Hi,
das ist wohl sehr subjektiv.
Ich bin ja jemand, der sich schnell überhört. An sich. Aber komischerweise nicht bei Stücken, die ich übe. Das haben die guten Kompositionen (was die wären, die ich mir erüben möchte) so an sich, dass sie reichhaltiger werden, je mehr man sie seziert. Je mehr man entdeckt, desto mehr Genuss ist es, sie gut spielen zu können, weil dort keine, aber auch wirklich keine Note einfach nur irgendwie daherkommt, sondern jede einen Sinn hat. Der Zauber der Musik geht für mich durch das Üben nicht verloren, sondern er entsteht überhaupt erst. Solange ich es noch nicht kann, finde ich es ja alles andere als zauberhaft.
Es ist ein Genuss, die schwere Stelle endlich zu können.
Aber Genussempfinden ist halt nicht bei jedem gleich. Und man muss nicht bei jedem Üben den Genuss in der Musik finden. Manchmal denke ich, es wäre mir lieber, mal den Musikgenuss abstellen zu können beim Üben, damit ich mich mal mehr aufs Handwerk konzentriere und nicht immer nur schön durchspielen will.
Es gibt, muss ich zugeben, auch Stücke, die find ich anfangs toll, und wenn ich dann weiterüben muss, habe ich keine Lust mehr. Für mich würde sich da der Aufwand nicht lohnen. Dann übe ich sie nicht weiter. Heißt nicht, dass die Stücke nicht gut wären, nur für mich lohnen sie sich nicht so. Ich muss ja gottlob nichts mehr spielen, worauf ich keine Lust habe, sei es ob ich mich überhört habe oder mir der technische Aufwand einfach zu hoch ist.
Manchmal habe ich einige Zeit später dann doch Lust, weiter zu arbeiten. Manchmal nicht. Wenn du ein Stück erarbeiten musst, könnte ich mir vorstellen, dass es hilfreich sein könnte, das Genießenwollen für eine ganze Zeitlang außer Acht zu lassen. NUR die schweren Stellen üben, ohne Zusammenhang. NUR langsam oder punktiert. NUR das Handwerk. Und dann, nach einer Zeit, zusammenfügen - diese Momente dann kann ich mir nur als großen Genuss vorstellen.
Und das Spielen vor anderen bringt dann nochmal mehr hinein.
Gruß