Moin,
über den Hinduismus kann ich dir leider nichts sagen, da kenn ich mich nicht aus. Aber über den Buddhismus.
Du sprichst hier mehrere zentrale Punkte an, die ich mal kurz umreißen möchte.
Der Buddhismus lehnt die Vorstellung eines unabhängigen, unveränderlichen, „inhärenten“ Selbst (wie einer Seele oder eines atman) ab.
Aus diesem Grund kann etwas, was es nach Vorstellung des Buddhismus gar nicht gibt, auch nicht sterben, also schon mal gar nicht wieder geboren werden.
Der zweite Punkt ist „Karma“. Vereinfacht gesagt bezeichnet Karma eine absichtsvolle Handlung, die für den Handelnden Folgen nach sich zieht. Diese Folgen können heilsam, unheilsam oder auch neutral sein. Endtscheidend ist dabei die Wahrnehmung in unserem eigenen Geist. Es kommt also weniger darauf an, ob du ein kranker Mensch, ein reicher Mensch, ein sterbender Mensch usw. bist, sondern ob dein Geisteszustand friedfertig, ausgeglichen und frei von Leiden ist. So könnte man z.B. sagen, dass es „karmisch positiver“ ist, in einem reichen Industrieland geboren zu werden, das wäre aber zu oberflächlich betrachtet, da es über den eigenen Geisteszustand nichts aussagt.
Die karmischen Kausalketten (Verbindungen zwischen Ursache, also absichtsvoller Handlung, und Wirkung) entziehen sich unserer Einsicht. Es gibt sehr viele schöne Geschichten im Buddhismus, wo Ereignisse, die zunächst als Katastrophe gedeutet wurden, sich später als Segen erwiesen und umgekehrt. Wir sind also sogar weit davon entfernt, das, was uns wiederfährt, überhaupt richtig einzuordnen.
Es gilt jedoch als gesichert, dass heilsame Handlungen z.B. zu heilsamen Wirkungen führen, auch ohne direkte Einsicht in das, was uns wiederfährt und warum. Ein schönes Beispiel ist z.B. die Freude, die man empfindet, wenn man einem Freund einen wichtigen Gefallen tun konnte. Sie wirkt direkt auf den eigenen Geist, da muss man nach späten Wirkungen gar nicht erst suchen.
Die karmischen Kausalketten kann man sich so vorstellen, dass das absichtsvolle Handeln einen Impuls auslöst, der irgendwo irgendwann eine Wirkung zeigen wird. Mehr wissen wir nicht, auch wenn es z.B. Ansichten gibt die besagen, dass die Wirkungen ähnlich den Handlungen sein sollten (weil das irgendwie logisch wäre). Der Buddha warnte sogar davor zu versuchen, dies zu durchblicken, davon würde man nur irre
Die nächste wichtige Frage wäre, ob diese karmischen Kausalketten an ein bestimmtes Bewußtseinskontinuum gebunden sind. Dies würde Sinn machen. Denn ansonten würde eine andere Person z.B. die Wirkungen meines absichtsvollen Handelns ernten. Und wenn du deine Yoga-Übungen machst, werde ich davon ja auch leider nicht fitter
Was passiert nun aber beim Tod mit diesen Kausalketten und unserem Bewußtsein. Hier gibt es nun mehrere Möglichkeiten.
a) Im Tod zerfallen unssere gröberen Bewußtseinszustände (die z.B. an das Arbeiten des Gehirns gebunden sind und unsere ganze Persönlichkeit ausmachen). Wären die karmischen Kausalketten an diese groben Bewußtseinszustände gebunden, würden sie an diesem Punkt ebenfalls enden. Alles aus. Dagegen spricht die Beobachtung, dass Menschen offenbar mit bestimmten „Segnungen“ oder „Leiden“ auf die Welt kommen. Da fragt man sich, wo kommt das her? Eine Antwort wäre Variante b)
b) zwar zerfallen unsere gröberen Bewußtseinszustände, aber es gibt sehr subtile Bewußtseinszustände, die sich über den Sterbeprozess hinaus fortsetzen und verbunden mit den dazugehörigen karmischen Impulsen ein sogenanntes „Greifen nach Leben“ erzeugen und sich wieder mit einem werdenden Leben verbinden und dort fortsetzen. Grob gesagt würde das bedeuten, von „uns“ überdauern eigentlich nur die karmischen Impulse. Daher haben wir auch keine Erinnerung an irgend welche Leben vorher. Bis auf den Ausnahmefall c)
c) wenn es uns durch jahrelanges intensives Üben und Erreichen einer hohen verwirklichten Stufe gelingt, auch im Sterbeprozess auf einer sehr subtilen Stufe bewusst zu bleiben, dann soll man sich an das vorangehende Leben erinnern können (zumindest bis zu einem bestimmten Alter, weil danach diese Erinnerungen durch neue Erfahrungen überlagert werden). Wie kann man sich das nun vorstellen? Eine subtilere Bewusstseinsstufe als der Wachzustand wäre z.B. der Schlaf. Eine substilere Bewusstseinsstufe innerhalb des Schlafs wäre der Tiefschlaf usw.
Was nun die Tiere angeht, so werden sie im Buddhismus als Wesen angesehen, denen es nicht möglich ist, Erleuchtung zu erlangen. Somit gilt eine Existenz als Tier weniger wünschenswert. Das gleiche gilt aber auch für eine Existenz in einem der Götterbereiche. Wie du siehst, zählen auch hier weniger die Umstände, sondern die Möglichkeit, einen erleuchteten Geisteszustand zu erlangen. Es wird häufig darüber diskutiert, ob Tiere karmisch (absichtsvoll) handeln können. Manche sagen so, andere sagen so. Aber selbst wenn man sich vorstellt, dass Tiere dies nicht können, zu können sie durchaus etwas erleben. Und leidvolles Erleben z.B. (oder auch freudvolles Erleben) kann als Ernten karmischer Früchte angesehen werden, deren Ursachen vielleicht mit dem subtilen Bewusstseinskontinuum des Tiers verbunden sind, aber bereits vor dieser speziellen ausgeprägten Existenz entstanden sind.
So redet man davon, dass es bestimmte Umstände geben kann, damit eine karmische Frucht „heranreifen“ kann, deren „Samen“ schon weit vorher gelegt wurden. Diese „Samen“ würden sich verbunden mit dem subtilen Bewußtseinskontinuum durch die Existenzen von Samsara fortsetzen, bis irgendwann Erleuchtung erlangt wird.
So kann man sich das vorstellen und so wird es innerhalb diverser buddhistischer Lehren erläutert.
Da man im Buddhismus aber nichts glauben muss, und es sehr schwer sein dürfte, entsprechendes nachzuweisen (obwohl es in sich schlüssig ist) bleibt jedem Buddhisten letztendlich selbst überlassen, wie er in dieser Frage steht. Heilsam ist hier immer das, was einem die buddhistische Praxis und das Ziel der Erleuchtung, das Erwachen, näher bringt
Wenn man diese Ziel erreicht hat, dann soll man jedoch völligen Einblik in die karmischen Kausalströme und frühere Leben haben, so wird es zumindest vom Buddha berichtet
Gruß,
M.