Uebergang vom Latein zur Muttersprache

Hallo,
Im Mittlealter galt das Latein als die Sprache der Gelehrten. Alle philosphische Studien (oder sonstiger Disziplinen) wurden im Lateinischen geschrieben. Heute schreiben die Gelehrten in ihrer jeweiligen Muttersprache. Im Latein wird (fast?) kein Originalwerk mehr geschrieben und eventuelle Uebersetzungen uebernehmen dritte Personen.
Meine Frage ist, wann geschah diese Wende? Kann man es zeitlich bestimmen und eventuell behaupten, Leibniz oder Descartes waren die Ersten die auch in ihrer Muttersprache hochwertige akademische Werke schrieben und seit dem taten es auch andere?

Mfg, qaz

Moin,

Heute schreiben die Gelehrten in
ihrer jeweiligen Muttersprache.

nö, meistens in Englisch. Zumindestens in den Naturwissenschaften.

Im Latein wird (fast?) kein
Originalwerk mehr geschrieben

Vielleicht bei den Theologen?

Meine Frage ist, wann geschah diese Wende?

Eines der ersten Weke in Muttersprache war in D die Bibelübersetzung von Luther.
In Italien hat Dante in seinem Dialekt geschrieben, aber das waren keine wissenschaftlichen Werke.

Leibniz oder
Descartes waren

Die schrieben häufig noch in Latein.

Gandalf

Nein, das wurde nicht gefragt. Uebersetzungen der Bible oder ein Buch ueber Physik fuer die Laien sowie Gedichte und Theatertuecke zaehlen nicht. Ich meinte, ein Buch wie Discours de la méthode pour bien conduire sa raison, et chercher la vérité dans les sciences von Descartes, original geschrieben in der fr. Sprache, egal ob es spaeter ins Latein uebersetzt wurde.

Hallo!

Meine Frage ist, wann geschah diese Wende?

Es begann, grob gesagt, außerhalb der Universitäten in der Renaissance (Machiavelli als ein Beispiel dafür), und es begann innerhalb der Universitäten mit der Aufklärung (Christian Wolff als ein deutschsprachiges Beispiel).
Alles dazwischen ist ein breites Überlappungsgebiet, in das ich auch die beiden Erfragten, Descartes und Leibniz, einordnen würde.

Kann man es
zeitlich bestimmen und eventuell behaupten, Leibniz oder
Descartes waren die Ersten die auch in ihrer Muttersprache
hochwertige akademische Werke schrieben

„hochwertig“, „akademisch“ … das ist alles so schwammig, dass es vollauf dir überlassen sein soll, ob du nicht beispielsweise Giordano Bruno als früheres Exemplum dafür sehen möchtest.

Gruß
Tyll

Vielleicht passt Schlaffer, H. (1986) Einleitung. In Goody, J.; Watt, I.; Gough, K. Entstehung und Folgen der Schriftkultur. Frankfurt/Main: Suhrkamp.

Dort heißt es auf S. 21f (paraphrasierend):

Das hängt mit der Konkurrenz zwischen Mündlichkeit und Schriftlichkeit zusammen. Die Mehrheit des mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Volkes Europas lebte in einer mündlichen Kultur, die zu einer eigenen Schriftsprache gelangte. Eine kleine Gruppe, die für die gelehrten Berufe bestimmt war, lernte Latein als Sprache, die nur als Schrift überliefert war, demnach keine Muttersprache werden konnte und außerhalb der akademischen Institutionen nicht verstanden wurde.

Mit dem 18. Jahrhundert an waren die Nationalsprachen für sämtliche Aufgaben der Schrift zuständig.

Beste Grüße

Michael

Hallo

kein Datum, nur ein Hinweis: Die mittelalterlichen Universitäten waren mehr oder weniger kirchliche Einrichtungen- und die klassische Kirchensprache war Latein.

Es musste erst mal ein Stück weit die Trennung von Kirche und Universität stattfinden, bevor nicht lateinische Vorlesungen und Publikationen möglich waren - das war zur Zeit der Aufklärung.

Christian Thomasius gehörte zu den ersten, die in deutscher Sprache unterrichteten und auch publzierten (der erste war er aber wohl nicht), das war um 1685.

Gruss, Sama

Hallo qaz!

Im Mittlealter galt das Latein als die Sprache der Gelehrten.
Alle philosphische Studien (oder sonstiger Disziplinen) wurden
im Lateinischen geschrieben. Heute schreiben die Gelehrten in
ihrer jeweiligen Muttersprache.

Träum weiter. Es gab und gibt immer Sprachen, die der länderübergreifenden Verständigung dienen. Lingua Franca ist der Fachausdruck dafür.

Man mag davon halten, was man will, und auch bedauern, dass Deutsch diese Rolle, die es (zumindest in weiten Teilen Europas) vor 100 Jahren hatte, verspielt hat. Und dann noch zugunsten des Englischen!

Aber ehrlich: 100% Englisch ist immer noch praktischer als 8% Deutsch, 6% Französisch, 4% Japanisch, 1% Ungarisch (was schlimmer ist als die 5% Russisch), dazu 100 andere Sprachen, derer 10.000 wären, wenn es nicht immer schon Verkehrssprachen gegeben hätte.

Für viele ist ja Hochdeutsch immer noch die erste Fremdsprache.

Gruß, Zoelomat

P.S. Deine Frage zur Geschichte ist ja durchaus relevant, nur solltest du auch darauf den Fokus haben, und dich nicht Illusionen über’s Heute hingeben.

Moin,

so ganz nebenbei: Bereits das Evangelienbuch Otfrids von Weißenburg (geschrieben zwischen 863 und 871 n.Chr.) wurde auf Deutsch geschrieben und nicht aus dem Lateinischen übersetzt.
Das war zwar auch danach noch lange nicht allgemein üblich, aber in dieser Zeit (fällt noch in die ‚karolingische Renaissance‘) fing das so allmählich an (vgl. den altsächsischen ‚Heliand‘, der aus der ersten Hälfte des 9.Jhs. stammt)…

LG

Das kann man so pauschal nicht beantworten. Damals im Mittelalter / der Renaissance gab es mehr Dialekte / Sprachen als heute und diese Entwicklung war ein langer Prozess. Als erstes Schriftwerk in italienischer Sprache gilt Dantes Divina Commedia, das erste in französischer sind die Straßburger Eide.