Hallo!
Es wäre allerdings hilfreich, wenn vielleicht jemand die
Dialektik und die negative Dialektik mithilfe eines Beispiels
erklären könnte.
Na gut
Dialektik ist ja bekanntlich ein Dreischritt aus These, Antithese und Synthese. Um ein sehr triviales und künstliches Beispiel zu bringen:
I) Ich genüge mir selbst
II) Ich genüge mir nicht selbst, weil ich in Susi verliebt bin
III) In der Ehe mit Susi genüge ich mir nun wahrhaft selbst
im Selbstgenügen der Stufe I hat die Liebe zu einer anderen Person gefehlt, weshalb es zum Widerspruch zwischen I und II kommen musste, der dann in III aufgehoben wurde, weil ich mir nun inklusive der Liebe zu einer anderen Person voll genügen kann.
Ich denke, daraus wird verständlich, was dialektisches Denken grundsätzlich ist. Nun können beide, Positive wie Negative Dialektik, dieser Synthese III wieder eine Antithese IV gegenüberstellen und zu einer Synthese V gelangen:
III) In der Ehe mit Susi genüge ich mir nun wahrhaft selbst
IV) Ich genüge mir auch in der Ehe mit Susi nicht vollständig, weil ich von der Institution der Ehe abhängig bin
V) In der Ehe mit Susi und im deutschen Staat, der mir die Institution der Ehe sichert, genüge ich mir nun vollständig und wahrhaft
und so kanns dann weiter gehen.
Positive Dialektik zielt dabei auf ein ‚Ganzes‘, also auf eine ‚letzte‘ Synthese, die all die Widersprüche der einzelnen Dreischritte beinhaltet und selbst keinen Widerspruch mehr hervorbringt bzw. in sich trägt. Dies kann im obigen Beispiel etwa dann der Fall sein, wenn man voraussetzt, dass der Mensch im Staat sich selbst genügt, frei ist.
Negative Dialektik zielt dagegen eher darauf, in dieser ‚letzten‘ Synthese, also im Ganzen (des dialektischen Prozesses), das (durch das Vorausgesetze) Ausgeschlossene zu suchen, also quasi den (durch das Vorausgesetzte) unterdrückten Widerspruch, der dann so lauten könnte:
V) In der Ehe mit Susi und im deutschen Staat, der mir die Institution der Ehe sichert, genüge ich mir nun vollständig und wahrhaft
VI) Im Staat genüge ich mir nicht selbst, weil ich von ihm abhängig bin und damit unfrei
Hier gehts Negativer Dialektik nun nicht so sehr um eine mögliche Synthese VII, sondern um die Antithese bzw. Negation VI zu V, also um das Aufzeigen des vermeintlichen Ganzen V als falschem Ganzen bzw. als ein Ganzes, das eben auf Voraussetzungen beruht, die selbst nicht in die Dialektik eingeschlossen sind und daher die Bewegung der Dialektik bei V zum Stillstand bringen, indem sie die Antithese VI dadurch unterdrücken.
Im Grunde gehts Negativer Dialektik m.E. also um eine Kritik der Voraussetzungen, die es möglich machen, dass ein Ganzes gedacht werden kann, dass also irgendwann dem Dialektischen Prozess ein Ende gesetzt werden kann. Und es geht ihr daher um eine Wieder-Öffnung der dialektischen Bewegung.
„Es sollte aus dieser etwas oberflächlichen Skizzierung
der beiden Typen von Dialektik klar geworden sein, dass
erstere eher affirmativ ist (Das ist so!) und zweitere eher
kritisch (Das ist nicht so!), weil die erste ihren Akzent auf
die (finale) Synthese setzt, zweitere auf die (unaufhörliche)
Antithese.“
Was meinst du hier mit dem „das ist so“ und dem „das ist nicht
so“ in den Klammern?
sollte nur die Begriffe verdeutlichen:
Affirmation: ‚A ist p‘ bzw. ‚Das ist so‘
Negation: ‚A ist nicht p‘ bzw. ‚Das ist nicht so‘
„Totalität ist kein „Ganzes“ im positiven Sinn, sondern
die
dialektische Beziehung des Seienden zu dem, was es nicht ist.
Darin liegt die Möglichkeit der Kritik.“
Den Satz selbst habe ich noch nicht ganz verstanden… Wird
der Begriff der Totalität da mithilfe der negativen Dialektik
erklärt, die du im letzten Beitrag erklärt hast?
Ich tue mir immer schwer, philosophische Zitate ohne Kontext zu interpretieren.
Offensichtlich wird hier ja „Totalität“ als Beziehung eines X zu seinem Anderen, dem Non-X, definiert.
Also ganz im Sinne dessen, wie ich oben für die Negative Dialektik gezeigt habe, dass es ihr um das (negative) Verhältnis von V und VI geht, nicht wie der Positiven Dialektik um die Syntheses VII, die ein Ganzes ohne Beziehungs-Charakter wäre, also ohne inneren Widerspruch und ohne ein ‚Anderes‘.
Dieser Beziehungscharakter der Negativen Dialektik kreist bei Adorno letztlich um die Nicht-Identität von Begriff und Sache bzw. um die Zurückweisung der Voraussetzung der Identität von Begriff und Sache.
Das oben mit dem Staat und der Freiheit diente nur dem illustrativen Zweck, ein einigermaßen anschauliches Beispiel kohärent formulieren zu können.
Ich denke sowieso, man kann sich der Negativen Dialektik eigentlich auch gar nicht sinnvoll durch ein Beispiel nähern. Man muss sie sich abstrakt erarbeiten um sie korrekt erfassen zu können. Von daher bin ich mir gar nicht sicher, ob mein Beispiel nicht teilweise in die Irre führt, weil es diesen Aspekt der Nicht-Identität von Begriff und Sache ausblendet bzw. einfach auch gar nicht erfassen kann.
_ ℂ Λ ℕ Ð I Ð € _