst heisst die „analytische Philosophie“ heute ueberall „Sprach“ - Philosophie…

P.S.

Hans Blumenberg schickte sich nämlich an, eine Kategorie zu beschreiben, die seiner Ansicht nach bisher in der philosophischen Begriffsgeschichte nicht ausreichend wahrgenommen worden war. Denn nicht nur die klaren Definitionen seien es, die menschliches Denken und Verhalten bestimmten, sondern vor allem die Metaphern.

Laut der Brockhaus Enzyklopädie geht unser Fremdwort Metapher auf das griechische Wort metaphérein, anderswo hintragen, zurück.

Das gemeinte Wort wird ersetzt durch ein anderes, in seinem Bild- und Bedeutungsgehalt Ähnliches: „Quelle“ für Ursache, „kaltes Herz“ für Gefühlsarmut, „fauler Zauber“ für Betrug. Neben einer Fülle von über einen langen Zeitraum entstandenen Metaphern, die wir in unserem Alltag verwenden, existieren auch jene, die künstlich gebildet werden.

Vor allem deshalb, weil die vorhandene Sprache nicht ausreicht zur Beschreibung neuer Phänomene: Atomkern, Mobiltelefon oder Glühbirne.

Diese in der Sprachwissenschaft so benannten notwendigen Metaphern sind es, die Hans Blumenberg besonders interessieren. Er nennt sie allerdings absolute Metaphern. Sie bilden die Grundbestände der philosophischen Sprache, kreieren eine Terminologie jenseits nachprüfbarer Definitionsgewalt, die aber gleichwohl das Denken wirkmächtig strukturiert.

"Ihre Wahrheit ist pragmatisch. Sie geben einer Welt Struktur, repräsentieren das nie erfahrbare, nie übersehbare Ganze der Realität.

mehr:

http://www.dradio.de/dlf/sendungen/essayunddiskurs/1…

und:

1995 hatte Searle ein Bild entworfen, wonach Sprache demselben Muster folgt wie andere Institutionen auch.

http://www.nzz.ch/aktuell/feuilleton/literatur/warum…

Unser denken wird durch die Sprache beherrscht - aber jeder weiss, dass Sprache nur einen kleinen Teil der gesamten Wirklichkeit/Realitaet abdeckt…


Wie beim fotografieren ist das Beobachten/beleuchten des seins abhaengig von der Belichtungsdauer, von der Perspektive…

Jeder sieht deswegen die Wirklichkeit und das Sein anders!

Bei vielen ist diese „Sicht“ unterbelichtet :smile:

Gibt es einen Unterschied zw. (gerade in Bezug auf Kapitalmarkt und dessen Analyse)

Realität und Wirklichkeit ?

„Realität“ kommt von „res“ (= „Sache“, „Ding“) und betont die „Dinghaftigkeit“,

also den Substanzcharakter (Ding/Eigenschaft) der Wirklichkeit.

„Wirklichkeit“ kommt von „wirken“ und betont die „Prozesshaftigkeit“, also den Kausalcharakter (Ursache/Wirkung) der Realität.

Beide Begriffe bezeichnen also jeweils einen anderen Aspekt am Seienden, wobei die Begriffe schon höhere Reflexionsstufen bezeichnen:

res = Sache; realitas = Sachlichkeit
wirken; Wirkung; Wirklichkeit

… mehr auf http://w-w-w.ms/axwvf

Unser denken wird durch die Sprache beherrscht - aber jeder
weiss, dass Sprache nur einen kleinen Teil der gesamten
Wirklichkeit/Realitaet abdeckt…

Wenn sich jemand verliebt, dann baut er Theorien…

was alles getan werden soll um den Begehrte/n zu bekommen und dann ma

was alles getan werden soll um den Begehrte/n zu bekommen und
dann ma

Idee, es gäbe ein den Tieren angeborener Trieb zur
„Arterhaltung“ - was völliger Nonsense ist.

Du hast zwar unbestreitbar recht, aber diese Formulierung ist leider auch völliger Nonsense. Korrekt lautet das, was du sagen willst:

(…) „es g e be ein en den Tieren angeborene n Trieb zur ‚Arterhaltung‘“ (…)