Tourniquet, Sinnvoll oder Nicht

Wer es nicht kennt, Ein Tourniquet ist ein Mittel das Hauptsächlich zur militärischen anwendung entwickelt wurde um Extrimitäten bei starker Blutung einfach und schnell anzubinden um damit die Blutung zu stoppen.

Dazu existieren nun zwei Meinungen,
Beim Erste Hilfe Kurs beim Bundesheer wurde empfohlen bei jeder Blutung, vorallem im Kampf oder draußen wenn unter der Wunde dicke Kleidung die sich nicht schnell ausziehen/entfernen lässt getragen wird,
Ein Tourniquet anzulegen(wirkt auch durch Kleidung)

Beim Ersthelfer Kurs beim Rot Kreuz wurde mir nun beigebracht Extrimitäten unter keinen Umständen abbzubinden, da dies Nerven schädigen würde.

Wer hat nun recht?
Beide Parteien sind ja absolut nicht dumm, das RK ist ja sowieso dauernd im Einsatz und das Miltiär hat Tourniquets auch schon Hunderte male in der Praxis effektiv eingesetzt.

Ich persönlich finde Tourniquets ja ganz gut da bei großflächigen Wunden ein Handauflegen oder Druckverband nicht mehr reichen würde.
Abgehen davon besteht ein Normaler Druckverband aus 3 Komponenten und ist desegen unter Stress nicht so einfach anzuwenden.
Deswegen bin ich am Überlegen mir eines Anzuschaffen da ich viel im Wald arbeite und dewegen trotz PSA ein Risiko zu solchen Verletzungen besteht.

Ich bin nun absoluter Laie, man korrigiere mich also bitte, wenn ich groben Unfug schreibe.
Aber ich erinnere mich noch an meinen ersten „großen“ (das ging mehrere Tage) Erste-Hilfe-Kurs Ende der 80er Jahre. Da haben wir noch gelernt, wie man „abbindet“. Da das ein Erste-Hilfe-Kurs war haben wir das mit irgendwelchen Mullbinden (zwecks „Dämpfung“) und Gürteln gemacht. Schon damals lernte ich, dass man das eher „ungern“ macht und das nur machen soll, wenn man grad mitten in der Pampa ist und der Patient sonst verbluten würde.

Risiko ist natürlich ganz klar, dass die abgebundene Extremität dann über kurz oder lang abstirbt. Aber hey, besser Bein ab als verblutet, ne?

Da ich nun diese „Amateur“ Erste-Hilfe-Kurse gelegentlich mitmache habe ich über die Jahrzehnte zunehmend weniger Abbinden „gelernt“. War’s in besagtem ersten Kurs noch der Oberarm, den wir uns beherzt abgebunden haben (natürlich nicht so fest wie man müsste und auch nur kurz) war’s vor 10 Jahren noch der Finger und in den letzten Jahren wurde gar nimmer abgebunden.

Das mag natürlich reiner Zufall sein, aber mir scheinen diese Kurse doch recht gut „standardisiert“ zu sein, dass ich daran nicht glauben mag. Und ich denke halt, dass man durch abbinden (im zivilen und zivilisierten Bereich) doch mehr Schaden als Nutzen anrichten kann. Vielleicht besteht gar nicht die Gefahr, dass der Patient in den paar Minuten bis der Notarzt kommt tatsächlich verblutet (und man vielleicht durch „draufdrücken“ zumindest ein wenig Blutverlust verhindern kann) und das Risiko von Nervenschäden oder sonstwas steht einfach nicht dafür, dass der Amateur Ersthelfer das tun sollte.

Das sieht sicherlich anders aus wenn man sich in abgelegenen Gegenden befindet oder eben im Kriegsgebiet. Da ist unter Umständen der „Profi“ nicht innerhalb weniger Minuten da und man kann wie oben erwähnt argumentieren, dass der Verlust der Extremität das kleinere Übel ist.

Als Waldarbeiter (ich sehe jetzt das Bild, dass Du mit ner Kettensäge abrutscht und ein großes Gefäß an Arm / Bein erwischt) müsste man überlegen. Korrekte PSA sollte ja genau das Problem vermeiden, oder? Und zumindest im hiesigen Nutzwald würde ich schon annehmen, dass die Rettung „schnell genug“ da ist (wenn wir jetzt nicht von irgendwelchen Latschenkieferwäldern nahe der Baumgrenze im Gebirge reden), dass man eher nicht abbinden sollte. Ich glaube, da ist’s wichtiger, dass Du nicht allein draußen bist oder sonstwie sicherstellst, dass Du so schnell wie möglich Hilfe rufst. (Das Handy kann bei abbem Arm ja ggf. schwer zu bedienen sein). Ich bin aber sicher, dass Du nicht der einzige Waldarbeiter auf dieser Welt bist mit diesem Problem, da müsste es Lösungen geben (wobei ich gestehen muss, dass ich die nicht kenne).

Ich habe bei meinem Lehrgang erste Hilfe, ebenfalls Mitte/Ende der 1980er im Rahmen der vormilitärischen Ausbildung in der DDR, später in der militärischen Grundausbildung sowie bei der Vorbereitung auf den Führerschein und die regelmäßigen Kurse, als ich auf Montage gearbeitet habe, das Abbinden kennengelernt.

Aber auch den Druckverband.

Und dieser Druckverband ist dem Abbinden vorzuziehen, soweit es dem Amateur sinnvoll erscheint. Wenn sich der Waldarbeiter den Unterschenkel absägt, werde ich natürlich am Oberschenkel abbinden, um einen letalen Blutverlust zu unterbinden. Wenn sich mein Kollege aber nur aus Unachtsamkeit schwer in die Hand schneidet, werde ich einen Druckverband setzen und die SMH rufen oder ihn selbst in die Notaufnahme schaffen. Letztere Variante habe ich auch schon mehrfach in meinem Berufsleben gemacht. Auch an mir selbst.

Es ist eine Frage der Übung und, aus meiner Erfahrung, des Umgangs mit unvorhersehbaren Situationen. Bei mir schießt dann das Adrenalin ein und ich handle extrem rational und kontrolliert. Andere geraten in Stress und Panik und werden vom Fluchtreflex bestimmt.

Einpacken und dabei haben ist sicher eine gute Idee. Aber nochmal: ich kann nur dazu raten, jedes Jahr einen Wochenendkurs in Erster Hilfe zu machen. Denn dadurch werden die nötigen Handgriffe zur Gewohnheit - wie vielleicht das Zerlegen einer Motorsäge zur Wartung.

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Hallo,

als Sanitäter kann ich Dir nur sagen, das beide recht haben. DENN man muß eben die Umstände beachten.
Im Einsatz wird vom Worst Case also dem schlimmsten anzunehmenden fall ausgegangen. Das ist dann der fall, wenn man eben im Kampfeinsatz ist, eigentlich auf Verteidigung getrimmt ist und im Hinterkopf noch irgendwas von wegen „Ich muß meinen Kammerad jetzt retten“ drin ist. Da heißt es dann eben Blutung stoppen und weiter kämpfen. DESHALB ist hier eben die Sache mit dem ABbinden her gekommen. DAS führt aber meist auch dazu, das wichtige Gefäße verletzt oder kaputt gemacht werden können, aber im Kampfeinsatz kommt es ja darauf an das Leben zu retten egal wie und oft ist Rettung in weiter Ferne (im wahrsten Sinne des Wortes).

Im normalen zivilen Leben kommt sowas aber kaum vor, im Gegenteil da ist Hilfe oft nach wenigen Minuten vor Ort. Da kommt es dann drauf an die Blutung soweit zu stoppen bis das Fachpersonal da ist und das professionell versorgen kann.
Deshalb ist hier ein Druckverband einem Tourniquet vorzuziehen wenn man die Möglichkeit hat, denn die Gefahr einer Gefäßverletzung und nachfolgender Komplikationen ist hier minimal.
Wenn man aber irgendwo im Wald, weit Abseits von Wegen wo ein Rettungswagen eher schwer hinkommt unterwegs ist wird ein Tourniquet Set wahrscheinlich besser sein. Man kann im Notfall eben auch erst mit einem Druckverband anfangen und wenn dieser nicht „dicht“ hält eben das Tourniquet drüber setzen.
In der Hoffnung das Du es nie einsetzen mußt.

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