Trinitarische Taufformel im Nestle/Aland

Hallo,

Ich habe mich in letzter Zeit mit einer Bibelstelle bezüglich Trinität befasst, nämlich Mt 28,19 - die trinitarische Taufformel.

In meinem MNT aus 2006 lautet diese: „[Mt 28,19] Gehend nun, macht zu Schülern alle Völker, taufend sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes,“

Soweit ich erlesen habe, sind Schriften des Eusebius von Cäsarea eine wichtige Quelle. Diese weisen vor dem Konzil von Nicäa eine andere Taufformel ("… in meinem Namen") auf, als danach, zudem gibt es noch eine Menge anderer Ungereimtheiten zu dieser Stelle in Bezug auf andere Bibelstellen (Apg).

Dennoch hat in den Nestle/Aland (für mich momentan nur in Form des MNT zuverlässig verständlich) die trinitarische Version Einzug gehalten. Ist hier die Didache ausschlaggebend? Vllt. kann mir jemand auch beim Apparat auf die Sprünge helfen?

Vielen Dank und einen schönen Abend

Maria

Ich habe noch abschließend eine Bitte: Es geht mir wirklich nur um die Historie der Textpassage und dem Grund für die Aufnahme einer bestimmten Version in den Nestle/Aland, nicht um das Dogma selbst bzw. dessen Sinnhaftigkeit oder verwandten Reizthemen. Bitte um Verständnis.

Hallo Maria,

In meinem MNT aus 2006 lautet diese:

Ganz recht, denn die Münchner haben (im Unterschied zur Dietzfelbinger-Interlinear) für ihre Übersetzung auf Nestle/Aland gebaut. Der ist wegen seines ausführlichen Apparates (in dem vor allem angegeben ist, welche Textvariante in den Haupttext aufgenommen wurde, seitdem auch die Arbeitsgrundlage bzw. Ausgangspunkt für alle, die sich mit Übersetzungsfragen befassen und daher schneller Zugriff auf die jeweiligen Papyri usw. haben.

Soweit ich erlesen habe, sind Schriften des Eusebius von Cäsarea eine wichtige Quelle.

Nicht ganz: Eusebius hat sich ebenso wie viele Vorgänger auf schon früher geläufige Taufformeln bezogen, auch wenn eine dezidierte trinitarische Theologie noch nicht allgemein vorlag.

Im Römerbrief (6.3-4) liegt ein Zeugnis vor, daß offenbar zunächst „auf den Tod Jesu Christi“ getauft wurde: ὅσοι ἐβαπτίσθημεν εἰς Χριστὸν Ἰησοῦν εἰς τὸν θάνατον αὐτοῦ ἐβαπτίσθημεν.

Und die „trinitarische“ Formel in Mt 28.19 steht in keinem Papyrusfund drin, der früher liegt als die drei wichtigsten Überlieferungen:

  1. Codex Sinaiticus (ℵ = 01) 4. Jhdt
  2. Codex Alexandrinus: (A = 02) 5. Jhdt
  3. Codex Vaticanus: (B = 03) 4. Jhdt
    Diese Versionen gehören aus bestimmten Gründen (unter anderem ihre Vollständigkeit) heute zu den Leittexten. Deshalb wird die Passage - mit Nestle-Aland als Orientierung - daraus in die meisten Matthäus-Editionen übernommen.

Aber die die Taufe auf die drei Hypostasen bzw. auf die Namen (wörtlich: in die Namen …) der drei Hypostasen ist eindeutig bereits im 2. Jhdt verbreitet. Und wenn man, wie es Klaus Berger gut argumentiert, die Didache sogar ins 1. Jhdt datiert, dann dürfte eine „trinitarische“ Denkweise bereits kurz nach dem Römerbrief anzusetzen sein. Obwohl daraus nicht zu entnehmen ist, wie denn die wechselseitige Stellung der drei Hypostasen verstanden wurde, bzgl. ob man sich darum den Kopf schon zerbrach:

Didache Kap. 7.1: „… dann tauft auf/in den Namen des Vaters und des Sohnen und des Heiligen Geistes …

Der deutlichste Anfang eines trinitarischen Gottesbegriffs ist unbezweifelbar bei Justin belegt, dessen Schrift „Erste Apologie“ um 150 verfaßt wurde: Kap. 61 „Die Taufe“: … denn im Namen Gottes, des Vaters und Herrn aller Dinge, und im Namen unseres Retters Jesus Christus und des Heiligen Geistes nehmen sie alsdann im Wasser ein Bad.". Justin begründet das übrigens mit Joh. 3.3ff und nicht etwa, was ja viel einfacher gewesen wäre, mit Mt 28.19. Daraus könnte man schließen, daß ihm diese Passage im Mt eben noch nicht vorlag.

Deutlicher wird das dann bei Athenagoras , der nicht nur den Begriff „trias“ einführt, sondern auch bereits die Problematik der Beziehung zwischen den Hypostasen anspricht - und damit die mehrere Jahrhunderte dauernde Diskussion initiiert. In seiner Schrift „Apologia pro Christiana“ (Kap. 12): „Worin besteht die Einheit des Sohnes mit dem Vater, worin die Gemeinschaft des Vaters mit dem Sohn, was ist das Pneuma und worin besteht die Vereinigung der Genannten und die Differenzierung der Geeinten?

Vllt. kann mir jemand auch beim Apparat auf die Sprünge helfen?

Nestle-Aland erwähnt zu der Stelle im Apparat lediglich den nicht wesentlichen Unterschied zwischen Sinaiticus/Alexandrinus (βαπτιζοντες, Präsens) und Vaticanus (βαπτισαντες, Aorist).

Schönen Gruß
Metapher

Hallo Metapher,

vielen Dank für diese ausführliche Antwort.

Ich nehme daraus mit, dass eine trinitarisch-dreigliedrige Taufformel bereits früh verbreitet war, wenn auch noch nicht notwendigerweise und aus meiner Sicht sicher nicht im Sinn des späteren Dogmas der Dreieinigkeit.

Frühe Zeugnisse sind Didache und Justin, schwer datierbar die Traditio Apostolica, die ich auch noch zwischenzeitlich ausgemacht habe.

Das Zitat bei Justin kannte ich noch nicht, das wurde in dem Artikel, den ich gelesen hatte nicht zitiert. Der Autor kam auch zu dem Schluss, die trinitarische Taufformel sei nicht ursprünglich. So klar würde ich das jetzt nicht mehr unterstreichen wollen.

Der Apparat im N/A erwähnt etwas mehr als nur die von dir zitierte Stelle, aber ich denke für mich war das ausreichend hilfreich.

Vielen Dank für deine Mühe. *

Freundliche Grüße
maria

Ich nehme daraus mit, dass eine trinitarisch-dreigliedrige Taufformel bereits früh verbreitet war, wenn auch noch nicht notwendigerweise und aus meiner Sicht sicher nicht im Sinn des späteren Dogmas der Dreieinigkeit.

So ist es. Sowohl der diesbezügliche Teil der Taufformeln (es kam ja der Exorzismus noch dazu) als auch die frühen Glaubensbekenntnisse (die Regula fidei ist ja ebenfalls schon Mitte 2. Jhdt erwähnt) waren trinitarisch. Aber wie gesagt: Die Problematisierung der Beziehung zwischen den göttlichen Hypostasen hatte erst mit Athenagoras ca. 170 begonnen.

… Der Autor kam auch zu dem Schluss, die trinitarische Taufformel sei nicht ursprünglich.

Sie kann sehr wohl sehr früh im Gebrauch gewesen sein, auch wenn die Didache nicht ins 1. Jhdt fällt. Paulus zur Zeit des Römerbriefes war ja noch nicht alleiniges Kriterium für alle Glaubensinhalte.

Aber jedenfalls war mutmaßlich die Taufformel nicht ursprünglich im Mt.-Ev. enthalten. Dafür spricht auch allein schon die Formulierung.

Der Apparat im N/A erwähnt etwas mehr als nur die von dir zitierte Stelle …

In Vers 19 steht an zweiter Stelle die Partikel ουν. In einigen Dokumenten aber stattdessen νυν. Der Apparat zu Vers 19 listet die jeweiligen Manuskripte auf.

Grüße
Metapher

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Hallo Metapher,

Aber jedenfalls war mutmaßlich die Taufformel nicht
ursprünglich im Mt.-Ev. enthalten. Dafür spricht auch allein
schon die Formulierung.

Danke für deine Einschätzung und deine Erläuterungen. Dass diese Art Taufformeln sicher schon sehr früh in Gebrauch waren und nicht erst nach dem arianischen Streit „erfunden“ wurden, ist mir die wertvollste Information. Und es gibt keine früheren Textzeugnisse, auf die man zurückgreifen könnte, daher ist der N/A so wie er eben an dieser Stelle ist.

Thx
Maria