Hi,
Keine Ahnung, ehrlich. Soweit ich das mitbekommen habe, darf
der Typ eben wegen dieser Vorstrafe nicht Ministerpräsident
werden.
So ganz nebenbei: diese Strafe hat Erdogan bekommen, weil er 1994 in einer Rede zwei Zeilen eines islamischen Gedichtes rezitierte. Und sowas ist natürlich in einem laizistischen Staat ein Verbrechen…
Darüberhinaus ist es wohl so, das noch nicht einmal ein
Kandidat für den MP benannt worden ist. Außerdem heißt es, das
sogar der Parteivorsitz des Herrn in Frage steht, wird wohl
vom türkischen Verfassungsgericht noch geprüft. Auch die
gesamte Partei sieht sich noch einem Verbotsverfahren
gegenüber, mal sehen, was dabei rauskommt.
Genau. Wegen dem Gedicht…
Für mich jedenfalls ist es erschreckend, das allein mit dem
Bekenntnis zu einem gottesfürchtigem Staat eine Wahl gewonnen
werden kann.
Äh sorry, aber das entspricht nicht mal ansatzweise den Tatsachen. Erdogan und die AKP bekennen sich nicht zu einem gottesfürchtigen Staat, sondern auf die „Drei Freiheiten“ des türkischen Reformers Turgut Özal: Freiheit der Meinungsäusserung, der Religionsausübung und des Marktes. Klingt das wie Ayatollah Khomeini? Eher nicht, oder? Erdogan hat als Bürgermeister Istanbuls Erfolge und Anerkennung errungen, weil er u. a. die Wasserversorgung saniert, die Müllabfuhr und Straßenreinigung sowie den Verkehr optimiert hat. Seine AKP ist nah am Volk, sozial engagiert, für türkische Verhältnisse ungewöhnlich transparent (z.B. veröffentlicht die AKP im Internet alle eingegangenen Parteispenden und gibt deren Verwendungszweck bekannt) - und vieleicht als wichtigstes von Allem: die AKP gilt im Gegensatz zu den anderen türkischen Parteien als nicht korrupt.
Ich sehe das ganze relativ entspannt. Die AKP hätte keine Chance, gegen das streng laizistische Militär eine Islamisierung der türkischen Politik durchzusetzen, eher gäbe es einen Putsch.
Vieleicht würde die Türkei auch ein kleines bischen europatauglicher werden, wenn die türkische Regierung ein etwas entspannteres Verhältnis zur Religionsausübung (was im Rest Europas ja durchaus üblich und verfassungsmässig ist) an den Tag legen würde, da der strikte Laizismus ja auch eine Art Diskriminierung nicht unerheblicher Teile der türksichen Bevölkerung darstellt.
Das zeigt, das die Türkei noch ganz lange nicht
EU-reif sein wird. Was ich persönlich nicht falsch finde.
Die Türken wissen selbst, dass der Weg noch lang ist. Allerdings bieter sich hier meines Erachtens eine echte Chance, zwei Kulturkreise miteinander zu verbinden. Diese Chance sollten wir nutzen.
Gruß
Feanor