Triela und Suckala - Grenzen & Etymologie?

Liebe Dialektiker,

anlässlich der Beschaffung einiger Servietten riesigen Ausmaßes - um die Tomatenflut dieses Sommers mit nicht zu vielen Hemmedern bezahlen zu müssen - sind mir zwei alte Bekannte aus dem Schwäbischen wieder begegnet, zu denen ich - in rebus suevibus fast vollständig ohne Literatur - einmal wieder die üblichen Fragen nach Herkunft und Verbreitung stellen möchte.

„Triela“, zu dem meines Erachtens keine Entsprechung 1:1 im Standarddeutschen gibt, „langsam hinabrinnen“ triffts bloß ungefähr, scheint mir über den Anlaut mit Trauf, träufeln irgendwie verbunden zu sein. Könnte das passen?

Ist die Verbreitung auf den Schwäbischen Raum beschränkt, oder geht das allgemein ins Oberdeutsche? Wie schauts im Alemannischen aus?

Wobei der „Trialer“ als (a) Serviette und (b) jemand, der langsam und unbeholfen agiert, wahrscheinlich gänzlich unübersetzbar bleiben.

Und wenn wir bei Tisch sind, liegt natürlich das „Suckala“ nahe. Da sehe ich überhaupt keine Verbindung zu anderen Stämmen oder Familien, und auch hier hab ich Mühe, ein standardsprachliches Wort zu finden, das wenigstens ungefähr treffen würde. Etwas wie „Planschen“ oder „Verschütten“ ist viel großräumiger und offensiver, das verhält sich etwa wie „Schelten“ zu „Bruddla“… Das passt alles nicht.

Sollten tatsächlich sämige Suppen und Soßen und die damit verbundenen Ausrutscher bloß im Schwäbischen vorkommen? Was machen die Bajuwaren und die Kakanier damit?

Wer kann mir weiter helfen?

Schöne Grüße

MM

Hallo, Martin,

„Triela“, zu dem meines Erachtens keine Entsprechung 1:1 im
Standarddeutschen gibt, „langsam hinabrinnen“ triffts bloß
ungefähr, scheint mir über den Anlaut mit Trauf, träufeln
irgendwie verbunden zu sein. Könnte das passen?

nach Grimm ist es von „Triel“ abgeleitet:

_ TRIEL , m. (f., n.), schnauze, mund, lippe; wamme, mhd. triel. das wort, das auf germ. *treu-la zurückgeht, …
zu grunde liegt mit verschiedenen suffixen erweitertes idg. *dereu-, das zur wurzel *der ‚schinden, spalten‘ gehört; die grundbedeutung wäre demnach anzusetzen als ‚der reiszende, wühlende‘ oder besser passivisch als ‚spalte‘…_

http://germazope.uni-trier.de/Projects/WBB/woerterbu…

_ TRIELEN , vb., von 1triel gebildet, ein mundartliches wort mit gleicher verbreitung wie dieses, dazu elsäsz. truele, trüele.
1) geifern, speichel oder flüssige speisen von den lippen rinnen lassen, wie es kinder und alte leute tun, beim essen verschütten, unreinlich essen u. ä
2) abgeleitete bedeutungen. schwäb. ‚aus der nase flieszen lassen‘, s. FISCHER 2, 379. ‚heftig weinen‘ ebda. an etwas herum trielen umständlich darüber reden, in alles hinein trielen unberufen dareinreden, ebda.

TRIELER , m., ein oberdeutsches dialektwort, abgeleitet von 1triel bzw. trielen. 1) wie 1triel 1 ‚mund‘, in derbem sinn… einen trieler 'rabhänge die unterlippe unwirrsch herabhängen ebda. 2) von der lippe flieszender speichel; …. 3) ‚geiferlätzchen‘

schwäbisch dann überhaupt als ein schimpfwort von unbestimmter, allgemeinerer färbung._

http://germazope.uni-trier.de/Projects/WBB/woerterbu…

Und wenn wir bei Tisch sind, liegt natürlich das „Suckala“
nahe…
Etwas wie „Planschen“ oder „Verschütten“ ist
viel großräumiger und offensiver, das verhält sich etwa wie
„Schelten“ zu „Bruddla“… Das passt alles nicht.

Ich dachte immer, das käme von „Suck(gg)ala“ für Ferkel, würde also „herumsauen“ bedeuten. Dazu hab ich nur diesen Hinweis gefunden:

Die Verben suggeln, umgelautet süggeln, gehören zu „Suggel“ oder „Suggerl“, beides Bezeichnungen für ‚junge Schweine‘, die auch gerne auf unsaubere Kinder übertragen werden…

http://www.philhist.uni-augsburg.de/lehrstuehle/germ…

Gruß
Kreszenz

Hallo Martin,
beim „Trielen“ kann ich dir leider nicht helfen, aber das „Suckela“ dürfte sich vom (suckelnden - saugenden) Nachwuchs des gemeinen Hausschweines herleiten. Jedenfalls ist mir aus dem Oberfränkischen das „Suckerla“ als Ferkel geläufig.

Jetz kommt mir doch noch ein Gedanke zum „Trielen“ (es tröpfelt halt so langsam ) - es mag vielleicht mit dem Hoch- und Norddeutschen „triefen“ zusammenhängen.

Angesichts der fortgeschrittenen Stunde mag ich jetzt kein Wörterbuch mehr bemühen, aber das tun andere sicher gern.

Gruß
Eckard

Lieber Martin,

Etymologien und andere linguistische Feinheiten hast Du ja nun schon in Fülle bekommen.

Einen Ausdruck möchte ich allerdings noch anfügen: der „Triallompe“ ist im Oberschwäbischen das Taschentuch.
Ob es das auch im Hoch- oder Gemeinschwäbischen gibt, weiß ich nicht; ich habe das Wort nur im Oberland gehört.

Gruß - Rolf

Hallo Martin,

als Anregung/Ergänzung noch dieses:

Wobei der „Trialer“ als (a) Serviette

für Erwachsene, hingegen für Kinder = Lätzchen

und (b) jemand, der
langsam und unbeholfen agiert,

Eigentlich ist so jemand ein „Lôle“, aber wenn man das unbedingt mit langsam in Verbindung bringen will, könnte das auch mit „trödeln“ verwandt sein.
(nicht im Sinne von „mit Antiquitäten handeln“!)

Außer der Serviette ist „Trialer“ aber auch ein reichlich schlimmes Schimpfwort für das Gegenteil von einem rechtschaffenen/redlichen Mann, ein Taugenichts sozusagen.

Und wenn wir bei Tisch sind, liegt natürlich das „Suckala“
nahe. Da sehe ich überhaupt keine Verbindung zu anderen
Stämmen oder Familien, und auch hier hab ich Mühe, ein
standardsprachliches Wort zu finden, das wenigstens ungefähr
treffen würde. Etwas wie „Planschen“ oder „Verschütten“ ist
viel großräumiger und offensiver, das verhält sich etwa wie
„Schelten“ zu „Bruddla“… Das passt alles nicht.

Als Idee fiele mir da „sabbern“ ein.

Gruß Gudrun

Moin, Martin,

triala (nur als Verb) und suckala sagt man bis hin zum östlichen Ufer des Lechs, etwa bis Augsburg hinab. Hochdeutsche Entsprechungen kenne ich nicht.

Gruß Ralf

Hallo, ihr Regionalsprachler,

auch der Schmeller gibt für „trielen“ (= „verzetteln, überm Essen verschütten geifern“) ausdrücklich „Augsb.“ an.
„Umanandertrialn“ sagt man auch in Niederbayern, das geht vom unachtsamen Essen bis zum Trödeln bei der Erledigung von Arbeiten.

Für „suckeln“ gibt er an „saugen“ und für „Suckel“ „junges Schwein überhaupt“.
So kenn ich s auch aus Niederbayern, wo man es auch metaphorisch gebraucht: als grobes Schimpfwort für ein kleines Kind, das sich schmutzig gemacht hat oder sonst herumkleckert.

Dann weiß der Schmeller noch: „Suck, Suck! Ruf, womit man dem Schweine lockt“ und verweist dabei auf ein ‚kurhess.‘ Wörterbuch".
Sagt man in Kurhess. noch so?

Gruß
H.

Hallo lieber Martin,

immer wieder bereiten mir Deine Fragen großes Vergnügen, indem sie mich an
frühere Zeiten und Kindheitstage erinnern … In diesem Zusammenhang sollte
wieder mal daran erinnert werden, dass man auch für gute Fragen Sternchen
verleihen kann!
Selbstverständlich war triala und suggla (wie es bei uns hieß) auch auf der
Ostalb bekannt. Der Trialer war einerseits der trödelnde Mensch, der Träumer und
der Langweiler oder nicht ersnt zu Nehmende bzw. minder Intelligente (Lehrer
eines Vetters im Unterricht: „Kerle, du trialsch, i hears pflatscha bis dao fire
…“). Und suggla wurde von meinen Eltern hauptsächlich dann gebraucht, wenn ich
auf Spaziergängen, Wanderungen oder im Urlaub am Brunnen vor dem Bauernhof meiner
Lieblingsbeschäftigung, dem Spielen mit Wasser, nachging. Natürlich hat das mit
der „Suggl“, die bei uns weniger das Ferkel, als die Muttersau war, zu tun.

Schöne Grüße
vom
Bolo

Hallo, Martin!

Antworten hast Du ja schon genug, da kann ich nix mehr zufügen, aber ein hübsches Gschichtle hätt ich noch.

Eine Bauersfrau hatte hohen Besuch, der Herr Bürgermeister war zum Mittagessen zu Gast.
Sie legte ihm eine saubere, ordentlich gebügelte Serviette hin.
Dem Herrn Bürgermeister fiel aber auf, daß der Herr des Hauses, der Bauer, keine Serviette bekam.
Auf seine Frage diesbezüglich antwortete die Bauersfrau:
„Mei Mo trialt net!“

Grüßle
Regina