überführen - überzuführen - zu überführen ?

Ich schon wieder - da fällt mir schon wieder was auf:

Es ist gelungen, die Deutsche Sprache in ihr letztes und
endgültiges Stadium zu überführen.

Ist „zu überführen“ hier eigentlich korrekt? Ich bin eigentlich für „überzuführen“, aber auch das kommt mir merkwürdig vor. Man kann einen Dieb überführen (dann hieße es „zu überführen“) oder einen Sarg/Leichnam (dann wäre „überzuführen“ korrekt). Was aber ist mit der Deutschen Sprache?

Verunsicherte, aber hoffnungsvolle Grüße

Aia

Hallo, Aia,
na da überführst Du uns hoffentlich nicht der vollständigen Unwissenheit!

Überführen kann man einen Lügner oder Dieb
Wenn es dem Richter gelungen ist, ihn zu überführen, wird er verurteilt.

Überführen kann man einen Leichnam. Da ist es Sache des Bestatters den Sarg mit Inhalt zu überführen. Das Ganze wird ja auch als Überführung abgerechnet.

Ich kann meinen Hund über die Straße führen. Dann bedarf es einer Leine um den Hund hinüber zu führen.
Hier kommt es jetzt auf einmal nicht mehr sosehr auf das „über“ an, das ja in den ersten beiden Fällen betont gesprochen wird, sondern hier ist das „führen“ das Ausschlaggebende. Daher tritt hier das „zu“ zu dem aktiven Teil des Verbs.

Vielleicht kann unser lieber Fritz das noch besser untermauern, wenn er denn seine Geburtstagsfeier beendet hat.

Grüße
Eckard.

kleine Anmerkung
Hallo Aia,

das Verb „überführen“ ist in jedem Fall untrennbar. Die Form „überzuführen“ bzw. „übergeführt“ gibt es nicht, unabhängig von der jeweiligen Bedeutung.

Gruß
Uschi (die dieses Thema gerade mit einem Kurs durchnimmt)

das Verb „überführen“ ist in jedem Fall untrennbar. Die

Form „überzuführen“ bzw. „übergeführt“ gibt es nicht,
unabhängig von der jeweiligen Bedeutung.

Gruß
Uschi (die dieses Thema gerade mit einem Kurs durchnimmt)

Hallo Uschi,

daß es die Form nicht geben soll, ist aber keineswegs zutreffend. Ich habe mich soeben durch den Duden gewühlt und dort gefunden, daß

kann (Bd. 9, S. 671). Als Beispiel wird dort angeführt:
Es gibt diese Form also durchaus.
Neu ist mir allerdings, daß man offenbar die Form „überführt“ in o.a. Zusammenhang wohl auch gebrauchen kann (a.a.O.). Mir sträubt sich allerdings da etwas.

Beispiele für die erste, von mir favorisierte Fassung „übergeführt“, die also doch recht gebräuchlich zu sein scheint, finden sich zuhauf bei Google. Es handelt sich um Pressetexte, in denen die Rede von der ÜBerführung von Särgen ist, bzw. um naturwissenschaftliche Zusammenhänge, in denen irgendetwas von einem Zustand in den anderen gebracht (also über[ge]führt wird.

Insofern kann ich mir meine Frage jetzt selber beantworten - mit einem „Kann, muß aber nicht.“ Hätte ich nicht gedacht.

Gruß
Aia

Hi,

daß es die Form nicht geben soll, ist aber keineswegs
zutreffend.

Lies mal Eckards Beitrag nochmal. Ich habe seinerzeit gelernt, daß es einige solcher Wörter gibt. Ob sie getrennt werden, erkennt der Laie (=also ich) daran, wie die Betonung liegt. Wird der zweite Teil betont, also das eigentliche Verb, so ist das Wort untrennbar -> Übersetzen, übersetzt. Wird der erste Teil, die Präposition, betont, so ist das Wort trennbar: -> Übersetzen, übergesetzt.

Zumindest als Anhaltspunkt finde ich das sehr brauchbar.

Gruß

J.

Hi,

daß es die Form nicht geben soll, ist aber keineswegs
zutreffend.

Lies mal Eckards Beitrag nochmal. Ich habe seinerzeit gelernt,
daß es einige solcher Wörter gibt. Ob sie getrennt werden,
erkennt der Laie (=also ich) daran, wie die Betonung liegt.
Wird der zweite Teil betont, also das eigentliche Verb, so ist
das Wort untrennbar -> Übersetzen, übersetzt.
Wird der erste Teil, die Präposition, betont, so ist das Wort
trennbar: -> Übersetzen, übergesetzt.

Ja, so dachte ich mir das auch. Und für mich hat „überführen“ je nach Betonung unterschiedliche Bedeutungen.

Gruß
Aia

Von wegen Feier! Ich sagte schon im Plauderbrett: LK bis neun!
Dann eine Flasche extra Feinen für die drei Kollegen - wir sind ein exquisites Team - und dann: heim, Einkäufe einräumen, Unterricht für morgen vorbereiten, mich durch WWW kämpfen, Ansprüche befriedigen :wink:

Vielleicht kann unser lieber Fritz das noch besser
untermauern, wenn er denn seine Geburtstagsfeier beendet hat.

Im Grunde ist alles schon gesagt. Nur zur Bestätigung:
überführen ist - mit einer speziellen „chemischen“ Ausnahme, wo beide Formen möglich sind - untrennbar.

Dazu der dicke Duden:
über|füh´|ren, über´|füh|ren :

  1. (mithilfe eines Transportmittels) von einem Ort an einen anderen bringen: die Leiche wurde nach Moskau übergeführt; der Wagen muss überführt werden.
    2. etw. von einem Zustand in einen anderen bringen: eine Flüssigkeit wird in den gasförmigen Zustand überführt/übergeführt.

2}über|füh´|ren : 1. jmdm. eine Schuld, eine Verfehlung o.Ä. nachweisen: jmdn. eines Verbrechens, des Mordes ü.; er war [als Täter] überführt; Ü sie wurde nie der Bescheidenheit überführt. 2. (selten) über etw. hinwegführen: die Baustelle wird von einer Hochstraße überführt.

© Duden - Deutsches Universalwörterbuch 2001

Fritz

untrennbar?
Hi Uschi,

das Verb „überführen“ ist in jedem Fall untrennbar. Die
Form „überzuführen“ bzw. „übergeführt“ gibt es nicht,
unabhängig von der jeweiligen Bedeutung.

rein vom Gefühl her stimme ich Dir jederzeit zu, nur: Woher weißt Du das? Gibt es da eine Regel zur Herleitung?

Gruß Ralf

Uschi, ich darf doch, ja?

Hallo, Ralf,

Da gibt es Regeln.
Es gibt da die Gruppe der trennbaren Vorsilben , das sind die, die, als Präpositionen zumeist, auch eine eigene Wortbedeutung haben.

Beispiele: vor, ab, an, mit, auf, ein usw.

Und es gibt die untrennbaren Vorsilben , die nicht einmal allein gebraucht werden können, weil sie keine eigene Bedutung haben.

Beispiele: zer-, ver-, ent-, be-, miss- usw.

Das ist ja wohl allgemein bekannt und unproblematisch.

Einige Vorsilben können nun sowohl trennbar, als auch untrennbar sein.

Das sind die Vorsilben bzw. Präpositionen „über, unter, wieder, um, durch und hinter“.

Bei diesen kann man auf Grund eines äußeren Merkmals , nämlich der Betonung, entscheiden, ob die Vorsilbe trennbar oder nicht.
Wird die Vorsilbe betont, ist sie trennbar; wird das Grundverb betont, ist die Vorsilbe untrennbar.

Beispiel: a) úmfahren und b) umfáhren.

a) Er hat den Radfahren umgefahren. (Der Radfahrer liegt am Boden.)
b) Er hat das Hindernis umfahren. (Glück gehabt!)

Da man aber oft unsicher sein kann, wo die Betonung liegt, ist das nicht immer hilfreich.

Nun gibt es auch eine Unterscheidung der Bedeutung nach. Die konkrete Bedeutung ist trennbar; eine metaphorische Bedeutung dagegen untrennbar:

Beispiel: a) ´übersetzen und b) übersétzen.

a) Er ist/hat mit der Färhre von Meersburg nach Konstanz übergesetzt. (Hier sind in der Tat auch beide Hilfsverben verwendbar.)

b) Er hat den Text ins Russische übersetzt.

Auch das ist weithin klar.

Um die Sache interessant zu machen, gibt es dazu natürlich Zweifelsfälle; und zu diesen zählt „überführen“.

Für die Zweifelsfälle muss man dann den Duden Band 9 „Richtiges und gutes Deutsch“ zu Rate ziehen und der sagt einem in diesem Fall:

„´überführen / überf´ühren:
In der Bedeutung „an einen anderen Ort bringen“ kann das Verb überführen sowohl trennbar als auch untrennbar gebraucht werden. Im ersten Fall lauten die Formen überführen, führte über, hat übergeführt, Er ist in ein Krankenhaus übergeführt worden. Man führte ihn über; um ihn ins Krankenhaus überzuführen.
Im zweiten Fall, der auch schon recht häufig ist, lauten die Formen überführen, überführte, hat überführt; Er ist ins Krankenhaus überführt worden, man überführte ihn ins Krankenhaus; um ihn ins Krankenhaus zu überführen. [Hier ist also die konkrete, lokale Bedeutung gemeint. FR]
In der [metaphorischen Bedeutung FR] Bedeutung „den Beweis der Schuld erbringen“ ist überf´ühren immer untrennbar und wird auf der dritten Silbe betont. Es heißt: Er wurde des Mordes überführt, man überführte ihn der Tat; um ihn zu überführen.“

Im Fremdsprachenunterricht - und da gebe ich Uschi Recht - wird der erste Unterschied nicht mehr thematisiert. Daher die Regel: „überführen“ immer untrennbar. Die armen Ausländer haben es auch so schon schwer genug.

Jetzt muss ich aber los.

Fritz

4 Like

Danke, Fritz!
Lieber Fritz,

Im Fremdsprachenunterricht - und da gebe ich Uschi Recht -
wird der erste Unterschied nicht mehr thematisiert. Daher die
Regel: „überführen“ immer untrennbar. Die armen Ausländer
haben es auch so schon schwer genug.

Ich war schon nahe daran, meinen Beruf an den Nagel zu hängen…

Für mich und meine Ohren klingt „übergeführt“ dermaßen falsch und daneben, dass mir hier auch der Duden, Band 9 blabla gestohlen bleiben kann. Die Häufigkeit, mit der man überführen in der trennbaren Version im Internet findet verhält sich übrigens zur untrennbaren Version ca. 1:10, ein deutliches „Übergewicht“…

Aber mir wurscht jetzt. Ich werde überführen nach wie vor nur in der untrennbaren Version verwenden (und auch nur so unterrichten).

Liebe Grüße
Uschi

Bitte, Uschi!
Liebe Uschi!

Die Dudenleute sind nicht immer konsequent und oft hinken sie den Änderungen des Sprachgebrauches hinterher, was im Prinzip nichts Schlimmes ist.

Bei „backen“ sind sie recht aktuell:

backen: Das ursprünglich unregelmäßige Verb (buk; gebacken) zeigt schwankende Konjugation. Die unregelmäßigen Präteritumsformen buk usw. sind durch die regelmäßigen Formen backte usw. fast völlig verdrängt worden. Als Folge davon werden auch in der 2. und 3. Person Singular Präsens statt der umgelauteten Formen des unregelmäßigen Verbs du bäckst, er bäckt immer häufiger die nicht umgelauteten Formen du backst, er backt gebraucht: Der Kuchen bäckt/backt bereits 20 Minuten. Dieser Herd bäckt/backt ganz hervorragend.

Das heißt doch: Es gibt die alten Formen, aber es ist einfacher und sinnvoller, die neuen zu nehmen.

Bei „überführen“ reden sie so, als ob die trennbare Form noch die gang-und-gäbige (:-!) wäre. Auch im Bertelsmanrechtschreibwörterbuch wird die trennbare Form als die eigentlich richtige genannt, die untrennbare als als auch vorhandene, aber als "ugs. (umgangsprachlich) gekennzeichnet.

Dabei haben wir doch eben hier gesehen, dass auch kundige Leute in Zweifel geraten, weil die trennbare Form einfach schon einen „Ruch“ hat.
Der Verstand und die Regel sagt: übergeführt, aber unser „Sprachgefühl“, dem ich ja sonst skeptisch gegenüber stehe, lässt uns zu „überführt“ tendieren.
Dann kommt aber die andere Bedeutung „Schuld nachweisen“ dazwischen und dann - muss man bei WWW fragen.

Als Lehrer, zumal für Ausländer, denke und handle ich da ganz pragmatisch. Ich werde doch diese bedauernswerten Leute nicht mit dem Ballast der deutschen Sprachgeschichte belästigen.

Ähnlich ist es doch auch mit der Reihenfolge der Kasus. Die deutschen Schüler lernen immer noch:

  1. Fall Nominativ
  2. Fall Genitiv
  3. Fall Dativ
  4. Fall Akkusativ
    während in Ausländergrammatiken die Fälle der Häufigkeit ihrer Verwendung nach, also dem Sprachgebrauch entsprechend, angeordent sind:
    Nominativ, Akkustaiv, Dativ, Genitiv.

Ich sehe also keinen Grund, es hier zu einem „Streit“ kommen zu lassen. „Sie lebt, die deutsche Sprache!“

Fritz

Heißa, Aia,

ich habe jetzt ein Uraltarbeitsblatt über gerade diese Zweifelfälle rausgekramt und eingescannt, so dass ich es jetzt per Email verschicken kann.

Es stammt allerdings aus Vor-NeuedeutscheRechtschreibung-Zeiten. Ich muss noch prüfen, ob alles noch stimmt.

Wenn du aber möchtest, könnte ich dir das schicken.

Anderen auch, wenns denn sein muss.

Fritz

ich habe jetzt ein Uraltarbeitsblatt über gerade diese

Zweifelfälle rausgekramt und eingescannt, so dass ich es jetzt
per Email verschicken kann.

Es stammt allerdings aus
Vor-NeuedeutscheRechtschreibung-Zeiten. Ich muss noch prüfen,
ob alles noch stimmt.

Hopsa, Fritz,

ich liebe Arbeitsblätter aus Vorneuedeutscherechtschreibungszeiten. Ich liebe überhaupt alles aus Vorneuedeutscherechtschreibungszeiten. Vor allem, wenn es denn mein Gefühl untermauert…

Ich bitte herzlich darum, das Blatt recht bald an mich überzuführen.

Danke
Aia