Hallo!
Vorweg: Bin weder Bürgermeister noch Gemeinderatsmitglied, verfolge aber - falls es meine Zeit erlaubt - die Sitzungen des Gemeinderats.
… da ich unsere Gemeinde vorrangig schuldenfrei machen möchte und
zusätzlich viel Gutes für diese tun möchte.
Wer will das nicht. Wer Schulden abbauen will, kann Kosten senken und/oder Einnahmen erhöhen. Die meisten Aufgaben einer Gemeinde sind Pflichtaufgaben. Freie Mittel, um etwas zu gestalten, stehen - wenn überhaupt - nur in geringem Umfang zur Verfügung. Eine 800 Seelen-Gemeinde hat i. d. R. einen Haushalt im unteren bis mittleren 5stelligen Bereich, also etwa in der Größenordnung eines Handwerkers mit zwei, drei Angestellten. Man hat sich um die durch Vandalismus zerstörte Bushaltestelle zu kümmern, um das marode Dach des Kindergartens, Lehrgänge für Mitglieder der freiwilligen Feuerwehr, um die auf Standfestigkeit zu überprüfenden Bäume an der Gemeindestraße und eine Aushilfe für den schon seit Monaten an einem Bandscheibenvorfall laborierenden Gemeindearbeiter. Manchmal geht es auch um übergeordnete Belange, etwa bei der Zusammenlegung von Gemeinden. Nennenswerte Posten, an denen man kürzen könnte, gibt es kaum. Man kann den Zuschuss für die Theatergruppe kürzen und statt das Dach des Kindergartens zu erneuern, kann man mit Flickwerk ein paar Euro im laufenden Haushalt sparen.
Bei den Einnahmen sieht es mit der Manövriermasse nicht viel besser aus. Man kann an den Stellschrauben Grundsteuer A und B sowie an der Gewerbesteuer drehen. Wenn mehr Geld in die Kasse soll, muss man für mehr Wertschöpfung sorgen. Gewerbesteuerzahler müssen her.
Aber wenn ich nur eine Anfrage starte, wird dies sicherlich
nur lapidar beantwortet und danach tut sich trotzdem nichts.
Natürlich tut sich nichts. Schließlich ist eine Anfrage nur die Aufforderung, zu antworten. Das wird die Verwaltung dann auch machen.
http://dejure.org/gesetze/GemO/24.html
Sind dann Anträge besser?
Wenn man für einen Antrag Mitstreiter findet, die es per Abstimmung zum Beschluss kommen lassen, lässt sich auf diese Weise etwas bewirken. Aber man sollte vorher alle Aspekte durchleuchtet haben, insbesondere die finanziellen Folgen. Daran hapert es zuweilen. So manche Gemeinde kam in finanzielle Schieflage, weil dem Bürgermeister die kaufmännischen Kenntnisse fehlten, den Aufsichtsratssitz in der mehreren Gemeinde gehörenden Wohnungsbaugesellschaft mit einer Kontrollfunktion auszufüllen. So sitzen in allen möglichen Gremien - Gemeinderat inbegriffen - lauter ehrbare Leute, aber lauter Laien für die zu beurteilenden Sachverhalte. Nichts gegen Laien, unsere Demokratie funktioniert nun mal nicht anders. Aber diese Laien brauchen die Bereitschaft, sich in spezielle Materie tief einzuarbeiten. Damit niemand mehr auf die Idee kommt, die Kanalisation der Gemeinde zu verkaufen, um sie sodann zu mieten.
Oder was genau ist der Unterschied zwischen Anfragen und
Anträgen?
Siehe oben.
Gemeinderatsarbeit besteht aus Formalismus, zäher Arbeit an vergleichsweise Kleinigkeiten und manchem Interessengeschachere. Der im Gemeinderat sitzende Landwirt wird dir schon was erzählen, wenn du an der Grundsteuer A drehen willst und andere Gruppen fordern, dass sich die Gemeinde endlich mal um diese und jene Straße kümmert.
Gruß
Wolfgang