Liebe Karin
Mehrere Bundesstaaten der USA überlegen, die Todesstrafe
abzuschaffen, weil diese anscheinend bis zu zehnmal teurer
ist, als Haftstrafen:
Das hängt, soweit ich weiß, mit den langen Berufungsverfahren zusammen. Würden Sie diese verkürzen, liefen sie Gefahr, mit Staaten wie Jemen oder China auf eine Stufe gestellt zu werden, die weit von einem zivilisierten Rechtsstaat wie den USA entfernt sind.
Was sagt uns das?:
- Die USA werfen schon wieder Grundsätze über Bord.
Gestehen wir erst einmal unvoreingenommen allen Menschen der Erde, also auch den Gouverneuren der USA, Lernfähigkeit zu. Dass sie Grundsätze über Bord werfen, ist generell nichts neues. In diesem Fall wäre das sogar etwas gutes.
- Die USA handeln humanitär, weil sie ihre Todeskandidaten
sehr gut behandeln.
Nein. Ein klares Nein. Natürlich ist es gut, wenn man Todeskandidaten „menschlich“ behandelt, aber die eigentliche Qual besteht darin, sein Sterbedatum von einer Institution gesetzt zu bekommen und dies jede Minute des Daseins zu wissen.
- Das Gesetz in den USA wird vom Geld beherrscht.
Alles in den USA und in vielen Ländern wird vom Moloch Kapital beherrscht. Vielleicht auch hier. Allerdings, übertragen auf bundesdeutsche Verhältnisse: Es liegt an uns, das zuzulassen. Wir können in diesem Forum nur schreiben, weil wir z. Zt. den freiesten deutschen Staat haben, den es je gab. Freiheit bedingt in meinen Augen auch die Verantwortung, die Freiheit zu schützen. Daraus leite ich ab, dass u. a. wir beide diese Herrschaft des Geldes zulassen, weil wir nichts dagegen tun.
- Es ist doch völlig normal, dass die USA in der derzeitigen
Wirtschaftskrise unnötige Ausgaben einsparen möchten.
Ich weiß nicht recht, wie ich dieses Argument bewerten möchte. Kommt diese Aussage aus den USA oder triffst (was ich nicht hoffe) du sie? Da stellt sich mir in allererster Linie die Frage nach dem ethischen Maßstab, der die Wirtschaftskrise als wichtiges Problem wahrnimmt und als Lösungsansatz quasi im Vorbeigehen eine zentrale Menschenrechtsfrage löst, ohne inhaltlich auf sie einzugehen. Das wäre blanker Zynismus.
Das wäre so, als ließen die Taliban es bleiben, Dieben die Hand abzuhacken, weil sie die Krankenkassenkosten senken wollten.
(Mal unterstellt, die wüssten, was das ist). Das Problem ist nicht die Kostenfrage, sondern die Unmenschlichkeit der Gesetze.
In diesem Falle, nicht nur in diesem Falle, stelle ich für mich fest:
Der Zweck heiligt nicht die Mittel.
Viele Grüße
Voltaire