Trinkgeld: wieviel, für wen und wie? (Deutschland)

Zunächst eine Geschichtsstunde

Früher wurde dem Personal Kleingeld zugeworfen, wobei der Adel davon ausging, dass dieses unverzüglich nach Dienstschluss gegen hochprozentige Getränke eingetauscht wird. Ungeachtet der Tatsache, daß das ‚Trinkgeld‘ in manchen Branchen ein unverzichtbarer Teil des Gehalts ist (und versteuert werden muss), ist die nicht gerade schmeichelhafte Bezeichnung auch heute nicht auszurotten.

Wie auch immer: das Trinkgeld ist und bleibt eine Anerkennung für guten Service. War der Service miserabel, muss man kein Trinkgeld geben. Und wenn man Trinkgeld gibt, dann richtig: wird ein Rechnungsbetrag von 5,90 € ‚großzügig‘ auf 6,00 € aufgerundet, kann man davon ausgehen, daß der Service diese großzügige Gabe schweigend ablehnt, indem man aus dem 10 €-Schein exakt 4,10 € zurück bekommt. Solche Trinkgelder sind keine Anerkennung - sie sind eine Beleidigung.

Ach ja, noch etwas: mit Ausnahme der Taxi-Fahrer, bei denen man nie weiß, ob ein Angestellter oder der Cheffe höchstpersönlich am Steuer sitzt, bekommt immer nur das Personal, niemals der Chef/Inhaber/Padrone/wie-auch-immer Trinkgeld.

In Anlehnung an die Empfehlungen von ‚Stil & Etikette‘ folgende Faustregeln (die Beträge sind selbstverständlich nach oben offen):

Wieviel Trinkgeld gibt man wo

Restaurant
10-15 Prozent sind üblich; für besonders guten Service oder bei größeren Veranstaltungen wie Hochzeiten, Firmenfeiern etc., dürfen es auch 20 Prozent oder ein ‚glatter‘ pauschaler Betrag wie z. B. 50 € werden

Café/Kneipe
Bei ‚krummen‘ Rechnungen von z. B. 3,10 € muss man nicht auf vollen Betrag aufrunden; bei einer Rechnung von 3,10 geteln 3,30 bis 3,50 € als angemessen

Gepäckservice (Hotel, Bahnhof)
1 € pro großes Gepäckstück.

Hotel ***
Frühstücksservice: 1 €, wenn das Essen an den Tisch gebracht wird; Frühstück per Room Service: das Doppelte
Room Service (Abendessen, etc.): wie im Restaurant
Portier: 1 bis 3 €
Zimmermädchen: pro Tag 1 € oder 5 € pro Woche

Bringdienste (Paket, Pizza, Blumen)
Pro Lieferung 1 bis 2 €

Busfahrer und Reiseleiter
Pro Tag je 1 € (pro Reisenden, versteht sich)

Zugbegleiter
Im Gegensatz zu Flugbegleitern, bekommen Zugbegleiter, die Speisen & Getränke an den Platz bringen Trinkgeld wie im Restaurant

Friseur
Entweder 1 € je Arbeitsgang oder 10 Prozent pauschal

Garderobiere
Der Betrag wird um 20 bis 50 Cent aufgerundet

Toilettenpersonal
25 bis 50 Cent

Taxi
50 Cent bis 1 € für kurze Stadtfahrten, bei längeren Touren mehr.

Möbelpacker
1 € pro Mann und Stunde (mindestens 5 €)

Postzusteller/Müllabfuhr
Eher in Einfamilienhäusergegenden üblich und keinesfalls obligatorisch: diese Dam- und Herrschaften bekommen zu Weihnachten eine Kleinigkeit (je nach Gegend: 10 bis 20 €)

Trinkgeld im Hotel

Zum Thema Trinkgeld im Hotel noch einige Tips von Hotelexpertin Myriam (Artikel vom 04.03.2003 in ‚Kultur allgemein‘):

Es gibt verschiedene Systeme, nach denen im Hotel das Trinkgeld verteilt wird. Sie alle hier aufzuzählen würde zu weit führen. Um sicher zu gehen, dass das Trinkgeld auch da ankommt, wo Du es hinhaben willst, wende folgende Methoden an:

Restaurant/Bar: schreibe das Trinkgeld mit auf die Rechnung, wenn Du sie aufs Zimmer buchen lässt, oder gib dem Kellner etwas in bar.

Empfang: gib es dem Mitarbeiter in Bar oder schreibe es bei der Abreise auf die Rechnung

Housekeeping: lege es NICHT unter das Kopfkissen (da bekommt es die Hausdame, die die Abreisezimmer morgens als erstes betritt, und nicht das Zimmermädchen) sondern gib es dem Zimmermädchen persönlich oder lege es am Tag der Abreise unter das Laken.

Bellboy/Kofferträger: drücke es dem Mitarbeiter gleich in die Hand