Wenn die Demokraten sowieso gegen eine Finanzierung der Mauer an der mexikanischen Grenze sind, viele Republikaner auch, wundert mich eins:
Trump hat doch im Wahlkampf immer wieder, und das sehr oft, betont, dass Mexiko die Mauer bezahlen würde. Er hat sich darüber sogar auf einen Wortstreit mit dem damaligen mexikanischen Präsidenten eingelassen. Aber auch dabei betont, Mexiko würde dafür zahlen, ob sie wollen oder nicht.
Warum geht man auf seine Finanzforderungen eigentlich ein, wenn auch mit Ablehnung, und fordert ihn stattdessen auf, sich den Mauerbau, wie im Wahlkampf versprochen, von Mexiko bezahlen zu lassen?
Nun ja, er stellt diese Forderungen ja, also muss man darauf reagieren, und wenn es auch nur mit Ablehnung ist.
Und alle außer Trump und seinen Hardcore-Fans wissen, dass es völlig unsinnig ist, von Mexiko die Bezahlung der mauer zu fordern, und dass derlei Forderungen Mexiko nur unnötig verprellen würden.
Das klingt zwar vernünftig und wäre wohl normalerweise die logische Vorgangsweise. Nur leider existieren die Worte ‚vernünftig‘ und ‚logisch‘ nicht um trumpschen Wortschatz. Die Alternative wäre, ihn zu ignorieren, nur ist das beim POTUS halt ein wenig schwierig.
Es war jedem klar, dass Mexiko niemals so eine Mauer zahlen würde. Aber es war ebenso klar, dass er weder Clinton einsperren noch mit dem Golfspielen aufhören wird oder gar den Sumpf in Washington trocken legen würde. Trotzdem waren das zum Teil zentrale Wahlkampfthemen und wie die Realität jetzt aussieht, wissen wir ja auch:
Von seinen ersten 590 Tagen im Amt verbrachte er ein Viertel in einem seiner Immobilien/Clubs. Bei dem Tempo wird er in seiner ersten Amtszeit mehr Urlaub machen als Obama in seinen beiden. Dessen Kosten hat er mit 100 Millionen schon übertroffen.
Seine Familie, Stiftung und engen Mitarbeiter versinken in einem Strudel von Korruption und illegalen Machenschaften. Die Chancen, dass sich Trump nach seiner Zeit als POTUS vor einem Gericht wiederfindet, steigen täglich
Er hat den Sumpf in Washington nicht trockengelegt sondern ordentlich gewässert. Viele hohe Posten gingen an Manager und Lobbyisten, die zum Teil Behörden leiten, gegen die sie vorher jahrelang prozessierten.
Die Chancen, dass es jemals eine Mauer gäbe, waren von Anfang an gering. Im Senat bräuchten er eine Mehrheit von 60 Stimmen, die er selbst dann kaum bekäme, wenn die GOP 60 Sitze hätte. Mit dem Verlust des Repräsentantenhauses ist der Drops eh gelutscht und das was wir jetzt sehen, ist ein letztes verzweifeltes Aufbäumen von Trump. Die letzte halbwegs realistische Chance hat er selber zerstört, als er sich einbildete in aller Öffentlichkeit mit Pelosi und Schumer zu streiten und sich mit dem absehbaren Shutdown vollends zum Affen zu machen.
Klar ist aber auch, dass ihm selbst diese Episode kaum schaden wird. Trump ist eh schon der mit Abstand unbeliebteste US Präsident der Geschichte und die knapp 42% Zustimmung würde auch ein dampfender Kuhfladen bekommen, sofern er mit einem republikanischen Mandat im Weißen Haus säße.
Grundsätzlich kann Trump die nächsten zwei Jahre tun was er will und es sieht so aus, als wäre das auch sein Plan. Mein Popcorn steht jedenfalls schon bereit
Dennoch ist schade, dass es offenbar weder im Senat noch im Repräsentantenhaus gelingt, die Lächerlichkeit von Trumps Handeln für alle sichtbar zu machen.
Warum wird Trump nicht jede Woche gefragt, wie viele Milliarden Mexiko für den Mauerbau schon überwiesen hat?
Weil das extrem kindisch wäre und die Dems sich (noch) nicht auf dieses Niveau begeben wollen. Natürlich wird die Mauer immer wieder thematisiert, sei es in Debatten im Kongress, in Debatten oder Interviews. Teil des Problems ist auch, dass Trump seine Meinung nach belieben ändert. Huckabee Sanders ventilierte ja gerade die neuste Version, dass Mexiko durch den neuen USMCA Deal für die Mauer zahlt und nicht der US Steuerzahler. Das ist natürlich völliger Schwachsinn, aber es lenkt vom eigentlichen Thema ab und damit erfüllt es seinen Zweck.
Wie gesagt bin ich ziemlich sicher, dass selbst unter den Trumpwählern viele nicht mehr an die Mauer und von denen noch weniger an eine Finanzierung durch Mexiko glauben. Das ist aber egal, solange Trump zumindest die Fiktion einer möglichen Mauer aufrecht erhalten kann. Und ganz ehrlich: Trump ist die Mauer als Thema vermutlich deutlich lieber als ein paar andere Dinge, die ich spontan aufzählen könnte