Tipps und tricks für theater für kinder

Hallo zusammen,

hab gedacht, ich lass mich von Experten hier beraten.
Folgendes: Ich helfe bei einem Theater für Kinder von 6 bis 12 mit. Es ist ein biblisches Theater mit Rahmenhandlung. Alter Petrus erzählt, was er so in jungen Jahren erlebt hat. (5 Nachmittage mit Theater pro Tag, das höchstens 10-15 Minuten geht)
Nun, die Schwierigkeit ist die, dass die Kinder das Theater nur einmal sehen (Sie werden es zwar später in Gruppen vertiefen, aber dann haben sie auch nicht Zeit, durchs ganze Theater zu gehen)
Wäre es praktisch, wenn zum Beispiel der Petrus der Rahmenhandlung zuerst die Figuren, die folgen werden, kurz vorstellt?
Es ist sicherlich auch wichtig, dass in der Rahmenhandlung das ganze Setting der Haupthandlung erklärt ist, nicht? Das man weiss, wo und wann die nächste Szene mit wem zusammen gespielt wird.
Auf was muss ich sonst noch achten, damit das Theater gut ankommt?
Besten Dank!

Beste Grüsse
Umbertoli

Hallo,

Ich helfe bei einem Theater für Kinder von 6 bis 12 mit.

Diese Altersmischung ist schwierig. Was 6-Jährige verstehen, kann für 12-Jährige zum Gähnen sein. Wenn ihr das Stück nicht verändern könnt/ wollt, würde ich zumindest zu getrennten Aufführungen raten (6-9 und 10-12). So hat jede Gruppe die Chance, das Stück auf ihre Art und Weise zu erleben. Andernfalls könnte es sein, dass die Großen die Jüngeren durch Kommentare etc. stören.

Wäre es praktisch, wenn zum Beispiel der Petrus der Rahmenhandlung zuerst die Figuren, die folgen werden, kurz vorstellt?

Bei den jüngeren Kindern wäre das denkbar, die Älteren sollten es so verstehen. Das hängt aber von der Qualität des Stücks ab.

Es ist sicherlich auch wichtig, dass in der Rahmenhandlung das ganze Setting der Haupthandlung erklärt ist, nicht?

Grundsätzlich gilt: Theater, das man erklären muss, ist schlechtes Theater. Die Stückeauswahl sollte immer so sein, dass Kinder es einfach anhand der Handlung verstehen können. Wenn das nicht der Fall ist, würde ich eher am Stück arbeiten als großmächtig zu erklären, was nun hier passiert und warum. Dann könnte man das Spielen eigentlich auch sein lassen und gleich eine Geschichte erzählen.

Auf was muss ich sonst noch achten, damit das Theater gut ankommt?

Humor :smile: . Stücke mit erhobenem pädagogischem/ religiösen Zeigefinger sind ätzend und verfehlen in der Regel auch ihre Wirkung. Gerade bei jungen Kindern macht es Sinn, auch bei durchaus ernsten Themen für gelegentliche Situationskomik zu sorgen. Ein gutes Stück berücksichtigt das.

Zudem würde ich immer eine kurze Nachbesprechung des Stückes mit den Schauspielern vorschlagen. Die Schauspieler setzen sich an den Rand der Bühne und die Kinder können Fragen zum Stück stellen. Dabei erkennt man meist auch recht gut, was sie vom Inhalt wie verstanden haben. Deshalb wäre auch die Alterstrennung sinnvoll.

Wenn man mehr Zeit hat, können die Fragen auch im Unterricht vorbereitet werden. Das würde aber bedeuten, dass das Thema bereits vorher behandelt wurde. Wenn ich es richtig verstanden habe, wäre das Stück bei euch aber eher der Einstieg ins Thema.

Schöne Grüße,
Jule

Hallo Jule,

vielen Dank für die Antworten. Einiges ist mir schon klarer geworden.
So werde ich wohl zuerst mit den Schauspieler die Texte anschauen und wenn sie Fragen haben, dann haben das garantiert auch die Kinder.

Ganz zuerst noch eine wichtige Frage: Die Wechsel zwischen Rahmen und eigentlichem Theater sind ja prekäre Momente. Wie schafft man es, diese Wechsel gut über die Bühne zu bringen. Die Kinder sollten ja dem Theater folgen, greift aber dann wieder der Rahmen ein, muss ja der Fokus sofort wieder auf diesen Figuren sein.

Ich werde auch auf Erklärungen verzichten, die in der Rahmenhandlung das eben Erzählte wiederkäuen. Ich sehe die Doppelspurigkeit ein.

Humor!?! Oje, den habe ich verbannt, weil mir die Geschichten zu ernst waren um da noch Lustiges darin zu finden! Asche über mein Haupt! Wir wollen ja eigentlich nicht mit dem erhobenen religiösen Zeigefinger spielen sondern den Kindern einen Eindruck in das Leben Petrus darlegen, mit seinen Hochs und Tiefs. Also Darstellung statt Wertung.

Dass die Schauspieler danach an der Bühne Red und Antwort stehen, könnte eventuell zum besseren Verständnis gereichen, mal sehen ob sich dies oder ähnliches realisieren lässt.

Besten Dank
Umbertoli

Hallo,

Ganz zuerst noch eine wichtige Frage: Die Wechsel zwischen Rahmen und eigentlichem Theater sind ja prekäre Momente. Wie schafft man es, diese Wechsel gut über die Bühne zu bringen.

Eigentlich verstehe ich die Frage nicht so ganz. Nach meinem Verständnis wäre auch die Rahmenhandlung ein Bestandteil des Theaters. Wenn das Stück gut angelegt ist, sollte das problemlos klappen, nachhelfen könnte man aber eventuell mit Licht oder Ton.

Heißt: Die Rahmenhandlung kriegt eine andere Beleuchtung als die Kernhandlung oder sie wird mit einem bestimmten Sound eingeleitet. Aber Achtung, sowas kann auch störend wirken, das lässt sich ohne das Stück zu kennen schwer beurteilen. Grfühlsmäßig würde ich eher Lichtwechsel bevorzugen. Denkbar wäre eventuell auch, dass die Schauspieler der Kernhandlung während der Rahmenhandlung auf der Bühne präsent bleiben, aber im Freeze - also bewegungslos - verharren. Sobald die Schauspieler der Rahmenhandlung fertig sind und die Bühne verlassen haben, spielen sie nahtlos weiter.

Humor!?! Oje, den habe ich verbannt, weil mir die Geschichten zu ernst waren um da noch Lustiges darin zu finden!

Dieser Gefahr erliegen Pädagogen gerne mal :smile:. Aber: Humor bedeutet ja nicht, Dinge lächerlich zu machen. Je „menschlicher“ die Figuren gerade bei religiösen Inhalten wirken, desto leichter gelingt Kindern eine Identifikation mit ihnen.

sondern den Kindern einen Eindruck in das Leben Petrus darlegen, mit seinen Hochs und Tiefs.

Ohne den Rest des Stücks zu kennen - aber so ein Petrus scheint mir einiges herzugeben :smile: . Er erscheint ja auch in der Bibel keineswegs als fehlerloser Held. Auch er war vielleicht mal ein junger Wilder mit Blödsinn im Kopf, mit Träumen und Lebensplänen, die ganz anders waren als das, was sein Leben dann für ihn bereit hielt. Ich könnte mir vorstellen, ihn als Figur zu zeichnen, die die Zuschauer wirklich mit ihr lachen und weinen lässt.

Aber das ist nur eine sehr vage Idee, da ich ja gar nicht weiß, worum es eigentlich geht :smile:

Schöne Grüße,
Jule

Hallo Jule,

obwohl Du nichts über mein Theaterprojekt weisst, weisst Du sehr viel aus meinen spärlichen Angaben zu machen! Hab vielen Dank für all die Infos und Anregungen!

Ich hoffe, wir kriegen das mit dem Licht hin, dass die Wechsel gut klappen. Ich denke, dass es auch nicht zack-zack von einer Szene zur anderen gehen muss sondern eine kleine Kunstpause eingeschaltet werden muss.
Ebenfalls hoffe ich, dass sie alle „menschlich“ spielen werden.

(Wahrscheinlich) noch eine letzte Frage: Wenn ich mehr Schauspielerinnen als Schauspieler habe, dürfen dann diese männliche Rollen übernehmen? Also für Petrus und Jesus sind natürlich männliche angebracht, aber kleine Rollen, wie die der anderen Jünger, das ginge doch auch mit weiblichem Personal, nicht? Mit der Verkleidung holt man doch das heraus. Oder wie nehmen das Kinder wahr?

Besten Dank, beste Grüsse
Umberoli

Hallo,

Wenn ich mehr Schauspielerinnen als Schauspieler habe, dürfen dann diese männliche Rollen übernehmen?

Wenn die Schauspieler Profis sind, würde ich da kein Problem sehen. Wenn nicht, würde ich es lassen. Es gibt kaum etwas Belustigenderes als eine als Mann verkleidete Frau, wenn diese nicht wirklich überzeugend einen Mann verkörpern kann. Besonders die Älteren unter deinen Kindern wären mit hoher Wahrscheinlichkeit ziemlich damit beschäftigt, sich darüber zu amüsieren und nach Verhaltensunsicherheiten zu suchen und wären am eigentlichen Inhalt kaum noch interessiert. Sollten die Schauspieler den Kindern auch noch bekannt sein, wäre die Komik perfekt.

Ich selbst würde einen anderen Weg wählen: Ich würde die Frauen auch Frauen spielen lassen. Sie können dabei durchaus die Charaktere der eigentlichen Jünger darstellen, bekommen aber einen Frauennamen - vielleicht die weibliche Enstprechung des Originals - und spielen auch eine Frau. Bei der Namenswahl würde ich insgesamt darauf achten, dass diese in die Zeit passen. Also keine „Ronja“ oder „Jacqueline“ :smile:. Wenn „Jesus“ völlig normal mit den Frauen in seiner Anhängerschar umgeht, wird das für die Kinder kaum ein Thema werden.

Natürlich wird (und soll!) den Kindern auffallen, dass unter den Jüngern Frauen sind. Ich würde am Ende des Stückes oder in der unterrichtlichen Nachbearbeitung genau danach fragen. Immerhin ist es eine spannende Auseinandersetzung mit der Frage, warum Jesus in seiner Zeit wohl nur Männer gewählt haben könnte. Für mich persönlich bringen solche Auseinandersetzungen mit der biblischen Thematik sehr viel mehr, als nur die „naturgetreue“ Wiedergabe überlieferter Geschichten, deren Authentizität möglicherweise diskuatbel wäre.

Schöne Grüße,
Jule

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Hi, Jule,

Natürlich wird (und soll!) den Kindern auffallen, dass unter
den Jüngern Frauen sind. Ich würde am Ende des Stückes oder in
der unterrichtlichen Nachbearbeitung genau danach fragen.

wäre ja, glaubt man den Überlieferungen, nicht mal geschummelt!
http://blog.biblipedia.de/index.php/lukas_8_1_3_jung…

Ich finde deinen Lösungsvorschlag für den „Frauenüberschuss“ (auch) am Kinder- und Jugendtheater erfrischend!!

mfg. a_f

Rollenwechsel
Hallo a_f,

Ich finde deinen Lösungsvorschlag für den „Frauenüberschuss“
(auch) am Kinder- und Jugendtheater erfrischend!!

Danke für die Blumen :smile:. Wenn ich mit Kindern und Jugendlichen Theater spiele, dann dürfen und sollen diese ruhig auch mal in eine andere Geschlechterrolle schlüpfen. Das ist schließlich auch eine wesentliche Funktion des Theaterspielens. Zudem gibt es diese Rollenprobleme ja oft auch in Bezug auf das tatsächliche Alter der Akteure und das ihrer Rollen.

Aber: Wir arbeiten an diesen Rollen dann sehr intensiv. Ich finde es z.B. furchtbar, wenn ein 12-jähriger nur mit Hilfe eines angeklebten Barts und einer grauen Perücke einen alten Mann verkörpern soll. Das wirkt letzten Endes nur lächerlich und kann damit in meinen Augen kein Ziel von Kinder- und Jugendtheater sein. Ziel ist in meinen Augen viel mehr, den Jungen lernen zu lassen, wie er glaubhaft zu einem alten Mann wird, ohne dass irgendetwas äußerlich an ihm verändert wird. Wenn es ihm gelingt, in Jeans und Turnschuhen ALT zu wirken, hat er begriffen, was Theaterspielen bedeutet. Dieser Weg führt in aller Regel über eine Phase extremer Übertreibung und Überzeichnung - und das ist ungeheuer erfrischend und spannend.

Wenn dafür keine Zeit ist oder die Bereitschaft zu einer entsprechenden Auseinandersetzung fehlt, verzichte ich lieber auf Rollen, die nicht zur „Natur“ meiner Schauspieler passen, bevor ich die Darstellung zu einer reinen Maskerade degradiere.

Schöne Grüße,
Jule