grüßt euch,
wir sind 70 bzw. 76. Die Kinder meines Mannes haben ihren Besuch angekündigt. Sie wohnen ca. 20 km von hier entfernt und wollen, daß wir in den Ort ziehen, wo fast die ganze Verwandtschaft von ihm wohnt. Hier haben wir eine schöne, große und preiswerte Wohnung, wohnen alleine auf dem Anwesen mit Hof, Garten und Scheune. Außerdem haben wir 2 Katzen. Einkaufen können wir hier auch, nur ein paar Häuser weiter, auch Frisör etc. Alles andere ist auch nur wenige km mit dem Auto erreichbar. Wir fahren zwar beide nicht mehr gerne mit dem Auto, aber die paar km sind kein Problem. Und nun meinen sie, wir müßten in ihre Nähe ziehen, denn wer sollte sich um uns kümmern, wenn … Dort ist auch eine Altenwohnanlage, wo wir uns auf die Warteliste setzen lassen sollen. Aber die ist für uns viel zu teuer, genau wie die Wohnungsmieten. Pflegen wollen sie meinen Mann also auch nicht (mich als 2. Ehefrau ihres Vaters sowieso nicht, obwohl wir ein gutes Verhältnis zueinander haben), sonst könnten sie uns eine Wohnung in ihrem geerbten Mehrfamilienhaus anbieten. Nun also ein Besuch, obwohl sie uns sonst nie besuchen, allerdings des öfteren zu sich einladen. Das ist für sie bequemer. Die Kinder, Enkelkinder und die Urenkelchen freuen sich auch immer, wenn wir kommen, wollen aber nicht verstehen, wenn wir wieder daheim sein wollen, bevor es dunkel wird. Für uns ist Autofahren bei Dunkelheit sehr anstrengend.
Auf der einen Seite haben wir alle untereinander ein gutes Verhältnis, aber auf der anderen Seite haben wir uns wenig zu sagen. Ihre Lebensart ist nicht die unsere.
Erklärt haben wir schon zur Genüge, daß es uns sehr schwer fällt, eine Lebensqualiät (hier wohnen) gegen eine andere (mehr Nähe zur Familie) auszutauschen. Außerdem wissen wir nicht so recht, was sie sich darunter vorstellen. Mit den Urenkelchen das tun, was wir mit den Enkelkindern gemacht haben vor unserem Umzug vor vielen Jahren? Übers Wochenende zu uns nehmen, mit ihnen dies und jenes unternehmen, vorlesen, erzählen, spielen etc.? Haben wir damals oft und gerne gemacht, würden wir auch heute wieder tun, diesmal mit den beiden Urenkelchen. Aber wir werden nicht jünger. Und wenn wir wirklich einmal Hilfe brauchen, werden wir sie nicht bekommen. Dessen sind wir uns begründet sicher. Wir werden uns dann bezahlte Hilfe von Fremden holen. Darin sind wir uns beide einig. Und hier könnten wir das auch problemlos und das können wir uns eher finanziell leisten als in eine Seniorenresidenz zu gehen, wo wir dann auch noch auf die Gesellschaft unserer beiden von uns beiden geliebten Katzen verzichten müßten, aber nicht wollen.
Wir freuen uns auf den Besuch und gleichzeitig baut sich schon jetzt die Spannung auf. Wie bringen wir ihnen bei, was wir wollen und was sie eigentlich schon wissen, ohne die sonstige Harmonie zu zerstören? Die Tochter wird schnell laut, wenn sie nicht ihren Kopf durchsetzen kann, und denkt, daß sie weiß, was für uns gut ist. Mein Mann steht nie zu sich selbst, also bin ich immer die, die für uns beide „streiten“ muß. Wie überstehe ich diesen Besuch?
LG, Hannelore