Thomas Manns 'Der Zauberberg' - Bleistiftszene

Hallo,

besitzt jemand von Euch zufällig eine Ausgabe vom „Zauberberg“ und kann mir in etwa sagen, in welchem Kapitel (oder evtl. auf welchen Seiten der Fischer-Taschenbuchausgabe) die Szene vorkommt, in der sich Hans Castorp von Clawdia Chauchat einen Bleistift leiht (bzw. wieder zurückgibt) und welche Bedeutung diese Szene für den Roman hat?

Viele Grüße
wega

Hallo Wega,

schauen Sie mal gegen Ende des 1. Bandes, S. 351ff. Von Seiten Hans Castorps ist dieses Gespräch natürlich ein Mittel, sich der geliebten Frau Chauchat (Sinnbild der weiblichen Anziehungskraft) zu nähern, also eine ‚Werbung um sie‘. Sie trägt ihren Namen ja auch nicht zufällig: französisch heißt 'chaud chat (chat chaud) ‚heiße Katze‘).
Für sie findet diese Begegnung nur im Rahmen der Karnevalsfreiheit statt, sie ist gar nicht daran interessiert (anders als Castorp), ein dauerhaftes Verhältnis zu gewinnen.

Warum HC gerade um einen Bleistift bittet? Hier ergbit sich natürliche eine Parallele zu einer früheren Szene, dem kurzen Jugenderlebnis mit Pribislav Hippe (130). Mann hat also wohl homo-erotische Anziehungskraft (Bleistift ist ja ein Fallussymbol) auf eine Heterosituation übertragen.

Hoffe, dies hilft Ihnen ein wenig weiter.

Gruß
EdS

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]

Hallo Erik,

vielen Dank schonmal für die Antwort.

schauen Sie mal gegen Ende des 1. Bandes, S. 351ff.

Da ist es in meiner Ausgabe leider nicht zu finden. Können Sie das Kapitel nennen?

Warum HC gerade um einen Bleistift bittet? Hier ergbit sich
natürliche eine Parallele zu einer früheren Szene, dem kurzen
Jugenderlebnis mit Pribislav Hippe (130). Mann hat also wohl
homo-erotische Anziehungskraft (Bleistift ist ja ein
Fallussymbol) auf eine Heterosituation übertragen.

Aber wieso ist denn eine weibliche Figur Eigentümerin dieses Symbols und nicht Hans Castorp selbst?

Gruß
wega

Hallo Wega,

schauen Sie mal gegen Ende des 1. Bandes, S. 351ff.

Da ist es in meiner Ausgabe leider nicht zu finden. Können Sie
das Kapitel nennen?

Fünftes Kapitel / Walpurgisnacht

Warum HC gerade um einen Bleistift bittet? Hier ergbit sich
natürliche eine Parallele zu einer früheren Szene, dem kurzen
Jugenderlebnis mit Pribislav Hippe (130). Mann hat also wohl
homo-erotische Anziehungskraft (Bleistift ist ja ein
Fallussymbol) auf eine Heterosituation übertragen.

Aber wieso ist denn eine weibliche Figur Eigentümerin dieses
Symbols und nicht Hans Castorp selbst?

Er ist ja noch jung und unerfahren, und in ihm wirkt, wie gesagt, eine frühere homo-erotische Verliebtheit in einen Jungen (Pr.H.) weiter. Außerdem ist es wohl ein Trick. Wenn H.C. ihren Bleistift (übrigens ein ganz kleines Crayon, „dünn und zerbrechlich, ein Galanteriesächelchen, zu ernsthafter Tätigkeit (!) kaum zu gebrauchen“) leihen darf, kann er ihn ihr auch zurückgeben (und dann könnte H.C. Träger des Symbols werden, was schon angedeutet wird gegen Ende der Szene: „er blieb wie er war, den Kopf im Nacken, die Hände mit dem Silberstiftchen von sich gestreckt (!), auf seinen Knien bebend und schwankend.“) Ihr letzter Satz: „N’oubliez pas de me rendre mon crayon.“ kann er seinerseits dann wirklich als Einladung auffassen.

Im nächsten Kapitel wird übrigens suggeriert, dass es zu einem weiteren Kontakt gekommen ist = 6. Kap., Veränderungen: „Sechs Wochen verflossen … seit dem Abend, da HC die Bekanntschaft CC’s gemacht hatte und dann so viel später auf sein Zimmer zurückgekehrt war als der dienstfromme Joachim auf das seine (…) daß sie einmal wiederkommen wolle oder auch müsse, des besaß HC Versicherungen, direkte und mündliche, die nicht in dem mitgeteilten fremdsprachigen Dialog gefallen waren, sondern folglich in die unsererseits wortlose Zwischenzeit, während welcher wir den zeitgebundenen Fluß unserer Erzählung unterbrochen und nur sie, die reine Zeit haben walten lassen.“ Also, hier enthüllt der Erzähler doch wohl einiges, indem er es sprachlich so auffällig verhüllt.

Vielleicht ist es so deutlicher geworden?

Grüße
Erik

Hallo Erik,
kannst Du, vielleicht in Kenntnis eines „Schlüssels“ zum „Zauberberg“, mitteilen, ob man weiß, ob sich hinter der Chauchat eine reale Person verbirgt?
Beste Grüße!
H.

Hallo Hannes,

tut mir Leid, da bin ich überfragt. Soviel ich weiß, ist ‚Der Zauberberg‘ kein Schlüsselroman. Natürlich hat sich Th. Mann von der Realität anregen lassen (Sanatorium in Davos, bei Mynheer Peperkorn hatte er Gerhart Hauptmann vor Augen…), aber was Frau Chauchat betrifft, ist mir kein Vorbild bekannt. Als Romanfigur steht sie faszinierend und geheimnisvoll da.

Sommerliche Grüße!
Erik

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]

Vielen Dank, Erik!

Soviel ich weiß, ist ‚Der Zauberberg‘ kein Schlüsselroman. […[ bei
Mynheer Peperkorn hatte er Gerhart Hauptmann vor Augen…),

Auch der Settembrini ist jemand Bestimmtes. Aber wer? Und wer noch?

Als Romanfigur steht sie [sc. die Chauchat] faszinierend und geheimnisvoll da.

Ja eben!

Sommerliche Grüße!

Ebenso!
H.

Hallo Hannes,

Auch der Settembrini ist jemand Bestimmtes. Aber wer?

Äußerlich hatte er disen Herrn vor Augen:

http://de.wikipedia.org/wiki/Ruggiero_Leoncavallo

Gruß
Walden