Metamorphosen des Traum-Ichs
Hallo Lena,
träumt ein Mensch eigentlich immer nur Träume, in denen er auch selbst vorkommt?
über Träume (sofern nicht eigene), wissen wir ja ausschließlich durch die Traum-Berichte anderer: „Ich träumte, daß …“ oder „Mir träumte, daß …“. Das ist in der Freudschen Terminologie der „manifeste Trauminhalt“.
Unter solchen Traumberichten finden sich sogar sehr oft solche, in denen zwar Objekt-Personen (und ein Geschehen, Handeln mit und zwischen ihnen) eine Rolle spielt, aber eine Subjekt-Person (alias Traum-Ich) nicht erwähnt wird. Je nach Erzähleigenart des Traumberichters wird dann die Traum-Szenerie „objektiv“ geschildert (z.B. "Dann sagte X zu Y ‚[blabla]‘ " oder „Dann tat X [blabla] …“), oder aus der „subjektiven“ Beobachterposition (z.B. „Dann sah ich, wie X [blabla] tat …“ oder „Dann hörte ist, wie X zu Y sagte ‚[blabla]‘“). Aber jedenfalls ohne, daß der Traumerzähler als Traum-Ich selbst im Traumgeschehen eine Rolle spielt.
Nun gehört es aber zu dem bekannten Fundus an Traumstrukturen, daß nicht nur Raum- und Zeit-Topologien sich in keiner Weise an Gesetzmäßigkeiten der Realität halten, sondern auch personale Identitäten beliebig entfremdet werden können: Tiere z.B. und sogar leblose Gegenstände können menschliche Subjekte sein (ähnlich wie auch in Märchen), aber vor allem können Traumobjekte (Gegenstände, Tiere, Menschen) sich als Metamorphosen des Erzähler-Subjekts erweisen - in welchem Falle dann das Traum-Subjekt nicht mit der Person des Traumerzählers identisch ist.
Also so etwa, wie die Subjekte im Psychodrama (gemeint ist die von Moreno entwickelte Therapiemethode) bewußt zugeordnet bzw. vertauscht werden können („Ich bin mein Vater, du bist meine Mutter und du bist Ich“), oder auch wie der Autor eines Bühnenstückes sich selbst als Dramatis persona in der Rolle eines Schauspielers auf die Bühne bringen kann. Ähnlich z.B. ein Stück, in dem es einen Autor „gar nicht gibt“, wie in dem Eckpfeiler der modernen Theatergeschichte „Sechs Personen suchen einen Autor“ von Luigi Pirandello.
Ob und wie aber solche Metamorphosen des Traumerzählers in Objekt-Personen oder reale Personen in die Subjekt-Person des Traum-Ichs stattgefunden haben, zeigt sich natürlich nicht schon im Traumbericht selbst. Das wird dann erst im traumanalytischen Dialog (siehe dazu FAQ:286) transparent.
Gruß
Metapher