Tonartencharakteristik

Hallo!

Ich hätte eine Frage zur Tonartencharakteristik, etwa bei Stücken von Mozart, aber auch anderen Komponisten seiner Zeit und der Zeit davor.

Damals wurde ja nicht - wie das heute der Fall ist - in gleichtöniger Stimmung gespielt, sondern in unterschiedlichen Stimmungen, und weil die Reinheit in jeder Tonart unterschiedlich war, klangen diese auch unterschiedlich, was von Komponisten auch gezielt eingesetzt worden ist. Auch Listen wie etwa die von Schubart (mit a!) zeugen davon.

Mir ist klar, dass ein Fortepiano, das gleichtönig (also „modern“, wie heute) gestimmt ist, und eines, das nach der „Mozart-Stimmung“ gestimmt ist, unterschiedlich klingen.

Aber wie sieht es bei Orchestern aus? Da gibt es ja die „modernen“ Orchester, die auf Stahlsaiten, Metallflöten und Ventilhörnern spielen, und die historisch informierten, die auf Darmsaiten, Holzflöten und Naturhörnern spielen. Klar, etwa die alte Holzflöte, für die Mozart geschrieben hat, klang in unterschiedlichen Tonarten anders, auch in unterschiedlichen Lagen änderte sich der Ton, was Mozart auch bedacht hat, während die Metallflöte überall gleich klingt.
Aber wie sieht es im ganzen Orchester aus? Kann so ein Orchester „wohltemperiert“ oder „mitteltönig“ gestimmt sein? Gibt es bei einem HIP-Orchester ebenfalls eine Tonartencharakteristik, oder ist das nur einzelnen Instrumenten (wie dem Fortepiano) vorbehalten?

Hallo Stefan,
die Fragestellung ist interessant und nach meiner Einschätzung hast Du die Antwort schon selbst gegeben. Die Problematik der Stimmungen existiert nur für die starre Stimmung der Tasteninstrumente, die eben auch volle Akkorde spielen müssen.
Die Streicher unterscheiden (im Idealfall ;-)) sehr wohl zwischen cis und des (als Beispiel), die Bläser mit Löchern, Klappen oder Ventilen können das vermutlich nicht so genau. Das macht aber auch nichts, denn im Zusammenklang sind die Unterschiede sehr gering. Ich habe eine Äußerung von Werckmeister im Hinterkopf (ohne die genaue Quelle angeben zu können), dass er die Quinten auf dem Clavier „in die Niedere schweben“ lassen wollte, „so viel das Gehör leiden mag“. Es ging dabei ja nur um die „Korrektur“ des pythagoreischen Kommas. In der mitteltönigen Stimmung war das es nur ein es und kein dis, das gis kein as. Die beiden Tasten zusammen ergaben die „Wolfsquinte“ (was Du, nach Dener Fragestellung zu urteilen, sicher weißt - hier nur für die „Mitleser“ ;-)).
War das der Grundgedanke Deiner Frage?
Viele Grüße
von
Thomas

Nachtrag/Berichtigung:
Das Zitat „in die Niedere schweben“ ist von Arnold Schlick, nachzulesen in dem Buch „Orgel und Klavier in der Musik des 16. Jahrhunderts“ von Otto Kinkeldey.
Hier zu finden:
https://books.google.de/books?id=qLuBAhGu0k8C
auf Seite 73.
Noch ein Gruß
von Thomas