Tipp: Koran zitieren mit dem PC

Arabisch fehlerfrei & verständlich schreiben mit dem Computer


Ein einzelnes Wort oder ein kurzer arabischer Text, sei es Profanes oder ein Hadith aus den Sunnabüchern, lässt sich problemlos mit einer Online-Tastatur erstellen, und dann mit copy&paste in einen Editor einfügen, z.B. hier auf wer-weiss-was.de

Online-Tastaturen, die auch die normalen, d.h. allgemein üblichen Vokale und Akzente des Arabischen berücksichtigten, so …

Fatha: Der (kurze) Vokal „a“, ein Schrägstrich über dem zu vokalisierenden Schriftzeichen (HTML-Code = َ) →

Damma: Der (kurze) Vokal „u“, ein verkleinertes arabisches ﻮ „Waw“ über dem zu vokalisierenden Schriftzeichen (HTML-Code = ُ) →

Kasra: Der (kurze) Vokal „i“, ein Schrägstrich unter dem zu vokalisierenden Schriftzeichen (HTML-Code = ِ) →

Schadda: Zur Kennzeichnung einer Verdoppelung, ein verkleinertes arabisches ﺷ „Schin“ (Verkleinerung ohne Punkte!) über dem zu verdoppelnden Schriftzeichen (HTML-Code = ّ) →

Sukun: Zur Kennzeichnung einer Vokallosigkeit, ein kleiner Kreis über dem Schriftzeichen, dem kein Vokal folgen soll (HTML-Code = ْ) →

… fänden sich zuhauf …

http://arabtast.de/
http://www.arabeclavier.com/tastatur-deutsch-arabisch.html
http://www.arabisch.tv/arabisch-tastatur/
http://www.arabische-tastatur.de/
http://www.clavier-arab.org/arabische-tastatur/
http://www.clavierenarabe.org/arabische-tastatur.html
https://www.branah.com/arabic

… und die Computer-Betriebssysteme böten mit ihren Standard-Fonts (z.B. „Arial“ oder „DejaVu Sans“) die Möglichkeit, solche Details des Arabischen auch tatsächlich schreiben bzw. lesen zu können.

Zeichentabellentastatur PopChar für Windows (& Mac) – kostenlos nur ohne das automatische Einfügen!

Standard-Zeichentabelle mit Kopierfunktion beim kostenlosen Betriebssystem Ubuntu (Linux).

Aber nicht jedes arabische Sonderzeichen wäre auch in jedem Font enthalten:

So fehlten z.B. in der Freeware-Schrift „DejaVu Sans“ (nicht nur) das speziell koranische Schriftzeichen „Alif mit Akzent Wasla“ (HTML-Code = ٱ → ٱ ), dieses lediglich andeutend, dass ein „Alif“ zwar geschrieben stünde, bei der Rezitation aber nicht ausgesprochen werden soll, da dessen Laut bereits als Silbenendung an dem ihm vorangegangenen Wort angehängt worden war (d.h. diese zwei Wörter nach der Überlieferung als Einheit gesprochen werden, wie beispielsweise die Basmala → بسم اللة ausgesprochen als „bismillah“) was aber i.d.R. als unwichtig übergangen werden könnte … außer eine Frage beträfe genau diese Besonderheit des Korans.

Webseiten mit wissenschaftlichen Inhalten bieten daher spezielle Fonts zum Download an.

Nicht jeder User hätte diese speziellen Schriftartdateien mit aufeinander abgestimmten Zeichen in dem Font-Ordner seines Betriebssystems oder die Software MS-Office von Microsoft (und demzufolge den schwergewichtigen Font „Arial Unicode MS“) auf seinem Rechner installiert – oder das (hinsichtlich der angebotenen arabischen Zeichen) kostenlose Äquivalent Code 2000

http://web.stanford.edu/dept/SUL/library/prod//depts/sysdept/info/code2000.html
http://www.alanwood.net/downloads/index.html
http://de.fonts2u.com/code2000.schriftart
→ etc.

Es wäre hier bei w-w-w daher nicht empfehlenswert, einen (u.U. sogar extrem fehlerhaften) „Korantext“ aus (den meist dubiosen) Internet-Quellen einfach mit copy&paste in einen Beitrag einzufügen oder wahllos einen Link dorthin zu setzen, z.B. für Sure 3,3 zu Link#1 oder Link#2 (dort die falsche Schreibweise → التورَاة betreffend).


Referenz für den Text des Korans und die Verszählung wäre (weltweit) die Lesartenvariante nach Imam Hafs in der Ausgabe des Korans der Al-Azhar-Universität in Kairo, an der sich heute (fast) alle modernen Korandrucke orientieren → اﻟﺘﻮﺭَﯨٰﺔ

Typischer Hafs-Koran aus Kuwait, erste Sure „Al-Fatiha“ (einteilig).

Hafs-Koran aus Kuwait, Anfang der dritten Sure „Al-Imran“.

In einigen (wenigen) englischsprachigen Teilen der Welt (England, Nordamerika) ist nicht die Lesart nach Imam Hafs, sondern der Koran nach Imam Duri Referenz. Hinsichtlich des Textes gegenüber dem von Hafs mit seinen vielen willkürlichen Änderungen ohne Zweifel die bessere Wahl, hinsichtlich der arabischen Vorlage der Edition von F. Wakefield (wie ähnlich z.B. → diese hier aus dem Jahr 1845) aber eher zweitklassig …

Duri-Koran aus dem Nordsudan:

Alter Duri-Koran mit relativ guter Textüberlieferung, erste Sure „Al-Fatiha“ (einteilig).

Duri-Koran, Anfang der dritten Sure „Al-Imran“.

Handschrift ﺍﻟﺘﻮٰﺭَﻳﺔ vs. ﺍﻟﺘﻮﺭٰﻳﺔ Edition: Das Kleine Alif wäre bei Duri natürlich keine Vokalisation des Textes (wie in den Hafs-Koranen), sondern nur eine Dokumentation über zwei rivalisierende mündliche Lesarten – ﺍﻟﺘﻮﺭَﻳﺔ vs. التورَاة – unter den Muslimen, von denen aber nur eine im Koran schriftlich bestätigt und auch richtig, die andere vermutlich aus den Sunnabüchern übernommen und im Koran unsinnig wäre! (Der Schlüssel zum Verständnis wäre Sure 3,93)

Edition von F. Wakefield, Istanbul 1926, erste Sure „Al-Fatiha“.

Edition von F. Wakefield, Anfang der dritten Sure „Al-Imran“.


Die Schreibrichtung ist in dem Editor von w-w-w vorgegeben (v.l.n.r.), die korrekte Schreibrichtung des Arabischen wäre aber entgegengesetzt, d.h. von rechts nach links; ein arabischer Text würde daher (unpassend) am linken Bildrand kleben (als Beispiel hier die vollständige Basmala):

بسم اللة الرحمن الرحيم

Ein arabischer Text würde sich aber rechtsbündig ausrichten, wenn er innerhalb von dem entsprechenden HTML-Tag <p dir=„rtl“></p> geschrieben werden würde:

بسم اللة الرحمن الرحيم



Imam Warsch liest den unpunktierten Text ﺍﻟﯩﻮﺭﯨﻪ in Uthmans Koran mit einem normalen (kurzen) Vokal ﺍﻟﺘﻮﺭَﻳﺔ und gemäß der Vorgabe:

Alter Warsch-Koran, erste Sure „Al-Fatiha“ (einteilig) & Anfang der zweiten Sure.

Warsch-Koran, Anfang der dritten Sure „Al-Imran“.

„Warsch-Korane“ mit einem „Kleinen Alif“ zur Stelle sind moderne Fälschungen, meist aus Saudi-Arabien, ebenso die grammatischen Erklärungsversuche dazu, warum da zwei Punkte zusätzlich wären …


Fortsetzung: „Geschichten vom Kleinen Alif aus 1001 Nacht“

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Hallo, bin nicht der kleine Alif, sondern Radscha, die große Leseratte aus Bhakti Mandir, Mangarh (Uttar Pradesh, Indien).


Nicht nur zur Entstehung und zum Alter vom Text des heutigen hebräischen Tanachs (z.B. das Märchen von der "Synode von Jamnia um das Jahr 100"), auch zum Ursprung und zur Überlieferung des Korans wird viel abgeleugnet und wissentlich gelogen, ungeprüft beschönigender und verharmlosender Nonsens übernommen und weitererzählt oder sich einfach nur etwas ausgedacht … hier z.B. dessen unterschiedliche Lesarten betreffend.

Es gibt nicht nur belanglose Unterschiede im Konsonantentext (wie z.B. manchmal als Lesehilfe eingefügte Vokalschriftzeichen): Zu den gravierendsten Widersprüchen im Koran gehören 18 Stellen, an denen von der Mehrheit (Überlieferung nach Hafs) ein vermeintliches „Synonym“ gelesen wird, das nicht nur in der Koran-Rezension von Uthman gar nicht geschrieben stünde (und daher auch nicht bei den anderen Überlieferern, z.B. Duri, Warsch & Qalun), sondern auch schlichtweg falsch wäre.

Die Ergüsse aus der Wikipedia-Traumwelt sind (wie fast ausschließlich immer!) völlig indiskutabel und in einem Wissensforum wie wer-weiss-was fehl am Platz:

Die Lesart nach Hafs ibn Sulaiman findet heute Verwendung im größten Teil der islamischen Welt, so im gesamten Nahen Osten, Pakistan, Indien und der Türkei. Nach Wars wird der Koran in Nordafrika gelesen; nach ad-Duri in Teilen Sudans.

Diese Lesearten erfüllen allesamt die Voraussetzungen, um als Korantext anerkannt zu werden:

� Sie sind nach den Grundlagen der Arabischen Sprache korrekt.
� Sie basieren auf dem Koran, den Uthman ibn Affan zusammenstellte.
� Ihre Überlieferung erfolgte über sehr große Gruppen von Personen.

… ebenso natürlich auch die absurde Wunschvorstellung, dass es sich bei den heutigen Korantexten um jenen der großen Koranexemplare von Uthman handeln würde:

Beispiel: Kodex von Samarkand (ca. 8. Jh.) vs. Koran der Azhar-Universität (1924)

http://www.answering-islam.org/PQ/A1.htm#AppendA
http://www.answering-islam.org/PQ/A2.htm#AppA2
http://www.answering-islam.org/PQ/A3.htm#AppA3
http://www.answering-islam.org/PQ/A4.htm#AppA4

Dem Text des arabischen Korans war das gleiche Schicksal widerfahren wie den Texten des hebräischen Tanachs und denen des Evangeliums.


↓ A. Wahrmund, Handwörterbuch der neu-arabischen und deutschen Sprache, 1887²

التوراة = „At-Taurāt“ ist die übliche, arabisierte Wiedergabe des hebräischen Begriffs התורה („Die Tora“, d.h. „Unterweisung“, oft fälschlich als „Gesetz“ bezeichnet) und wird verwendet z.B. auch in den Hadithen der Sunnabücher; das „Alif“ ist hier ein Vokalschriftzeichen für den langgezogenen Selbstlaut „ā“ → ا

توريت ist ein Wort (hier zitiert aus dem Lexikon), das es im Arabischen nicht gibt; in einigen wenigen privaten (!) Hafs-Koranen (ausführlich s.u.) wurde ﺍﻟﺘﻮﺭ ٰ ﺘ als reine Lautschrift für die mündliche Rezitation „At-Taurāt“ eingefügt, da im geschriebenen Text des Korans ein ganz anderes Wort überliefert worden war.

تورية bedeutet „Wortspiel“, „Gleichnis“ oder „Reim“, im Koran mit dem Artikel als التورية geschrieben, bzw. ohne die diakritischen Punkte als ﺍﻟﯩﻮﺭﯨﻪ in den alten Koranen bis zum 10. Jh.

Das ﺍﻟﺘﻮﺭﯨٰﺔ = „At-Taurāt“ in den Hafs-Koranen ist ein Wort, das es im Arabischen gar nicht gibt; für den Korandruck der Azhar-Universität musste erst ein entsprechendes Schriftzeichen hergestellt werden: Das „Alif maqsura“ für den Wortanfang (HTML-Code = &#64488;) → ﯨ

Außer in Verbindung mit dem „Kleinen Alif“ für den langen Vokal „ā“ findet dieses noch Verwendung als Trägerzeichen für den Murmelvokal „Hamza“.


Fortsetzung: Hafs vs. Warsch


Koranlesart nach Hafs

Übliche (korrekte) Bezeichnung:
Koran in der Lesart von Asim (Kufa) nach der Überlieferung von Hafs

Hafs alias Abu Amr ibn Sulaiman ibn al-Mughira [ca. 90-180 bzw. 709-796] und (Abu Bakr) Schuba ibn Ayyasch ibn Salim al-Asadi alias Mutriq [ca. 95-193 bzw. 713-808] lernten beide die Rezitation des Korans von Asim aus der Stadt Kufa – neben Basra, Damaskus, Medina und Mekka (etc.) eine der Städte, die eine Kopie der Koran-Rezension von Uthman ibn Affan bekommen hatte.

Von diesen beiden Überlieferern wurde Hafs als der zuverlässigere Zeuge angesehen – ungeachtet dessen, dass Asim seinen Schülern (angeblich!) jeweils zwei verschiedene Lesarten des Korans gelehrt haben soll: Hafs die Lesart nach Ali ibn Abi Talib und Schuba die Lesart nach Abdallah ibn Masud.

(Abu Bakr) Asim ibn Abi an-Nadschud ibn Bahdala al-Asadi [ca. 76-128 bzw. 695-746] lernte verschiedene Lesarten des Korans von Abu Abdurrahman Abdallah ibn Habib as-Salami, dieser wiederum soll sein Wissen über die Rezitation des Korans von Ali ibn Abi Talib, Abdallah ibn Masud, Ubayy ibn Kab, Zaid ibn Thabit und Uthman ibn Affan erhalten haben.



Nachfolgend werden (in Auswahl) die unterschiedlichen Lesarten/Korantexte nach Hafs & Warsch an den für sie jeweils charakteristischen Erkennungs- und Unterscheidungsmerkmalen im Detail noch zusätzlich mit der Überlieferung von Duri verglichen.



Koranlesart nach Duri

Übliche (korrekte) Bezeichnung:
Koran in der Lesart von Abu Amr (Basra) nach der Überlieferung von Ad-Duri

Ad-Duri alias Abu Amr Hafs ibn Umar al-Muqri [gest. 246 bzw. 860] aus Ad-Dur, einem Ort östlich von Bagdad. Duri gilt als zuverlässig und war der erste Gelehrte, der die verschiedenen Lesarten des Korans sammelte. Er erlernte die Koranlesart des Abu Amr über einen Mittelsmann: Yahya ibn Mubarak al-Yazidi [gest. 202 bzw. 817].

Abu Amr alias Zabban ibn al-Ala ibn Ammar at-Tamimi al-Mazini [ca. 68-154 bzw. 687-771] aus der Stadt Basra lernte die Koranrezitation von mehreren Gelehrten, so u.a. von Abu Said al-Hasan ibn Abi al-Hasan, der sein Wissen über die Rezitation des Korans von Abu al-Aliya und dieser wiederum seines von Ubayy ibn Kab und Umar ibn al-Chattab erhalten haben soll.



Koranlesart nach Warsch

Übliche (korrekte) Bezeichnung:
Koran in der Lesart von Nafi (Medina) nach der Überlieferung von Warsch

Warsch alias Uthman ibn Said al-Misri alias Abu Said [ca. 110-197 bzw. 782-812]. Er ging um 155 bzw. 772 nach Medina um dort die unter den Muslimen allgemein anerkannte Koranrezitation von Nafi zu erlernen, anschließend kehrte er wieder nach Ägypten zurück.

Es wurde berichtet, dass Warsch den Koran mit schöner Stimme rezitierte, Hamza (kurzer Murmelvokal), Madda (lang gedehnter Laut), Schadda (verdoppeltes Schriftzeichen, als langer Laut gesprochen) und die Vokale klar und deutlich aussprach.

Nafi ibn Abdurrahman ibn Abi Nuaim al-Laiti al-Isbahani alias Abu Ruwaim [ca. 70-169 bzw. 689-785] aus Medina (ursprünglich aus Isfahan stammend): Er lernte die Koranrezitation von Nachfolgern (Tabiun) der Prophetengefährten (Sahaba), darunter Abdurrahman ibn Hurmuz al-Aradsch der der sein Wissen über die Rezitation des Korans von Abdallah ibn Abbas und dieser wiederum seines von Ubayy ibn Kab erhalten haben soll.

Mehr als siebzig Jahre lang lehrte Nafi in Medina die Rezitation des Korans. Abdallah ibn Ahmad ibn Hanbal berichtete, dass sein Vater auf die Frage, welche Koranrezitation er am liebsten habe, antwortete: „Die Rezitation der Leute von Medina.“ Als er nach der zweiten Wahl gefragt wurde, antwortete er: „Die Rezitation von Asim.“



Literatur (in Auswahl):

Ulum al Qur’an (ISBN 3-9810908-0-2) → PDF-Download
Die Geschichte des Qur’an (ISBN 3-925165-10-X) → PDF-Download
Geschichte des Qorāns (Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt) → Scan


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Wie es für Bibeln – Grundtexte wie auch Übersetzungen – unbekannter Herkunft die Möglichkeit gibt, mit wenigen Blicken zu erkennen, wessen Geistes Kind sie wären, gibt es auch für Korantexte bestimmte Stellen, die Auskunft über Herkunft, Qualität und insbesondere den Wert eines jeweiligen Exemplars geben können.

Die Abschreiber, Setzer & Drucker und Internet-Autoren waren/sind i.d.R. keine Gelehrten oder Wissenschaftler, denen es sich schon bei einem kleinen Vokal-Strichlein an einer nach der Grammatik falschen Stelle (← nicht selten!) der Magen umdreht.

Beispiel für eine regelwidrige Vokalsetzung in arabischen Hafs-Koranen: Das „Kleine Alif“, als Zeichen für den langen Vokal „ā“, erfunden im 2. Jh. bzw. 8. Jh. aber erst ab dem 4. Jh. bzw. 10. Jh. auch in die Korane eingeführt (HTML-Code = &#1648;) → ٰ

Richtig: &#65165; &#65247; &#65176; &#65262; &#65197; &#64488; &#1648; &#65172; → ﺍﻟﺘﻮﺭﯨٰﺔ

Falsch: &#65165; &#65247; &#65176; &#65262; &#65197; &#1648; &#64488; &#65172; → ﺍﻟﺘﻮﺭٰﯨﺔ


↓ Moderner Hafs-Koran (Ägypten) mit korrekter Zeichensetzung: ﺍﻟﺘﻮﺭﯨٰﺔ

Sure 3,3 [Zeile 5 v.u.]


↓ Moderner Hafs-Koran (Pakistan) mit mangelhafter Zeichensetzung: ﺍﻟﺘﻮﺭٰﯨﺔ

Sure 3,3 [Zeile 3 v.o.]


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Die Lesart nach Hafs ist weltweit verbreitet, findet Verwendung bei der Mehrheit der Muslime, bei Sunniten und bei Schiiten, wie auch bei einigen Strömungen der modernen „Nur-Koran“ Ansicht – aber „Hafs“ ist nicht gleich „Hafs“!

Zu einer Referenz (Text & Verszählung) für den (Hafs-)Koran wurde ausschließlich die erste Ausgabe des Korans der Al-Azhar-Universität in Kairo von 1924 erhoben, als Kopie z.B. bei → www.corpuscoranicum.de einsehbar (zum Vergleich → hier die zweite Ausgabe des Hafs-Korans der Al-Azhar-Universität von 1993).

Beschreibung bei corpuscoranicum.de (auszugsweise):

Der arabische Korantext wie er in Kairo 1924 gedruckt wurde gilt in einigen Ländern als Standard. Viele Koranausgaben (die saudi-arabische, iranische, indonesische u.a.) haben sich am Konsonantentext des ägyptischen Drucks orientiert.

[…]

Der ägyptische Druck richtet sich bei der Schreibung des arabischen Konsonantentextes nach zwei andalusischen Gelehrten ad-Dānī (gest. 1053) und Ibn Naǧǧāḥ (gest. 1103). Koranhandschriften wurden für die Schreibweise des Konsonantentextes nicht herangezogen.

[…]

Die Orthographie des Grundbestands an Konsonanten (arab. rasm), die noch nicht durch diakritische Zeichen festgelegten sind, folgt den Regelwerken zur Koranschreibung*, die die andalusischen Gelehrten ad-Dānī (gest. 1053) und Ibn Naǧǧāḥ (gest. 1103) verfasst haben. Die weiteren Bereiche der Orthographie, wie Vokalzeichen, Assimilationszeichen und Pausenzeichen wurden für diesen Druck z.T. erstmalig standardisiert bzw. in einigen Fällen eigens geschaffen.

* Diesen verbogenen Unsinn hätte man sich besser sparen sollen!


Der Text des Korans wurde sowohl mit, als auch ohne Vokalschriftzeichen (Aussprache- bzw. Lesehilfen → Matres lectionis) überliefert. Das arabische Schriftzeichen „Alif“ wurde (beispielsweise zur Andeutung grammatischer Formen wie ﺻﺮ ﺍﻁ = singular vs. ﺻﺮﻁ = plural) sehr häufig als Zeichen für den Vokal „ā“ geschrieben, obwohl der damit zum Ausdruck gebrachte (lange) Laut nicht mit dem (kurzen) Laut des eigentlichen Schriftzeichens „Alif“ übereinstimmt. Aus einem gewissen Grund (s.u.) wird es seit ein paar Jahrzehnten gerne geleugnet, dass es das „Alif“ als Vokalschriftzeichen überhaupt mal gegeben hatte und stattdessen behauptet, dass für einen langen Vokal „ā“ im Koran das Schriftzeichen „Ya“ (üblich für den Laut „ī“) verwendet wurde …

Uthman-Koran: &#65211; &#65198; &#65165; &#65217; → ﺻﺮ ﺍﻁ

Al-Azhar-Koran: &#65211; &#65198; &#1648; &#65217; → ﺻﺮ ٰﻁ

Im Korandruck der Al-Azhar-Universität wurde die übliche Verwendung von (nicht zu dem eigentlichen Grundbestand eines Wortes gehörigen) Vokalschriftzeichen zurückgedrängt, hier für das „Alif“ das Vokalzeichen „Kleines Alif“ gesetzt. Handschriften in defektiver Schreibweise (d.h. ohne Vokalschriftzeichen) sind eine große Seltenheit, gingen entweder auf privaten Ursprung oder auf eine andere Rezension des Korans zurück.


ﺻﺮ ﺍﻁ → Koran-Fragment Sanaa, DAM 20-33.1 aus der frühen Umayyaden-Zeit (Ende 1. Jh. bzw. Ende 7. Jh.): Die Sure Al-Fatiha, hier die erste Sure einer Koranhandschrift und daher entweder von einem Koran nach Uthman oder von einem Koran nach Ubayy (beginnen beide mit dieser Sure); die erste Sure in den Koranen von Ali und Ibn Masud wäre die Sure Al-Baqara, die erste Sure im Koran von Ibn Abbas wäre die Sure Al-Alaq gewesen.

Sanaa_DAM-20-33.1

Sanaa, DAM 20-33.1 – Bild bei corpuscoranicum derzeit (noch) nicht verfügbar, daher hier beigegeben.

ﺻﺮ ﺍﻁ → Koran-Fragment Kairo, as-Sayyida Zainab (Anfang 2. Jh. bzw. Anfang 8. Jh.)

ﺻﺮ ﻁ → Koran-Fragment Sanaa, DAM 01.25-1 (Anfang 2. Jh. bzw. Anfang 8. Jh.)


↓ Moderner Hafs-Koran, Sure „Al-Fatiha“ mit dem Kairiner Standardtext: ﺻﺮ ٰﻁ

Sure 1,6.7 [Zeilen 3 und 4 v.u.]


↓ Moderner Hafs-Koran (Pakistan), Sure „Al-Fatiha“ in alter Schreibweise: ﺻﺮ ﺍﻁ

Sure 1,6.7 [Zeile 3 v.u.]


Hilfsmittel zum Lesen von Koranen in Kufischer Schrift


C. Faulmann, Das Buch der Schrift, 1880²


↓ Antiquarischer Interlinear-Koran mit Kufischer Schrift:

Sure 1,6.7 [Zeile 3 v.u.] الصراط … ﺻﺮ ٰﻁ


↓ Moderner Interlinear-Koran mit Kufischer Schrift:

Sure 1,6.7 [Zeilen 6 und 7 v.o.] الصرط … ﺻﺮﻁ


Die defektive Schreibweise (d.h. ohne das einen Singular andeutende Vokalschriftzeichen „Alif“) war zwar äußerst selten, aber unter den Gelehrten bekannt. Eine Schreibung des zweiten Vorkommens (Anfang Vers 7) ebenfalls als ein Singular würde im Koran unerlaubt (Sure 4,82) Widersprüche erzeugen:

1. Den Christen wurde im Koran auferlegt, sich nach dem Evangelium zu richten (auch dort gäbe es keine Erbsünde, keinen Jesus als leiblichen Sohn von Gott, keinen Gott Jesus und keinen Gott als Gemeinschaft von drei Personen – alles nur Trugschlüsse ungezügelter kirchlicher Phantasien und nachträgliche Verfälschungen in der Bibel).

[Sure 5,47] Es soll das Volk des Evangeliums richten nach dem, was Allah darin offenbart hat; wer nicht nach dem richtet, was Allah hinabgesandt hat - das sind die Empörer.

[Sure 5,48] Wir haben dir das Buch hinabgesandt mit der Wahrheit, als Erfüllung dessen, was schon in dem Buche war, und als Wächter darüber. Richte darum zwischen ihnen nach dem, was Allah hinabgesandt hat, und folge nicht ihren bösen Neigungen gegen die Wahrheit, die zu dir gekommen ist. Einem jeden von euch haben Wir eine klare Satzung und einen deutlichen Weg vorgeschrieben. Und hätte Allah gewollt, Er hätte euch alle zu einer einzigen Gemeinde gemacht, doch Er wünscht euch auf die Probe zu stellen durch das, was Er euch gegeben. Wetteifert darum miteinander in guten Werken. Zu Allah ist euer aller Heimkehr; dann wird Er euch aufklären über das, worüber ihr uneinig wart.

2. Im Koran wird den Menschen unterschiedliche Rechte gewährt und auch unterschiedliche Pflichten auferlegt, den männlichen und den weiblichen Arabern, den männlichen und den weiblichen Leibeigenen, sowie den Menschen anderer Sprachzugehörigkeit. Neben einem relativ leicht einzuhaltenden Gebot zur Meidung von Schweinefleisch und Blut wird den Muslimen auch eine (aber nur relativ schwer umsetzbare) Alternative als zweiter Weg angeboten:

[Sure 3,93] Alle Speise war den Kindern Israels erlaubt, mit Ausnahme dessen, was Israel sich selbst verbot, ehe die Thora herabgesandt war. Sprich: «Bringt also die Thora herbei und leset sie, wenn ihr wahrhaft seid.»

[Sure 3,94] Wer nun danach eine Lüge gegen Allah erdichtet - sie sind die Frevler.

[Sure 3,95] Sprich: «Allah hat die Wahrheit gesprochen; folget darum dem Glauben Abrahams, des Aufrichtigen; er war keiner der Götzendiener.»

[Sure 5,93] Denen, die glauben und gute Werke tun, soll nicht als Sünde angerechnet werden, was sie essen, wenn sie nur Gott fürchten und glauben und gute Werke tun, (und) abermals fürchten und glauben, dann nochmals fürchten und Gutes tun. Und Allah liebt jene, die Gutes tun.


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Bis vor ein paar Jahrzehnten – vor dem massiven Aufkommen politisch motivierter Koranfälschungen (jeweils aus verschiedenen Lagern: Pro- und Contra-Israel) und den salafistischen Wunder-Lügen (→ Taqiya) von dem einen, unverändert und von allen Muslimen gleichlautend überlieferten (und damit (!) „von Gott“ beschützten → Sure 15,9) Koran – war es relativ einfach, schon auf einen Blick zwischen Korandrucken mit Hafs-Lesarten und Drucken anderer, heute immer noch gebräuchlicher Versionen des Korans (z.B. die Lesarten von Warsch und Duri) unterscheiden zu können: Anhand der ersten Sure Al-Fatiha

In den Koranversionen von Uthman ibn Affan und Ubayy ibn Kab war die „Sure der Gebetseinleitung“ (d.h. die Sure Al-Fatiha) mit ihren sieben Versen an den Anfang des Korans gesetzt worden, was fälschlich (Nöldeke, Geschichte des Qorans, Bd. I, Seiten 110-117 und Interlinearübersetzung) mit → Sure 15,87 begründet wurde:

"Und Wir gaben dir fürwahr die sieben oft wiederholten (Verse) und den erhabenen Koran."

Der ursprüngliche Anfang dieser „Sure mit sieben Versen“ war nach → Hadithen der sunnitischen Sunna aber nicht die (erst später hinzugefügte) Basmala, sondern die Hamdala.

Höchstwahrscheinlich waren auch gewisse Hadithe aus der sunnitischen Sunna der Anlass für Hafs gewesen, die Basmala (angeblich unumgängliche Einleitung zum Gebet) der Sure Al-Fatiha als festen Bestandteil hinzuzufügen … wodurch sich die Anzahl der Verse aber von sieben auf acht erhöht, die (angeblich) besondere Stellung der Sure Al-Fatiha am Anfang des Korans nicht mehr aus Sure 15,87 hätte „herausgelesen“ werden können. Hafs rezitiert (daher?) die beiden letzten Verse zusammenhängend nur als ein Vers.

Wäre dies tatsächlich der Grund, würde es sich um eine – sowohl nach dem Koran, als auch nach der sunnitischen Sunna – unerlaubte (verbotene!) Vermengung handeln; sofern die Sure Al-Fatiha zum Koran gehören sollte: Sie fehlte z.B. in der Koranversion von Ibn Masud nicht grundlos.


↓ Moderner Hafs-Korandruck (Saudi-Arabien), Sure Al-Fatiha

Moderner Hafs-Korandruck (Saudi-Arabien) Sure Al-Fatiha


In den modernen Hafs-Koranen aus Pakistan und Indien wird i.d.R. die ursprüngliche Verseinteilung mit einem Pausenzeichen → ۵ festgehalten (das hier aber nicht → ۙ beachtet werden soll):

↓ Moderner Hafs-Korandruck (Indien), Sure Al-Fatiha

Moderner Hafs-Korandruck (Indien) Sure Al-Fatiha


Duri und Warsch behielten die ursprüngliche Verseinteilung und Zählung bei, die Basmala ist hier – wie bei allen anderen Suren mit Ausnahme von Sure 9 (gehörte zu Sure 8) – nur eine Einleitungsformel:

↓ Alte Duri-Koranhandschrift (Südsudan), Sure Al-Fatiha

Alte Duri-Koranhandschrift (Südsudan) Sure Al-Fatiha


↓ Alte Duri-Koranhandschrift (Südsudan), Sure Al-Fatiha

Alte Duri-Koranhandschrift (Südsudan) Sure Al-Fatiha


↓ Moderne Duri-Koranfälschung, Sure Al-Fatiha

Moderne Duri-Koranfälschung Sure Al-Fatiha


↓ Moderner Warsch-Korandruck, Sure Al-Fatiha

Moderner Warsch-Korandruck Sure Al-Fatiha


Zum Unterscheidungsmerkmal zwischen den afrikanischen Koranen von Duri und Warsch (u.a. der erste Vers der Sure Al-Baqara) s.u. → Warsch

Frühe Korankritik und Textverbesserung


Der unpassende Singular von ﺻﺮﺍﻁ in der Sure Al-Fatiha führte schon früh zu Korrekturen des Korantextes. Beispiel für eine radikale Zensur (mit freigelassenem Platz): Hafs-Koran aus Persien, ca. 16. Jh. (Zeile 1 v.o.):

Hafs-Koran (Persien), zweiter Teil von Sure Al-Fatiha

Hafs-Koran (Persien) zweiter Teil von Sure Al-Fatiha


Koran-Fragment (einer Vorlage von Nafi) mit der defektiven Schreibweise ال] صرط] (corpuscoranicum.de bietet einen an mehreren Stellen falschen Transliterationstext, weder vor noch nach den Schriftzeichen الم ist in dem Fragment der Verstrenner – "Pyramide aus sechs Punkten" – verzeichnet!):

↓ Koran-Fragment Sanaa, DAM 01.25-1 (Anfang 8. Jh.)

Koran-Fragment Ende Al-Fatiha Anfang Al-Baqara


Beispiel einer Warsch-Tradition mit defektiver Schreibweise:

Warsch-Koranhandschrift (Westafrika) Sure Al-Fatiha الصرط … صرط

Warsch-Koranhandschrift (Westafrika) Sure Al-Fatiha

Weiteres Beispiel: Kopie (ca. 17./18. Jh.) eines westafrikanischen Warsch-Korans, ehem. Sultanat Borno (Nordost-Nigeria) → Konduga-Koran الصرط … صرط


Zwei Beispiele einer Warsch-Tradition mit fehlerhafter Schreibweise gemäß der Koran-Rezension von UthmanGold-Koran (ca. 8. Jh.) الصراط … صراط

↓ Moderner Warsch-Korandruck (Libyen) Sure Al-Fatiha الصراط … صراط

Koran-Fragment (Nafi) Ende Sure Al-Fatiha Anfang Sure Al-Baqara


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Neben den modernen, jeweils extrem einseitigen Koranfälschungen ausschließlich zu politischen Zwecken – auf beiden Seiten ansonsten kommentarlos und (um tiefergehende peinliche Hinterfragungen zu umgehen) heimlich als „Rechtfertigung“ zu Gewalt, Krieg, Mord & Terror geführt – gibt es noch (der Übergang wäre hier fließend!) tatsächliche „Privat-Korane“, (ehemalige) „Behörden-Korane“ und einen „Konsens-Koran“ (von 1981 in deutsch-türkisch-irakischer Zusammenarbeit), die als Vorlage bzw. Quelle für Zitierungen aber alle nicht geeignet wären – außer man wolle genau diese Sonder- und Spezial-Korane als solche darstellen.

Ihnen gemeinsam ist der Versuch, die Widersprüche zwischen dem überlieferten schriftlichen Koran und dem parallel dazu überlieferten anderslautenden mündlichen Koran zu beheben (was nach der sunnitischen Sunna nur für den privaten (!) Bereich zulässig wäre) oder zwei sich widersprechende mündliche Versionen in einem schriftlichen Koran als gleichberechtigt zu dokumentieren; bei allen identisch sind auch die Probleme verursachenden Schriftstellen.

In Koranen mit Verseinteilung nach Hafs (orientalische Zählung):
Sure 3,3.48.50.65.93²; 5,43.44.46².66.68.110; 7,157; 9,111; 48,29; 61,6; 62,5


Privat-Korane


Varianten privater Korane mit der Rezitation nach Hafs


Privater Hafs-Koran aus dem Internet – anstelle der zwar originalen aber äußerst dubiosen Schreibweise ﺍﻟﺘﻮﺭﯨٰﺔ „At-Taurāt“ wurde der in den Sunnabüchern verwendete eindeutige Name التوراة „At-Taurāt“ für „Die Tora“ gesetzt:

Moderner Hafs-Koran (privat) Sure Al-Imran → التوراة

Hafs-Korandruck (privat) Sure Al-Imran


Schöne Hafs-Koranhandschrift aus dem 14. Jh. mit zweigeteilter Sure Al-Fatiha (1. & 2. Hälfte) und geändertem Text (wie vorstehend):

Hafs-Koranhandschrift (privat) Anfang Sure Al-Imran → التوراة

Hafs-Koranhandschrift (privat) Sure Al-Imran


Persische Hafs-Koranhandschrift aus dem 16. Jh. mit zweigeteilter Sure Al-Fatiha (nur noch die 2. Hälfte vorhanden) und vorsichtig geändertem Text: Es wurde hier nur die Lautschrift ﺍﻟﺘﻮﺭ ٰﺘ für die Rezitation „At-Taurāt“ eingefügt:

Hafs-Koranhandschrift (privat) Anfang Sure Al-Imran → ﺍﻟﺘﻮﺭ ٰﺘ

Hafs-Koranhandschrift (privat) Sure Al-Imran


Behörden-Korane


Hafs-Korane mit Sonderlesarten und regional begrenzter Gültigkeit


Die Mehrheit der Muslime im Osmanischen Reich folgte der Koranlesart nach Hafs. In den nordafrikanischen Regionen des Reichs westlich und südlich von Ägypten waren dagegen die (anzuerkennenden) Koranlesarten nach Warsch, Qalun und Duri verbreitet.

Die osmanische Verwaltung benötigte daher einen Koran, der die verschiedenen Lesarten in sich vereinte, von internen „Kleinigkeiten“ wie zu den täglichen Gebeten – die auch nach einigen Hadithen der sunnitischen Sunna nicht (immer) mit einer Rezitation der Basmala durch den Imam angefangen haben sollen – bis zu den je nach Lesart unterschiedlichen Rechten und Pflichten Dritter – hier als konkretes Beispiel die unterschiedlichen Lesarten التوراة vs. التورية (Rechte der Israeliten und deren Grundbesitz in Palästina betreffend; die Ausweisung bzw. Deportation der bis 1919 dort Eingewanderten Zionisten wäre nach diesem ungesetzlich gewesen).


Von ihrem äußeren Erscheinungsbild her unterschieden sich diese Mischtext-Korane des Osmanischen Reiches nicht von den üblichen Hafs-Koranen:

Osmanischer Koran von 1627 aus der Bibliothek von Sultan Abdülhamid II.

Osmanischer Behörden-Koran von 1627, Sure Al-Fatiha


Osmanischer Koran von 1627 Anfang Sure Al-Imran → ﺍﻟﺘﻮﺭٰﻳﺔ

Osmanischer Behörden-Koran von 1627, Sure Al-Imran


Diese Sonderlesart (mit ihrer Bedeutung!) wurde in der Türkei erst mit dem Nahostkonflikt wieder aktuell, mit dem (zuerst geheimen) Türkisch-Israelischen Militärabkommen vom 23. Februar 1996, das ohne diese Änderung des Korans nicht möglich gewesen wäre:

Erstausgabe des neuen Türkischen „Abdülhamid-Korans“ von 1996, entspricht zwar keiner der anerkannten Lesarten, wurde aber als gültiger Koran zugelassen ↓

Neuer Türkischer Abdulhamid-Koran, Erstausgabe 1996


Online Ressource der „Behörde für Religiöse Angelegenheiten der Türkei“ (DITIB), dem „Amt des Ministerpräsidenten“ (TCB) unterstellt ↓

Staatlicher Abdulhamid-Koran, Online-Ressource der DITIB

Zu der Lesart des Abdülhamid-Korans (Sure 3,3 ﺍﻟﺘﻮﺭٰﻳﺔ s.o.) wird nur die traditionelle Hafs-Lesart als Türkische Übersetzung angeboten: „Tevrat“ (= „Tora“)


Es wurden alle Korantexte in der Türkei entsprechend der neuen Doktrin geändert; Beispiel ein moderner Türkischer Flash-Koran aus dem Internet ↓

Türkischer Flash-Koran, Sure Al-Imran


Türkische Korane (neueren Datums) wären als Privat-Korane des Türkischen Ministerpräsidenten mit ihren (vielen!) Sonderlesarten als Vorlage bzw. Quelle für Zitierungen nicht geeignet!

Konvent-Koran


Ausgegeben vom „Ministerium für Religiöse Angelegenheiten des Irak“


Ähnlich wie der Türkische (neue) Abdülhamid-Koran versuchte schon dieser Koran von 1981 aus dem Irak (Ära Saddam Hussein, 1979 bis 2003 Staatspräsident d. Irak) zwei verschiedene, sich widersprechende Lesarten in nur einem Koran zusammenzubringen, allerdings mit einer anderen, entgegengesetzten Gewichtung.

Als Grundlage war, der allgemeinen Vertrautheit wegen, ein alter Hafs-Koran gewählt worden, in der ersten Sure Al-Fatiha wurde allerdings (mit Recht, s.o.) den anderen Lesarten von (Warsch,) Qalun und Duri der Vorzug gegeben …

Irakischer Konvent-Koran von 1981, Sure Al-Fatiha ... während man beim neuen Abdülhamid-Koran aus einem gewissem Grund darauf bedacht war, möglichst wenig von dem bekannten Erscheinungsbild zu ändern (Nummer des ersten Verses nur geringfügig kleiner, Trennung innerhalb des letzten Verses nur umständlich durch ein mit → ۙ aufgehobenes → [Sukun][2] angedeutet): Türkischer Abdülhamid-Koran (als JPG-Datei) Sure Al-Fatiha

⇓ Zum Vergleich: Sure Al-Fatiha in modernen Drucken von Warsch (sic!) und Qalun:

Moderner Warsch-Korandruck, Sure Al-Fatiha


Moderner Qalun-Korandruck, Sure Al-Fatiha


Bei der Darstellung von التوراة "Die Tora" (*Hafs*) bzw. التورية "Das Wortspiel" (*Warsch*, *Qalun*, *Duri*) wählte man in dem Konvent-Koran an allen Stellen ein Kunstwort in Lautschrift: ﺍﻟﺘﻮﺭ ٰ ﺘ für *zwei völlig gleichberechtigte* *Lesarten* – ungeachtet der eindeutigen Wortwahl ﺍﻟﯩﻮﺭﯨﻪ in den Koranen von *Uthman* (damaliger Regierungssitz: Medina), mit denen [ein bis heute gültiges Rechtsabkommen][5] geschlossen worden war (konkret mit dem für die Stadt Mekka bestimmten Exemplar); hier als Beispiel die Sure Al-Imran: Irakischer Konvent-Koran von 1981, Anfang Sure Al-Imran

Dieser einseitige Privat-Koran von Saddam Hussein blieb weitgehend unbeachtet und fand auch nur wenig Verbreitung.


Diesen beiden staatlichen Privat-Koranen aus dem Irak und der Türkei vorangegangen war 1980 seitens der ["World Islamic Call Society"][6] alias [etc.][7] in Libyen ein plumper Versuch, einen Warsch-Koran zu politischen Zwecken einseitig zu verfälschen (Sure [6,115][8] & Sure [6,93][9]), der aber nur von den wenigen [Unterzeichnenden][10] (und dem mutmaßlichen Auftraggeber) ernst genommen wurde; vorsichtshalber entledigte sich das Libysche Staatsoberhaupt *Muammar al-Gaddafi* vorher aller Verantwortung, wollte ab 1979 nur noch "Revolutionsführer" gewesen sein ... Warsch-Koranfälschung (Libyen) Anfang Sure Al-Imran

:hash:


Hafs-Koran als Referenztext – Résumé


Im Gegensatz zu den anderen anerkannten Lesarten des Korans weicht die Version nach Hafs zwar öfters stellenweise von seiner Textgrundlage ab (der vom 1. sunnitischen Kalifen Abu Bakr in Auftrag gegebenen und – über einen merkwürdigen Umweg – dann erst vom 3. sunnitischen Kalifen Uthman veröffentlichten Koran-Rezension) und geht bisweilen sonderlich gekrümmte Wege …

ausgewählte Beispiele als (leider notwendiger!) Beleg s.o.

… ist aber die weltweit am häufigsten rezitierte Koranlesart.

{Sure 6, Vers 116} Und wenn du der Mehrzahl derer auf Erden gehorchest, werden sie dich wegführen von Allahs Weg. Sie folgen nur einem Wahn, und sie vermuten bloß.

Die von morgenländischer Seite aus in die Welt gesetzten Märchen und Unwahrheiten über den Koran – anfangs aus unbegründeter Selbstüberheblichkeit trotz Unwissenheit über die eigene koranische und die fremde biblische Kultur, später zur "Begradigung unbequemer Unstimmigkeiten" – und die Unkenntnis auf abendländischer Seite, sowohl über den Koran, als auch über die eigene Kultur, hatten dazu geführt, dass in Deutschland der Hafs-Koran von 1924 der Azhar-Universität mit allen seinen Mängeln, kleinen & großen Fehlern zum Referenztext erklärt wurde … nicht für die Hafs-Lesart, sondern für den Koran (in dessen heutiger Form) als solchen:

Ein unfruchtbarer und letztendlich unhaltbarer Zustand!

Bei dem Hafs-Koran der Azhar-Universität von 1924 als „Referenztext“ sollte daher besser ein Unterschied gemacht werden zwischen der Verszählung, dem Konsonantentext und der (traditionellen) mündlichen Rezitation, d.h. der Vokalisation.


> Die von der Azhar-Universität in Kairo seit 1923 vertriebene Koranausgabe folgt der am weitesten verbreiteten Rezension (Lesart) und wird heute als Standardausgabe bei jeder Beschäftigung mit dem K. zugrundegelegt.

Zitat: Bundeszentrale für politische Bildung

Die großspurige Phrase einer „Standardausgabe seit 1923“ hat einen nicht unerheblichen Haken: Die (nicht nur in Deutschland) zum Referenztext erhobene erste Ausgabe von 1924 gibt es nicht mehr, nur noch online als Kopie bei corpuscoranicum.de – das zur „Reproduktion“ verwendete Exemplar der SBB (Staatsbibliothek zu Berlin) ist digital noch (?) nicht erreichbar …

… für die vielen modernen Hafs-Korane aus den Druckereien in der arabischen Welt und die digitalen Aufbereitungen im Internet (Beispiel#1 & Beispiel#2), die sich „an der Ausgabe der Azhar-Universität orientiert“ haben wollen, würde ich pauschal meine Hand nicht ins Feuer legen, besonders dann nicht, wenn ich selber keine Ahnung hätte, nur Gerüchte weitertragen würde. Nicht umsonst war auf die als Mustertext einzig autorisierte Ausgabe von 1924 der SBB zurückgegriffen worden!

Moderner Hafs-Koran aus Ägypten von 1431 bzw. 2009 (nicht nur für Muslimas!)

Moderner Hafs-Koran (Ägypten) Sure Al-Fatiha


Verseinteilung & Verszählung


Die Kairiner Ausgabe (1924) des Hafs-Korans bietet dessen normale Einteilung und Zählung der Verse. Verstärkt aber nicht ausschließlich im indisch-pakistanischen Raum existieren mehrere davon abweichende Traditionen, so die Zählung der Basmala als jeweils ersten Vers auch in allen anderen Suren und/oder die Zusammenlegung subjektiv (!) als zusammengehörig erscheinender Versinhalte, beispielsweise Sure 3,3.4

Hafs-Koran (Kaschmir) Anfang Sure Al-Imran

Hafs-Koranhandschrift aus Kaschmir (14. Jh.) Anfang Sure Al-Imran: Die Basmala wurde als 1. Vers gezählt, die Verse 3 und 4 (bzw. hier die Verse 4 und 5) wurden dem (vermeintlichen) Sinn entsprechend zusammengelegt, der Verstrenner soll nicht → ۙ beachtet werden.


Die exotische Zähltradition – Basmala grundsätzlich erster Vers einer Sure – konnte in den vergangenen Jahren weitestgehend erfolgreich zurückgedrängt werden, nicht aber die unterschiedlichen Verseinteilungen in den Hafs-Koranen; alle Beispieltexte hier: Ahmadiyya-Mission (Anfang Sure Al-Imran)

{3,1} Im Namen Allahs, des Gnädigen, des Barmherzigen.
{3,2} Alif Lâm Mîm.
{3,3} Allah – es gibt keinen Gott außer Ihm, dem Lebendigen, dem aus Sich Selbst Seienden und Allerhaltenden.
{3,4} Er hat herabgesandt zu dir das Buch mit der Wahrheit, bestätigend das, was ihm vorausging; und vordem sandte Er herab die Thora und das Evangelium als eine Richtschnur für die Menschen; und Er hat herabgesandt das Entscheidende.
{3,5} Die Allahs Zeichen leugnen, ihnen wird strenge Strafe; und Allah ist allmächtig, Besitzer der Vergeltungsgewalt.

{3,1} Im Namen Allahs, des Gnädigen, des Barmherzigen.
{3,2} Alif Lâm Mîm.
{3,3} Allah – es gibt keinen Gott außer Ihm, dem Lebendigen, dem aus Sich Selbst Seienden und Allerhaltenden.
{3,4} Er hat herabgesandt zu dir das Buch mit der Wahrheit, bestätigend das, was ihm vorausging; und vordem sandte Er herab die Thora und das Evangelium als eine Richtschnur für die Menschen;
{3,5} und Er hat herabgesandt das Entscheidende. Die Allahs Zeichen leugnen, ihnen wird strenge Strafe; und Allah ist allmächtig, Besitzer der Vergeltungsgewalt.

Im Namen Allahs, des Gnädigen, des Barmherzigen.
{3,1} Alif Lám Mím.
{3,2} Allah – es gibt keinen Gott außer Ihm, dem Lebendigen, dem aus Sich Selbst Seienden und Allerhaltenden.
{3,3} Er hat herabgesandt zu dir das Buch mit der Wahrheit, bestätigend das, was ihm vorausging; und vordem sandte Er herab die Thora und das Evangelium als eine Richtschnur für die Menschen; und Er hat herabgesandt das Entscheidende.
{3,4} Die Allahs Zeichen leugnen, ihnen wird strenge Strafe; und Allah ist allmächtig, Besitzer der Vergeltungsgewalt.


  1. In Deutschland ist es üblich geworden, hinter einer koranischen Textstellen- bzw. Versangabe (ohne Bezug zu einer speziellen Quelle oder Zitierung dessen Inhalts) die Zählung und Einteilung des normalen Hafs-Korans (Azhar-Universität) vermuten zu dürfen.

  2. Im Gegensatz zu biblischen Schriftstellenverweisen gibt es für die genaue Schreibweise koranischer Verweise in Deutschland keine allgemeine Regelung: Es findet die digitale „003:003“ (nur aus bestimmten Anlässen, z.B. für Zugriffe auf Datenbanken), die englische „3:3“ (mit Doppelpunkt) und die deutsche Schreibung „3,3“ (mit Komma) Verwendung, auch die Langform „Sure 3, Vers 3“ ist möglich; selten wird nur ein Punkt „3.3“ zwischen Sure und Vers geschrieben.

  3. Eine weitere Unterteilung der Verse in kleinere Abschnitte, so wie z.B. in der hebräischen Tora mit jüngerer tiberischer Punktation, gibt es nicht, wohl aber eine fortlaufende Zählung der Wörter eines Verses, wie ähnlich in der hebräischen Tora mit älterer tiberischer Punktation: Jedes einzelne Wort in einem Vers kann damit direkt angesprochen werden, z.B. „3:3:10“ → ﺍﻟﺘﻮﺭﯨٰﺔ


Nicht nur bei den Hafs-Koranen, auch zu den anderen Koranlesarten gibt es Schulen, die eine andere, von der jeweiligen Norm abweichende Einteilung und Zählung der Verse benutzen bzw. für sich erfunden haben; zudem kursieren noch jede Menge Koranfälschungen mit dem Ziel, die Unterschiede zwischen den Überlieferungen zu beseitigen.

Es wäre daher nicht empfehlenswert, von der Zählung/Einteilung eines (bestimmten, zufällig erreichbar gewesenen) Exemplars einer Lesart auf die eigentliche Rezension zu schließen; Beispiel:

↓ Neuer „Duri-Koran“ – leider eine Fälschung (Verszählung Sure Al-Fatiha)

Moderne Duri-Koranfälschung, Sure Al-Fatiha


Moderne Duri-Koranfälschung, Sure Al-Imran

Standardtexte für die Korane nach Duri & Warsch gibt es nicht, wohl aber viele alte und relativ einheitliche Handschriften, z.T. bis zum 2. Jh. bzw. 8. Jh.


Vor dem Mustertext der Azhar-Universität (für den Hafs-Koran) war der von G. Flügel besorgte Korantext die Referenz in Europa, Grundlage für (fast) alle dortigen Übersetzungen. Dem Flügel-Koran wird angelastet, eine Einteilung und Zählung der Verse zu bieten, die es noch nie gegeben hatte bzw. die allgemein unbekannt war. Es handelt sich wahrscheinlich um einen Privat-Koran aus Marokko* auf der Grundlage von Warsch. Das Gerücht, dass es sich um einen Koran nach Hafs gehandelt haben soll, dürfte von der eindeutigen Schreibweise von التوراة „Die Tora“ in Sure 3 etc. hergeleitet worden sein; es gibt aber einige wenige private Warsch-Korane ebenfalls mit dieser Lesung, z.B. aus Andalusien (s.u.)
* In Marokko hat ein schriftlicher Koran kaum Gewicht, es zählen dort (nur) die mündlichen Überlieferungen.

Flügel-Korandruck von 1858³ (Suren Al-Fatiha und Al-Imran)

Flügel-Koranausgabe, Sure Al-Fatiha


Flügel-Koranausgabe, Sure Al-Imran

Deutschsprachige Übersetzungen des Flügel-Korans von [M. Henning][11] (1901) und [L. Goldschmidt][12] (1916):

Im Namen Allahs, des Erbarmers, des Barmherzigen.
{3,1} A.L.M. Allah, – es giebt keinen Gott außer ihm, dem Lebendigen, dem Ewigen.
{3,2} Herabgesandt hat er auf dich das Buch in Wahrheit, bestätigend, was ihm vorausging. Und herabsandte er die Thora und das Evangelium zuvor als eine Leitung für die Menschen, und er sandte (nun) die Unterscheidung.
{3,3} Siehe die, welche Allahs Zeichen verleugnen, für sie ist strenge Strafe. Und Allah ist mächtig, ein Rächer.

Im Namen Gottes, des Allerbarmers, des Allbarmherzigen.
{3,1} ALM. Gott, es gibt keinen Gott außer ihm, ist der Lebendige, der Ewige.
{3,2} Er offenbarte dir das Buch in Wahrheit zur Bestätigung dessen, was schon vorhanden. Bereits vorher offenbarte er die Thora und das Evangelium, als Rechtleitung für die Menschen, und nun offenbarte er dir die Erlösung.
{3,3} Wahrlich, die, die Verse Gottes leugnen, – schwere Pein ist ihnen. Und Gott ist allmächtig und rachhaftig.