Übergang vom Polytheismus zum Monotheismus

versuch der klärung…
hallo taju,

aber der gilt doch nur für die Anhänger dieser Religion? Und
haben nicht auch die Anhänger desselben polytheistischen
Glaubens nicht auch alle dieselben ethischen Normen…

vielleicht habe ich unglücklich ausgedrückt. wertabsolutismus gab es nicht in polytheistischen religionen. zb. haben die römer niemanden in den eroberten gebieten missioniert. das kann durchaus auch als positiv bzw. tolerant betrachtet werden. die negative seite davon ist, daß gewissermaßen alles erlaubt ist. wenn es keine werte gibt, denen alle menschen unterworfen sind, dann gibt es keinen grund zb. menschenrechtsverbrechen in china zu verurteilen. die haben eben andere wertvorstellungen und basta.

Zumindest so, wie Du es hier geschrieben hast, scheinst Du mir
von einer Art monotheistischen Chauvinismus aus zu
schreiben…

*räusper* alle (monotheistischen?) religionen sehen sich als alleinigen träger der wahrheit. wenn das chauvinistisch ist, hast du recht.

Du schreibst über religiöse Indifferenz, das hat kaum etwas
mit Polytheismus zu tun… Ich kann ja auch Monotheist sein,
der Meinung sein, daß jeder glauben solle, was er will, und
daher Menschenopfer meines Nachbarn akzeptieren…

nein das wäre inkonsequent. das kannst du nicht! wenn du überzeugt bist, daß es nur einen gott gibt, der menschenopfer nicht zuläßt, dann opfert dein nachbar einem götzen und begeht eine sünde (abgesehen davon daß menschenopfer mord sind, was noch eine größere sünde wäre).

Jedenfalls kann man nicht von den Griechen oder Römern der
Antike behaupten, sie hätten keine ethischen Normen gehabt…

ihnen war wurst, was andere taten. insofern hatten sie keine universalen normen.

grüße
lehitraot.

hallo Metapher,
gibt es eine Theorie, warum die diversen Völker vom Politheismuns zum monotheismus wechselten?
Irgendwelche nachvollziebaren Überlegungen?
Grüße
Raimund

Hi Raimund

gibt es eine Theorie, warum die diversen Völker vom
Polytheismus zum Monotheismus wechselten?

eine einfache und klare Fragestellung, aber dennoch ist es sehr schwierig, dazu etwas zu sagen. Denn die Termini „Polytheismus“ und „Monotheismus“ sind beide nicht ganz eindeutig - um nicht zu sagen strittig…

Zum Polytheismus hatte ich in dem angegebenen Link (Posting oben) ja schon mal etwas zusammengefaßt. Es ist keineswegs Konsens in den Religionswissenschaften, daß die Geschichte der Religionen polytheistisch begann. jedenfalls dann nicht, wenn man darunter versteht, daß in einer ethnischen Gemeinschaft mehrere Kulte zugleich bestehen. Das hat sehr wahrscheinlich seine Ursache einfach in einer friedlichen Durchmischung mehrerer Stämme, die ihre jeweiligen Kulte wechselseitig gelten ließen.

Ein weiterer Hintergrund für eine Vielheit von Göttern dürfte in unterschiedlichen Funktionen liegen, wie z.B. die für die Fruchtbarkeit des Landes oder die der Menschen, für die Liebe, für meteorologische Erscheinungen usw. Das tritt besonders auf beim Übergang von Jagdkulturen in Ackerbaukulturen, wobei dann noch die für die Gesetzgebung usw. zuständigen Götter kommen.

Von Konsens in der Rel-Wiss. könnte man am ehesten reden über die Anfänge von Götterverehrungen: Es sind wohl die (immer als mythische(!) verstandenen) Stammesgründer. Aber auch das ist komplizierter, als man meinen könnte, denn diese mythischen Stammesgründer sind oft zugleich die „Ahnen“ von Tieren, die im Jagdrevier eine besondere Rolle spielen: Entweder als Haupt-Jagdopfer oder als tabuisierte Jagdopfer. Das kann man in sibirischen, afrikanischen und nordamerikanischen Totem-Kulten erkennen. Oft sind die mythischen Stammesgründer zugleich auch die „Schöpfer“ der Lebenswelt.

Dem „Schamanen“ oder/und dem Stammesführer wird/wurde dabei in der Regel eine besondere Nähe zu dem Stammesgründer zugeordnet, wenn nicht sogar eine Verwandtschaft oder magische Identität - wie man in Ägypten noch im Verständnis des Pharao sehen kann und auch in der im ganzen Orient zu findenden Ehrenbezeichnung des Herrschers als „Sohn Gottes“.

Auch für die Erhaltung der (Lebens-)Welt beim Jahreswechsel (der als Erneuerung der Weltentstehung aus ihrem vorhergehenden Untergang verstanden wurde) sind meist Götter zuständig gewesen.

Das „warum“ der Entwicklung zum Mono theismus ist nicht religions historisch beantwortbar, eher jedoch die zum Heno theismus: Da der Herrscher seine Machtfunktion eben aus seiner Rolle als irdische bzw. geschichtliche Repräsentanz des Schöpfergottes oder Stammesgründers gewinnt, darf bei der Großreichbildung (die ja immer eine Zusammenfassung vieler Völker und damit vieler Kulte ist) natürlich nur ein einziger „Ur“-Gott verehrt werden.

Irgendwelche nachvollziebaren Überlegungen?

Der Übergang zum Mono theismus ist dagegen eher eine religions philosophische Problemstellung. Das ist aber kaum in Kürze darzustellen und würde einige begriffliche Vor-Abklärungen voraussetzen, daher hier nur einige Bestimmungsstücke in Andeutung, die dazugehören. Ob sie ohne weiteres nachvollziehbar sind, will ich mal nicht vermuten *zwinker*:

  1. Die Individualisierung des Subjekt-Bewußtseins - und zwar nicht mehr nur, wie in der Frühgeschichte, des gesamten Stammes bzw. des Herrschers als Individuum, sondern eines jeden Einzelnen.

  2. Damit zusammenhängend die unmittelbare(!) persönliche Beziehung eines jeden Einzelnen zu dem Gott, der nunmehr notwendig als " nur Einer" (daher „mono-“) gedacht werden muß - wegen der Integrität (Ungebrochenheit) des „Ich“-Bewußtseins. Daraus folgt das Verständnis des Gottes als „Retter“, insofern er nämlich die in der Lebenswelt als „gebrochen“ erlebte individuelle Identität wieder herstellen (integrieren) kann.

  3. Die Entwicklung des Begriffs des „Absoluten“ (ungefähr „das, was seine Negation in sich selbst hat, nicht außerhalb seiner selbst“). Diese Begrifflichkeiten waren zwar in der Entwicklung der israelitisch/jüdischen Religionsgeschichte bereits angelegt (insbesondere durch die theologische Leistung der „Propheten“), sie konnten aber erst explizit in einen Gottesbegriff eingehen nach dem Zusammenfluß der griechischen Philosophien mit den jüdischen Theologien. Die Anfänge dafür finden sich im Johannes-Ev. und weiter in den Philosophenschulen von Alexandria.

Wie ich damals schon in einem weiteren Posting des oben zitierten Threads andeutete
http://www.wer-weiss-was.de/cgi-bin/forum/showarchiv…
setzt ein Monotheismus einen tatsächlich absoluten Gottesbegriff voraus (der übrigens logischerweise widersprüchlich sein muß! Siehe Theodizee-Probleme). Dazu gehört aber ebenso notwendigerweise die theologische Konzeption, daß diesem Gottesbegriff kein anderer wirklich widersprechen kann, sondern lediglich andere Formen der kultischen Verehrung hat - die aber unbedingt zu respektieren und zu achten wären. Das würde aber jegliche Form der Missionierung verbieten, insbesondere natürlich die gewaltsame. Aber auch bereits die Haltung, „mein“ Gottesbegriff ist der wahre, und zwar im Unterschied zu dem „deinigen“, würde dem widersprechen. Daher meine Behauptung, daß es in der Gegenwart einen wirklichen konsequenten Monotheismus nicht gibt.

Gruß

Metapher

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Eine kleine Ergänzung :smile:
Hallo Metapher! :smile:

Es ist. wie immer, eine große Freude, dich hier wieder zu lesen :smile:

In diesem deinen Posting betonst du, aus meiner Sicht, einige Seiten des Überganges vom Polytheismus zum Monotheismus.

Das „warum“ der Entwicklung zum Mono theismus ist nicht
religions historisch beantwortbar

Der Übergang zum Mono theismus ist dagegen eher eine
religions philosophische Problemstellung

Um das auszugleichen, möchte ich auf diese Stelle nur kurz auch die andere Seite dieses Überganges erwähnen, nämlich die sozialgeschichtliche.

Am deutlichsten hat es Friedrich Engels formuliert:

http://www.sozialistische-klassiker.org/Engels/FE13…

(ganz zum Schluss des Textes speziell)

Ein moderner Autor meint in diesem Sinne:
„Der Monotheismus von Stoa und Urchristentum hatte sich als Gefahr für den politischen Pluralismus des Römischen Reiches herausgestellt, welcher im wesentlichen in der fortbestehenden Autonomie der Städte begründet war.“ (http://www.staatsbriefe.de/1994/1996/europa.htm)

(In diesem Text geht es weiter noch schärfer…)

Ok, so viel dazu,

liebe Grüße

hallo Metapher,
danke,
war wie immer hervorragend.
Grüße
Raimund

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Hallo Christoph, wenn es Dich hier noch gibt und Du an einer Antwort interessiert bist, hier mein etwas weitschweifender Versuch:Es gibt keinen Herrn und Gott.
Es hat nie einen einzigen Gott gegeben und es wird nie einen solchen Gott geben.

Es gibt aber viele Götter, es gibt soviel Götter, wie es Menschen gibt.

Jeder Mensch hat seinen eigenen Gott, seine Persönlichkeit.
Dieser Gott ist die Personifizierung seiner Wünsche und Ängste,
seiner Fähigkeiten, seinem Versagen und seiner Triebe.

– Warum gab und gibt es die Versuche, diese Götter zusammenzuführen?
Die Veränderung des Polytheismus zum Monotheismus vollzog sich in der Entwicklung erst, als ein mächtiges Reich nach dem anderen entstand, welche sich die übrigen Staaten der damals bekannten Welt unterwarfen und somit auch immer die bei diesen Völkern herrschenden “Götter“

– Wem dienen solche Versuche?
Immer den Gruppen der “Wissenden“ um den jeweiligen Gott.

In den Zeiten und in den Regionen, in denen diese Wissenden, die Priester und die Regenten
die Herrschaft hatten und haben, herrschte und herrscht auch der von ihnen
bestimmte Gott.

Dieser jeweilige Gott “verleiht“ seinen Priestern das Recht, auf Kosten der Gläubigen zu leben, fast immer besser als die Gläubigen selbst. Die Priester übertragen einen Teil ihrer Gottesgebote auf die Regierungen. Der jeweilige Gott verlangt als wichtigstes Gebot den Gehorsam, die Achtung vor seinen Stellvertretern, also vor den Priestern und den Regierungen.
Bessere, als gehorsame und demütige Diener im Sinne so eines “Herrn und Gottes“ kann keine weltliche Regierung und kein Wirtschaftsbetrieb finden.
Warum sollte sich also so ein hervorragend funktionierendes System in Frage stellen oder sogar verändern wollen?